Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Jahresbericht des vorsitzers für 1989
Generalversammlung
Publikationsorgan "Rechtschreibung"
Allgemeines
Die arbeitsgruppe rechtschreibreform der konferenz der kantonalen erziehungsdirektoren unter dem vorsitz von prof. H. Sitta tagte im januar in Bern und im märz sowie im september in Zürich.
Da mit dem ende 1988 präsentierten regelwerk des mannheimer Instituts für deutsche sprache und mit der stellungnahme der schweizer arbeitsgruppe endlich etwas "handfestes" vorlag, informierte die konferenz der kantonalen erziehungsdirektoren im april alle interessierten verbände und — via pressekonferenz — die öffentlichkeit.
Berichte darüber erschienen in den meisten grösseren zeitungen der deutschen und sogar der französischen Schweiz sowie in radio und fernsehen.
Die reihe der internationalen arbeitstagungen unter dem titel "Probleme der deutschen rechtschreibung und ihre neuregelung" ist bei der nummer sieben angelangt. Treffpunkt war wieder Wien, wo 26 wissenschafter aus allen deutschsprachigen ländern vom 16. bis zum 20. oktober vor allem über bindestrichschreibung, fremdwortschreibung und laut-buchstaben-beziehungen berieten.
Eine für den mai ebenfalls in Wien geplante konferenz mit politischen vertretern der deutschsprachigen länder wurde im letzten moment abgesagt und auf später verschoben. Eine erste sitzung hatte bereits 1986 stattgefunden; eine abschliessende dritte war ursprünglich für ende 1990 vorgesehen.
Im grossen ganzen verläuft die internationale diskussion planmässig. Im BVR mehren sich allerdings die stimmen, die ein entschlosseneres und rascheres vorgehen fordern. Insbesondere eine verschiebung der kleinschreibung auf eine zweite etappe wird nicht akzeptiert.
BVR
Die jahresversammlung 1989 fand am 21. januar in Zürich statt. Der vorstand tagte zweimal, nämlich im märz und im dezember. Vierzehnmal trafen sich der geschäftsführer und der vorsitzer zu besprechungen.
Unser organ Rechtschreibung, redigiert von René Schild, erschien dreimal im gesamtumfang von 20 seiten. Nummer 147 enthielt einen briefwechsel zwischen unserem mitglied W. Glarner und prof. dr. Horst Sitta und eine besprechung des buchs "Deutsche Orthographie" von Dieter Nerius. Die august-nummer brachte einen historischen abriss unter dem titel "Die gross- und kleinschreibung im deutschen", kritische stimmen zur momentanen reformdiskussion zum beispiel von dr. Arthur Baur sowie einen hinweis auf das buch "Regeln zur deutschen rechtschreibung vom 1. januar 2001" von Gerhard Augst. In nummer 149 beklagt sich Arne Hamburger über die mangelnde bereitschaft deutschsprachiger zeitungen und zeitschriften, beiträge auf wunsch des verfassers in kleinschreibung zu drucken.
Der schreibende hatte zweimal gelegenheit, den stand der dinge und damit auch den standpunkt des BVR in vorträgen zu erläutern: im april an der jahresversammlung des Deutschschweizerischen Sprachvereins in Olten und im september an der kreislehrerkonferenz Heinzenberg/Domleschg in Thusis GR. Andere gelegenheiten zur information und meinungsäusserungen waren eine "Pro-und-kontra"-rubrik in der Schweizer Familie (mit Salcia Landmann als gegnerin) und ein interview des schaffhauser lokalradios Munot.
"Für einen sanften ausstieg aus der substantivgrossschreibung" ist das motto eines neuen faltprospekts mit integriertem einzahlungsschein. Das "rote büchlein" fand einen nachfolger in einer 1988 im format A5 erstellten und nun verkleinerten schrift. Für weitere werbemittel, vor allem einen kugelschreiber, wurden vorbereitungen getroffen. Ebenfalls noch der fertigstellung harrt ein den bekannten "Hebel" ergänzendes büchlein mit einer von einem mitglied übersetzten geschichte des französischen schriftstellers Jean Giono.
Der geschäftsführer spedierte 15 011 informationsschriften, etwas weniger als im vorjahr. Sie gingen an dutzende von empfängergruppen, vor allem an die lehrerschaft des kantons Bern und der stadt Zürich sowie an die teilnehmer der lehrerfortbildung von Handarbeit und schulreform in Genf.
Der einsatz des computers in der administration machte im berichtsjahr weitere fortschritte; bereits wurde bei der kassierin eine "zweite generation", ein gebrauchter IBM AT02, installiert.
Nicht unerwartet müssen wir wiederum einen eine verminderung des vereinsvermögens um 2000 franken hinnehmen. Dabei sind bereits bewilligte beträge für den computer (3000 franken) und das Giono-büchlein (vermutlich 4000 franken) noch nicht eingerechnet. Unsere mitgliederbeiträge sind seit 1976 unverändert, obwohl die kosten für druck, porti, inserate usw. in dieser zeit stark gestiegen sind. Der vorstand sieht sich daher gezwungen, der jahresversammlung eine erhöhung des beitrags vorzuschlagen. Bei dieser gelegenheit sei allen gedankt, die durch zusätzliche spenden die last mittragen.
Der mitgliederbestand ist 1989 praktisch gleich geblieben; er hat sich um 7 auf 1476 vermindert. Davon sind 229 mitglieder auf lebenszeit, 15 mehr als im vorjahr.
Allen mitglieder des BVR danke ich für ihre treue. Den vorstandsmitgliedern und anderen helfern gilt unser dank für ihren einsatz.
Zürich, 20. januar 1990
Der vorsitzer: Rolf Landolt