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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 1.–2. 1999
nachgeführt
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Aus presse und internet

28. 2. 1999

Politohr. Sonntags-Zeitung, , s. 3, Nachrichten
Die «Schweizer Illustrierte» (SI), das Hoforgan der Promis, will nichts von der neuen Rechtschreibung wissen. «Sobald die besten Schriftsteller dieses Landes, Leute wie Peter Bichsel, Urs Widmer oder Thomas Hürlimann, voll auf die neue Rechtschreibung einschwenken» […] «werden wir nachziehen.» Wann wird das sein? Laut Peter Bichsel nie: «Ich werde die neue Rechtschreibung nie schaffen. Ich beherrsche noch nicht einmal die alte.»
Schlag-Zeiten. «Hier zu Lande» Sonntags-Zeitung, , s. 17, Leute
Und dort zu Wasser? In vielen Printmedien wird ja nun die Neuschreibung deutscher Wörter auch in jenen Fällen zwanghaft angewandt, wo das oberste Gremium, welches sie einführte, selber an seinen Reformen zweifelte […] Denn mit der Rechtschreibungsreform ist es halt ein bisschen wie in der Armee: Die verbohrtesten Militärköpfe findet man selten unter den Generälen, dafür häufig bei den Unteroffizieren.

26. 2. 1999

: Unterschriften gegen Reform. Rechtschreibung soll bleiben. Berliner Zeitung, , Berlin
Ein Volksbegehren gegen die Rechtschreibreform will der Berliner Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege erreichen. […] Der Verein plant, am 10. März einen entsprechenden Antrag bei der Innenverwaltung einzureichen. […] "Wir hoffen, daß wir am Tag der Wahl zum Abgeordnetenhaus – am 10. Oktober – einen Volksentscheid erreichen können", so ein Sprecher.
: Unterschriften gegen Rechtschreibreform. Namenszug auch von über 120 Ludwigslustern. Schweriner Volkszeitung, , Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern
Aus Stralsund, Rostock und Lodmannshagen kommen die Vertreter der Volksinitiative "Wir stoppen die Rechtschreibreform". […] Über 120 Ludwigsluster sprachen sich gestern mit ihrem Namenszug für die Beibehaltung der alten Rechtschreibung und die Ablehnung der Einführung von Neuerungen, die die Allgemeinheit betreffen, über die Schulen aus. […] Mit Mecklenburg-Vorpommern rege sich nun schon im fünften Bundesland der Widerstand, so die Organisatoren.

24. 2. 1999

: Gegner der Rechtschreibreform vor Erfolg. Berliner Morgenpost, , Berlin
Es fehlen nur noch wenige der nötigen 25 000 Unterschriften.

23. 2. 1999

: "Etwas noch wohl Schmeckenderes." Auch die Nachrichtenagenturen können mit ihrem Regelwerk den Verfall einheitlicher Rechtschreibung nicht aufhalten. Die Welt, , Feuilleton
In Deutschland gibt es eine neue Instanz, die selbständig (künftig: selbstständig) über Rechtschreibfragen entscheidet. Das ist der Eindruck, der sich ergibt, nachdem die deutschsprachigen Presseagenturen ihre Version der neuen Rechtschreibung vorgelegt haben. […] Die neue Agenturenschreibung ist ganz und gar nicht mit derjenigen Orthographie identisch, die durch die Kultusministerkonferenz gegen vehemente öffentliche Proteste für die Schulen verbindlich gemacht worden ist.

22. 2. 1999

: Wir warten auf Bichsel. Schweizer Illustrierte, , nr. 8, s. 5, Tagebuch
Ich kann Ihnen folgendes versprechen: Sobald die besten Schriftsteller dieses Landes, Leute wie Peter Bichsel, Urs Widmer oder Thomas Hürlimann voll auf die neue Rechtschreibung einschwenken, werden wir nachziehen.
: Nordosten will Reform stoppen. Volksentscheid gegen die neue Rechtschreibung geplant. Die Welt, , Norddeutschland
Mecklenburg-Vorpommern soll es nach dem Willen einer Bürgerinitiative dem Nachbarland Schleswig-Holstein gleichtun und durch Volksentscheid die Rechtschreibreform stoppen.

