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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 11.–12. 1998
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Aus presse und internet

31. 12. 1998

: Verhöhnte Bürger Schleswig-Holsteins. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 303, s. 9, Briefe an die Herausgeber
Wie konnte es zu diesem Wirrwarr kommen? Voraussetzung war eine beispiellose sprachliche Machtergreifung: Eine "Hand voll so genannter" Experten heckt etwas Reformartiges aus, einige Politiker lassen sich über den grünen Tisch ziehen, dann werden blitzartig Lexika gedruckt und die Schulen gleichgeschaltet. […] Wie geht es weiter? Wie bei einem Familienausflug, bei dem ein Papa sich an der Kreuzung irrt, aber eher 50 Kilometer Umweg fährt als 500 Meter zurück.
: Im Herkunftsland liest keiner mehr Mickys Abenteuer. Frankfurter Neue Presse, Höchster Kreisblatt, , Lokales
In den USA, der Heimat von Micky Maus, gibt es schon längst keine Comic-Heftchen mehr zu kaufen wie bei uns am Kiosk oder im Zeitschriftenhandel. Sie wurden vom Fernsehen verdrängt. […] Er [ein übersetzer] benutzt übrigens zweierlei Duden bei der Arbeit: den mit neuer Rechtschreibung für Micky-Maus-Heftchen, die sich vor allem an die Sieben- bis Neunjährigen richten, und den alten Duden für die Taschenbücher, die von einem älteren Publikum gelesen werden.

Wer hat da gedacht, die klassikliebhaber seien das problem? Am störrischsten sind anscheinend alte Micky-maus-fans — kein fernsehen, keine neue rechtschreibung.

30. 12. 1998

: Auf Wiedersehen. Eindrücke vom Neuschrieb: Das "Duden – Praxis-Wörterbuch zur neuen Rechtschreibung". Berliner Zeitung, , Feuilleton
Klammheimlich korrigiert sich der Duden, klammheimlich korrigiert er die Rechtschreib­reform. […] In solchen diskreten Rückziehern kommt wohl der Praxis­verstand der Deutschen Presse­agentur zur Geltung, die zu beratender Mitarbeit zugezogen wurde […] Die Nachrichtenagenturen, die bisher weise Distanz zur Neu­schreibung gewahrt haben, sind offenbar dabei, sich über den Tisch ziehen zu lassen. Am Verfehlten wird hinterrücks und konzeptlos herum­gedoktert, aber zu dem klaren und ehrlichen Eingeständnis, daß die Reform fundamental vermurkst ist, mag niemand sich aufraffen.
neu : Schweizer Firmen lieben englische Name. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 302, s. 14, Wirtschaft (457 wörter)
Ein mehr­sprachiges Land ist viel un­befangener bei linguisti­schen Änderungen. […] So hat auch die Rechtschreib­reform, die in Deutschland die Gerichte be­schäftigte und sogar Volks­begehren aus­löste, in der sonst sehr re­ferendums­freudigen Schweiz die Bürger kaum erregt.
: Die Gegner der Rechtschreibreform wittern für 1999 Morgenluft. Neue Orthographie soll länderweise gekippt werden / Bonner Ministerium sieht sich an Parlamentsbeschluß gebunden. Frankfurter Rundschau, , Nachrichten Inland
Nachdem Versuche, die Rechtschreib­reform gerichtlich zu stoppen, letztlich abgewiesen worden sind und nur Schleswig-Holstein aufgrund eines Volks­entscheids ausgeschert ist, versuchen die Reform­gegner jetzt, die neue Schreib­weise von Bundesland zu Bundesland zu Fall zu bringen […]. Der Vorsitzende der zwischen­staatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung, Gerhard Augst, warnte im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau davor, die Aktivitäten der Reform­gegner zu unter­schätzen: "Vor Überraschungen können wir nicht sicher sein." […] Der Vorsitzende der Kommission rechnet damit, "daß die Reform gelaufen ist, wenn sie öffentlich sichtbar an­gewendet wird". […] Während an den Schulen — außer in Schleswig-Holstein fast überall — die neuen Regeln längst gelehrt und gelernt werden, hat der Bund die neue Rechtschreibung noch nicht in seine Amts­sprache über­nommen.
: Goethe und andere Geister. Stuttgarter Nachrichten, , Politik, Leitartikel
Die bewegten Zeiten, als kritische Schrift­steller mit hochrangigen Politikern noch einen Strauß ausfochten und von ihnen mit dem Gattungs­begriff "Ratten und Schmeiß­fliegen" geadelt wurden, sind sowieso längst vorbei. […] Und dennoch: Die hitzige Diskussion um die — man wagt das Reizwort kaum noch aus­zusprechen — Rechtschreib­reform war ein Indiz dafür, daß in der Bevölkerung eine Sensibilität für alltägliche Sprachkultur und ihre Ver­änderungen vorhanden ist.
: Fröhliches Frikassee aus alt und neu. Panter, Tunfisch, Hämorride: Der Duden light bahnt eine stromlinienförmige Schneise durch den Rechtschreib-Dschungel. Die Welt,
Dieser "Duden light" ist sicher nützlich für die einheitliche Formung großer Textmengen. […] Ganz ohne Tücken ist aber auch das Praxiswörterbuch nicht. Die durchweg korrekten Schreibvarianten, "die von der Dudenredaktion als empfehlenswert angesehen" werden, sind ein Frikassee aus alten und neuen Schreibungen. […] Das Praxiswörterbuch ist ein gutgemeinter Versuch, eine liberalisierte Rechtschreibung für professionelle Schreiber stromlinienförmig zu präsentieren. Getragen ist das Buch von preußisch-deutschem Ordnungssinn, der es gerne eindeutig geregelt hat. […] Und warum soll man nicht mit Varianten leben? Jeans oder Abendkleid, das ist heute keine Frage strenger Etikette mehr. Schon Mark Twain, der subtile Freund der deutschen Sprache, meinte: Du sollst niemals einem Menschen vertrauen, der nur eine Schreibweise für ein Wort hat.
: "Teorie" und Praxis. Der Standard, , s. 13, Kultur
Kein Mensch wird bestreiten, daß Joseph II. recht hatte, die Bestattung in Holzsärgen für unsinnig zu erklären. […] Die dieser Einsicht folgende kaiserliche Verordnung zur reichsweit ausnahms­losen Bestattung in Leinen­säcken wurde dennoch, zumindest bis zum Erlaß der neuen Recht­schreibung per 1. August 1998, zum größten Reformdebakel österreichischer Administration. […] Wegen nicht mehr kontrollier­barer massen­weiser Über­tretung mußte Joseph die Verordnung alsbald zurück­ziehen. […] Ob Kommissionen und Duden einander um die Hegemonie prügeln, beide werden die Schreib­weisen akzeptieren müssen, die sich durchsetzen.

