Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Rechtschreibreform und Verfassungsrecht
- autor
- Kopke, Wolfgang
- titel
- Rechtschreibreform und Verfassungsrecht.
- untertitel
- Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie.
- verlag
- Mohr Siebeck
- ort
- Tübingen
- datum
- isbn
-
3-16-146524-5
978-3-16-146524-6
- ausstattung, umfang
- gebunden, XII, 452 s.
- umschlag
Klappentext
Seit Jahrzehnten streiten Linguisten und Pädagogen um eine Reform der deutschen Orthographie. Entscheidende Fragen wurden dabei jedoch vernachlässigt: Unter welchen Voraussetzungen darf der Staat des Grundgesetzes neue Schreibweisen an den Schulen lehren, den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes vorschreiben und der ganzen Bevölkerung zur Befolgung anempfehlen?
In der vorliegenden Arbeit wird diesen Fragen erstmals umfassend nachgegangen. Nach einer einleitenden Darstellung der gegenwärtigen Regelung der deutschen Rechtschreibung und der Hintergründe ihrer geplanten Reform wird u.a. mit Bezug auf die Wesentlichkeitsrechtsprechung des BVerfG die fehlende Kompetenz der Exekutive zur Durchführung einer Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege festgestellt. Sodann wird herausgearbeitet, daß zu den vom Allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten „Grundbedingungen" (BVerfG) menschlicher Existenz auch die (schrift)sprachliche Integrität zählt und deshalb die Anweisung, künftig neue Schreibweisen zu verwenden, einen Eingriff in dieses Grundrecht darstellt. Eine Durchsicht der linguistischen und erziehungswissenschaftlichen Literatur zeigt, daß ein solcher Eingriff hinsichtlich der bisher vorgelegten Reformvorschläge unverhältnismäßig wäre. Als Alternative zu einer demnach verfassungswidrigen Rechtschreibreform wird mit kulturverfassungsrechtlichen Argumenten für einen Schutz der deutschen Orthographie in ihrer Eigengesetzlichkeit und für eine Orientierung der amtlichen Rechtschreibung am Schreibgebrauch der Bevölkerung plädiert.
Auszug aus dem vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1995 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation vorgelegt. […] Die rechtzeitige Fertigstellung wäre nicht möglich gewesen ohne die großzügige Unterstützung meines Doktorvaters, Prof. Dr. Rolf Gröschner, der die Bearbeitung dieses Themas von den ersten Entwürfen an dialogisch begleitet […].
Inhaltsverzeichnis
Vorwort | V |
Abkürzungsverzeichnis | XI |
Einleitung | XIII |
1. Kapitel: Regelung und Reform der deutschen Rechtschreibung | 1 |
I. Zur Entstehung der amtlichen Rechtschreibregeln | 1 |
II. Die Entwicklung im 20. Jahrhundert | 33 |
1. Reformversuche | 33 |
2. Die amtlichen Regeln von 1944 | 36 |
3. Der Duden | 48 |
4. Bemühungen um eine Rechtschreibreform in den 50er Jahren | 65 |
5. Bundeskompetenz für eine Rechtschreibreform? | 78 |
6. Rechtschreibreform und Gesellschaftsreform in den 70er Jahren | 85 |
7. Der Weg zum jetzigen Reformvorschlag | 108 |
2. Kapitel: „Regelungsgewalt" und Schule | 122 |
I. Schulaufsicht und Gesetzesvorbehalt | 122 |
1. Schulaufsicht und Gesetzesvorbehalt im monarchischen Preußen | 123 |
a) „Schulaufsicht" | 123 |
b) Gesetzesvorbehalt im Schulrecht | 126 |
2. Schulaufsicht und Gesetzesvorbehalt in der Weimarer Republik | 130 |
3. Schulaufsicht und Gesetzesvorbehalt in der Bundesrepublik | 132 |
a) Schulaufsicht unter dem Grundgesetz | 133 |
b) Schulverhältnis als Rechtsverhältnis | 137 |
aa) Rechtsschutz im Schulverhältnis | 138 |
bb) Grundrechte im Schulverhältnis | 142 |
c) Gesetzesvorbehalt im Schulrecht | 143 |
II. Rechtschreibreform und „Wesentlichkeit" | 148 |