19. 2. 1999

: "Jede Unterschrift ist ein Erfolg gegen die Rechtschreibreform." Bürgerinitiative will neue Regeln kippen / 300 Gadebuscher trugen sich in Listen ein. Schweriner Volkszeitung, , Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern
Die Gegner der Rechtschreibreform gehen jetzt auf Stimmenfang in Mecklenburg-Vorpommern. […] 15000 Unterschriften braucht die Bürgerinitiative, damit der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern neu über die Rechtschreibreform beraten muß.
: Bei Anruf Wort: Vom Bettuch zum Betttuch. Zu: "Bei Rechtschreibproblemen hilft das Grammatische Telefon"; WELT vom 10. Februar. Die Welt, , nr. 42, s. 11, Forum, Leserbriefe
Erstaunt bin ich allerdings, warum zu diesem Wort überhaupt eine Anfrage kam. Schon vor der Rechtschreibreform schrieb man […] Pappplakat […]. Kurios war einst, daß früher also Bettuch entweder Laken oder Gebetsschal der Juden bedeuten konnte.

17. 2. 1999

: Landesweite Unterschriftenaktion gegen die Rechtschreibreform. Bürgerinitiative sammelt Namenszüge für Volksentscheid. Nordkurier-Online, , News Mecklenburg-Vorpommern
Ziel der Aktion sei die Durchführung eines Volksentscheids, sagte die Stralsunder Rechtsanwältin Ute Bildstein, die zu den Organisatoren gehört.

16. 2. 1999

: RECHTSCHREIBREFORM. Kärnten erweitert neue Schreibweise um eigene Varianten. Dolomiten, , Politik
[…] die närrische Zeit hat allerdings Auswirkungen auf durchaus seriöse Einrichtungen wie den Pressedienst beim Amt der Landesregierung (LPD). Dieser ließ am Montag den Medien die "amtliche Rechtschreibreform" zukommen.

Der uralte text mit "1. Schritt", "2. schritt", "3. schrit", "4. srit".

: Marions Hut und Petras Antrag . . . 80 000 beim Rosenmontagszug / Viel Euro und wenig Kommunales. Westfälische Nachrichten, , Münster
Und die KG Paohlbürger beschäftigte sich mit der Rechtschreibreform: »Die Karawahne ziet waita . . . «

15. 2. 1999

Steno wird in Kürze geändert. Nordbayerischer Kurier, , Bayreuth
17 Fachexperten des Deutschen Stenografenbundes trafen sich am Wochenende im Deutschen Schreibmaschinenmuseum, um über die Modifizierung der Kurzschrift zu beraten, und sie an neue Anforderungen wie die geänderte Rechtschreibung oder die Computertechnologie anzupassen.

11. 2. 1999

: Die Fasnacht droht. St. Galler Tagblatt, , nr. 34, s. 2, Aktualität
[…] «Scheiss-Zwang», jawohl, im Jahresverlauf immer zum gleichen Zeitpunkt ein gleiches Ereignis oder Phänomen zu ver-artikeln […] Im September der Bettag (auch nach der Rechtschreibereform nur mit zwei t geschrieben). […] Die Brunft der Gämsen (Rechtschreibereform-Titel: «Die Gämsen sind nicht zu brämsen»).
: Rechtschreibkrieg der Wörterbuchverlage. Bertelsmann befürchtet Duden-Monopol und verschenkt 10 000 Lexika in Schleswig-Holstein. Die Welt, , nr. 35, s. 4, Deutschland
Anlaß dieses Verlagskrieges ist der branchenweite Umsatzeinbruch beim Verkauf von deutsch­sprachigen Wörterbüchern, den die Verlage nach der ersten Euphorie über die Brechung des "Duden-Monopols" verzeichnen mußten. […] Als dann auch noch das Bundesverfassungs­gericht bestätigte, daß die "rechtliche Verbindlichkeit" der neuen Regeln "auf den Bereich der Schulen beschränkt" sei, war die Autorität der Wörterbuch­verlage dahin. Die neuen Wörter­bücher wurden zu Ladenhütern, da sie nicht mehr als verbindlich angesehen werden konnten.

Worauf gründete denn die "Autorität der Wörterbuchverlage" vorher, wenn nun "bestätigt" wurde, was alle schon immer wussten? "Ladenhüter" ist ein anderer ausdruck für die tatsache, dass ein buch vorübergehend nicht an der spitze der sachbuch-bestseller­liste ist.

10. 2. 1999

: Bei Rechtschreibproblemen hilft das Grammatische Telefon. Uni Potsdam bietet täglichen Service. Die Welt, , Hochschul-Welt
Die Rechtschreibreform beschert dem Grammatischen Telefon Potsdam eine Menge Anfragen. "Wird Teeei nach den neuen Regeln tatsächlich mit drei E geschrieben und Pappplakat mit drei T?" wird Birgit Wolf beispielsweise gefragt.