Mit seiner schönen teorie vom bestattungswesen übersieht Michael Cerha etwas, was in der praxis entscheidend ist: die zentrale rolle der schule. Sie ist einer­seits die einzige stelle, wo der staat etwas zu sagen hat. Die schule trägt anderseits nicht viel zu optimalen einsargungs­metoden bei, aber sie "macht" die recht­schreibung des übernächsten jahrzehnts — und zwar ganz unabhängig davon, ob es eine gute oder schlechte rechtschreibung ist und ob irgendwer irgendwann etwas daran ändert! Das heisst: Wenn die erziehungsdirektoren / kultusminister / unterrichts­minister nichts täten, täten sie eben doch etwas, nämlich eine ganz bestimmte variante jedes jahr neu einzuführen. Entscheidend ist, was in der schule gelehrt wird; die "prügelei um die hegemonie" ist eine episode. Für eine tageszeitung mag etwas, was sich nicht innerhalb eines jahres durch­setzt, gescheitert erscheinen. Die "architekten der reform" und die architekten einer künftigen reform (also z. b. der 1924 gegründete Bund für vereinfachte recht­schreibung oder die 1955 gegründete Österreichische gesellschaft für sprache und schreibung) sind längerfristiges denken gewohnt.

1998-12-29

neu : Das Plebiszit als politischer Hebel für Bayern. Vorstoss Edmund Stoibers und der CSU auf Bundesebene. Neue Zürcher Zeitung, , Ausland (869 wörter)
Es deutet vieles darauf hin, dass direktdemokratische Elemente in Bayern eine immer wichtigere Rolle spielen werden. […] Andere in Vorbereitung befindliche Volksbegehren mit gesamtbayrischer Bedeutung betreffen gegenwärtig den Bau von Atomkraftwerken, die Senkung des Quorums auf 5 Prozent und die Zuständigkeit eines Referendums auch für bisher ausgesparte Themen des Staatshaushalts sowie die Beibehaltung der alten Rechtschreibung.
: Die Macht der Juristen. Gerichte entscheiden regelmäßig über politische Fragen. Saarbrücker Zeitung, , Themen des Tages
Die Macht der Justiz wächst langsam, aber stetig. Von der Einführung des Euros über die Rechtschreibreform bis zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall landeten 1998 viele politisch wichtige Entscheidungen vor Gericht.

28. 12. 1998

: Wenn das Volk diktieren will. die tageszeitung, , nr. 5721, s. 3, Tagesthema
Weder unzählige Prozesse noch Schriftstellerproteste konnten die Reform der Rechtschreibung aufhalten. Doch dann wurden die neuen Regeln in Schleswig-Holstein per Volksentscheid gestoppt. Nun besteht die Chance, daß es auch in Bremen zu einer Abstimmung kommt. Und wenn ein zweites Bundesland kippt, könnte das ganze Projekt wackeln. Die Bremer Regierung versucht vorsorglich, den brisanten Volksentscheid zu verhindern.
Schwierige Geburt. Chronologie. die tageszeitung, , nr. 5721, s. 3, Tagesthema
1880 bis dezember 1998.
: Der Rückenwind von Wahlterminen soll siegen helfen. die tageszeitung, , nr. 5721, s. 3, Tagesthema
Nach Niederlagen setzen die GegnerInnen der Schreibregeln auf Bremen und Berlin. Damit die Wahlbeteiligung hoch ist, wollen sie Volksentscheide zeitgleich mit Landtagswahlen abhalten.
: Die Reformtorheit der Politiker. Die Welt, , nr. 301, s. 11, Forum, Leserbriefe
Was treibt die Nachrichtenagenturen, die ungeliebte neue Rechtschreibung einzuführen, obwohl sie besser als andere wissen müßten, daß die Mehrheit der Leser und renommierte Zeitungen wie DIE WELT, "FAZ" und "Spiegel" diese Reform freiwillig nicht mitmachen wollen?