1. Rechtschreibreform als Änderung von Erziehungszielen | 148 |
2. Zur „Wesentlichkeit" von Erziehungszielen | 157 |
a) Hessische Förderstufe — BVerfGE 34, 165 | 157 |
b) Speyrer Kolleg — BverfGE 41, 251 | 158 |
c) Sexualkunde — BVerfGE 47, 46 und BVerwGE 47, 194 | 159 |
d) Bremer Pflichtfremdsprache (Latein) — BVerwGE 64, 308 | 160 |
e) Zusammenfassung | 162 |
3. Zur Kritik an der Wesentlichkeitsrechtsprechung | 164 |
a) Kritik an der dogmatischen Begründung | 165 |
b) Kritik an den (Neben-)Folgen der Wesentlichkeitsdoktrin | 168 |
c) Kritik am Kriterium „wesentlich" | 174 |
d) Zusammenfassung | 177 |
4. Die Wesentlichkeit einer Rechtschreibreform | 177 |
a) Rechtschreibreform und Grundrechte | 177 |
aa) Schüler | 177 |
bb) Eltern | 191 |
b) Bedeutung für die Allgemeinheit | 195 |
III. Rechtschreibreform als behördliche Empfehlung | 202 |
IV. Zusammenfassung: Keine Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege | 205 |
V. Grenzen der „Regelungsgewalt" des Gesetzgebers | 206 |
1. Parlamentsvorbehalt | 206 |
2. Grundrechte | 207 |
a) Schüler | 207 |
b) Eltern | 209 |
c) Schulbuchverleger | 210 |
3. Kapitel: „Regelungsgewalt" und Verwaltung | 215 |
I. Rechtschreibreform und Grundrechte | 215 |
II. Zur Auslegung von Art. 2 I GG | 217 |
III. Zum Rechtsbegriff der Menschenwürde | 231 |
IV. Folgerungen für den Schutzumfang des Persönlichkeitsrechts | 239 |
V. Das Verhältnis der geschriebenen zur gesprochenen Sprache | 251 |
1. Das Abbilddogma | 251 |
2. Die Autonomie geschriebener Sprache | 254 |
3. Die Konsequenz der Autonomiekonzeption für die Rechtschreibreform | 257 |
4. Psycholinguistische Ergebnisse | 261 |
VI. Sprachliche Integrität und Beamtenverhältnis | 277 |
1. Die Geltung der Grundrechte im Beamtenverhältnis | 277 |
2. Die Eingriffsqualität einer Rechtschreibreform | 284 |
3. Die besondere Beschränkbarkeit von Grundrechten im Beamtenverhältnis | 288 |
4. Kapitel: Rechtschreibreform und Verhältnismäßigkeit | 294 |
I. Zur Einschränkbarkeit des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts | 294 |
II. Zur Verhältnismäßigkeit einer Reform der Schreibung der Wörter | 296 |
1. Gemeinwohlbezogene Gründe | 296 |
2. Geeignetheit einer Reform | 302 |
3. Erforderlichkeit einer Reform | 315 |
a) Rechtschreibdidaktik | 315 |
b) Rechtschreib-Notengebung | 320 |
c) Liberalisierungen | 322 |
4. Bagatellvorbehalt? | 324 |
III. Zur Verhältnismäßigkeit einer Reform der Groß- und Kleinschreibung | 332 |
1. Gemeinwohlbezogene Gründe für die Einführung der Kleinschreibung | 333 |
2. Erleichterung des Rechtschreibunterrichts | 336 |
a) Geeignetheit | 336 |
b) Erforderlichkeit | 339 |
aa) Rechtschreibdidaktik | 339 |
bb) Rechtschreib-Notengebung | 342 |
cc) Liberalisierungen | 343 |
c) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne | 346 |
3. Erleichterung für Wenigschreibende | 356 |
4. Europäische Einigung | 356 |
5. Modifizierte Großschreibung | 366 |
IV. Ausblick | 370 |
5. Kapitel: Rechtschreibung im freiheitlichen Kulturstaat | 372 |
I. Grundgesetz und Kulturstaatsprinzip | 372 |
1. Zur Kritik am herkömmlichen Kulturstaatsbegriff | 373 |
2. Kulturstaat im Sinne des Grundgesetzes | 379 |
a) Verfassungsrechtliche Fundierung eines Kulturstaatsprinzips | 379 |
b) Inhaltliche Ausgestaltung des Kulturstaatsprinzips | 386 |
II. Kulturstaatsprinzip und Rechtschreibung | 391 |
1. Rechtschreibung als kulturelle Grundbedingung freier Entfaltung | 391 |
2. Die Eigengesetzlichkeit der deutschen Orthographie | 393 |
Thesen | 412 |
Literaturverzeichnis | 420 |
Personenverzeichnis | 443 |
Sachverzeichnis | 449 |