Es wurde natürlich "mit drei P?" gefragt, und der autor legt wert auf die feststellung, dass er den text korrekt per e-post übermittelt hat. Die verwirrung bei den armen zeitungen scheint gross zu sein. (25. 8. 2002)

9. 2. 1999

: Die beste Lehre ist nicht edel. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 33, s. 53
In den fünfziger Jahren fand in China eine Rechtschreibreform statt, die die Schriftzeichen vereinfachte. Die mit der neuen Schrift aufgewachsene Generation kennt die alten Symbole nicht mehr und liest die Klassiker in westlichen Übersetzungen.

8. 2. 1999

: Bald Sammlerwert für Rechtschreibreform-Texte. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 32, s. 14, Briefe an die Herausgeber
Es steht unumstößlich fest, daß die Neuschreibung wegen ihrer schweren, auch von den Urhebern weitgehend eingeräumten Fehler noch einmal von Grund auf umgearbeitet werden wird. Es handelt sich also bestenfalls um eine Übergangsschreibung für wenige Jahre.
: Teure Übergangsregeln. Süddeutsche Zeitung, , nr. 31, s. 17, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Nicht nur in Mecklenburg, wie der Bundesinnenminister meint, sondern überall in Deutschland lassen sich die Landesregierungen nur sehr zögerlich auf die verordnete Neuschreibung ein.
: Nur etwa 300 Unterschriften gesammelt. Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens – In Bayern liegen die Hürden hoch – Kaum Chancen. Nürnberger Nachrichten, , Lokales
Goliath verdrängte David: Während die CSU für ihre Unterschriftenkampagne gegen den Doppel-Paß in der Stadt die besten Plätze belegte, mußte ein Häuflein aufrechter Gegner der Rechtschreibreform mit seinem Tapeziertisch in die Bischof-Meiser-Straße ausweichen.
: Heftiges Rütteln an der Rechtschreibreform. Unterschriften für ein Volksbegehren gesammelt. Nürnberger Zeitung, , Lokales
Manfred Riebe, Vorsitzender des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege, verkündete inmitten des Schneegestöbers, daß die Rechtschreibfehler in den Schulen durch die Rechtschreibreform zugenommen hätten. […] Wie sein Mitstreiter Lemitz ist er davon überzeugt, die erste Hürde mit 25 000 Unterschriften in Bayern locker zu nehmen. Im Gegensatz zu Lemitz sieht Riebe allerdings Schwierigkeiten, die 880 000 Stimmen zu erhalten, die für einen erfolgreichen Volksentscheid notwendig sind.
: FREIBERG: Büttenreden eröffnen 99er Narrensaison. Faschingstreiben wird mit "Gala 1" im "Tivoli" fortgesetzt. Freie Presse, , Erzgebirge
Wieder einmal gab Bürgermeister Rainer Bruha etwas aus seiner "Zeitungssalat"-Sammlung zum besten. "Rechtschreibereform ist toll, jetzt werden manche Worte so geschrieben, wie Sie das schon immer dachten".
: Rasante Weinkönigin und mehr. KGV brannte in der Mainschleifenhalle ein Feuerwerk der närrischen Superlative ab. Mainpost, , Kitzingen
Umwerfend-köstlich: Auch der "Deutschlandblues" mit Euro, Rechtschreibreform und den "sportlichen Verlusten der deutschen Nation". Das Publikum tobte.
: Koalition: "Weder Fisch noch Fleisch". Volkmar Staub in der Spindel. Rheinische Post, , Mönchengladbach aktuell
Entsetzen überkommt den "südländischsten unter den deustchen Kabarettisten" auch, wenn er an die neue Rechtschreibreform denkt. […] Wenn junge Lehrer frisch von der PH kommen und sagen müssen: Ich komme von der F!

6. 2. 1999

: Bangen um die Frakturschrift. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 31, s. 11, Briefe an die Herausgeber
Die Antiqua verdrängt allmählich die gotische Schrift aus den Drucken. […] Warum wird heute alles dem Nützlichkeitsprinzip geopfert? Ich freue mich jedesmal, wenn ich den Zeitungskopf Ihres Blattes betrachte und die "Leitglosse" oder den "Leitartikel" sehe.

