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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 8. 2000
nachgeführt , 2023-03-19
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Aus presse und internet

31. 8. 2000

: Schneller suchen mit dem neuen Duden. Was immer man von der Rechtschreibreform halten mag — in ersten Praxistests hat sich das Wörterbuch aus Mannheim als benutzerfreundlich erwiesen. Frankfurter Neue Presse, , Kultur
Kompliziert wird es bei den Rücknahmen und Änderungen der bisherigen Reform-Ansätze. Wenn die Duden-Redaktion sich korrigiert, dann meist so, dass sie nun mehrere Schreibungen erlaubt. Das scheint überhaupt die Hauptfolge der Rechtschreib­reform zu sein: Dass in vielen Zweifels­fällen künftig jeder schreiben kann, wie er will.

30. 8. 2000

: An den Korrekturen der Schülerarbeiten abzulesen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 12, Briefe an die Herausgeber (337 wörter)
Natürlich ist es kein Problem, den Abc-Schützen die Schreibweise "Gämse" statt "Gemse" zu vermitteln. In den gymnasialen Jahrgangs­stufen 5 bis 7 aber, in denen die wesentlichen Regeln der Recht­schreibung als Förderung von Sprachsicherheit und Ausdrucks­fähigkeit behandelt werden, ist es sehr viel schwerer geworden, Einsicht in die neuen Regeln der Getrennt- und Zusammen­schreibung sowie der Groß- und Klein­schreibung zu vermitteln. Die einzige Neuerung, die wirklich angenommen wird, ist die Neuregelung der "s"-Schreibung.
: Zu alt, um sich umzustellen. Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Man darf sich reaktionär und borniert verhalten, wie die FAZ-Redaktion dies tut — ein jeder blamiert sich, so gut er kann. Der eigentliche Skandal liegt in meinen Augen aber anderswo: Durch die massive Kampagne, die die FAZ momentan fährt und deren vorläufiger Höhepunkt die unangenehme Selbst­beweihräucherung auf der Titelseite war, verliert sie ihren Tag für Tag ebenfalls auf dem Titel­blatt postulierten Anspruch auf Über­parteilichkeit.
: Viele Fehler sind die Regel (I). Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Es verwundert, dass eine Bevölkerung, die offensichtlich in weiten Teilen mit der alten Recht­schreibung Probleme hat, die neue ablehnt, obwohl diese eine ganze Anzahl an Ver­einfachungen bietet.
: Viele Fehler sind die Regel (II). Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Als jemand, der sich keineswegs auf die Reform gefreut hat […], habe ich mich schneller als gedacht an die neue Ästhetik gewöhnt.
: Es lebe der preußische Kasernenhofton! I. Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Einerseits wird das Thema heruntergespielt […], andererseits werden die wirklichen Probleme verschwiegen. Zum Beispiel: Die Festlegung, dass nach langem Vokal das „ß" erhalten bleibt, während nach kurzem Vokal „ss" zu stehen hat, bedeutet in der Praxis, dass die norddeutsche Sprechweise zum Maßstab für die allgemein­deutsche Schreib­weise gemacht wird.
: Es lebe der preußische Kasernenhofton! II. Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass die Süddeutsche — wenn sie schon der Frankfurter All­gemeinen nicht zuvor­gekommen ist — sich ihr spontan anschließt und ebenfalls zur alten Recht­schreibung zurück­kehrt.
: Rechtschreibung — eine falsche Priorität. [Zu:] Der aggressive Lockruf / SZ vom 19./20. August. Süddeutsche Zeitung, , s. 12, Briefe an die SZ
Hier eine jener Situations­beschreibungen der rechten Szene, die es uns kalt den Rücken runter laufen lassen, dort das unerhört be­eindruckende Engagement deutscher Geistes­größen gegen die neue Recht­schreibung […]. Von einem ähnlichen ge­schlossenen Engagement gegen den rechten Unrat hat man noch nicht so viel gehört.

29. 8. 2000

: Die Tage der Gemsenstrasse sind gezählt. Neue Rechtschreibung für Strassennamen. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 200, s. 48, Zürich und Region
Da eine Strassentafel aber eine ziemlich lange Lebens­dauer hat, kann es noch Jahr­zehnte dauern, bis in den Strassen Zürichs ortho­graphisch alles seine Richtig­keit hat.

Und die unzähligen strassen­namen, die jeden tag auf papier (und in html) geschrieben werden?

: Glücklich. Was hat Sie in letzter Zeit zum besseren Menschen gemacht? Süddeutsche Zeitung, , s. 16, Feuilleton
Mann, immer dise shwirigen fragen. Wär das ein interviu würd ich de interviui sagen, er soll sich seine frage sonst wohin stecken.
: Der Kanzler, der die Königinnen küsst. Gerhard Schröder versucht sich bei seiner Sommerreise durch den unbekannten Osten auch als Betriebsretter. Südwest Presse, , Im Brennpunkt
Wurstbrote und Wein wurden auf der Terrasse gereicht, und im Dunst von Pfeifen- und Zigarren­rauch ging es bei der intellektuellen Tafelrunde um den Kultur­verfall durch den Rechts­extremismus, um die Rechtschreib­reform, um Visionen vom "Dritten Weg" und um die "Phrasen der Macht".
: Zwischen Bachmann-Preis und Buchmesse. "Sehen Sie sich doch in Ihrem Alltagsleben um": Das Erlanger Poetenfest ist zum Familienfest des Literaturbetriebs geworden. Die Welt, , Feuilleton
Schoeller (seines Zeichens Literaturchef beim Hessischen Fernsehen) brachte es auch fertig, die politische Diskussion am Sonntag­vormittag als Gesprächs­leiter so aus dem Ruder laufen zu lassen, dass nach einer halben Stunde statt vom angekündigten Thema "Deutschland, ein Lügen­märchen - wie käuflich ist die Republik?" nur noch von der Globalisierung der Wirt­schaft, der Versteigerung der UMTS-Frequenzen, der Renten­debatte und der Recht­schreib­reform die Rede war.

28. 8. 2000

: Ausgerechnet die Schweiz. Basler Zeitung, , Briefe
Der Wortschatz einer lebenden Sprache erfährt im Laufe der Jahre und Jahrzehnte Ver­änderungen, und Rechtschreib­reformen sollen nichts anderes tun, als diese Veränderungen fest­zustellen und gegebenen­falls für nun allgemein gültig erklären. Sie soll gewiss nicht im Sinne ver­meintlicher «Vereinfachungen» neue Schreibweisen kreieren und diese zwangsweise einführen, dem (Schreib-)Volk indoktrinieren: greulich ist nicht gräulich, gräulich ist eine Farbe und greulich ist es, rau und nicht rauh zu schreiben, und ein Blüten­stengel wird nicht zum Blüten­stängel, nur weil einige Kultus­minister dies für hübsch finden.
: Verlierer in Schulbänken. Die schulischen Argumente der Schreibreformer tragen nicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 51, Feuilleton
Dabei hätte es eine andere Möglichkeit gegeben: die Rechtschreibung in den Schulen konsequent zu üben […]. Jedenfalls sei die These gewagt, daß mit einem ernsteren Orthographie­unterricht bessere Rechtschreib­ergebnisse erzielt worden wären als mit der "Reform". Wundersam sind deshalb die "pädagogischen" Argumente, mit denen sie verteidigt wird. […] Die Reformer haben haupt­sächlich an den schreibenden Schüler gedacht […]. Aber das Schreiben bleibt […] kein Selbstzweck, sondern ist auf einen Leser angelegt.

Wundersam sind spekulationen, an wen die reformer hauptsächlich gedacht haben. — Nachdem es der ortografieunterricht in 100 jahren nicht geschafft hat, ernster zu werden, könnte man sich immerhin fragen, ob es nicht doch am unterrichtsgegenstand liegt.

Streit ums scharfe "s" am Straßenrand. Focus, , nr. 35, s. 12, Periskop
Allein für die Schloßstraße im Bezirk Steglitz wären für neue Schilder 12000 Mark fällig. Selbst beim Austausch beschädigter Namens­träger solle, so bekräftigt die Bezirks­verwaltung, "das Schloss sein ß behalten".
Ein echter Schnitzer Focus, , nr. 35, s. 66, Profile
[…] ein "h" zu viel im Willy-Brandt-Zitat "Jetzt wächst zusammen, was zusammen­gehö(h)rt". Der Rasdorfer Bürger­meister Körbel blieb cool: "Völlig wurscht. Bei der heutigen Rechtschreibung weiß eh keiner mehr Bescheid." Der Lapsus wurde dennoch aus­gebessert.
: "Es tut mir leid: ein Kompromiss." Hartmut von Hentig plädiert für eine Annäherung im Streit um die Rechtschreibreform. Frankfurter Rundschau, , Dokumentation
Die Frage, wie wir unsere deutsche Sprache schreiben, ist eine unserer historischen Kultur als Ganzer. Weder die Wissenschaft (oder bestimmte Disziplinen) noch die Pädagogen, noch die Politiker - Parteien, Parlamente, Verwaltungen - entscheiden darüber. […] Lediglich die Regelung der Weise, in welcher die Schülerinnen und Schüler das Schreiben und folglich das richtige Schreiben in unserem Lande lernen, obliegt den Kultusministern. […] Weil, was die Schule lehrt und wie die Gesellschaft schreibt, einander bedingen, müssen die Kultus­minister bei der Einführung von Veränderungen große Behutsamkeit walten lassen; umgekehrt darf das in der Schule Gelehrte nicht zum Hemmschuh lebendiger Sprach­entwicklung werden. Die Festlegung "der richtigen Schreib­weise" für alle liegt nicht in der Verantwortung der Kultus­verwaltung. Die […] Rechtschreib­reform ist ein Versuch, die eben beschriebene Verantwortung der Kultusminister auszuüben. Dass das Ergebnis nicht einhellig Zustimmung findet, darf niemanden verwundern und muss niemanden empören. Eine Rücknahme kritisierter Elemente der Rechtschreib­reform bedeutet keine Niederlage, die begonnene Einführung kein Unglück, der Streit selber keine Blamage für die Nation.
: Lesezirkel. Bleib in Shape! Süddeutsche Zeitung, , s. 17, Feuilleton
Von der Rechtschreib­reform sind Einige richtig­gehend paralysiert worden, so dass sie ihren natur­gegebenen Sprachsinn oft vorsichtshalber ausschalten, um ja nichts verkehrt zu machen. Drei besonders markante Beispiele: „Blut überströmt" fand die Abendzeitung jemanden auf dem Asphalt, einen „Bein amputierten Kranich" suchte laut dpa ganz Israel, und die evangelische Nachrichtenagentur idea befragte zum Desaster auf der „Kursk" den „See erfahrenen" Landes­bischof Lohse. Der erwies sich bei dieser Gelegenheit als äußerst Bibel fest.

26. 8. 2000

: Wie Trisa der Konkurrenz die Zähne zeigt. Basler Zeitung, , Journal
Seit 1961 ist sein Enkel Ernst Pfenninger am Ruder. […] Er hatte immer schon den Mut, zu seinen Ideen zu stehen. So etwa zur gemässigten Klein­schreibung, die im Geschäfts­verkehr der Trisa 1974 eingeführt wurde.
: Wenn die «Str.» zur Strasse wird. Der Landbote, , nr. 198, 164. jg., s. 27, Kanton Zürich
Die Strassen­benennungs­kommission der Stadt Zürich hat sich dazu durch­gerungen, die Strassen künftig nach der neuen Rechtschreibung zu benennen. […] Verzichtet werde in Zukunft auch auf die Abkürzungen «Str.» und «str.». Sie seien vor allem für ausländische Gäste schwer verständlich, heisst es in der Mitteilung.
: Sprechen Sie auch denglisch? Der neue Duden. Neue Luzerner Zeitung, , Seite 2
Schliesslich zeigt ja die im deutschen Sommer­theater entbrannte hitzige Diskussion über die immer noch nicht verdaute Rechtschreib­reform, dass keiner mehr so recht weiss, wo es sprachlich langgeht. Soll doch gestern in Frankfurt am Main tatsächlich einer in einer grossen Buchhandlung allen Ernstes den Kauf mit den Worten verweigert haben: «Ich kaufe den neuen Duden nicht, bei dem permanenten Wechsel in den Rechtschreib­regeln weiss man ja nicht, ob sich die Investition überhaupt lohnt.»
: Ein "Duden" im Amt. Tages-Anzeiger, , s. 15, Stadt Zürich
Das Polizeidepartement, genauer die Strassen­benennungs­kommission, hat trotz anhaltender Finanz­krise einen "Duden" angeschafft und will sich ab sofort bei der Beschriftung der Zürcher Strassen an die deutsche Rechtschreibung halten. […] Bis aber ganz Zürich korrekt beschriftet ist, hat der "Duden" gewiss schon wieder andere Regeln.

Kaum; in dieser beziehung hat sich nichts geändert.