24. 12. 1998

: Im Duden von 1991 schlimmere Ungereimtheiten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 299, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Zu Theodor Icklers Artikel "Fleisch Fresser" (F.A.Z.-Feuilleton vom 14. Dezember): […] Und ist im Blick auf die folgenden Beispiele Protest nicht dringend erforderlich? Arbeiten gehen versus spazierengehen […] Allerdings hat kein Reformgegner gegen die obengenannten Schreibweisen protestiert. Im Gegenteil — Ickler und Co. wollen diese Regelung wieder an den Schulen einführen.
: Zum ersten und letzten Mal: DaimlerChrysler. Stuttgarter Zeitung, , Wirtschaft
Gefällt Ihnen, liebe Leser, diese Überschrift? Ja? Schade, Sie lesen sie nämlich heute zum ersten und zum letzten Mal. Gewiß, auch die Wirtschaftsredaktion der Stuttgarter Zeitung weiß, daß der neuentstandene Konzern sich durchgängig auf diese Weise schreibt - auf allen Briefbögen ebenso wie auf allen Hinweisschildern, die ja besonders in unserer Region nicht gerade selten sind. […] Also, es bleibt bei Daimler-Chrysler.

23. 12. 1998

: Das merkwürdige Werbe-Englisch. Experte: Wie sich unsere Sprache gewandelt hat und verändern wird. Berliner Morgenpost, , Bunte Welt
Aus dem Englischen ins Deutsche übernommene Wörter stoßen nach Einschätzung des Direktors des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim, Gerhard Stickel, immer mehr auf Unverständnis. […] Nach dem Streit um die Rechtschreibreform erhofft Stickel sich in Zukunft Diskussionen über die deutsche Sprache, bei denen weniger die Regeln und mehr die Inhalte im Vordergrund stehen. Ursache für die Erregung der vergangenen Monate sei vor allem Unsicherheit. «Keiner hat ein ganz sicheres Gefühl bei der Rechtschreibung, weder nach den alten noch nach den neuen Regeln», meinte der Germanist.
: Gewöhnen an die neuen Schuhe der Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 298, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Der Autor [Ickler] macht leider nicht ausreichend klar, daß das besprochene Buch [Praxiswörterbuch] die bestehenden, "neuen" Regeln nicht modifiziert oder gar zurücknimmt — das könnte es ja auch gar nicht —, sondern lediglich Empfehlungen für den Umgang mit ihnen gibt. […] Ickler behauptet, die "allgemein übliche Rechtschreibung" — gemeint ist die alte — sei "hervorragend leserfreundlich und . . . auch gar nicht schwer zu erlernen"? Er ist wohl lange nicht mehr in einer Schule gewesen, sonst wäre ihm klar, daß es viele gibt, die sich nicht seiner Meinung anschließen können.

19. 12. 1998

: Für manche muß sich die Reform lohnen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 295, s. 11, Briefe an die Herausgeber
Betroffen sind wir alle, die zum Neuschrieb gezwungen werden, Schüler, Autoren, Sekretärinnen, Beamte und künftig auch Journalisten. […] Warum wollen die Nachrichtenagenturen den Lesern den immer noch mangelhaften Neuschrieb gegen deren Willen aufzwingen? […] Ickler gibt die Antwort: Die Investitionen der beteiligten Verlage als Reformvermarkter müssen sich amortisieren.
: Die Rechtschreibung der Nachrichtenagenturen wird zur Norm (I). Süddeutsche Zeitung, , nr. 293, s. 43, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Zu "Schutz fürs Rechtschreiben?" von Hermann Unterstöger in der SZ vom 11. Dezember. […] Da sind einmal die Nachrichtenagenturen, die unter Führung von dpa zu der Einsicht gelangt sind, daß die amtliche Neuregelung keinesfalls zur Gänze umgesetzt werden kann […]. Dies bedeutet jedoch angesichts des beherrschenden Einflusses der Pressesprache auf das allgemeine Sprachbewußtsein, daß in wenigen Jahren nicht die Neuregelung, sondern die gemeinsame Hausorthographie der Zeitungen zur Norm geworden sein wird. […] Wenn aber Lehrer und Behördenmitarbeiter gezwungen werden, ganz bewußt grammatikalischen Unsinn zu schreiben und dies auch anderen beizubringen, dann ist sehr wohl die Menschenwürde betroffen.
: Die Rechtschreibung der Nachrichtenagenturen wird zur Norm (II). Süddeutsche Zeitung, , nr. 293, s. 43, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Wer der Unveränderbarkeit der Sprache Verfassungsrang geben will, fordert also nicht mehr und nicht weniger als die Unveränderbarkeit der Gesellschaft. […] Gerade die Reformgegner scheinen mir gegen die "freie Entfaltung der Persönlichkeit" vorzugehen, für die sie sich angeblich einsetzen.
: Die Rechtschreibung der Nachrichtenagenturen wird zur Norm (III). Süddeutsche Zeitung, , nr. 293, s. 43, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Alle […] waren sich einig, daß die Rechtschreibreform entweder einheitlich im gesamten deutschen Sprachraum eingeführt wird oder […] gar nicht. Daß diese Absprache jetzt nicht mehr gelten soll, ist mehr als skandalös!