4. 2. 1999

: DDR-Identität findet im Alltagswort kaum statt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache bietet regionale Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit. Nordkurier-Online, , Kultur, Multimediales
Rabanus [Stefan Rabanus, Vorsitzender des GfdS-Zweigvereins in Greifswald] betont, daß sich die GfdS mit ihren 2500 Mitgliedern in 25 Ländern nicht um Sprachkonservierung, sondern um kritische Begleitung von Sprachentwicklung bemühe. […] Die Aufregung um die Rechtschreibreform könne er übrigens nicht verstehen. Die dabei vollzogene Veränderung als amtlicher Quantensprung sei sonst im Stillen durch die Dudenredaktion permanent praktiziert worden. So könnte etwas mehr Aufmerksamkeit für die Sprachentwicklung die aufgeregten Debatten um die Rechtschreibreform versachlichen.
: Unstimmigkeiten in der Orthographie. Zu: Glaubenskrieg in der Fussgängerzone, SZ vom 30./31. Januar. Süddeutsche Zeitung, , nr. 28, s. 10, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Wegen ihrer Mängel kann die Rechtschreibreform an den Schulen nur mangelhaft umgesetzt werden, falls sie überhaupt umgesetzt wird.

2. 2. 1999

: Dieser Erger mit dem Ä. Tages-Anzeiger, , Zürich Stadt
Da steht der Wandersmann am Klusplatz, studiert die gelben Wegweiser — und stutzt: Ins Dägenriet will ihn der Pfeil weisen. Dägenriet? Seit Generationen suchen die Ausflügler das Degenried heim — das Restaurant "Degenried" an der Degenriedstrasse. Dem verwirrten Wanderer kommt bald ein schauriger Gedanke: Ist das Dägenriet eine weitere Schandtat der neuen Rechtschreibung nach dem Stängel, der Gämse, dem Aufwändigen?

1. 2. 1999

Wombacher Narrenschiff auch ohne DM auf dem Weg in das dritte Jahrtausend. Erste Sitzung der »Klößköpf« mit Show und Tänzen / Fünf Stunden buntes Programm. Main-Echo, , Lohrer Echo
Ein Klatschreporter von Welt, alias Rainer Nätscher, war zu Gast in Wombach, um von seinen Erlebnissen aus der bunten Journalismuswelt zu berichten. […] Und was sagt der Reporter zu Verona Feldbusch und Giovanni Trapattoni? »Die rede so, wie mir nach der Rechtschreibreform schreibe solle.«
: Zur Happy Hour der FDP gibt es Wahlkampfwitze gratis. Die ehemalige Regierungspartei hält ein Strategietreffen ab — doch um die Zukunft in der Opposition geht es nur am Rande. Stuttgarter Zeitung, , Politik
Möglicherweise bekommen Sie auch eine Broschüre, auf der oben steht: "Politik Neu Denken" und unten: "Partei Anders Gestalten", dazwischen: "Welcome". Das ist dann kein Beitrag zur Rechtschreibreform, sondern ein Beleg für die Bemühungen, die Liberalen neu zu stylen.

30. 1. 1999

bö: Wenn Schilder sich nicht an die Regeln halten. Frankfurter Neue Presse, Taunus-Zeitung, , Lokales
An der Ecke Taunusstraße wurde ihm seit geraumer Zeit der Weg in die "Stadmitte" gewiesen. Autofahrer, die sich bereits mit der neuen Rechtschreibung konfrontiert sahen, waren aber im Irrtum. Der Schildermaler der Straßenmeisterei hatte der Stadt schlichtweg ein "t" unterschlagen. […] . "Das ist wohl noch nicht aufgefallen", wiegelte Jürgen Conradi, Pressesprecher des Landrates[,] ab. […] "Aber wir versprechen, daß wir es im Goethejahr natürlich besondern schnell verbessern", fügte er hinzu. […] Oberursels Bürgermeister Krämer zeigt sich erfreut über die Korrektur und denkt dabei auch an die Kreisbehörde, denn, "wenn die öffentliche Hand nicht mit gutem Beispiel vorangeht, muß sie sich auch nicht wundern, wenn sich andere nicht an die Regeln halten."
: Mensch und Maschine zugleich umrüsten. Mitarbeiter des Landratsamtes in neuer Rechtschreibung geschult. Mainpost, , Main-Tauber-Kreis
"Behände, nicht im Schritttempo, sind seitens der Ausschussmitglieder die Blätter selbstständig und aufwändig zu platzieren und zu nummerieren." Bemerkenswert an diesem Satz ist — außer seiner Unsinnigkeit — vor allem die Rechtschreibung. Theoretisch könnte der Satz aber in einem Brief des Landratsamtes stehen — denn dort hat man zum Jahresende umgestellt.
: Stilleben. Blickwechsel. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton

Ein marginaler Effekt der Rechtschreibreform: die Klärung einer Schreibweise, die uns lange Zeit vor Probleme stellte. "Stillleben" wird es von nun an heißen, ein Wort, das in seinem Klang und in seiner Bedeutung nichts mehr Rätselhaftes hat. […] Wenn man dem Wort nun im Rahmen der Rechtschreibreform einen Buchstaben hinzufügt, sollte man nicht vergessen, was ihm gleichzeitig entrissen wird: jener Schleier der Uneindeutigkeit, der vielleicht der wichtigste Anreiz ist, sich mit Kunst auseinanderzusetzen.