: Die ungeliebte Rechtschreibreform. Die gerade erschienene Neuauflage des Duden zeigt, wie schlecht die Reform vorbereitet war. Berliner Zeitung, , s. 15, Feuilleton (1667 wörter)
Die Gründe für die eine oder andere Schreibung sind viel­fältig, manchmal konsequent und logisch, manchmal konsequent und unlogisch. Wir schreiben zum Beispiel "wenig" und "wenige" mit dem gleichen "g", obwohl wir ganz verschiedene Laute sprechen, aber wir schreiben "Schluß" mit "sch" und "Stuß" mit "s", obwohl sie mit gleichem Anlaut gesprochen werden. Die Sprach­wissenschaftler unter­scheiden allein bei der alphabe­tischen Schrift ein phonetisches, ein phonologisches und ein morphologisches Prinzip, und ein Blick auf die englische oder die französische Ortho­graphie zeigt, daß man mit den sehr ver­schiedenen Konsequenzen dieser Prinzipien gut leben und schreiben kann. Der Glaube, daß es eine "richtige" Schreibung gibt, der man durch die Reform näher kommen könnte, ist also nicht einmal eine Fiktion, er ist einfach ein Irrtum.
: Die Bequemlichkeitsrevolte. Der neue Duden. (Tagesspiegel Online), , Kultur, Debatte (1303 wörter)
Nicht mehr in den Duden zu schauen - obwohl man's manchmal nötig hätte -, damit ist ein gewisses Maß an Schreib­souveränität erreicht; man hat die wider­wärtigen De­mütigungen, die noch in meiner Schulzeit Deutsch­lehrer allzu gern anlässlich von Rechtschreib­fehlern austeilten, endgültig hinter sich. Und hier muss ein Teil des Zorns seinen Ursprung haben, den die Rechtschreib­reform hervor­gerufen hat. Plötzlich ist der Duden nicht mehr bloß für Schüler und Sekretärinnen, sondern auch für Martin Walser (wieder) nötig. […] Merke: Max Weber unterscheidet in seiner Herrschafts­soziologie drei Typen von Ordnung, die gesatzte, die durch Pietät geheiligte und die durch einen charismatischen Führer geoffenbarte. Was immer Theodor Ickler oder Christian Meier oder Durs Grünbein sagen: die Ortho­graphie ist eine gesatzte Ordnung und kann durch Beschlüsse verändert werden. Konrad Duden, habe ich mir sagen lassen, hielt sie für ein unabschließ­bares work in progress.

25. 8. 2000

: Gemlania: il nuovo Duden ufficializza gli anglicismi. sda/ats, redazione italiana, CH-3001 Bern,
Contrariamente alle aspettative di molti, invece, il nuovo Duden si attiene rigorosamente alle nuove regole di scrittura, al centro in queste ultime settimane di forti critiche in tutto il mondo di lingua tedesca.
: Das Problem wird sich ganz von selbst erledigen. Zu Minister bleiben bei neuen Regeln und Times mager "Reformatoren" (FR vom 28. Juli 2000). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Wie lange kann man gegen ein Regelwerk ankämpfen, es ignorieren? Ein Jahr, drei Jahre, ein Jahrzehnt? Wenn die Schülerinnen und Schüler von heute in die Redaktions­stuben der FAZ eingezogen sein werden, wird sich dieses Problem ganz von selbst erledigen.
: Die Moorhuhnjagd ist dabei. Dicker, teurer und mit 5000 neuen Wörtern. Südwest Presse, , Feuilleton
Die Diskussionen um die Reform bezeichnete Wermke als "normal": "Das ist ein langfristiger Prozess und der wird auch noch länger als fünf Jahre dauern." Zudem seien die besonders um­strittenen Fragen der Getrennt- und Zusammen­schreibung bereits vor der Reform ein "kritischer Bereich" gewesen: "Hier ist vielleicht die Grenze der Regulierbar­keit erreicht", sagt Wermke.

2000-08-24

: Die Tradition des deutschen Dokumentarfilms endet in der Gegenwart. In der ARD nehmen belanglose Reportagen und Features zunehmend den Platz von kritischen Berichten über brisante Themen ein. Frankfurter Rundschau, , Medien
Den großen Themen dieses Sommers etwa — dem Rechts­radikalismus und seinen Opfern und Tätern und der Rechtschreib­reform, womöglich auch dem unan­gemessenen Ausschlag des Erregungs­pendels zu beiden Themen — hat sich, bisher jedenfalls, noch kein Dokumentarist (wo sind sie geblieben?) gewidmet.
neu : Die Grammatik des Lernens. , , Kultur, Debatte
Die neue Orthographie spaltet die Nation. Dichter, Denker und Journalisten fordern ihre Rücknahme. Der neue Duden tut gut - sagen hingegen die Lehrer.
: Glaubenskrieg um die rechte Orthografie. Ab Freitag gibt es einen "völlig neu bearbeiteten und erweiterten" Duden - Kommt mit ihm auch eine völlig neue Rechtschreibung?. Die Welt, , Feuilleton
Nun liegt er vor, der neue Duden. Um es vorwegzunehmen: Er bietet keinen Anlass, das Toten­glöcklein der Reform zu läuten. Auch heftige Gegner der Neuschreibung werden kaum Belege dafür finden, dass mit einer "Reform der Reform" das Ende der Neuregelung gekommen sei. […] Vor 120 Jahren hat Konrad Duden das erste Rechtschreib­wörterbuch einer langen Reihe veröffentlicht, die bis heute seinen Namen trägt. Die deutsche Orthografie hat er geprägt, wusste aber, dass sie "weit davon entfernt ist, ein Meister­werk zu sein". Die kleinen Veränderungen, die die heute gültigen Regeln mit sich gebracht haben, können sich vielleicht gar als ein Schritt auf dem Weg zum Meister­werk erweisen, wir sind schließlich erst am Anfang ihrer Erprobung. An das Neue mussten die Zeit­genossen Konrad Dudens sich auch gewöhnen. Sie hatten aber einen längeren Atem als manche Menschen heute. Zur Aufgeregt­heit bot noch kein Duden Anlass, die jetzt erscheinende Ausgabe macht da keine Ausnahme.
: Wer jetzt die Suppe auslöffeln muß. Die Furche (), , Gesellschaft ( wörter)
Was bringt die Rechtschreib­reform den Kindern im schulischen Alltag? Statt weniger Fehler neue Beliebigkeit und orthografische Ungenauigkeiten, wie Studien zeigen. […] Was Ein­schulenden vielleicht eine Spur von Vereinfachung bringt, das verwirrt in der gegen­wärtigen Übergangs­phase viele Schüler zusätzlich. Die peripheren Neuerungen bedeuten für viele ein zusätzliches Moment der Ver­unsicherung. […] Im Gefolge der all­gemeinen Verunsicherung ist eine neue Entwicklung zu beobachten, deren Reichweite noch gar nicht abzusehen ist: Der ortho­graphische Neo-Liberalismus blüht auf. Der Präsident des deutschen Lehrer­verbandes, Kraus, beobachtet, wie sich das Prinzip der Beliebigkeit in der Rechtschreibung ausbreitet: "Es schleicht sich das diffuse Gefühl ein, auf ortho­graphische Genauigkeit komme es nicht an."

23. 8. 2000

: Ein Sommertheater, das die Welt verändert. Augsburger Allgemeine,
Zu Ferienbeginn war nicht so recht klar, welches Thema die Sommerpause 2000 beherrschen würde. […] Dann kochte die Rechtschreib­reform wieder hoch. Ausgelöst durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die zur alten Orthografie zurückkehrte, schien plötzlich die Rolle rückwärts be­vorzustehen. Aber das Thema erwies sich dann doch nicht als stark genug, um die Gemüter auf Dauer zu erregen.
: Eine Mehrheit gegen Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , Politik (280 wörter)
Für eine Rücknahme der Rechtschreib­reform haben sich mehr als 96 Prozent derjenigen aus­gesprochen, die bislang auf Anzeigen in sechs deutschen Tages­zeitungen reagiert haben. […] Die "Initiative für eine vernünftige Rechtschreibung", die die Anzeigen mit den Stimm­zetteln aufgab, hat an den ersten beiden Post­tagen 20 000 Unter­schriften erhalten.
: Schluß jetzt! Zurück zur bewährten Rechtschreibung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , Feuilleton (1145 wörter)
Ist diese ganze "Reform" und vor allem jetzt das Beharren auf ihr nicht eine Ungeheuer­lichkeit? Da machen sich Kultus­minister anheischig, gegen den in allen Umfragen deutlich zum Aus­druck kommenden Willen von mehr als zwei Dritteln der Bürger einer Sprach­gemeinschaft direkt oder indirekt zu diktieren, daß es Hunderte von Wörtern gar nicht gibt, daß praktische Adjektiv­bildungen wie "besorg­niserregend" überholt sind oder daß man zum Schneuzen die Schnauze braucht, die man, wenn man sie denn hätte, dabei doch gerade nicht benutzt!
: Notiert. Sprache. Frankfurter Neue Presse, Nassauische Neue Presse, , Lokales
Da streiten sich die großen und kleinen Geister um die deutsche Rechtschreib­reform, und ob es nicht sinnvoll sei, sie wieder zu kassieren. Gemach, denn eigentlich sind solche Über­legungen überflüssig, wo doch die deutsche Sprache mehr und mehr von der englischen überwuchert wird und sich bald darin auflösen dürfte.
: Für leicht erlernbare und logische Rechtschreibregeln. Zu Minister bleiben bei neuen Regeln (FR vom 28. Juli 2000). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Um die Lebendig­keit des Lesens und Schreibens nicht an den über­wältigenden Einfluss des Marktes, der Bild­schirme und Displays zu verlieren, sind brauchbare, leicht erlernbare und wenigstens an­nähernd logische Rechtschreib­regeln un­abdingbar.
: Schreiben heißt zweifeln. Hannoversche Allgemeine Zeitung, (603 wörter)
Die 22. Auflage des Dudens erscheint am morgigen Freitag. Dokumentiert das Werk nun das Scheitern der Rechtschreib­reform, wie Kritiker, allen voran der Erlanger Sprach­wissenschaftler Theodor Ickler, behaupten? […] Das diffuse Gefühl der Un­sicherheit kann aber auch der neueste Duden nicht beseitigen. Aller­dings hat es Recht­schreibungs­sicherheit nie gegeben – auch nicht zu einem Zeitpunkt, als die Experten noch nach einer Rechtschreib­reform riefen, die sie nun nicht mehr (wahr)haben wollen. Jetzt tut mancher so, als sei früher im Deutschen alles glasklar geregelt gewesen.

22. 8. 2000

: Maschendrahtzaun und Warmduscher. Der neue Duden enthält insgesamt 120 000 Stichwörter auf 1153 Seiten. Schaffhauser Nachrichten, , nr. 195, s. 13, Feuilleton
Ein eigener kurzer Abschnitt behandelt anschliessend die Schreibweise der Nachrichten­agenturen. Noch vor dem eigentlichen Wörter­verzeichnis nimmt der Duden als Überblick eine Gegenüber­stellung alter und neuer Schreibungen bei häufig gebrauchten Wörtern vor.
: Die Krux mit dem «h». Von den Namen der Weiher und ihrer Schreibweise. St. Galler Tagblatt, , nr. 195, s. 47, Stadt St. Gallen
Für die Sachbezeichnung als solche ist die hochdeutsche Schreibweise — «der Weiher» — massgebend. […] Unsere Vorfahren neigten dazu, alles und jedes zu verhochdeutschen — auch mit unsinnigen Neubildungen. Degersheim (aus Tägerschen, wie heute noch gesagt wird) ist dies­bezüglich wohl die gröbste Verballhornung eines Dorfnamens in der Ostschweiz. […] Und deshalb macht es Sinn, nicht «Männerweiher» oder «Knabenweiher» zu schreiben, sondern «Mannenweier» und «Buebenweier».
: Die Methode Pranger. Frankfurter Rundschau,
[…] geht es um die "Kampagne" als journalisti­sche Kategorie. […] Die Ver­lockung ist groß, die Themen sind vielfältig. Ob es nun der Rechts­extremismus oder die Rechtschreib­reform ist. […] Fast immer auch dient die "Kampagne" dazu, der Komplexität eines Themas zu ent­fliehen. Allemal sind Aktionismus und Empörung leichter dar­zustellen als in­haltliche Vorschläge, um ein Problem in den Griff zu bekommen.
: Intimfeinde verunglimpft (I). Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Briefe an die SZ
Über die so genannte neue Rechtschreib­regelung kann man sicherlich unter­schiedlicher Meinung sein […]. Gleichwohl sollte man, wenn man will, über die Sache streiten und nicht Personen, die man zu seinen Intim­feinden erkoren hat, verunglimpfen und schmähen. Theodor Ickler aber geht in seinem Kulturkampf noch ein Stück weiter: Da es ihm, wie allen Zeloten, um die „geistige und moralische Hygiene" geht, kriminalisiert er alle, die anderer Meinung sind als er.
: Intimfeinde verunglimpft (II). Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Briefe an die SZ
Mit äußerstem Befremden haben die Mitarbeiter des Instituts für Deutsche Sprache Theodor Icklers Leserbrief zur Kenntnis genommen. Wie er sich äußert und andere diffamiert, ist bemerkenswert. […] Es ist doch erstaunlich, wie viel Zeit ein Universitäts­professor hat.
: Man kann nicht alles bis ins Detail regeln (I). Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Briefe an die SZ
Vor allem sollten sich aber die Kritiker im Klaren sein, dass es wohl zu einer Neuauflage des Streits um die Großschreibung kommen dürfte, die den Experten und den Pädagogen, denen die Reform ohnehin schon immer zu wenig weit gegangen ist, sehr gelegen käme und was die am wenigsten erfreuliche Folge der jetzigen Auseinander­setzungen wäre, womit ein typisches Merkmal der deutschen Sprache – vergleichbar den slawischen Hatscheks oder der griechischen/russischen Schrift – wieder einmal bedroht sein könnte.
: Man kann nicht alles bis ins Detail regeln (II). Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Briefe an die SZ
Von keinem einzigen habe ich auch nur einziges Mal auch nur ein einziges positives Wort über diese so genannte Reform gehört.
: Einzig richtige Reaktion: Ziviler Ungehorsam. [Zu:] „Das Streiflicht" zur Rechtschreibung vom 27. Juli und vom 19./20. August. Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Briefe an die SZ
All dies geschieht nicht aus besserer Einsicht oder sachlicher Not­wendigkeit, sondern allein deshalb, weil einige hoch bezahlte Mannheimer Instituts­senioren über Jahrzehnte hinweg Frust geschoben haben und nun endlich einmal einen Erfolg sehen wollen, der sich zufällig mit den Wirtschafts­interessen eines Konzerns deckt. Die einzig richtige Reaktion eines freien Volkes darauf ist ein gerütteltes Maß an Zivil­courage und der offene zivile Ungehorsam. Dass dabei die SZ ausgerechnet der sonst bisweilen schmerzhaft konservativ indoktrinierten FAZ die Vorreiterrolle überlassen hat, tut schon mächtig weh.