Der beschluss zur einführung der neuen regelung wurde einstimmig gefasst. Das spätere ausscheren eines bundeslandes ist ein problem — aber ein späteres. Die geschichte geht nur vorwärts, nicht rückwärts.

Kritik am neuen Duden. Die Presse, , Kultur & Medien
Nicht geeignet für Schule und Behörden sei das neue Duden-"Praxiswörterbuch", monieren Mitglieder der Rechtschreibkommission. Der Grund: Es unterschlage Varianten.
SN, APA: Keine Empfehlung für "Praxis-Duden". Salzburger Nachrichten,
Die Duden-Redaktion blitzt mit ihrem kürzlich herausgegebenen "Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung" bei Österreichs Rechtschreibexperten ab. […] Daß sämtliche Schreibvarianten beseitigt werden, lehnen die österreichischen Mitglieder der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission, die in Mannheim, Deutschland, stationiert ist, dezidiert ab.

16. 12. 1998

Agenturen entscheiden sich für neue Rechtschreibung. Associated Press,
Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen werden die neue Rechtschreibung zum 1. August 1999 weitestgehend umsetzen. […] AFP, AP, APA (Österreich), ddpADN, dpa, epd, KNA, Reuters, SDA (Schweiz), sid und vwd werden die Rechtschreibung aufmerksam beobachten und gegebenenfalls auf neue Entwicklungen reagieren.
: Amtlich vorgeschrieben. Kommentar: In Bayerns Behörden zieht die Rechtschreibreform ein. Nürnberger Zeitung, , Politik
Allerdings gewährt der Ministerrat seinen Untergebenen für die Umstellung eine außerordentlich lange Galgenfrist, die erst mit Ablauf des Jahres 2005 endet. Vielleicht trug das Kabinett ja damit dem weitverbreiteten Vorurteil Rechnung, daß sich der deutsche Beamte generell nicht von heute auf morgen zu Neuem bewegen läßt.

15. 12. 1998

: Santa María de la Palabra. Spanien bringt sich lexikographisch à jour. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 291, s. 48, Feuilleton
Zwar mischt auch die spanische Rechtschreibung munter etymologische und phonetische Kriterien; verglichen mit andern Sprachen, erscheint sie aber so logisch und so einfach, dass sie seit 1815 lediglich einiger geringfügiger Retuschen bedurfte. Dabei wird es auch diesmal bleiben — allenfalls zum Verdruss von Gabriel García Márquez, der letztes Jahr mit dem leichthin geäusserten Vorschlag für Aufregung sorgte, die Rechtschreiberegeln, diesen «Terror des Menschen von der Wiege bis zur Bahre», tunlichst in den Ruhestand zu versetzen.
: Das dreizehnte Wörterbuch. Essay: Den Presseagenturen fällt bei der Einführung der Rechtschreibreform eine Schlüsselrolle zu. Die Welt, , Forum
Zweimal bereits haben die deutschsprachigen Presseagenturen die Einführung der neuen Rechtschreibung verschoben. Sie haben sich damit dem Versuch widersetzt, die Presse zum Vehikel für die Durchsetzung willkürlich festgesetzter Schreibregeln in der breiten Öffentlichkeit zu machen. […] Am 16. Dezember wollen die Agenturen erneut entscheiden, ob sie diesen Schritt vollziehen sollen. […] Bisher haben die Medien zwischen den Interessen der Politik und denen des Lesepublikums wohl zu unterscheiden gewußt. Sie sollten bei dieser Unterscheidung bleiben.

14. 12. 1998

: Fleisch Fresser. Noch eine neue Rechtschreibung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 43, Feuilleton
[…] hat der Dudenverlag soeben ein "Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung" herausgebracht, das die schlimmsten Folgen der Neuregelung abzumildern versucht […] Mit der radikalen Ausschließung aller Varianten wiederholt sich ein Vorgang vom Beginn des Jahrhunderts: Der sogenannte Buchdruckerduden brachte gegen die noch verbliebene Variantenfülle der reichseinheitlichen Rechtschreibung das Interesse der Profession an eindeutigen Vorgaben zur Geltung. […] Das Bemühen, die gröbsten Schnitzer der Reform auf kaltem Wege, also ohne die von den Kultusministern untersagte Revision zu glätten, ist ein Irrweg.
: Rechtschreibreform: Das "Reförmchen" sorgt immer noch für Ärger. Schwäbische Zeitung, , Allgemeine News
Der Friedrichshafener Sprachwissenschaftler Jörg Boyke-Weiland ist ein Kritiker der Reform. […] "Der starke Reformdruck war zu Recht da", sagt er. Doch was nach all den Jahren des Streitens und Beratens herauskam, enttäuschte den Therapeuten […] "Meine massivste Kritik ist, daß wir es nicht geschafft haben, die Großschreibung zu eliminieren."

12. 12. 1998

: Das Dach auf dem "i" der Maîtresse. Das Diktat der Académie française: Sprachquerelen sind auch in Frankreich zäh. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton
Das längst überfällige Projekt einer Rechtschreibreform wurde vor Jahren ad acta gelegt und wartet auf mutigere Generationen. […] Dabei klagte schon Rousseau über den Abgrund, der im Französischen zwischen Aussprache und Schreibung klafft. Keine europäische Sprache ist hier willkürlicher.