: Glaubenskrieg in der Fußgängerzone. Aktion gegen Rechtschreibreform. Süddeutsche Zeitung, , München
Zunächst das Vorglühen: Dabei muß die Initiative 25 000 Stimmen zusammenbringen, um die Angelegenheit überhaupt beim Innenministerium vorlegen zu können. Dort wird die Zulässigkeit geprüft, und wenn die Prüfung positiv ausfällt, ist die Sache gewissermaßen gezündet und kann in Fahrt kommen. In dieser Phase (sie ist auf vierzehn Tage begrenzt) muß sich ein Zehntel der Stimmberechtigten, etwa 880 000 Leute, in die bei den Gemeinden ausliegenden Listen eintragen. Danach geht das Verfahren an den Landtag, der entweder zustimmen, also die Verfassung ändern kann, oder der den Antrag ablehnen beziehungsweise einen alternativen Entwurf vorlegen kann. In dem Fall käme es zum Volksentscheid, bei dem die einfache Mehrheit den Ausschlag gibt.

29. 1. 1999

: Neue Schreibweise in Amtsstuben. Regierung beschließt Einführung der Regeln zum 1. August. Frankfurter Rundschau, , Nachrichten Inland
Angestrebt wird ein "moderater Übergang" zu den neuen Regeln. Einen neuen Parlamentsbeschluß hält die Regierung offenbar für unnötig. Der Bundestag hatte im März 1998 mit knapper Mehrheit beschlossen, "die hergebrachte Amtssprache des Bundes beizubehalten".
Zurück zu den alten Meistern. Willy. Frankfurter Neue Presse, , Landkreise Offenbach und Groß-Gerau
Wer sich den Originaltext des "Urfaust" von Johann Wolfgang Goethe hinsichtlich der Orthographie anschaut, wird feststellen, daß unsere Rechtschreibreform irgendwie schon auf dem richtigen Weg ist, allerdings bei weitem nicht die Qualitäten unseres Dichterfürsten erreicht.
: Neue Schreibregeln haben Bestand. Mannheimer Morgen, , Südwest
Im juristischen Tauziehen um die Rechtschreibreform in Baden-Württemberg hat das Verwaltungsgericht Freiburg erneut die Klage eines Vaters gegen das Land abgewiesen.
: Gericht billigt Schreibreform. Stuttgarter Zeitung, , Südwestdeutsche Zeitung
Im juristischen Tauziehen um die Rechtschreibreform in Baden-Württemberg hat das Verwaltungsgericht Freiburg erneut die Klage eines Vaters gegen das Land abgewiesen.

28. 1. 1999

: Mecklenburg-Vorpommern bei Rechtschreibreform im Verzug. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 23, s. 4, Politik
: Mecklenburg-Vorpommern mit Rechtschreibreform im Verzug. Remscheider General-Anzeiger, rga-online (pipeline), , Inland
Nur Mecklenburg-Vorpommern hat für die Amtssprache noch keine verbindlichen neuen Regelungen getroffen. Dies geht aus dem Bericht über die Umsetzung der Rechtschreibreform hervor, den Innenminister Otto Schily (SPD) dem Bundeskabinett heute in Bonn vorstellte.
: Im Klub der Meistersinger. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 23, s. 48, Literatur
Was uns an Dichterbünden interessieren soll, ist das "eingreifende Denken" ihrer Mitglieder. Eindrücklich sichtbar wird dieses Denken etwa bei den "Sprachgesellschaften des siebzehnten Jahrhunderts". Während die heutige Rechtschreibreform weitgehend als rückwärtsgewandter Affentanz erscheint, zeigen sich die Bemühungen um die Standardisierung und Modernisierung einer allgemein verbindlichen deutschen Hochsprache und Rechtschreibung als visionäres Unterfangen, dem wir verdanken, daß ein Berner, ein Wiener und ein Hamburger heute miteinander sprechen können.