21. 8. 2000

: Der «Duden» kennt SMS. Bieler Tagblatt,
Mit nahezu perfektem Timing meldet sich in der Diskussion um die Rechtschreib­reform ab der kommenden Woche eine der höchsten Instanzen in Sachen Orthografie zu Wort, nämlich der «Duden».
: EU-Dokumente in neuer Rechtschreibung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, (153 wörter)
Seit dem 1. August müssen alle deutschsprachigen Dokumente in den Gremien der Europäischen Union nach den Regeln der neuen Recht­schreibung abgefaßt sein. […] Der Vor­sitzende der CDU/CSU-Ab­geordneten im Europäischen Parlament, der hessische CDU-Ab­geordnete Nassauer, […] äußerte sein Be­fremden darüber, daß es die General­sekretäre nicht für nötig erachtet hätten, ein parlamenta­risches Gremium mit der Sache zu befassen.
: Beamtenreform. Die Entwicklung der Rechtschreibreform zwischen Sprachwissenschaft und Kultusbürokratie. Frankfurter Allgemeine Zeitung, (636 wörter)
Der starre Blick auf die Vereinfachung der Recht­schreibung hat offenbar verhindert, daß die der bewährten Recht­schreibung zugrunde­liegenden Regeln erkannt wurden und daß man über sie diskutierte. Nicht be­rücksichtigt wurde dabei, daß Recht­schreibung mehr ist als Konvention oder gar die bloße graphische Abbildung des Laut­systems durch Buch­staben. Sie dient dazu, die syntaktische, morphologische und lexikalische Struktur des Deutschen für Leser schnell erkennbar werden zu lassen. Nahezu alle Schwierigkeiten der Recht­schreibung finden hier ihre Begründung.
: Vernünftige Entscheidung (I). Focus, , nr. 34/2000, s. 228, Leserbriefe
Respekt vor Ihrer ver­nünftigen Ent­scheidung, bei der neuen Ortho­grafie zu bleiben […].
: Vernünftige Entscheidung (II). Focus, , nr. 34/2000, s. 228, Leserbriefe
[…] gibt es schulische Pflicht­lektüre: klassische und moderne Literatur. Diese ist nach den organisch ge­wachsenen Regeln der lebendigen deutschen Sprache geschrieben. Der Wider­spruch und mit ihm das Desaster der Rechtschreib­reform setzt also mitten in der Schule selbst ein.
: Der Herr Professor und die 10 000-Mark-Frage. Wer dem Heidelberger Germanisten Dieter Borchmeyer überzeugende Argumente für die Rechtschreibreform liefert, kann viel Geld verdienen. Rhein-Neckar-Zeitung, rnz-online, , Heidelberg
"Ich kenne keinen renommierten Sprachwissenschaftler, der diese Reform wirklich billigt", sagt Borchmeyer. Die Linguisten in der Reformkommission seien entweder "zweit- und drittklassig" oder "geschäftlich mit der Sache verbunden".
: Angst vor dem NPD-Verbot? Die neue harte Linie schweißt die rechten Aktivisten zusammen. Sindelfinger, Böblinger Zeitung, , Hintergrund
Sein politisches Denken lebt von der Negation. […] Die Steuerreform? Nein! Frauen zum Bund? Nein! Tempo 100? Nein! Doppelte Staatsbürgerschaft? Nein! Green Card? Nein! Rechtschreib­reform? Nein!
: Von der Steigerbarkeit der Willkür. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Feuilleton
Zwar handelt es sich nicht einmal ansatzweise um eine Reform der Reform — rein quantitativ sind die Änderungen geringfügig. In der Substanz aber sind sie so folgenschwer, dass sie die Legitimationsgrundlage des gesamten Reformwerks in Frage stellen.

19. 8. 2000

: ZDF stellt sich der Geschichte. Sechsteilige Dokumentation über die Ermordung der Juden. Berliner Zeitung, , s. 18, Medien
Für die Schreibweise "Holokaust" habe sich der Sender entschlossen, weil der Mord an den Juden ein von Deutschen verübtes Menschheits­verbrechen sei, sagte ZDF-Chef­redakteur Nikolaus Brender […]. "Die aus dem Englischen stammende Schreibweise drückt sprachliche Distanz aus. Sprache darf aber nicht verschleiern. Die k-Schreibung soll verdeutlichen, dass wir Deutschen uns der eigenen Geschichte stellen." […] Das Auge des Lesers wird sich an diese Schreibweise indes nicht gewöhnen müssen. Der Stuttgarter Historiker Eberhard Jäckel, Mitglied des Fachberater-Gremiums der neuen Reihe, berichtet in der Freitag-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zwar davon, dass im Zuge der Rechtschreib­reform ein entsprechender Vorschlag vorgelegen habe. Mit dem Hinweis darauf, dass der Begriff emotional sehr aufgeladen sei, habe man aber von einer Änderung abgesehen.
: In der neuesten Duden-Auflage noch konsequenter. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 192, s. 49, Briefe an die Herausgeber
Ickler erweckt in seinem Artikel den Eindruck, als würden in der neuesten Auflage des Rechtschreibdudens amtliche Regeln stillschweigend revidiert. Das ist nicht der Fall.
: Schluss mit Demi Mooreova! Ein Brief aus Prag. Frankfurter Rundschau,
Dass die Diskussion über die Rechtschreib­reform in den deutschsprachigen Ländern den Blick für weniger zentrale Themen der Welt­geschichte verstellt, ist leicht nachzuvollziehen. Insbesondere die deutschen Dichter und Denker müssen sich in ihrer Tief­sinnigkeit der Rettung der Kinder vor sprachlicher Verwahrlosung naturgemäß aufgewühlter widmen als solchen Neben­sächlichkeiten wie dem "Negerklatschen" rechts­radikaler Skins und ähnlicher inhumaner Kinkerlitzchen. […] Zwei Kammern des Parlaments in Prag haben sich nach lebhaften Debatten dazu durch­gerungen, unter den Tschechen zehn Jahre nach der "Samt­revolution" einen zweiten tiefgreifenden Umsturz zuzulassen. Sie stellten einen Jahrtausende alten Brauch in Frage: Es geht um die Nachsilbe "-ova" bei weiblichen Nachnamen — vergleichbar dem "-in" für die Namens­kennzeichnung von Hof­eigentümerinnen in ländlichen Gegenden deutscher Zunge (siehe: "Die Bernauerin"). […] Auch in Tschechien hat also der Berg eine Maus geboren. Aber […] in Prag wird nicht so viel palavert.
: Das Streiflicht. Süddeutsche Zeitung, , s. 1
Walsers Verweigerung in allen Ehren. Trotzdem wäre es schön, wenn ein nationales Rechtschreib­diktat der Dichter zustande käme. Man muss sich das einmal bildlich vorstellen! Da sitzt zum Beispiel Walter Kempowski auf dem Affen­bänkchen, schreibt Stängel in altgewohnter Manier mit e, also Stengel, und Jens Jessen vom Zeit-Feuilleton streicht ihm das rot an, nicht ohne ihm launig zuzuraunen: „Mit ä schreib Stängel, sonst bist du ein Rechtschreibbengel!" Übrigens fällt uns bei dieser Gelegenheit auf, dass die nämlich-Eselsbrücke schon mit der Gämse nicht mehr funktioniert. „Wer Gämse mit e schreibt, ist . . ." – ja was eigentlich: Brämse? Sänse? Thämse? Wir rufen Deutschlands Dichter.
: Liebhaber sein ist heutzutage schwer – weil man an alles rankommt. , , Kultur
Autor Thomas Brussig über die Literaturszene, die Rechtschreib­reform, die Motivation zu schreiben, Erzähltechnik und den Schausplatz DDR. […] SL: Was halten Sie persönlich von der Rechtschreib­reform? Brussig: Ich schreibe weiter nach der alten. Also ich weiß gar nicht so richtig, was die neue ausmacht. Dass wohl jetzt ein paar Worte anders geschrieben werden, also dass die Schreibung selber logischer sein soll. Ich hatte mich nun an die alte gewöhnt, und insofern werde ich mich da nicht auf die neue umstellen. Mir war so, als ob die neue Recht­schreibung einem in der Getrennt- und Zusammen­schreibung mehr Freiheiten gestattet, also dass die so sagt: “Wie du’s machst, ist es dann schon richtig”, aber ich weiß das nicht mal genau. Und das ist tatsächlich etwas wo ich unsicher bin, also in Getrennt- und Zusammen­schreibung, Groß-, Klein­schreibung, und da würde ich eine Liberalisierung begrüßen. Aber ich schreibe weiter nach der alten. Weil ich das so gelernt habe, und weil ich da eben mit den Ausnahmen auch sicher war.

18. 8. 2000

: Wie man «chatten» und «mailen» richtig schreibt. Erlösung für alle Rechtschreibzweifler: Der aktuelle Duden, demnächst auf dem Orthografie-Markt. Basler Zeitung, , nr. 191, s. 47, Feuilleton
Als das Sommertheater in diesem Jahr so schlecht anlief wie das Juliwetter nass war, entschloss sich die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Tat und inszenierte ihr eigenes Theater unter dem Titel «Rückkehr zur alten Rechtschreib­reform». Weil es dazu keinerlei vernünftige Gründe gibt und der Anlass stofflich zu wenig her gibt, zogen die Frankfurter die Sache als Fortsetzungs­stück mit Kampagnen­charakter auf. […] Zunächst schreibt die Reform weniger zwingend vor als früher […]. Die ganze konservative Polemik gegen das vermeintliche «Diktat von Bürokraten» geht ins Leere. Die Rechtschreib­reform gewährt den Schreibenden «zusätzliche Freiheiten für eigene Entscheidungen» (Duden, Vorwort 21. Aufl.), ohne jenes Chaos anzurichten und jene Beliebigkeit zuzulassen, die die Kritiker — den Kulturverfall und den Untergang des Abendlandes beschwörend — als tödliche Gefahren an die Wand malen.
: «Nicht wieder auf die Schulbank.» Berner Zeitung, , nr. 192, s. 37, Kultur
Martin Walser (73), Schriftsteller, will sich nicht in der alten Rechtschreibung prüfen lassen. «Ich sehe nicht ein, dass ich mich noch einmal auf eine Schulbank setzen lassen soll», sagte Walser gestern im Südwestrundfunk (SWR).
: Weitere Stimmen zur Rechtschreibreform (I). Neue Zürcher Zeitung, , nr. 191, s. 61, Briefe an die NZZ
Ein sparsamerer Einsatz des Rotstifts bei den jungen Abc-Schützen hätte das Problem indessen zur Zufriedenheit aller gelöst. Die Entscheidung, stattdessen Lesbarkeit, Rechtschreibsicherheit, Eindeutigkeit plus Differenzierungs­möglichkeiten der deutschen Sprache zu opfern, trägt für mich die Züge eines gigantischen Schildbürger­streichs.

Die verbreiteten klagen über die mangelhaften rechtschreib- und lesefähigkeiten der schulabgänger laufen jeweils nicht auf einen «sparsameren Einsatz des Rotstifts» hinaus.

: Weitere Stimmen zur Rechtschreibreform (II). Neue Zürcher Zeitung, , nr. 191, s. 61, Briefe an die NZZ
Es ging den Reformern aber nicht um eine behutsame Anpassung an das gesprochene Wort und eingeschliffene Schreibweisen […]; sie planten vielmehr, sie dem Ziel unterzuordnen, orthographische Fehler zu vermeiden.

Nein.

: Sich die Ungereimtheiten der alten und neuen Rechtschreibung um die Ohren schlagen. Zu Tastaturen aller Länder (FR vom 31. Juli 2000). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Wir arbeiten in einem kleinen Verlagsbüro seit langer Zeit problemlos mit einem Programm, das nicht nur konsistente Umstellung auf die neue Rechtschreibung, sondern auch die Vereinheitlichung schwieriger Fach­terminologien und die Berücksichtigung von Autoren­wünschen gewährleistet.
: "Opfer der Spaßgesellschaft." Christian Meier über die aktuelle Lage im Rechtschreibkampf, den Reform-Widerstand der Deutschen Akademie und die hiesige Lesekultur. Junge Freiheit, , nr. 34, s. 3, Im Gespräch
Man hat Anfang der neunziger Jahre etwa dreißig Organisationen zu einer Anhörung eingeladen. Diese Einladung ist bei uns nicht eingegangen. […] Wir sind dann, wie die meisten anderen auch, erst mit der fertigen und beschlossenen Reform konfrontiert worden. Wir haben sogleich, als die Wörter­liste bekannt wurde, protestiert. […] Ich halte es für geradezu rechtswidrig, daß Kultus­minister tiefer in die Schreibung eingreifen.
: Der Duden als zuverlässiger Ratgeber. Rechtschreibung: Zwischenstaatliche Kommission und Duden-Verlag zur Reform-Kritik. Mannheimer Morgen, , Kultur
Beide Institutionen reagieren damit auf die Kritik einiger Reformgegner am neuen Duden, die dahin zielt, dass in dem Nachschlage­werk eine Gewichts­verschiebung zu Gunsten der alten Schreibungen festzustellen sei. […] Theodor Ickler erweckt in seinem genannten Beitrag den Eindruck, als würden in der neuesten Auflage des Rechtschreib­dudens amtliche Regeln still­schweigend revidiert. Das ist nicht der Fall.
: Walser will nicht nachsitzen. "Diktat" abgelehnt. Südkurier, , Lokales
"Ich sehe nicht ein, dass ich mich noch einmal auf eine Schulbank setzen lassen soll", sagte Walser in der Hörfunk-Sendung "Kultur Aktuell" des Südwestrundfunks (SWR) in Baden-Baden. Damit reagierte der Schrift­steller auf eine in der Wochenzeitung "Die Zeit" erschienene Einladung zum Diktat nach den alten Schreibregeln.
Falscher Ton. Stuttgarter Nachrichten, , Kultur
Und natürlich hat Walser auch Recht mit der Bemerkung, dass Fehler kein Argument pro oder contra eine Rechtschreibregelung sind. Doch war nicht die Begründung der Rechtschreib­reform, dass die alte zu kompliziert, damit also zu fehler­trächtig gewesen sei? — Einen Martin Walser muss dies nicht bewegen.