11. 12. 1998

: Im neuen Jahr wieder die alten Regeln. Kieler Nachrichten, , Schleswig-Holstein, Aus dem Landtag
Die Lehrer müssen wieder nach der bisherigen Rechtschreibung unterrichten und die neuen Schreibweisen korrigieren. Aber die reformierte Orthographie darf nicht als Fehler angerechnet werden. […] Zugleich hat der Landtag Wahlanfechtungen gegen den Volksentscheid zurückgewiesen.
: Neues Volksbegehren soll die Reform kippen. Schutz von Sprache und Schrift soll in die bayerische Verfassung – Beckstein läßt die Zulässigkeit prüfen. Nürnberger Zeitung, , Bayern
Die Gegner der Rechtschreibreform wollen auch in Bayern ein Volksbegehren zur Beibehaltung der bisherigen Schreibweise starten. Schon im Januar kommenden Jahres soll mit der Unterschriftensammlung für die Zulassung begonnen werden […] Nicht mit von der Partie ist dabei freilich der Weilheimer Deutschlehrer Friedrich Denk.
: Die Rechtschreibreform soll auch in Bayern gekippt werden. Initiative will Verfassung des Freistaats per Volksbegehren zum Bollwerk gegen die Neuerung ausbauen. Stuttgarter Nachrichten, , Hintergrund
Ab Januar wollen die Initiatoren die 25000 Unterschriften, die für den Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens erforderlich sind, sammeln. In der zweiten Stufe müßten sich zehn Prozent der Wahlberechtigten des Freistaats, etwa 880000 Menschen, innerhalb von 14 Tagen in Listen eintragen. Denk zweifelt daran, daß diese Hürde ohne die Hilfe einer größeren Partei zu schaffen ist. Die neue Initiative sei daher "nahezu aussichtslos".
: Schutz fürs Rechtschreiben? Reformgegner wollen die Bayerische Verfassung ändern. Süddeutsche Zeitung, , Politik
[…] die Rechtschreibreform, die bis heute weder richtig leben noch anständig sterben kann […] Bei der Pressekonferenz zum neuen Vorstoß präsentierte sich die bayerische Filiale der Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform". Es handelt sich dabei um die Familie Lemitz aus Eching, die weniger mit den Menschenrechten operiert als vielmehr "aus dem Bauch heraus".

Die begründung der reformgegner ist wieder einmal verblüffend und wundervoll auf allgemein anerkannte grundsätze abgestützt. Die letzte konsequenz vermissen wir allerdings. Warum lautet der verfassungszusatz nicht folgendermassen? "Alles gilt als zentraler Bestandteil der Kultur und darf nicht zum Gegenstand von Veränderungen werden. Die Geschichte ist auf dem Stand von 1996 anzuhalten."

: Kein Inselstatus bei Rechtschreibung. Reformbefürworter lehnen einen Volksentscheid klar ab. TAZ Bremen, , nr. 5709, s. 21, Bremen Aktuell
Der Landesvorstandssprecher der GEW, Jürgen Burger, rief gestern auf einer Pressekonferenz dazu auf, sich nicht am Volksentscheid zur Rechtschreibreform zu beteiligen […] Auch Karl-Wolfgang Biehusen von der Deutschen Journalisten Union schlug sich auf die Seite der Reformbefürworter: "Ein rechtsstaatliches Verfahren hat stattgefunden. Eine Rückführung würde für ein Tohuwabohu sorgen."
: Bayern wollen Rechtschreibreform mit Volksentscheid stoppen. Die Welt, , nr. 289, s. 4, Deutschland
Vertreter von sieben Volksinitiativen gegen die neue Orthographie haben gestern in einer gemeinsamen Erklärung zum Tag der Menschenrechte die Rücknahme der Reform verlangt.

Und wie ist es mit dem menschenrecht auf eine gute rechtschreibung?

5. 12. 1998

: Leser-Frage: Warum Cottbus mit C, aber Kottbusser Tor mit K? Berliner Morgenpost, , Politik
Bei der heutigen Schreibweise der Stadt Cottbus in der Lausitz handelt es sich um die ursprüngliche Form. Im Zuge der Rechtschreibreform in den Jahren 1928/29 wurde diese Schreibweise zunächst geändert und durch ein «K» ersetzt.
: Länder trauen sich Kraftakt zu. Der Finanzausgleich soll völlig neu gestaltet werden. Frankfurter Rundschau, , Nachrichten Inland
An der Rechtschreibreform wollen die Länderchefs trotz des Volksentscheids dagegen in Schleswig-Holstein festhalten. Der Bund solle nun erklären, wann er wie 15 der 16 Länder die neue Rechtschreibung bei sich einführen will.
: Zwischen einander. die tageszeitung, , nr. 5704, s. 13 bis 14, Kultur
Martin Walser und das Wegschauen. […] Der Endverbraucher des deutschen Sonderwegs ist in der modernen Nation angekommen, in jener "hysterischen Erregungsgemeinschaft" also, die laut Peter Sloterdijk nur noch "durch audiovisuell erzeugten Synchronstreß in Form" gehalten wird. Und was ihn erregt, ist von der Rechtschreibreform bis zum Ozonloch so ziemlich alles […]

4. 12. 1998

: Erlösungsbedürftig. Urdrüs wahre Kolumne. TAZ Bremen, , nr. 5703, s. 24, Schlagseite, Kommentar
Kurz, wir stimmten darin überein, daß diese Welt in jeder Hinsicht erlösungsbedürftig ist. Ausgerechnet in dieser Grundstimmung kamen wir dann beim Infostand der Gegner der Rechtschreibreform an, wo uns eine völlig unsympathische Agitatorin ohne jede Erläuterung zur Unterschrift nötigen wollte.