26. 1. 1999

: Ob Jonglieren oder Taiji-Chan: Kurse für alles und jeden. Neues Programm des Volksbildungswerkes erscheint morgen — Anmeldungen sind ab Samstag möglich. Main-Echo, , Miltenberg
Wer fürchtet, daß er bei der Kontrolle der Schulauffsätze seiner Kinder seit der Rechtschreibreform Fehler hineinkorrigiert, kann sich in dem Kurs »Der raue Seeelefant beobachtet die Schifffahrt« mit den neuen Rechtschreibregeln vertraut machen.

Vor lauter ff und fff kommen die Schulauffsätze anscheinend wirklich durcheinander.

: Volkes Stimme – eine Fiktion. Badische Zeitung, , Politik, Der Leitartikel
Welch absurde Folgen eine Volksabstimmung haben kann, zeigt die Rechtschreibreform: In Schleswig-Holstein lernen jetzt Kinder die alte Rechtschreibung, lesen aber Bücher mit der neuen.

23. 1. 1999

: Eine ungeliebte Konferenz. Frankfurter Neue Presse, , Hintergrund
Die KMK zieht auch deshalb viel Ärger auf sich, weil sie einerseits zwar kein bundespolitisches Beschlußgremium ist (ein derartiges Organ ist im Grundgesetz nicht vorgesehen), andererseits aber aufgrund der Länderhoheit in Sachen Kultur ihre Absprachen bundesweit geltende Fakten schaffen, wie etwa die Rechtschreibreform.

21. 1. 1999

: Und täglich grüßt das Känguru(h). Alois Weihermann über den Einzug der Rechtschreibreform. Westfälische Nachrichten online, , Münster
Während viele Privatleute oder Firmen der Rechtschreibreform noch abwartend begegnen, hat sie in den Reihen der Verwaltung bereits Einzug gehalten. […] Arbeitshilfen mit den neuen Rechtschreibregelen werden per Post und Mail verschickt, Taschenkalender mit den wichtigsten Rechtschreibregeln können abgerufen werden und der neue Duden wird gleich stapelweise geordert. […] Dennoch, ganz unproblematisch ist der Umstieg nicht, wie Weihermann zu berichten weiß. »Im täglichen Arbeitsablauf ist es noch eher lästig.«

Quizfrage: Ist dieser artikel in alter neuer schreibung verfasst? Antwort: in alter, aber bei der kommasetzung (vor und) hat sich die neue eingeschlichen. Ist das der an anderer stelle erwähnte "Einführungs- und Sensibilisierungsprozeß"?

19. 1. 1999

: Zur Einstimmigkeit gezwungen. Hans-Joachim Meyer ist neuer KMK-Präsident. Berliner Zeitung, , Feuilleton
In der KMK, die 1998 fünfzig Jahre alt wurde, einigen sich die Länder-Kultusminister über Fragen wie bundeseinheitliche Abschlüsse, die Abitur-Neuordnung oder die Rechtschreibreform. Wegen ihres Arbeitstempos und des Zwangs, alle Beschlüsse einstimmig fassen zu müssen, wurde die KMK des öfteren kritisiert.
: Am PC läßt sich die neue Rechtschreibung erlernen. Mehrere CD-Roms sind auf dem Markt — Programme sind zwar übersichtlich, mitunter aber reizlos gestaltet. Stuttgarter Zeitung, , Wirtschaft
Wer auf die neue Rechtschreibung umsteigen will, kann am PC trainieren. […] Für Faule und Reformmuffel gibt es die teurere, aber simple Lösung: ein Programm, das automatisch konvertiert. […] Wer Schriftliches nur am Computer verfaßt und die relativ hohen Anschaffungskosten nicht scheut, der kann sich jedoch mit Hilfe dieses Programms auf bequeme Art vor dem mühsamen neuen Regelwerk drücken.

15. 1. 1999

: Von Ausgrenzung und "goethischen Dramen" Die Welt, , nr. 12, s. 11, Forum, Leserbriefe
Der unter dem Namen "Rechtschreibreform" getarnte Schreibumsturz in primitivste Armseligkeit ist der Dolchstoß aus dem Hinterhalt.
: Erster Erfolg für Rechtschreibgegner. Heute erfolgt die Übergabe der ersten 5.000 Unterschriften. taz Bremen, , nr. 5736, s. 21, Bremen Aktuell
Nach dieser ersten Hürde beginnt für die Initiative dann der zweite entscheidende Schritt auf dem Weg zum Volksentscheid: Innerhalb von drei Monaten müssen weitere 52.000 gültige Unterschriften gesammelt werden.