Nun wird klar, was ihn bewegt: die ansicht, dass nicht die rechtschreibung für den menschen da ist, sondern umgekehrt der mensch der gottgegebenen rechtschreibung zu huldigen hat. Der von der Zeit implizit erhobene vorwurf der inkonsequenz und unredlichkeit prallt an der religionsähnlichen stellung der ortografie ab: Der papst sagt von sich auch, er sei ein sünder.

: Neue Wahl in Bremerhavens Maögisötörat. die tageszeitung, , nr. 6222, s. 23, Kultur, Kommentar
Die Aufgeregtheit der bekanntesten deutsch­sprachigen Schrift­stellerInnen im Kampf gegen das ihrer Reaktion nach größte an­zunehmende Übel namens Rechtschreib­reform fand jedoch zu­mindest in dieser Redaktion wenig SympathisantInnen. […] Vor dem offiziellen Erscheinungs­tag - pünktlich zum Ende der Bremer Schul­ferien - am 25. August wurde kolportiert, dass der neue Duden die Reform in manchen Teilen zurück­nehmen würde. […] Es stimmt nur auf den ersten Blick, dass der Duden die Rechtschreib­reform in Teilen wieder zurück­nimmt. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die Redaktion sich von rigorosen Setzungen der letzten Auflage verab­schiedet hat, die durch die Refor­merInnen gar nicht "vor­geschrieben" waren.

17. 8. 2000

: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (I). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
Die Debatte um die neue Rechtschreibung zeigt, dass sehr viele Leute die Freiheiten und Erleichterungen, welche die Reform gebracht hat, nicht nutzen möchten oder sogar davon überfordert sind.
: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (II). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
Die Reformgegner sind meist denkfauler als die Schüler, zu deren Ausbildung sie bestellt sind.
: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (III). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
In einer wirklich guten Rechtschreib­reform müsste als Erstes sowieso die Grossschreibung abgeschafft werden.
: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (IV). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
Wer behauptet, die Rechtschreib­reform bringe keine Vereinfachung, hat sich mit der Reform nicht gründlich auseinander gesetzt. […] Während meiner 20-jährigen Tätigkeit als Deutschlehrerin auf der Oberstufe hätte ich mir unzählige Übungsstunden zur Orthografie schenken können, wenn die neue Norm schon gegolten hätte.
: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (V). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
So ist die dümmste Änderung das Weglassen des Apostrophs.
: Rechtschreibreform: Blick über den Tellerrand werfen. Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen, Briefe vom 9. 8 (VI). Tages-Anzeiger, , s. 24, Forum
Hätten sich unsere Vorfahren derart gesträubt, schrieben wir womöglich noch nach Luthers Regeln.
: "Das nehmen wir nicht mehr so genau." Wie Sekretärinnen mit der Rechtschreibung umgehen. Allgäuer Zeitung,
Ein Jahr nach ihrer offiziellen Einführung haben die neuen Rechtschreibregeln unter einer wichtigen Berufsgruppe offensichtlich kaum Anhänger gefunden: Bei einer Umfrage der AZ in Chefsekretariaten waren nur zurückhaltende bis negative Äußerungen zu hören.
: Ahnungslose Linguisten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 190, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Dieses Versagen der philologischen Fakultäten, die es zuließen, daß die Etymologie zugunsten der Linguistik nahezu aus dem Fächerkanon verschwand, erklärt gar vieles an den Albernheiten der neuen Rechtschreib­reform. Den zwar reformwütigen, aber ansonsten ahnungslosen Kollegen von der Linguistik wäre gelegentlich ein Blick in Grimms "Deutsches Wörterbuch" zu empfehlen.

Das ist angesichts der kleinschreibung sehr zu empfehlen, aber von der idee der etymologischen ortografie hat man (richtigerweise) schon vor über hundert jahren abschied genommen, und das ist doch auch schon eine weile her.

: Ein Grund mehr, nicht Deutsch zu lernen. Einspruch aus Paris: Die Reform der Orthographie schadet im Ausland. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , Feuilleton (1145 wörter)
In Deutschland hat sich die Gesamt­situation des sprachlichen "Standorts" ver­schlechtert. Das Deutsche […] ist dabei, die in kommunikati­ver Hinsicht wichtigste Eigenschaft eines Dialektes an­zunehmen: Auf gleiche Weise Gedachtes wird un­einheitlich geschrieben. Die Vermehrung der Schreib­weisen des Deutschen führt dazu, daß es bald nicht mehr zu den gelesenen (und im Ausland gelernten) Sprachen gehören wird.
: Mit tolpatschigen Etymologien ist niemandem geholfen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 190, s. 8, Briefe an die Herausgeber (253 wörter)
Bei kritischer Betrachtung bleibt für eine Reform nur wenig übrig: Ein Dutzend schwer zu ver­mittelnde und überdies der Sprache nicht dienende Spitzfindig­keiten (irgendein - irgend jemand, Zäheit), dazu noch meinet­wegen der Abschied von der Sonder­regel "Schiffahrt" und von ein paar verstaubten Trennungs­regeln (Mük-ke, We-ste) oder allzu gelehrten (Chir-urg).
: "Die Zeit" ruft Dichter zum Diktat nach alten Regeln. Frankfurter Rundschau,
Ein entsprechender Aufruf wird in der heutigen Ausgabe veröffentlicht. Dieser wendet sich an diejenigen Autoren, die zuletzt gegen die Reform protestiert haben, unter ihnen Günter Grass, Martin Walser, Elfriede Jelinek, Durs Grünbein und Hermann Kant.
: Kostbares Stück der Schreibkultur dem Zeitgeist geopfert. Zu Nachhilfe (FR vom 5. August 2000). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Hier wurde ein kostbares Stück unserer Schreibkultur einem Zeitgeist geopfert, der Differenzierungen abhold ist.
: Chaos statt Vereinfachung. Zu Die deutsche Orthografie wirkt wie Beton im Gesellschaftsaufbau (FR vom 10. August 2000). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Der Streit um die Rechtschreib­reform erscheint mir verständlich, handelt es sich dabei um eine der Bevölkerung "verordnete" Änderung, wobei die Urheber für sich in Anspruch nehmen, alleine und nach Belieben über das Allgemeingut Sprache zu entscheiden.
: "Die Zeit" bittet zum Diktat. Mannheimer Morgen, , Kultur
Die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" hat alle Schriftsteller, die sich für eine Rücknahme der Rechtschreib­reform ausgesprochen haben, zu einem Diktat nach den alten Regeln eingeladen.
: Was Ihr wollt? Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Feuilleton
Einen Vorteil hat das Gerede um die Rechtschreib­reform: Wir kommen langsam dahinter, dass unsere Schriftsteller gar nicht so gut Deutsch und auch nicht so gut denken kännen, wie sie immer tun. […] Aber womöglich werden die nicht immer scharf nachdenkenden Dichter nun bald handzahm, denn die Zeit ruft die Reformgegner zum Diktat […].
: Warum erst jetzt? Die Furche (), , Feuilleton (339 wörter)
Hätten die Anti­reformer sich nicht früher melden können? Mussten sie warten, bis auch die furche vor drei Monaten die neue Recht­schreibung einführte, was, ehe sie nicht nach Wochen darauf hin wies, keinen einzigen Leser­brief, keine einzige telefonische Beschwerde auslöste? Seit freilich die FAZ das Thema wieder aktualisiert hat, mehren sich auch bei uns Leser­stimmen, die eine Rückkehr zur alten Recht­schreibung be­fürworten. Warum erst jetzt?

16. 8. 2000

: 60 Prozent wollen alte Orthographie. AZ-Online: Frage der Woche. Augsburger Allgemeine, , Bayern
Auch die Mehrheit der User von AZ-Online will zur alten Rechtschreibung zurück. Auf die Frage: Sollen wir zur alten Rechtschreibung zurückkehren? antworteten in der vergangenen Woche 61,6 Prozent mit Ja 37,7 Prozent mit Nein 0,7 Prozent hatten keine Meinung.
: Ausgeheckt. Berliner Morgenpost, , Feuilleton
Die britische Regierung will ein Gesetz erlassen, mit dem die Höhe von Gartenhecken reglementiert wird. […] Wer da von einem Sturm im Wasserglas spricht […], verkennt den Ernst der Lage. Ihm mangelt es am Sinn für die Themen, die zu erregen vermögen. Übersehen wir nicht: Was dem einen die Gartenhecken sind, ist anderen die Rechtschreib­reform.
: Kreis-CDU übt scharfe Kritik an Schreibreform. Thümler: So kann es nicht weitergehen. Delmenhorster Kreisblatt, , Stuhr, Landkreis
Massive Kritik übt der Vorsitzende des Arbeitskreises Landespolitik des CDU-Kreisverbandes Oldenburg-Land, Thorsten Thümler, an der Rechtschreib­reform. […] "Die junge Generation in Deutschland wächst zurzeit mit völlig unverbindlichen Schreibvorgaben auf, die zu einer Verunsicherung bei den Schülern in der Rechtschreibung führen."
: Lehrer nähren die Vorurteile. Frankfurter Neue Presse, , Hintergrund
Die Lehrerschaft ist wie kaum ein anderer Berufsstand in einer fast unüberschau­baren Fülle von Einzel-Organisationen auf­gesplittert. Das wurde kürzlich erst wieder deutlich bei unterschiedlichen Stellung­nahmen der diversen Verbände zur Rechtschreib-Reform oder bei der Einschätzung von Laptops für Schüler, die auch nicht einheitlich ausfiel.
: Rechtschreibreform wird wieder diskutiert. Interview. Kölnische Rundschau, Bergische Landeszeitung, , Bergisches Land
Heinz Strauf ist Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule und Sprecher der Wipperfürther Schulen. […] Selbst im Fremdsprachen­unterricht können neue Schreib­weisen Verwirrung stiften: Wenn der Schüler beispiels­weise auch im Italienischen "Spagetti" statt "Spaghetti" schreibt. Im Zuge der Europäisierung sollten solche Begriffe aus anderen Sprachen europaweit einheitlich geschrieben werden.

Also spagetti, maiones, ragu wie in der in Europa am meisten gesprochenen sprache russisch; filosofie, tradizion, ritmus wie im italienischen, russischen usw. — und das ganze natürlich in kleinschreibung.

: Wer quer schießt, trifft daneben. Eine willkürliche Getrenntschreibung ist der größte Skandal der Reform. Kölner Stadt-Anzeiger, , Kultur
Mitten hinein in die wieder heftig aufschäumende Diskussion über die Rechtschreib­reform und deren Folgen fällt der neue Duden […]. Die 22. Auflage enthält 5000 Stichwörter mehr […]. Aber entscheidend ist, was sie über die Nachbearbeitung der Rechtschreib­reform erzählt. Ist das Unvernünftige wenigstens ein bisschen vernünftiger geworden? Kann dieses dicke Buch die offensichtlich sehr unpopuläre Reform den Lesenden und Schreibenden ein wenig näher bringen? Solche Fragen lassen sich im Wesentlichen mit Nein beantworten.
Merkel gesteht »eigene Note« bei Rechtschreibung. Neuer Duden erscheint am 25. August mit 300 Infokästen – Bei Getrenntschreibung mehr Toleranz empfohlen. Main-Echo, , Kultur
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat offenbar nicht erst seit der Rechtschreib­reform ein leicht getrübtes Verhältnis zur Orthografie. Sie befürchte, dass ihre Schreibung »schon vorhereine gewisse eigene Note hatte«, sagte sie. »Wenn im Zuge einer Überarbeitung die Frag­würdigkeiten korrigiert würden, käme mir das entgegen – ich habe sowieso noch nicht alles gelernt«, sagte Merkel. Aus Verantwortung gegenüber den Schulen sei sie aber dagegen, die Reform zukippen.
: Leichtere Silbentrennung, weniger Fehler. Lehrer berichten über Erfahrungen mit der neuen Orthographie in Brandenburg. Tagesspiegel, , nr. 17143, 56. jg., s. 28, Wissenschaft
Um so mehr Aufmerksamkeit verdient ein seriöser Bericht, der jetzt vom Pädagogischen Landes­institut in Ludwigsfelde angefertig worden ist. Moderatoren haben die Einführung der neuen Rechtschreibung in den Schulen Brandenburgs über Jahre verfolgt - und zwar nach den Berichten, die sie in Fortbildungs­veranstaltungen von den Lehrern erhielten. Gesamturteil: Die Schulen haben positive Erfahrungen mit der neuen Rechtschreibung gemacht.
Duden ist für Vielfalt beim Schreiben. Tagesspiegel, , nr. 17143, 56. jg., s. 28, Wissenschaft
Eine an dem Werk beteiligte Mitarbeiterin sagt dazu, dass die Duden-Redaktion oft heftig um einzelne Schreibungen gerungen habe. Generell setze sich dabei zunehmend die Position durch, dass die Beobachtung der faktischen Sprach­verwendung ein höheres Gewicht erhalte als der Anspruch der Regel­festsetzung.
: Sekretärinnen sagen Nein Duden-Redaktion sagt Jein. Neue Wortmeldungen im Streit um die Rechtschreibreform. Der Standard, , s. 14, Kultur
Laut einer Umfrage des österreichischen Verbands für Sekretariat und Büro­management halten 70 Prozent der 200 Befragten die Reform für "nicht gut", 18 Prozent für "teilweise gelungen" und zwölf Prozent für "gut". 51 Prozent wenden sie nicht an, neun Prozent nur teilweise. 55 Prozent sprechen sich für die Rückkehr zur alten Orthographie aus, 37 Prozent für die Beibehaltung der neuen.
Debatte über Rechtschreibung. Freiheitliche wollen Antrag zur Reform der Rechtschreibreform im Landtag stellen. Kleine Zeitung, , Österreich & Welt
Die Rechtschreib­reform sei als "wirres Diktat einer abgehobenen Experten­kommission gegen den Willen und die Bedürfnisse der Menschen" gescheitert, stellte der Bildungs­sprecher der Kärntner Frei­heitlichen, Johann Gallo, fest.