3. 12. 1998

sda: Duden bleibt bei «Geographie». Die Südostschweiz, , s. 35, Kultur
Ob sich die «Orthografie» oder die «Geografie» je in der deutschen Rechtschreibung durchsetzen werden, ist mehr als fraglich. Im nun neu erschienenen Duden-Praxiswörterbuch werden jedenfalls die alten Varianten mit ph empfohlen.

2. 12. 1998

: Länderchefs im Kartenhaus. Die Welt, , nr. 281, s. 10, Forum, Kommentare
Die Länderchefs müssen sich entscheiden, ob sie die mißglückte Reform, die von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, gegen alle Widerstände durchboxen und den Verlust der Einheitlichkeit der deutschen Schriftsprache hinnehmen wollen.
Duden bleibt bei Geographie. Die Presse, , Kultur & Medien
Für die übliche Schreibweise mit "ph" für das griechische "Phi" spricht unter anderem, daß sie auch im Englischen beibehalten wurde: Kaum je wurde vorgeschlagen, "geografy" statt "geography" zu schreiben. Im nun beim Dudenverlag neu erschienenen "Praxiswörterbuch zur neuen Rechtschreibung" werden jedenfalls die alten Varianten mit "ph" empfohlen.

Kaum je? Siehe Simplified spelling society!

: Zur Rücknahme der Verfassungsbeschwerde. Verfassungsprozessuale Anmerkungen zum Rechtschreibreformurteil. Neue Juristische Wochenschrift, , 51. jg., heft 49, s. 3624 bis 3626
Der Autor begrüßt die Entscheidung des BverfG zur Rechtschreibreform (NJW 1998, 2315), soweit sie geklärt hat, daß einer — grundsätzlich zulässigen — Rücknahme der Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf ihre fortbestehende allgemeine Bedeutung Grenzen gesetzt sein können.

1. 12. 1998

: Rechtschreibreform: Volksentscheid kommt 1999. Hamburger Abendblatt, , Norddeutschland
Bei der Bürgerschaftswahl am 6. Juni 1999 können die Wähler in Bremen und Bremerhaven möglicherweise auch über einen Stopp der Rechtschreibreform abstimmen.
: Kurz vor zwölf für Schifffahrt. TAZ Bremen, , nr. 5700, s. 21, Bremen Aktuell
Gerade erst wurde in Bremen die Schifffahrt eingeführt, jetzt soll ihr schon wieder der Garaus gemacht werden. Die Bürgerinitiative "Wir gegen die Rechtsschreibreform" ist drauf und dran, die erste Hürde für ein Volksvotum gegen die neue Rechtsschreibung in Bremen zu nehmen. Heute um Viertel vor Zwölf Uhr werden 7.500 Unterschriften (nötig sind mindestens 5.000) übergeben, mit denen ein Volksbegehren beantragt wird.
: Rechthaberei. Was treibt Rechtschreibreform-Gegner? TAZ Bremen, , nr. 5700, s. 21, Bremen Aktuell, Kommentar
Wenn es nur darum ginge, die Behandlung des Volkes durch Politik und Verwaltung zu rügen, ließen sich in fast jeder Bebauungsplanung schlimmere Arroganz der Obrigkeit feststellen. Wessen Wohlbefinden hängt ernsthaft davon ab, ob man s und t, denen das gemäß einer alten Eselsbrücke einmal weh tat, jetzt trennen darf?

12. 1998

: Die niederländische rechtschreibung und ihre reform(en). Unter besonderer berücksichtigung der perspektive von deutschsprachigen. tribüne, , nr. 1998/4, s. 2 bis 18
Im folgenden möchte ich die diskussion rund um die rechtschreibreform von 1996 für ein deutschsprachiges publikum darlegen. […] Obwohl die konkreten rechtschreibfragen im niederländischen ganz anders sind als im deutschen, ergeben sich doch mehrere parallelen zur gesellschaftlichen stimmung, vor allem aber schlussfolgerungen, die vielleicht auch für den deutschsprachigen raum von bedeutung sein können.

30. 11. 1998

: Initiative gegen Schreibreform in Bremen erfolgreich. Die Welt, , nr. 279, s. 4, Deutschland
In Bremen wird es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform geben. […] Die Initiatoren haben nach eigenen Angaben bereits 9500 Unterschriften gesammelt.