13. 1. 1999

: Duden klärt Zweifelsfälle der deutschen Sprache. "Richtiges und gutes Deutsch" in der PC-Bibliothek. Kieler Nachrichten,
Das elektronische Nachschlagewerk der PC-Bibliothek klärt nun auch Zweifelsfälle der deutschen Sprache. […] Die rund 5.000 Stichworteinträge beantworten auch Fragen, die sich aus der Rechtschreibreform ergeben. Heißt es nun Panther oder Panter? […] Eine Empfehlung für eine der beiden Formen wird nicht gegeben.
Das kleine Dschungel-Buch. Salzburger Nachrichten,
Für alle, die ich im Dickicht der neuen deutschen Rechtschreibung noch nicht richtig zurechtfinden, gibt es bei den Salzburger Nachrichten die Möglichkeit, eine kleine Rechtschreib-Fibel anzufordern. Entwickelt wurde das "Kleine Dschungel-Buch" von der Firma maXwork in Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Dr. Franz Spechtler. Er ist Mitglied der zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung in Mannheim […] Ihre Bestellungen nimmt das SN-Leserservice entgegen: Entweder telefonisch: 0662/83 73-503, per Fax: 0662/83 73-515 oder E-Mail: leserservice@salzburg.com

12. 1. 1999

: Friedensbotschaft zur Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 9, s. 9, Briefe an die Herausgeber
Zum Brief von Leser Professor Dr. Hermann Zabel "Im Duden von 1991 schlimmere Ungereimtheiten" […]. An nichts anderem als einem "Kompromiß für vernunftbegabte Menschen" arbeitet übrigens auch Professor Ickler in Erlangen. Er legt die nach wie vor gültigen Dudenschreibungen der letzten "reformfreien" Auflage von 1991 ("Wiedervereinigungsduden") zugrunde, "kämmt" darin aber alles aus, was den allseits anerkannten Grundregeln der deutschen Orthographie widerspricht. Professor Icklers Regelwerk und ein großes Wörterbuch für die Schreibpraxis sowie ein kleineres für Familie und Schule werden im Frühjahr dieses Jahres erscheinen.
: Frankfurter Chocko-Krässaus. Von neuen Berufsbildern und Zetteln in Schaufenstern. die tageszeitung, , nr. 5733, s. 20, Die Wahrheit
Es ist offensichtlich, daß es letztlich die Bäcker-Azubis sein werden, an denen die Rechtschreibreform zerschellen wird. […] Das erste Mal aktenkundig wurden sie vor zwei Jahren in Ochsenfurt am Main: Der ortsansässige Bäcker […] hatte sein Schaufenster mit kleinen "Prinzenrollen" dekoriert. Das vom Azubi handgemalte Preisschild stand gleich daneben: Prinsen 2 DM. Da wollte die Fa. Wolf am Frankfurter Südbahnhof (Hinterausgang) nicht nachstehen: Sie ging mit dem Schild auf Kundenfang: Achtung! 17.30 bis 18.30 Uhr Feierabendpreiße!
: Das Dach auf dem i der Maîtresse. Basler Zeitung, , nr. 9, s. 35, Feuilleton

Bereits erschienen in: Süddeutsche Zeitung, 12. 12. 1998

11. 1. 1999

: Grob geschmacklos. Süddeutsche Zeitung, , nr. 7, s. 22, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Herrn Denks Streit wider die Orthographie-Reform in Ehren — von maßlosen Eiferern möchte ich mich nicht vertreten wissen.
: Das wahre Unwort des Jahres. Die Welt, , s. 11, Forum, Leserbriefe
Die alljährliche Proklamation eines "Unworts" ist lächerlich, solange die selbsternannte Jury sich scheut, die wahren "Unwörter" zu nennen, zum Beispiel das Unwort des Jahrzehnts "Rechtschreibreform". Hier ist das angeblich gesuchte "besonders krasse Mißverhältnis von Wort und bezeichneter Sache" exemplarisch deutlich.