15. 8. 2000

Letzte Umfrage: Sind Sie für die neue Rechtschreibung? Brückenbauer, , nr. 33, s. 8, Pro & Kontra
Eine grosse Mehrheit der 1727 Anruferinnen und Anrufer sagte nein zur neuen deutschen Rechtschreibung. Ja: 10 Prozent, nein 90 Prozent.
: Das FAZit. Kolumne. Südostschweiz Glarus, , nr. 189, s. 7, Glarnerland
Vom Willen beseelt, die jahrzehntelang geführte Diskussion um die Rechtschreibe­reform — sie drehte sich um die gemässigte Kleinschreibung, für welche man aber keine Lösung fand — doch noch zu einem irgendwie gearteten «Erfolg» zu führen, haben die Schreibungs-Gelehrten die Heilige Duden-Kuh nicht etwa am Schwanze aufgezäumt, sondern sie in ihren Anfangs­zustand, mit dem jede andere Heilige Kuh auch einmal (klein) angefangen hat, zurück­versetzt: in jene des Kalbes. Und so kamen sie neben einigen guten Ideen auch auf einige Kalbereien und schliesslich noch auf eine Art Wichtig­tuerei.

stellungnahme.

14. 8. 2000

Rechtschreibreform: Allgemeine Verunsicherung. ARD, Tagesthemen,
Heute hat im größten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, die Schule wieder angefangen. Doch in den Klassenzimmern herrscht Unsicherheit: alte oder neue Rechtschreibung?
Rechtschreibung: Kürzelsprache in den USA. ARD, Tagesthemen,
4 you, You 2, in den USA werden täglich neue Sprachspielereien erfunden. Die Amerikaner finden die neuen Lautmalereien offensichtlich "funny", doch oft verstehen sie sie selbst nicht mehr.
Erinnerungen an den Mauerbau und die Rechtschreibung. ARD, Tagesthemen,
An der hessisch-thüringischen Grenze ist gestern ein Denkmal am ehemaligen US-Stützpunkt "Point Alpha" enthüllt worden. In das Mahnmal aus Holz wurde der denkwürdige Satz hineingeschnitzt: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehöhrt". Da scheint sich jemand verschnitzt zu haben.
: Schnell entscheiden. Offenbach Post, , Politik, Kommentar
Vielen Benutzern der Schriftsprache ist zuletzt immer klarer geworden, dass sie von den Reformern kräftig getäuscht worden sind. Denn die versprochene größere Vereinheitlichung ist nicht festzustellen.
: Misslungener Reformversuch. Neue Kronen-Zeitung, , nr. 14.461, s. 6, Ausland
Langwierige Diskussionen um die neue Rechtschreibung sind übrigens entbehrlich. Es genügt schon der Hinweis auf eine exemplarische Fehlleistung der Reformer. Nämlich dass sie auch in Zeiten der viel gelobten europäischen Integration den Buchstaben "ß", den es sonst in ganz Europa nicht gibt, keines­weg abgeschafft, sondern ganz im Gegenteil seinen Gebrauch sogar noch weiter verkompliziert haben.

13. 8. 2000

: Vom Übermut der Ämter — wider die Dogmatik der Rechtschreib­reform. Radio Bremen, bremen zwei, (647 wörter)
Der Leser von Morgen […] würde über viele Wendungen und Formulierungen in den Werken beispiels­weise Thomas Manns stolpern, weil er ja etwas anderes in der Schule gelernt hat.

Der leser von übermorgen (nach der abschaffung der substantivgrossschreibung) würde hier nicht mehr stolpern. Wir danken dem besorgten schriftsteller für die beweisführung: 1. Der leser braucht die grosschreibung, um die bedeutung zu erfassen (Morgen = morning, morgen = tomorrow). 2. Es funktioniert nicht; selbst der empfindliche schriftsteller führt uns in die irre. 3. Es macht nichts; man versteht es trotzdem. 4. Der leser braucht keine künstlichen ortografischen krücken.

12. 8. 2000

Bonifaz meint: Falsch ist auch richtig geschrieben. Augsburger Allgemeine, , Bayern
Die Rechtschreibung vom Bonifaz ist eine sogenannte einfache Hinschreibung. Man nennt sie auch die begrenzt kontrollierte Falschschreibung. Da kann man nämlich nicht viel falsch machen. Solang man beim Lesen weiß, was der Hinschreiber gemeint hat, kann es gar keine Falschschreibung sein. […] Daß man um das Recht-, Falsch- und um das reformierte Schreiben auf einmal wieder so einen Zinnober macht, ist dem Bonifaz, wie gesagt, ziemlich wurscht. […] Er behauptet nämlich, daß Schreiben so und so eine Kunst ist. Und weil man in und mit der Kunst alles darf, schreibt er wie er will, manchmal sogar so wie ihm der Schnabel gewachsen ist, gell.
Rechtschreibung. Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (61 wörter)
Anm. der Redaktion: Wie bereits am ver­gangenen Wochen­ende legen wir erneut einen Schwerpunkt auf das Thema „Rechtschreib­reform“, denn die Diskussion zu diesem Thema reißt unter unseren Leserinnen und Lesern nicht ab. Wir setzen daher die Debatte fort und drucken die Zu­schriften weiterhin in genau der Schreib­weise ab, wie uns die Leser die Texte zusandten. Alte und neue Recht­schreibung stehen also nebeneinan­der.
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (1). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (67 wörter)
Bitte kommen auch Sie von der Neuschreibung wieder zur Rechtschreibung!
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (2). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (107 wörter)
Interes­sant, welche emotionalisier­ten Ver­lautbarungen zur Rechtschreib­reform zu lesen sind.
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (3). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (181 wörter)
Sollten Sie die kultur­lose Schreib­weise bei­behalten, müßte ich ernst­haft über mein Abo nach­denken.
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (4). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (34 wörter)
Diese „Rechtschreib­reform“ ist ein un­ausgegorenes Produkt ministeria­ler Sprach­stümper […].
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (5). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (179 wörter)
Mit einem Kultur­gut wie der deutschen Sprache darf nicht so leicht­fertig um­gegangen werden.
: Debatte: Zu den Leserbriefen vom 5./6. August (6). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (106 wörter)
Bei vielen Zu­schriften habe ich das Gefühl, dass die Leser schlicht zu faul sind, etwas Neues zu lernen.
: Feuilleton: „Deutsche Post an FAZ und ND“ (1). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (98 wörter)
Meines Erachtens gibt es für FAZ, gesellschafts­politisch auf­geschlossene Schrift­steller und engagierte Intellek­tuelle derzeit für ihr streit­bares Engagement viel wichtigere Probleme, zu deren Lösung sie bei­tragen könnten. Ich wünsche der „Berliner Zeitung“ Erfolg bei ihrem Einsatz für die Bei­behaltung der Reform!
: Feuilleton: „Deutsche Post an FAZ und ND“ (2). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (145 wörter)
Wer Spagetti ohne „h“ schreiben lernt, wird nie die Bedeutung des „h“ in der italienischen Sprache er­fassen. Ohne „h“ wird dieses Wort auf italie­nisch nämlich „Spatschetti“ ausgesprochen. Dies nur ein Bei­spiel von vielen, die uns die dümmliche und ignorante Rechtschreib­reform gebracht hat.

Wer girlande und intrige ohne „u“ nach dem „g“ schreiben lernt, wird nie die bedeutung des „u“ in der fran­zösischen sprache er­fassen. Ohne „u“ werden diese wörter auf französisch nämlich „schirlande“ und „intrische“ ausgesprochen.

: Feuilleton: „Deutsche Post an FAZ und ND“ (3). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (72 wörter)
Falls auch die „Berliner Zeitung“ einem Qualitäts­journalismus ver­pflichtet sein sollte, wird sie diesem Spuk sicher auch bald ein Ende be­reiten.
: Verschlimmbessert. Zu Nachhilfe (FR vom 5. August). Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe
Statt hier anzusetzen und auszuforsten, bei Kommaregeln und adverbialen Bestimmungen, wurde gräulich oder greulich verschlimmbessert und — beispielsweise — schwerfälligst daherkommende ss- statt ß-Regeln den Lernenden befohlen.
: "Die neue Schreibe ist nicht schwer." Saarbrücker Zeitung, , St. Ingbert (680 wörter)
Die Rückkehr der "Frank­furter All­gemeine Zeitung" zur alten Recht­schreibung brach den Streit um die Recht­schreib­reform wieder vom Zaun. Wir hörten uns unter Schülern des Leibniz-Gymnasiums um. […] Nur wenige Schüler haben über Rechtschreib­reform groß nachgedacht. […] "So viele Wörter haben sich, gemessen am Wörter­bestand im Duden, ja nicht verändert", plädiert Melanie Maus in der Diskussion um alte und neue Schreib­weise für mehr Gelassen­heit.

11. 8. 2000

: Endlich! Neue Zürcher Zeitung, , nr. 185, s. 54, Feuilleton
Sind ein bisschen Freiheit, ein bisschen Anarchie, ein bisschen Tun-Können, was man will, nicht das Schönste, was auf diesem nun tatsächlich uns alle angehenden Feld herauskommen kann bei einer Reform? Einer Reform, die ans Ziel kommt, weil sie so glänzend also wie nur ganz selten tut, was solche Reformen viel häufiger sollten: scheitern, einfach völlig scheitern.
: Die Rechtschreibereform – Posse oder Trauerspiel? Neue Zürcher Zeitung, , nr. 185, s. 61, Briefe an die NZZ
Am besten wäre es, die misslungene Übung abzubrechen. Wenn man sich nicht dazu durchringen kann, bleibt nur eine «Reform der Reform», wobei – und das wäre das Mindeste – die von der NZZ getroffenen Regelungen zu berücksichtigen wären.

Das hat man schon vorher gemacht. Nur heisst «berücksichtigen» nicht einfach so übernehmen. Und wenn man sich von der NZZ-schreibung «überschwänglich» zu «behände» verleiten lässt und dann die NZZ das nicht goutiert, hat man pech gehabt.

: Die Festung bröckelt. Rechtschreibreform: Wenn die Politik versagt, müssen die Bürger Dampf machen. Junge Freiheit, , nr. 33, s. 1
Wieso die Frankfurter Allgemeine Zeitung wieder zur alten Schreibweise zurück­gekehrt ist, bleibt ein Rätsel – Mitgefühl für die schreibende Bevölkerung, die laut Umfragen zu 75 Prozent die verordneten Neuerungen ignoriert, wird es wohl nicht gewesen sein. Vielleicht sollte das Ganze nur eine selbst­erlösende Rettungs­aktion sein, um das jährlich drohende Sommer­loch zu stopfen. […] Leider ist es nicht verwunderlich, daß die konsequente Ablehnung der Rechtschreibung durch die Junge Freiheit nicht zur Kenntnis genommen wurde, weder in der Anfangs­phase des Chaos noch jetzt, da die Festung der Verwirrung stiftenden Neuerer zu bröckeln beginnt.
: "Das ist ein Dammbruch." Der Rechtschreibreformkritiker Theodor Ickler über die Rückkehr der FAZ zur alten Rechtschreibung und die politischen Hintergründe der Reform. Junge Freiheit, , nr. 33, s. 3, Im Gespräch (2530 wörter)
Ist das nun der Sieg der alten Rechtschreibung? Ickler: Das ist noch schwer zu sagen. Aber wir wissen, daß nun auch in vielen anderen Redaktionen nachgedacht wird. Ich glaube aber, das Vorbild der FAZ wird seine Wirkung tun. Diesen Schritt halte ich für ein ganz entscheidendes Ereignis, das ist ein Dammbruch und ich persönlich glaube, daß er zum baldigen Ende Rechtschreib­reform beitragen wird.
: Keine Angst vor der Masse. Breitenbildung und Förderung der Eliten - ein Widerspruch, der nach 40 Jahren Zickzackkurs gelöst werden kann. Tagesspiegel, , Campus
Sind eine korrekte Rechtschreibung und mathematisches Denken nur einer Elite vorbehalten oder soll das Ziel, korrektes Deutsch und mathematisches Denken zu lernen, auch für die Massen erreichbar sein? Versuchen die deutschen Kultus­minister zusammen mit der Schweiz und Österreich, eine Rechtschreib­reform auszuhandeln, die das Lernen der Orthografie in einer neuen, logischen und leichteren Weise erlaubt, wird der Untergang der deutschen Sprache beschworen. Und das ausgerechnet von Schriftstellern. Dichter sollen sprach­schöpferisch wie im "Ulysses" auch ohne Punkt und Komma in Satz­bruchstücken schreiben, wenn es denn der Kunst dient. Nur im Alltag sind die meisten Menschen keine Künstler und sollten das normale Deutsch beherrschen. Was Lehrer und Schüler über die Recht­schreibung denken, ist vielen Intellektuellen leider gleichgültig.