28. 11. 1998

: Wir Toten sind grössere Heere. Zur hundertsten Wiederkehr von Conrad Ferdinand Meyers Todestag am 28. November 1998. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 277, s. 65, Literatur und Kunst
Im Spiegelsaal von Versailles hoben Moltke und Bismarck ein Reich aus der Taufe, das zumindest als Schriftreich bis zur unsäglichen Rechtschreibreform dieser Tage überlebt hat. Dichtern wie Goethe, die ohnehin alle Weltliteratur für übersetzbar hielten, hätte das nichts ausgemacht; «Wortemachern» wie Meyer oder Nietzsche dagegen, die an jeder Silbe feilten, blieb nur die Wahl, Leser oder keine zu finden.
: Vollendung und Selbstkritik. Zum Abschluss der Historisch-kritischen Conrad-Ferdinand-Meyer-Ausgabe. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 277, s. 68, Literatur und Kunst
Der Unfug, Historische poetische Texte der jeweils herrschenden Rechtschreibnorm der Herausgeberzeit anzupassen, ist jedem vernünftigen Menschen spätestens mit den Paradoxien der jüngsten Rechtschreibreform deutlich geworden.
: Angestellte sollen dudenfest werden. Dussmann sponsert für Verwaltung Broschüre zur Rechtschreibreform. TAZ Berlin, , nr. 5698, s. 26, Berlin Aktuell
In den nächsten Wochen flattert die Broschüre "Die wichtigsten Regeln der neuen Rechtschreibung" auf die Schreibtische. Die Senatsverwaltung hat sie in Auftrag gegeben, Peter Dussmann von der Dussmann Unternehmensgruppe bezahlt.
: Guten Morgen, Berlin! Anarchie programmiert. Berliner Morgenpost, , Berlin
Das wird spannend im nächsten Jahr. Wenn uns beispielsweise der Polizeipräsident mitteilt, wir hätten beim Einparken den Zierat eines anderen Autos beschädigt, der Staatsanwalt aber von Zierrat spricht. […] Fand der Unfall am Sonntag abend statt oder am Sonntagabend?

Seit jahren schreibt der "Tages-Anzeiger" "Sonntagabend", die "Neue Zürcher Zeitung" dagegen (korrekt) "Sonntag abend". Für "Anarchie" braucht es keine neuregelung.

: Neuschreib-Nachhilfe für Senatsangestellte. Berliner Kurier, BerlinOnline, , Berlin
Da muß Innensenator Eckart Werthebach (CDU) noch ein bißchen büffeln: Mit der Rechtschreibreform steht der Senator ein wenig auf Kriegsfuß. "Mit wieviel f schreibt man in Zukunft Sauerstoffflasche, Herr Senator?" - "Äh, mit zwei?" Glatt daneben, es bleibt bei drei. Damit so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt, kann Werthebach die neuen Rechtschreib-Regeln jetzt in einer zwölfseitigen Broschüre nachlesen.

27. 11. 1998

SAD: Die Deutschen und das "Th". Über diesen Witz lacht ganz England — mit einer Ausnahme. Die Welt, , nr. 277, s. 16, Aus aller Welt
Nach dem Streit um die Rechtschreibreform in Deutschland lachen die Engländer jetzt über eine angebliche "Aussprachereform" des Englischen.

22. 11. 1998

AP: Genug Unterschriften für Vorstoß gegen Rechtschreibreform. Remscheider General-Anzeiger, rga-online (pipeline), , Inland
Die "Initiative für ein Volksbegehren gegen die Rechtschreib­reform in Bremen" hat nach eigenen Angaben bereits die für einen Zulassungs­antrag erforderlichen 5.000 Unter­schriften gesammelt.

19. 11. 1998

: Verfall der Sprache? Die Furche (), , Feuilleton (944 wörter)
"Um sich aufzupudeln, verwendet man Elemente einer prestige­reichen Fremd­sprache. Viele Leute glauben, sich dadurch wichtiger zu machen", erklärt Wolfgang U. Dressler, Vorstand des Instituts für Sprach­wissenschaft der Universität Wien. […] Von sprach­polizeilichen Maßnahmen hingegen hält er wenig. […] Im deutschen Sprach­raum würden sich etwaige gesetzliche Maß­nahmen gegen Anglizismen besonders schwierig gestalten, denn Deutsch ist Nationalsprache dreier Staaten. Nicht einmal in Deutschland gebe es ein sprach­bestimmendes Zentrum, betont Dressler: "Schon bei der Rechtschreib­reform hat man sehr lange gebraucht, um sehr wenig durch­zusetzen."

17. 11. 1998

: Abbruchhaus Rechtschreibung. Die Welt, , nr. 268, s. 4, Forum, Kommentare
Nach dem Ausscheiden eines Bundeslandes hat das von Baupfusch ver­unstaltete Kunstrukt seine letzte Legitimations­basis verloren.

16. 11. 1998

: Enttäuschung garantiert. Bald soll der Volksentscheid im Grundgesetz stehen, doch die Regierenden sitzen immer am längeren Hebel. Focus, , nr. 47, s. 94, Deutschland
Trügerischen Schub gibt den Bewahrern des altvertrauten Schriftdeutschs ausgerechnet die rot-grüne Koalitions­vereinbarung. Nach dem Vorbild einiger Länder­verfassungen verspricht sie mehr direkte Demokratie […]. Eine Mogelpackung mit Enttäuschungs­garantie […]. Den Siegern von Schleswig-Holstein ist die Freude an ihrem Erfolg schon vergangen. […] Der Trostpreis fürs Volk verfällt in zwei Jahren.