9. 1. 1999

: Rechtschreibung wird erneut verhandelt. Bundesverwaltungsgericht muß entscheiden. Berliner Zeitung, , Berlin
Dabei geht es um die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, das im November 1997 einer Klage gegen die Reform stattgegeben hatte […] Obwohl das Bundesverfassungsgericht die Reform inzwischen gebilligt hat, ist die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht notwendig.
neu : Für die Schweden schwieriger. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 7, s. 9, Briefe an die Herausgeber (185 wörter)
Durch die fatale Neuregelung der Getrennt- und Zusammen­schreibung wird nun die Erlernung der für uns ohnehin schwierigen deutschen Sprache zusätzlich erschwert. Deutsch­studierende in Schweden müssen nämlich lernen, daß Hunderte von geläufigen und bisher un­verfänglichen Zusammen­setzungen, die bei uns genaue Ent­sprechungen haben, in Zukunft mit zwei Wörtern wieder­zugeben sind […].
Gegen neue Rechtschreibung: Volksbegehren in Bayern. Verfassungsrang für Orthographie: Verein sucht Aktive und sammelt Unterschriften. Main-Echo, , Stadt Aschaffenburg
Auf dem Weg über Volksbegehren und Volksentscheid will der »Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege« die umstrittene Rechtschreibreform zu Fall bringen, zumindest innerhalb der Grenzen des Freistaats. »Wir wollen den Rechtschreibreformern ein Land nach dem anderen abnehmen«, sagt Norbert Schäbler. Der 47jährige Lehrer, der in Wenighösbach lebt und in Laufach unterrichtet, vertritt den Raum Aschaffenburg im Vorstand des in Nürnberg eingetragenen Vereins der Reformgegner.

8. 1. 1999

: Alte Rechtschreibung wieder in Kraft. Neue Regelungen auch bei Zeugnissen. Kieler Nachrichten, , Schleswig-Holstein, Kiel
Die Verwendung der in den anderen Bundesländern geltenden reformierten Orthographie wird als falsch angestrichen, aber nicht als Fehler gewertet. […] Der Erlaß gilt zunächst für zwei Jahre, also bis Ende 2000. Dann prüft der Landtag, welche Konsequenzen aus der bundesweiten Rechtschreibentwicklung zu ziehen sind.

4. 1. 1999

: Computer. Wie das Euro-Zeichen auf den Schirm gelangt. Frankfurter Rundschau, , Wirtschaft
"Die Umstellung auf den Euro ist für Softwarehersteller weitaus problematischer als es die Rechtschreibreform jemals war", sagt Bernard Grander von Microsoft.

Und die kommasetzung ist halt vor und nach der reform problematisch.

: Neue Rechtschreibung wird nicht glatt über die Bühne gehen. Mindener Tageblatt, , Ihre Meinung, Briefe an die Redaktion
Das MT hat recht: Die tatsächlichen Auswirkungen der Änderung sind minimal. Wie soll aber eine in den Texten mit der Lupe zu suchende Rechtschreibreform vor allem das Schreiben erleichtern?
: Mächtige brauchen die Demokratie nur zum Gewähltwerden. Zu "Schutz fürs Rechtschreiben?" von Hermann Unterstöger in der SZ vom 11. Dezember. Süddeutsche Zeitung, , nr. 2, s. 9, Briefe an die Süddeutsche Zeitung
Warum kann sie [die rechtschreibreform] nicht "richtig leben"? Weil sie eine Mißgeburt ist, den Köpfen einiger Deutsch-Didaktiker entsprungen, die etwas ganz anderes wollten, nämlich die Kleinschreibung, und — als dies mißlang — in anderen Bereichen herumgepfuscht haben. […] Wie geht es weiter? Wie bei einem Familienausflug, bei dem Herr Papa sich an der Kreuzung irrt, aber lieber 30 Kilometer Umweg fährt als 300 Meter zurück!
: Nur partiell aufwändig. Tages-Anzeiger, , 107. jg., nr. 1, s. 2, Hintergrund
Ab heute gilt auch im TA die neue Rechtschreibung. Für die Leserinnen und Leser eine kleinere Mühe als für uns Schreibende.

1. 1999

: Fiel Spass im Kaos. NZZ-Folio, , nr. 1, s. 57, Sprachlese (744 wörter)
Während Anhänger und Gegner der Rechtschreibreform sich noch über deren Vorzüge und Nachteile streiten, werden sie längst von einer anderen Entwicklung überrollt: dass rapide die Zahl der Schulabgänger wächst, die nach den neuen Regeln ebenso falsch schreiben wie nach den alten. […] Richtig zu schreiben ist eine Kulturtechnik im Dienst unserer grossartigsten Erfindung, der Sprache eben.

Ein schöner auswuchs der falschen gleichsetzung von sprache und schreibung: Der mensch hat die sprache erfunden! Dann hat er wohl auch hände und füsse und vor allem das gehirn erfunden. Das ist eben der unterschied: Die schrift ist eine bewusste menschliche schöpfung, die sich von der ursprünglichen idee entfernen und auch wieder ihr angenähert, also verändert werden kann.