10. 8. 2000

: Wiederholte Diskussionen. Der Bund, , nr. 185, s. 9, Feuilleton
Unabhängig vom konkreten Anlass bleiben die Argumente erstaunlich gleich. Vor 125 Jahren war es nicht möglich, einen Leserbrief per E-Mail zu senden. Würden die Mails zur aktuellen Diskussion um die neue Rechtschreibung in Fraktur­schrift ausgedruckt und in der Wortwahl und in der Orthografie ein wenig angeglichen, liesse sich ein grosser Teil von ihnen kaum von Diskussions­beiträgen des 19. Jahr­hunderts unter­scheiden.
: Keine Reform der Reform. Facts, , nr. 32, s. 124, Kultur
Auffällig etwa, wie wenig Niederschlag die neue deutsche Debatte in der Schweiz fand: Bei der zuständigen Erziehungsdirektoren-Konferenz ging kein einziger Vorstoss ein, kein Antrag, nichts.
: «Wohin zurückbuchstabieren?» Der Schweizer Delegationsleiter Hans Höhener zur neuen Diskussion um die Rechtschreibreform. St. Galler Tagblatt, , Ostschweiz
Alt Landammann Hans Höhener, Leiter der damaligen Delegation der Schweiz, hält die Aufgeregtheiten um die neue deutsche Rechtschreibung für überflüssig — ein Zurück zur alten Schreibweise ist nach seiner Auffassung aus­geschlossen. […] Dass aus der Reform nur ein Reförmchen geworden sei, hat nach Auffassung von Hans Höhener den Widerstand gegen die neue Recht­schreibung begünstigt: «Die Korrekturen waren zu wenig radikal. Aus Gründen der Akzeptanz war eine sanfte Landung angestrebt worden.» Wenn es nach der Schweiz gegangen wäre, hätte auch die gemässigte Klein­schreibung Eingang in die Reform gefunden.
: Herliche Zeiten. St. Galler Tagblatt, , Kultur
«Herliche Berge, sonnige Höhen — ja, es wahr wunderschön hier oben.» Der Eintrag im Hüttenbuch auf zweieinhalbtausend Metern klingt noch in unseren Ohren nach. […] Im Internet, dem globalen Hüttenbuch, wird heute schon allen Rechtschreibregeln gespottet.
: Neue Regeln, alte Bücher. Fuldaer Zeitung,
Obwohl die neue deutsche Rechtschreibung inzwischen verbindlich ist, müssen sich Schülerinnen und Schüler in Stadt und Landkreis Fulda zum Teil noch mit Sprach- und Lesebüchern in alter Schreibweise auseinandersetzen. Dies ergab eine Umfrage der FZ zum Schuljahresbeginn 2000/2001.
: Rechtschreibung: Vorwärts zurück in die Vergangenheit. Der Standard, , s. 29, Kommentar der anderen
Der Einfluss der Politiker auf die Rechtschreib­reform war, um es vor­sichtig zu sagen, nicht immer förderlich. Doch den größten Schaden richten die Falsch­meldungen, Unter­stellungen, Ver­dächtigungen und Be­leidigungen an, die derzeit in manchen Medien kursieren.

9. 8. 2000

: Sommeraufregung. Rechtschreiben in Österreich. Neue Zürcher Zeitung,
Die Politik hat sich auch eingeschaltet. Die Freiheitliche Partei fordert, die Rechtschreib­reform abzublasen, der SPÖ geht sie ebenso zuwenig weit wie den Grünen: «die einführung der kleinschreibung sollte auf der tagesordnung stehen.»
: Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen. [Zu Frankfurter Revolte, TA vom 29. 7., und zu Wortwirrwarr, Brief vom 4. 8.] Tages-Anzeiger, , Leserforum
Der Tagi könnte mir und unzähligen anderen Leserinnen und Lesern eine riesige Freude bereiten, wenn auch er zur alten Recht­schreibung zurückkehren würde.
: Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen. [Zu Frankfurter Revolte, TA vom 29. 7., und zu Wortwirrwarr, Brief vom 4. 8.] Tages-Anzeiger, , Leserforum
Ausgangspunkt der Reform war das geistige Umfeld der antiautoritären 68er-Bewegung.
: Rechtschreibreform ist auf Grund gelaufen. [Zu Frankfurter Revolte, TA vom 29. 7., und zu Wortwirrwarr, Brief vom 4. 8.] Tages-Anzeiger, , Leserforum
Bitte stampft die neuen Rechtschreibregeln ein und kehrt zur gewohnten und altbewährten Schreibweise zurück!
: Babylon siegt. Berliner Zeitung, , Meinung (634 wörter)
Die Rechtschreib­reform aber erfand Schreib­weisen, die nie in Gebrauch waren und bis heute jeden emp­find­samen Leser irritieren. In ihrem Mangel an Respekt vor der Schönheit und dem oft verborgenen Ei­gensinn sprachlicher Konventionen schuf sie büro­kratische Konstruktio­nen, die außer den wehr­losen Kindern kaum jemand annimmt. Und so kommt es, wie es kommen muss: Auch die letzte büro­kratische Monster­anmaßung des 20. Jahr­hunderts scheitert.
: Den Kontakt verloren. Lehrerverbände und die Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 183, s. 2, Politik (583 wörter)
Mit seinem Aufruf zu einer Ver­sachlichung und mehr Toleranz im Streit um die Rechtschreib­reform hat der Deutsche Philologen­verband das Gegenteil erreicht. Die jetzt zur Diskussion stehenden Änderungen der ursprünglichen Rechtschreib­reform seien so klein, daß sie nicht einmal dazu taugten, ein Sommerloch zu füllen, hatte der Philologen­verband gemeinsam mit dem Bundes­verband der Lehrer und Lehrerinnen an beruflichen Schulen (BLBS) und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) mitgeteilt. […] Alle drei genannten Verbände sind Mitglieder des Deutschen Beamten­bundes. Dessen Vor­sitzender, Erhard Geyer, hatte in einem Rundfunk­gespräch am 5. August in einem Berliner Sender gesagt: "Es muß endlich eine Entscheidung her. Die alte Rechtschreibung sollte wieder an­gewendet werden."
: Schreibreform: "Schüler völlig verunsichert." Offenbach Post, , Stadt Offenbach
"Erst die Reform, dann die Diskussion, das ist mehr als misslich", sagt Thomas Findeisen, Leiter der Schillerschule. […] Für überzogen hält Bruno Persichilli, Leiter der Ernst-Reuter-Schule, die Diskussion. "Es ändert sich ständig so viel in unserem Leben. Und bei technischen Neuerungen sind alle immer ganz wild darauf, mit dabei zu sein." […] Vielmehr fordert er wie Findeisen, die Schriftsprache weiter zu vereinfachen. Für entbehrlich hält der Pädagoge beispielsweise die Groß- und Kleinschreibung.
: der bericht. Die Presse, , nr. 15742, s. 2, Meinung
Die ganze Republik wartet auf den Bericht der drei Weisen, die das politische Klima hierzulande untersuchen. […] Alles ist möglich: Englisch, Französisch, Spanisch, Finnisch, Deutsch. […] Nach welchen Rechtschreibregeln wird man einen deutschen Bericht abfassen? Nach den alten, an die sich Zeitungen in Frankfurt und Wien, die wahrlich keine Würstchen sind, halten? Oder nach ganz neuen, wie sie die SPÖ fordert? Den Sozialdemokraten zufolge müßte es ja heißen: "ergebnis des berichts: fpö pfui, aber ende des boykotts".
Österreich: 69 Prozent gegen Rechtschreibreform. Die Presse, , nr. 15742, s. 22, Kultur und Medien
Nur zwei Prozent schreiben nach den neuen Regeln, nur sieben Prozent sind für die Reform — dies ergab eine OGM-Umfrage. […] "Keinen Handlungsbedarf" sehen die österreichischen Schulbuchverlage beim Thema Rechtschreibung. Eine Rückkehr zur alten Schreibweise nannte Othmar Spachinger, Geschäftsführer von öbv & hpt, dem größten heimischen Schulbuchverlag, gar "denkunmöglich".

8. 8. 2000

Sind Sie für die neue Rechtschreibung? Brückenbauer (Zürich), , nr. 32, s. 8, Pro & Kontra
Eine Mehrheit möchte zu den alten Regeln zurück. […] Was denken Sie, liebe Leserin, lieber Leser? Sind sie für oder gegen die neue Rechtschreibung?

Pro-standpunkt: Christian Schmid, kontra: Eveline Hasler. Eine rückkehr zu den alten Regeln wird nicht vorgeschlagen.

: Machtkampf geht weiter. Der Poker um die Rechtschreibreform geht in eine neue Runde. Die Aussteiger mehren sich. Tages-Anzeiger,
Während man sich in der Schweiz und in Österreich schön brav an die neue Rechtschreib­reform hält, kommt die Debatte über Sinn und Unsinn der Neuerungen in Deutschland erst so richtig in Fahrt.
: Das orthografische Sommertheater. Bundesweite Debatte zur Rechtschreibreform und ein Aufruf von Günter Grass. Berliner Zeitung, , s. 11f, Feuilleton
Die Meinungen zur Rechtschreib­reform bleiben kontrovers. Die Lehrer in Deutsch­land streiten, die Mehrheit der Bürger fordert die Rück­nahme der vor einem Jahr eingeführten neuen Regeln, die meisten der Zeitungs­redaktionen warten ab und der Literatur-Nobelpreis­träger Günter Grass ruft die deutschsprachige Presse auf, wieder die alte Rechtschreibform anzuwenden.
: Ulrich Wickert. Was ist eine gute Nachricht? , , Medien
Auch wenn Sie, die folgende Frage betreffend, als Moderator fein raus sind - was halten Sie von der Rechtschreib­reform? Wickert: Ich fand die von Anfang an total bescheuert, weil ich nicht möchte, dass Kultusminister mir vorschreiben, wie ich schreiben soll.

Die kultusminister möchten das auch nicht. Sie schreiben den schülern vor, wie sie schreiben sollen, und das bereits seit 1901.

: Keine Frage der Trennung. Tagesspiegel, , nr. 17135, 56. jg., s. 1, Leitartikel
Vor Einführung der Reform war die deutsche Sprache zweifellos einheitlicher als jetzt, verbindlicher. Leichter und logischer ist sie auch nicht geworden. Eines fällt daher auf: Inhaltlich finden sich kaum noch Befürworter des gesamten neuen Regelwerks. Wer es verteidigt, zählt praktische Argumente auf. […] Denn die Reform der Reform, wenn sie denn stattfindet, muss ein Mittelding sein aus Alt und Neu.

Also ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding . . . war.

7. 8. 2000

: Tatsächlich wieder Thema. Neues vom Streit um die Rechtschreibreform. Neue Zürcher Zeitung, , nr.181, s. 19, Feuilleton
Gering mag man veranschlagen, dass über die «FAZ» eine Sturzflut zustimmender Leserbriefe hereinbrach (Leser, die die «Verantwortungslosigkeit» des Blattes rügten, gab es auch, aber sehr wenige) — damit war immerhin zu rechnen. Schwerer dürfte wiegen, dass der schon erloschene Disput über den Nutzen der alten und die Nachteile der neuen Orthographie frisch auflodert, weshalb man in deutschen Zeitungen nach eineinviertel Jahren Absenz jetzt wieder inhaltliche — sprachwissenschaftliche — Auseinandersetzungen mit der Reform lesen kann.
: Protest gegen Schreibregeln. Focus, , nr. 32, s. 3, Tagebuch
Die vielen Schüler, die seit vier Jahren nach den neuen Regeln schreiben lernen und nach der Kenntnis dieser Regeln auch bewertet werden, haben unsere Entscheidung wesentlich bestimmt. […] Deswegen denken wir in dieser Sache an unsere Leser, vor allem an die jüngeren, und schreiben gemeinsam nach Regeln, von denen viele von uns nicht überzeugt sind.
Focus-Frage. Haß auf dass. Focus, , nr. 32, s. 11, Periskop
"Halten Sie sich an die Regeln der Rechtschreib­reform?" Nein 61%, teilweise 32%, ja 7%.
: Ein sanfter Volksaufstand. Gerichte und Politiker haben zu Unrecht Akzeptanz für die neue Rechtschreibung unterstellt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 181, s. 14, Politik, Zeitgeschehen (1085 wörter)
Von bislang 15500 T-Online-Besuchern sprechen sich gut 78 Prozent für diesen Schritt [rückkehr zur alten recht­schreibung] aus und nur 11,8 Prozent dagegen. […] Soviel Zu­stimmung nennen Gerichte Ak­zeptanz: Anerkennung, Anklang. Im Umkehr­schluß ist daraus zu folgern, daß die so­genannte Rechtschreib­reform keine Akzeptanz findet: Das war vor deren Einführung so - 70 bis 90 Prozent waren dagegen -, und das ist immer noch so.
: die zukunft schreibt klein. profil, , nr. 32, s. 11, Leitartikel
Dabei ist die Kritik an dieser Reform durchaus berechtigt. Denn diese Reform ist viel zu wenig weit gegangen. Sie orientiert sich nicht an den Gepflogenheiten der Zeit. Sie ignoriert die Realität des Sprachgebrauchs im Internet und im rapid zunehmenden E-Mail-Verkehr. Sie leugnet die Durchdringung unserer Sprache durch internationalistische, auf englischsprachigen Fundamenten stehende Vokabeln. […] Das heißt: […] mit der längst überflüssigen Groß-Klein-Schreibung aufräumen (was übrigens auch, bravo, von den Grünen gefordert wird, und wenn die "Presse" jetzt loszetert, rufe ich unsere Jahrhundertdichter Ernst Jandl und H. C. Artmann in den Zeugenstand).

6. 8. 2000

: "Die Schule wird zum Rechtschreib-Elfenbeinturm." Die neue und alte Orthographie, Berufswandel und Fächerkanon: Fragen an Josef Kraus, den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 31, s. 5, Meinung
Wir sind jetzt in einer Situation, daß Schule zum Rechtschreib-Elfenbeinturm wird. Das ist das, was mich auf die Palme bringt. Wir lehren in der Schule etwas, was über kurz oder lang außerhalb der Schule niemand mehr praktiziert. Wir Deutschlehrer stehen vor einer ernsten Glaubwürdigkeitsfrage, nämlich unseren Schülern etwas beizubringen, von dem die Schüler, vor allem die älteren Schüler wissen, daß es außerhalb der Schule nicht akzeptiert wird.