15. 11. 1998

AP: "Ein Kuß mit Doppel-S will mir einfach nicht schmecken." Remscheider General-Anzeiger, rga-online (pipeline), , Inland
"Ach, das ist doch längst gelaufen, der Zug ist längst abgefahren", bekam Dräger oft zu hören. […] Der Hebel solle die Kultusminister­konferenz sein, erläuterte Dräger. Weil dort das Einstimmigkeits­prinzip gilt, solle Bremen sich solange verweigern, bis alle Länder die Reform stoppen. Auf die Frage, ob solche Blockade-Haltung demokratisch sei, druckste Dräger ein bißchen herum, bevor er antwortete: "Wir wehren uns nur. Schließlich wurde die Reform auch undemokratisch durchgesetzt." Doch die Passanten, die stehenblieben und sich in die Listen eintrugen, waren an solchen Feinheiten nicht interessiert. Für viele reichte der Hinweis, daß es gegen die Rechtschreib­reform gehe - schon unter­schrieben sie. Mit breitem Grinsen sagte ein Bremer, warum: "Weil mir ein Kuß mit Doppel-S einfach nicht schmecken will."

14. 11. 1998

: Dilemma in der Deutschstunde. Neue Initiative gegen die Rechtschreibreform - Die Lage in Schleswig-Holstein. Hamburger Abendblatt, , Norddeutschland
In Bremen beginnt an diesem Wochenende ein Volksbegehren zur Rechtschreibreform. In Schleswig-Holstein ist so eine Initiative bekanntlich erfolgreich gewesen. Die Folgen tragen Schüler und Lehrer. Eine Reportage aus dem Klassenzimmer.

1998-11-10

neu : High-Tech – kuschelweich? Neue Zürcher Zeitung, , nr. 261, s. 45, Feuilleton (353 wörter)
Bei dem eingedeutschten Ausdruck «Streß» vergisst man nur allzu leicht, dass er dem Englischen entstammt und somit «Stress» geschrieben werden müsste. Da trifft es sich gut, dass dieses Problem durch Inkrafttreten der neuen deutschen Rechtschreibung, die anstelle von «Streß» nun «Stress» vorschreibt, höchst elegant gelöst wurde.

7. 11. 1998

: Rechtschreibung. Bremen soll Reform bundesweit zu Fall bringen. Frankfurter Rundschau, , Nachrichten Inland
In Bremen soll jetzt erstmals ein Volksbegehren beantragt werden, das nicht nur die Reform an den Schulen des eigenen Landes stoppen würde. Es soll vielmehr auch die Bremer Regierung gesetzlich verpflichten, sich bundesweit "auf allen politischen Ebenen für den Erhalt einer einheitlichen Recht­schreibung in Deutschland einzusetzen", womit das alte Regelwerk gemeint ist. […] Da die Konferenz nur einstimmige Beschlüsse fassen dürfe, könnte Bremen "zu allen wesentlichen Beschlüssen kategorisch nein sagen".

4. 11. 1998

: Mit Flaschenpost. Reinhard Mey an zwei Abenden in der Philharmonie. Kölnische Rundschau, , Kultur
Reinhard Mey ist gegen die Rechtschreibreform. Das steht sogar hinten im Programmheft und ist ja wirklich ganz schön mutig. Reinhard Mey ist auch gegen Militarismus, Steuerflüchtlinge und Umweltverschmutzer — wer ist das nicht?
: Auf dem Weg in eine bunte Zukunft. Verlage in der Region: Das Mannheimer Bibliographische Institut setzt auf Vielfalt. Mannheimer Morgen, , Kultur
Das laufende Geschäftsjahr ist bereits das vierte in Folge, dessen Ergebnis von der Auseinandersetzung um die Rechtschreibreform geprägt wird. 1996 war der über die künftige Orthographie informierende neue Duden ein echter Verkaufsrenner, 1997 brach der Absatz ein. […] Derzeit spürt man, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die Reform, allerdings wieder einen Aufwind.

3. 11. 1998

: "Flanelllappen" hat sich noch nicht durchgesetzt. Alles beim alten: Der Großteil der Pegnitzer Firmen und Behörden richtet sich nach alten Rechtschreibregeln. Nordbayerischer Kurier,
Der KURIER fragte bei Unternehmen und Behörden nach, ob nach den neuen Rechtschreibregeln gearbeitet wird.

11. 1998

: Die lehre daraus. Rechtschreibung, , nr. 176, s. 17
Parallelen zum dänischen sprachgebiet: Der zufall will, dass 1998 eben fünfzig jahre vergangen sind seit der bekannten dänischen rechtschreibreform (die eine wirkliche reform war!). […] Zum jubiläum erscheint ein buch. Sonst ist das jubiläum kaum bemerkt worden, so selbstverständlich ist die gemässigte kleinschreibung nunmehr.
: Kleinschreibung in der mundart. Rechtschreibung, , nr. 176, s. 20
Die majuskeln bei den substantiven sind das auffälligste kennzeichen der deutschen schriftsprache, wie sie sich in den letzten vierhundert jahren ausgeprägt hat. Diese eigenart des deutschen passt denkbar schlecht zum schweizerdeutschen, das ja nicht ein ableger des standarddeutschen ist, sondern sich direkt aus dem mittelhochdeutschen entwickelt hat.