5. 8. 2000

: Ein «hochgradig ärgerlicher» Streit. Rechtschreibung: In der Schweiz wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt. Neue Luzerner Zeitung, , Tagesthema
Die gezielten Versuche, die Rechtschreib­reform in Deutschland wieder rückgängig zu machen, beurteilt Schmid als «hochgradig ärgerlich». Sollte es tatsächlich so weit kommen, hätte dies nicht zuletzt auch staatsrechtliche Folgen. […] In den Bereich der Märchen gehört das Gerücht, beim Scheitern der Rechtschreib­reform müssten Berge von Schulbüchern eingestampft und Millionen von Steuergeldern ans Bein gestrichen werden.
: «Es ist das übliche Sommertheater.» Rechtschreibung: Horst Sitta, Professor für Linguistik an der Universität Zürich, zum neu ausgebrochenenen Streit in Deutschland. Neue Luzerner Zeitung, , Tagesthema
Dass die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) so entschieden hat, wie sie jetzt entschieden hat, ist eigentlich kein Wunder. Ein Wunder ist, dass die Zeitung im vergangenen Jahr überhaupt auf die neue Regelung umgestellt hat. Die FAZ hat sich immer gegen jede Reform der Rechtschreibung gestellt. Es gab ja vor der Reform beinahe alle Jahre von irgendeiner Seite her mindestens einen Vorschlag zur Rechtschreib­reform. Nur wird jetzt so getan, als hätte zuvor nichts als Zufriedenheit geherrscht.

Einen grund für die späten reaktionen findet man bei Friedrich Dieckmann, Berliner Zeitung, 4. 8. 2000, und bei Hans Krieger, Schweizer Monatshefte, 11. 2003.

: Quatsch wider Quatsch. Berliner Zeitung, , Meinung
Die "Frankfurter Allgemeine" ist am 1. August wieder zur alten Rechtschreibung zurück­gekehrt. "Schiffahrt" statt "Schifffahrt", "sitzenbleiben" statt "sitzen bleiben". Bingo. Ihre Ankündigung klang so, als breche sie mit dem Rest der Welt, ihren Lesern und den deutschen Literaten zuwillen (oder zu Willen?). Dreispaltig auf der Seite eins verkündigte sie ihre Kriegs­erklärung an die deutschen Kultus­minister, von denen nur noch einige in jenem Amt sind, das sie zur so genannten "gemäßigten Rechtschreib­reform" des Jahres 1998 befähigt hatte. […] Ich jedenfalls habe die neuen Rechtschreib­regeln nicht gelernt und nicht befolgt.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (1). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (134 wörter)
Als begeisterte Viel­leserin habe ich mir bislang drei Romane in der neuen Recht­schreibung gekauft. Immer wieder bin ich dort an Sätzen hängen­geblieben, die durch die neuen Regeln so unüber­sichtlich waren, daß ich sie mehrmals lesen mußte, um überhaupt ihren Sinn zu erfassen. Das blockierte den Lese­fluß und war auf Dauer äußerst ermüdend.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (2). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (147 wörter)
Statt das ß konsequent ab­zuschaffen, ver­kompliziert die Reform die Schreibung hier eher. Die Komma­regeln hätten endlich aufgelöst und dem indivi­duellen Ausdruck anheim gestellt werden sollen.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (3). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (88 wörter)
Seit dem 1. August 1999 kann ich keinen Ihrer ernsten Texte mehr richtig ernst­nehmen, keinen spaßigen mehr richtig spaßig finden, weil mir die un­sinnigen Schreib­weisen wie Messer­hiebe in den Magen fahren.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (4). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (192 wörter)
Mich erinnert das Tun der FAZ an ein kleines Kind, das trotzig das Spiel­brett umwirft, weil es die sichere Nieder­lage abwenden will.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (5). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (194 wörter)
Im Grunde handelt es sich doch nur um einige Rechtschreib­korrekturen, die im Schrift­bild kaum auf­fallen. Von einer Reform könnte man wohl nur sprechen, wenn zum Beispiel die Groß­schreibung ab­geschafft worden wäre.
: Debatte: „FAZ kehrt zurück zur alten Rechtschreibung“ (6). Berliner Zeitung, , s. 9, Leserbriefe (25 wörter)
[…] keine Sprache der Erde erlaubt drei gleiche Buch­staben in Folge. Wer sich so etwas ausdenkt, gehört in die Klapps­mühle!
: Literaturkritiker Reich-Ranicki. „Zurück zur alten Rechtschreibung!" Bild, , nr. 182, s. 7, Leute
Ich halte es für schrecklich, drei Konsonanten hintereinander zu bringen, wie bei Stofffabrik oder Kammmacher.

… und bei sauerstoffflasche, balletttruppe?!

: Vom Englischen lernen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 180, Briefe an die Herausgeber (136 wörter)
Die Vor­stellung, daß Schreib­fehler von den Regeln kommen, ist staatlich genährter Aber­glaube.
: Schreiben, wie es der Computer versteht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 180, Briefe an die Herausgeber (273 wörter)
Wer also das Über­leben unserer Mutter­sprache sichern […] will, der muß bereit sein, not­wendige Ver­änderungen zu akzeptieren. Trotz mancher Unzulänglich­keiten ist die jetzige Rechtschreib­reform ein Schritt in die richtige Richtung.
: Kultur hängt nicht von Kommaregeln ab. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 180, Briefe an die Herausgeber (230 wörter)
Ihr Rückzieher stiftet nur Verwirrung. […] Die Rechtschreib­reform mag von namhaften Schrift­stellern bekämpft werden. Da diesem Personen­kreis in bezug auf die Ortho­graphie ohnehin „dichterische Freiheit“ zu­gestanden wird, kann es auf ihn nicht ent­scheidend ankommen.
: Die Beliebigkeit ist da. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 180, Briefe an die Herausgeber (150 wörter)
Vor allem dürfte die Schule als Durch­setzungs­instrument ausfallen. Sollte die neue Schreib­weise eines Tages bei der Noten­gebung berück­sichtigt werden, so wird es fraglich sein, ob eine darauf beruhende Bewertung bei einer ge­richtlichen Nachprüfung […] Bestand haben wird, da jeder Schüler der Schrift nicht nur in der Schule, sondern noch viel intensiver im Alltag begegnet und daher über­fordert ist, sich die neue Schreib­weise als die für ihn – in der Schule – verbindliche ein­zuprägen.
: Dem Spuk ein Ende gemacht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 180, Briefe an die Herausgeber (188 wörter)
Jeder Einsichtige muß hoffen, daß Ihr Schritt – mit welchem Sie sich wieder an die Seite der ohnehin an der bisherigen Orthographie fest­haltenden Autoren und Verlage stellen – als ein Signal wirkt, das am Ende doch noch obrigkeitli­chen Starr­sinn zum Ein­lenken bringt.
: „Schriftsteller in die Schulen.“ PEN-Generalsekretär Johano Strasser zur Debatte über Rechtsradikalismus und Gewalt. Die Welt, , Feuilleton
Das Attentat in Düsseldorf hat eine Debatte über den Rechts­radikalismus in Deutschland entzündet. Deutsche Autoren halten sich merklich zurück. […] Noch hat sich seit Düsseldorf kaum ein deutscher Schrift­steller zu Wort gemeldet. Stattdessen wird leiden­schaftlich über die Reform der Rechtschreib­reform diskutiert. Strasser: Im PEN wird die Rechtschreib­reform nicht leiden­schaftlich diskutiert […].
: Zu: Die Bataillone sammeln sich zum Angriff auf die Schlechtschreibreform (05.08.00) 2. , , Leserforum
Was ich vermisse, ist eine generelle klein­schreibung. Ob man "am besten" oder "am Besten" oder "der beste" oder "der Beste" oder "der beste Sportler" schreibt, in­teressiert wirklich nur solche leute, deren bestreben nicht über fehler­korrektur in auf­sätzen hinaus­geht.
: Die Bataillone sammeln sich zum Angriff auf die Schlechtschreibreform. Die Presse, , Kultur & Medien
In der Tat waren es die Schrift­steller und die Journalisten, diese Kärrner an der Front der Literatur, die sich mit der amtlich verordneten "Neu-Schreibung" nie abfinden konnten. Sie hatten — ein unverzeihlicher Fehler — im Vorfeld der Reform­bemühungen viel zu lange geschwiegen, ihr Protest­geheul kam in einem Augenblick, da die deutschen Kultus­minister und ihre öster­reichische Kollegin Gehrer die Sache bereits perfekt gemacht hatten.

4. 8. 2000

Debatte geht weiter. Neue Luzerner Zeitung, , Kultur
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung forderte in einem Appell an alle Zei­tungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung.
: Bildstörung. Voß bleibt bei Kölnisch Wasser. Badische Zeitung, , Medien
Den Mitarbeitern des SWR sei es nach wie vor aus­drücklich freigestellt, „die Regeln der Rechtschreib­reform nicht zu beachten". […] Mit anderen Worten: Der SWR hält sich sehr wohl an die neuen Regeln, ihr Tagebuch dürfen die Mit­arbeiter aber nach den alten führen. Auch eine Lösung.
: Rechtschreibreform unter Druck. Auch Sprach-Akademie verlangt Rückkehr zu alten Regeln. Berliner Zeitung, , s. 14, Feuilleton (172 wörter)
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ging am Donnerstag mit einem "dringenden Aufruf" an die Öffentlich­keit, "die Einheit der deutschen Schreibung zu retten". Die Akademie appelliert an Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen, zur alten Recht­schreibung zurück­zukehren.
: Umgang mit einem Staats-Streich. Das Rechtschreibkuddelmuddel — woher es kommt und wohin es führt. Berliner Zeitung, (1381 wörter)
Das ganze Vor­haben hatte von Anfang an die Züge einer Ver­schwörung.
: Immer mehr Stimmen gegen die Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, s. 1 (217 wörter)
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ist am Donnerstag mit einem „dringen­den Aufruf“ an die Öffentlich­keit getreten, „die Einheit der deutschen Schreibung zu retten“, indem zur alten Recht­schreibung zurück­gekehrt werde. Der Appell richtete sich an Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen. „Diese Reform war von Anfang an eine Miß­geburt“, schrieb die Akademie […].
Stimmen der Anderen: Scherbenhaufen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, s. 2, Politik (129 wörter)
Zur Rechtschreib-Diskussion lesen wir im „West­falen-Blatt“ (Bielefeld): „Zwei Drittel der Bundes­bürger lehnen die Rechtschreib­reform ab, nur 22 Prozent der Befragten gaben an, die reformierte Schreib­weise anzuwenden. Kann die Bilanz ver­nichtender sein? […]“
: Mehr Wortspiele. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, Briefe an die Herausgeber (52 wörter)
Die mutige Ent­scheidung der F.A.Z., […] zur klaren und eindeutig ver­ständlichen alten Recht­schreibung zurück­zukehren, kann ich nur begrüßen.
: Arbeit abgenommen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, Briefe an die Herausgeber (77 wörter)
Meinem letzten Buch „Der letzte Zeichner“ wollte ich eine weitere Polemik unter dem Titel „Der letzte Recht­schreiber“ folgen lassen. Herzli­chen Dank dafür, daß Sie mir diese Arbeit ab­genommen haben.
: Mutlose Kultusminister. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, Briefe an die Herausgeber (143 wörter)
Jetzt wäre eigentlich die Stunde der Opposition. Sie könnte eine Korrektur ein­fordern. […] Aber auch die CDU/CSU-Kultus­minister wagen nicht, das Steuer herum­zuwerfen.
: Ohne die Parlamente. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 179, Briefe an die Herausgeber (105 wörter)
Diese so­genannte Reform konnte und kann nicht ver­wirklicht werden, weil ihr die Zu­stimmung der Be­völkerung und auch der Parlamente fehlte und noch immer fehlt.
: Eine nützliche Provokation. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , Briefe an die Herausgeber (682 wörter)
Kurios wird es allerdings, wenn seitens der F.A.Z. festgestellt wird: "Wie müssen die Leser darunter gelitten haben, daß diese Zeitung sich ... widerwillig entschloß, ... die verordnete Schreibung zu übernehmen. Wie befreit jubeln sie (die Leser) auf: Schon am ersten Tag erreichten die Redaktion Glück­wünsche zuhauf. Es ist, als wollten die Leser mit den Redakteuren Geburts­tag feiern" (F.A.Z. vom 28. Juli). Ich jubele nicht auf, und ich feiere auch nicht Geburts­tag, denn es ist einfach peinlich, wie aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird. Eine Mücke ist dieses Reförmchen. Ein Elefant wäre es gewesen, wenn der Vorschlag der Reformer, 1991 einstimmig gefaßt, realisiert worden wäre, die Klein­schreibung ein­zuführen.
„Das ist irritierend." Die Rechtschreibreform wird derzeit wieder heiß diskutiert. Die KN befragten Bürgerinnen und Bürger zu dem Thema. Kinzigtal-Nachrichten, Fuldaer Zeitung,
Hannelore Philippi (52), Tier­heilpraktikerin aus Schlüchtern: „Ich finde die neue Recht­schreibung wirklich bescheuert, weil sie eine Verunstaltung der deutschen Sprache ist. Ich finde zwar gut, wenn die Regeln gelegentlich aktualisiert werden, doch eine solch gravierende Umstellung, wie sie kürzlich durchgeführt wurde, ist für die Menschen wahnsinnig irritierend.
: Liebe Leserin, lieber Leser. Die Woche, , nr. 32
Dreieinhalb Jahre ist es jetzt her […], dass wir als erste Zeitung die neuen Regeln der Rechtschreib­reform einführten. Und wir sind gut damit gefahren. Ich erinnere drei Abbestellungen, ganz am Anfang […], ansonsten waren Sie (das sind immerhin 390.000 Leserinnen und Leser) einverstanden. Die meisten hatten es […] erst gar nicht bemerkt.
: Unentschieden. Die Woche,
Bislang galt: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen! Tatsache aber ist, dass Schüler jetzt etwas lernen sollen, was außerhalb der Schule nicht oder anders praktiziert wird.
: Alter Streit um neue Regeln. Geschickt inszeniert, aber aussichtslos: ein neuer Versuch, die Rechtschreibreform zu kippen. Die Woche, , nr. 32
Alle 16 Länder-Kultusminister lehnten eine erneute Diskussion oder gar Rücknahme der Reform ab, und Bundes­bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wies die Forderung von Hinter­bänklern nach einer parlamentarischen Debatte zurück: Rechtschreibregeln seien "keine politische Entscheidung". Dabei spricht durchaus nicht nur Liebe zur Rechtschreib­reform aus den Worten ihrer Verteidiger. Sie sei "überflüssig" gewesen, urteilt etwa der saarländische Kultusminister Jürgen Schreier (CDU), ebenso über­flüssig aber sei der Versuch, die bereits eingeführte Reform wieder zurück­zunehmen: Das würde das "totale Rechtschreib­chaos" bedeuten.

3. 8. 2000

: Weitere deutsche Gremien gegen die Rechtschreibreform. Neue Zürcher Zeitung, , nr.178, s. 5, Ausland
Der Deutsche Hochschul­verband, die Berufs­vertretung der Professoren und Privat­dozenten, hat am Mittwoch in Bonn angekündigt, ab dem 1. Oktober in seinem gesamten Schrift­verkehr sowie in der Zeitschrift «Forschung & Lehre» ebenfalls zur früheren Rechtschreibung zurückzukehren.
: Neue Rechtschreibung auf der Kippe? Schulen halten sich an den neuen Duden, Verlage sind weniger konsequent. Südostschweiz, , Region Glarus
«Bei uns gibt es im Gegensatz zu Deutschland keinen heiligen Krieg um die Reformen. Wir gehen die Sache pragmatisch und gelassen an», sagt beispiels­weise Felix Baumer, Leiter des St. Galler Amtes für Volks­schulen.
: Apropos. Gralshüter. Südostschweiz, , Region Glarus
Gewiss, die Folge davon wird eine zunehmende Verwilderung sein, doch das ist nicht die Schuld der normalen Schriftsprach­benutzenden: Es ist die Schuld jener Rechtschreibe­reformer, die es nicht fertig brachten, eine wirkliche Vereinfachung zu erfinden. Statt­dessen haben sie das komplizierte Alte durch ein ebenso kompliziertes Neues ersetzt.
: Angerissen. Als Bismarck in Gluth geriet. Badische Zeitung, , Kultur
Wie sich die Dinge gleichen: Die Rechtschreibung und vor allem ihre Reform hat schon im 19. Jahrhundert die Gemüter erhitzt. […] Zu jener Zeit ging es etwa um die Schreibung „ie" in Wörtern wie „stolziren" und „inspiziren"; in Fällen wie „Armuth", „Gluth", „Noth" sollte im Auslaut das „H" entfallen, andererseits schrieb man nach wie vor „That, „Thor", „Unterthan". Das „ß" in Gleichniß" wurde zu „s" und in „Waare" entfiel das doppelte „A", es blieb aber zum Beispiel in „Paar".
: Die meisten Deutschen wollen die alte Schreibweise. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 178 (161 wörter)
Eine re­präsentative Forsa-Umfrage für „Die Woche“, die Vor­kämpferin und Ver­teidigerin der neuen Schreib­weisen, hat ergeben, daß 68 Prozent der Befragten die Rückkehr zur alten Recht­schreibung be­fürworten. Im öffentli­chen Dienst würden die neuen Regeln, wenn überhaupt, „nur mit Unmut“ an­gewandt […].
: Die Schweizer wollen neu schreiben. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 178, 3 (613 wörter)
Die neue deutsche Debatte über die Rechtschreibung wird in der Schweiz aufmerksam verfolgt, weil ein kleines Land einen großen Nachbarn stets neugierig be­obachten muß. Doch man spürt ein Schmunzeln, wenn man sich mit Eidgenossen darüber unter­hält, und in manchen Artikeln Schweizer Zeitungen macht man sich etwas lustig über die Deutschen und ihren tief­ernsten Disput darüber, ob es „wohldurch­dacht“ oder „wohl durch­dacht“ heißen sollte. Manche vermuten dahinter gar ein Sommer­theater […].
: Locker bleiben. Hamburger Abendblatt, , Politik
In Deutschland, so ist abzusehen, werden wir […] wohl in den nächsten Wochen und Monaten die Neuauflage einer verbissenen Grundsatzdebatte erleben, die viele von uns schon, wenn auch zähneknirschend, ad acta gelegt hatten.
: "Deshalb wehren wir uns." Hochschulverbands-Chef über eine mangelhafte Reform. Kölner Stadt-Anzeiger, , Kultur, Interview
Der Kölner Völker­rechts-Professor Hartmut Schieder­mair (64) ist Präsident des Deutschen Hochschul­verbandes. Herr Schieder­mair, ist die Rechtschreib­reform mies gemacht worden oder nur miesge­macht worden? Schieder­mair (lachend): Das ist ja gerade das Problem, dass die Rechtschreib­reform eine Verkürzung der sprachlichen Ausdrucks­möglichkeiten bewirkt hat. Und deshalb wehren wir uns dagegen.
: Übel von oben - typisch deutsch (VI). die tageszeitung, , nr. 6209, s. 12, LeserInnenbrief
[…] Solidarität mit Schul­anfängern und anderen Menschen mit Schreib- und Lese­problemen, wie meinem geistig behinderten Sohn. Ihnen fällt das Lesen leichter, wenn sie gleich an der Schreib­weise erkennen können, wie ein Wort aus­gesprochen wird: "Spaß" mit langem a und "Pass" mit kurzem a, "groß" mit langen o und "Ross" mit kurzen o […]. Das richtige Schreiben fällt leichter, wenn Wörter wie "Riss" im Singular mit dem gleichen ss ge­schrieben werden wie im Plural. Und wenn unsinnige Regeln wegfallen. Warum sollte man st nicht trennen, wenn die Aus­sprache es nahe legt? Warum sollte man Schul­kinder mit jener un­säglichen Regel plagen, nach der "Stofffetzen" mit zwei f geschrieben werden sollte, "Stoffflicken" aber mit drei f?
: Danke, "FAZ"! Danke! Danke! Deutsche Dichter gratulieren der "Frankfurter Allgemeinen" zur neuen Rechtschreibung. die tageszeitung, , nr. 6209, s. 28
Mit beispielloser Courage ist das Blatt am 1. 8. 2000 zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt. Und wieder stehen die Schriftsteller fast wie ein Mann geschlossen, um den schon verloren geglaubten Kampf wieder aufzunehmen, und diesmal, ja, bin ich dabei! Und wie sie alle voller Dank für die FAZ. Denn es gibt "jetzt keinen Anlaß mehr, die Flinte ins Korn zu werfen. Dank der F.A.Z.", wie es Christian Meier, […] formuliert hat.
: Die fünf mit der sturheillosen Eigensinnigkeit. Die Zeit, , nr. 32, beilage Leben, s. 1
Die sehr gute Nachricht ereilte mich am 26. Juli um 17 Uhr aus dem Radio und dem Mund des FAZ-Herausgebers Günther Nonnenmacher. Der da nämlich mitteilte, dass und warum die FAZ als erste deutsche Sprachgroßmacht erst einmal quasi privat die sogenannte Dudenreform negiere bzw. wieder zurücknehme und nämlich ab 1.8. wieder nach den alten Regeln schreibe und drucke.
Rechtschreib-Umfrage: 68 Prozent dagegen. Die Presse, , Kultur & Medien
"Die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich, daß die neue Rechtschreibung wieder abgeschafft wird", schreibt die deutsche Zeitung "Die Woche" in ihrer neuesten Ausgabe.
: Zu: Gehrer beharrt auf neuer Rechtschreibung (01.08.00) 9. , , Leserforum
ad Frau Dr. Rolland: da der "Neuschrieb" genauso gut oder schlecht begründbar ist wie der "Altschrieb", wird es Ihnen be­schwerlich fallen, eine Rückkehr über­zeugend zu argumentie­ren.
: Zu: Gehrer beharrt auf neuer Rechtschreibung (01.08.00) 14. , , Leserforum
Ihr Argument von der "geistigen Verarmung" führt auf die Spur, warum Sie und viele andere so vehement gegen die Reform sind: Ich befürchte, Sie betrachten die Recht­schreibung nicht als Mittel zum Zweck der möglichst einfachen und ver­ständlichen Kommuni­kation, sondern allein als Indiz für Bildung.
: Zu: Gehrer beharrt auf neuer Rechtschreibung (01.08.00) 13. , , Leserforum
Die Qualität der Reform wird allein durch den lang­fristigen Gebrauch fest­stellbar sein. Die Reform ist dann gescheitert, wenn die Ersten, die nur nach der neuen Ortho­grafie schreiben gelernt haben, von sich aus - ohne Druck von irgendwem - wieder zur alten Schreib­weise zurück­kehren, weil die leichter ist.

Eine wichtige feststellung. Übrigens ist deshalb die reform von 1653 gescheitert, weil wir ohne druck von irgendwem zur eigennamen­grossschreibung zurückkehren. Wir sind allerdings nicht die ersten.

: Im Schneckenhaus. Die Furche (), , Medien (329 wörter)
Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Das Recht­schreib­reförmchen ändert wenig an der Sprache; oft muss man einen Text mehrmals lesen, um drauf­zukommen, ob er der alten oder der neuen Ortho­graphie ver­pflichtet ist.

2000-08-02

: Hochschulverband kehrt zu alter Rechtschreibung zurück. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, s. 1, Politik (144 wörter)
Gleichzeitig fordert der Verband die Kultusminister­konferenz auf, "mit den erforderli­chen Korrekturen an der Rechtschreib­reform die deutsche Sprach­kultur vor Schaden zu bewahren".
: Die „Frankfurter Konterrevolution“ bringt auch in Österreich manches in Bewegung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Politik (996 wörter)
Das „Reförmchen“ reiche zu wenig weit: „Wenn schon die Rechtschreib­reform­debatte noch einmal geführt werden soll, dann sollte die einführung der klein­schreibung auf der tages­ordnung stehen und nicht bloß ein klein­geistiges herum­mäkeln an der schwach­brüstigen neuen rechtschreibung“, hieß es in der gedruckten Stellung­nahme der Grünen.
: Multi-Kulti-Reform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (109 wörter)
Es kann doch wohl nicht sein, daß die heutige Generation dümmer ist als ihre Alt­vorderen und nicht in der Lage, korrekt schreiben zu lernen.

Die alt­vorderen waren dazu auch nicht in der lage: stichwort schreiben.

: Ohne Übereilung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (68 wörter)
Mit Freude habe ich erfahren, daß Sie zur sogenannten alten deutschen Rechtschreibung zurückkehren.

«Sogenannte alte deutsche Rechtschreibung» …

: Vernünftige Korrektur. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (49 wörter)
Sie hätten den kolossalen Unsinn der Kultus­minister­konferenz niemals unter­stützen sollen.
: Chaos in Aufsätzen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (103 wörter)
Als Deutsch­lehrer kann ich Ihnen versichern, daß die Schüler, die die "neue" Recht­schreibung aus der Grund­schule mitbringen, nicht weniger Probleme bei der Ver­schriftlichung ihrer Gedanken haben als die, die noch mit der "alten" Recht­schreibung groß geworden sind.
: Pro und Contra hochgerechnet. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (213 wörter)
[…] ist mir bekannt, daß im Funkhaus in Hannover kritische Schreiben oder Telefonate von Hörern mit dem Faktor 1000, lobende, positive Zuschriften und Telefonate jedoch mit dem Faktor 5000 multipliziert wurden. Der Grund: In den Redaktionen des Senders war man der Überzeugung, daß Kritiker, Gegner und Nörgler viel eher zum Griffel oder zum Telefonhörer greifen als zufriedene Hörer, die des Lobes voll sind. […] Auch ich gratuliere der F.A.Z. im Namen von – entsprechend – mindestens 500 "verbündeten" Lesern zu ihrer Entscheidung.

Im fall des FAZ-hinundher hat man aber ein vorzeichen­problem.

: Riesengroße Verwirrung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (124 wörter)
Als Schülerin der elften Klasse eines Gymnasiums kann ich die Rück­kehr zur alten Recht­schreibung nicht gutheißen. […] Ich glaube nicht, daß die Umstellung auf die alte Recht­schreibung über­haupt noch möglich ist, ohne eine riesen­große Ver­wirrung der meisten Schüler zu erreichen.

Man muss immer das positive sehen: dass anscheinend die meisten schüler die FAZ lesen.

: Verarmte Linguistik des Deutschen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (364 wörter)
Wie ist es möglich, daß eine mit einer stattli­chen Anzahl von Fach­vertretern des Faches Germanistische Linguistik besetzte Kommission ein solch fehler­haftes Mach­werk vorlegen konnte? Wie ist es möglich, daß – um nur ein Beispiel heraus­zugreifen – keiner wußte, daß „leid“ oder „recht“ in Sätzen wie „es tut mir leid“, „er hat recht“ keine Substan­tive, sondern Adverbien sind? Das sollte doch jeder Student im ersten Semester wissen.
: Eine Katastrophe. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (50 wörter)
Die Rechtschreib­reform war mehr als über­flüssig. Sie war eine Katastrophe.
: Spät aufgewacht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, Briefe an die Herausgeber (71 wörter)
Allerdings müssen „wir Gegner“ uns fragen, warum wir so spät auf­gewacht sind und uns auf rein private Ver­weigerung zurück­gezogen hatten.
: Rechtschreibung – Nach Belieben. Hannoversche Allgemeine Zeitung, (643 wörter)
Die „Frank­furter Allgemeine Zeitung“ schüttelte die neuen Regeln wieder ab – gestern erschien die Zeitung zum ersten Mal wieder in alter Rechtschreibung. Sonderlich aufregend war ihr Erscheinungs­bild deshalb allerdings nicht. Abgesehen von der Rückkehr zum „ß“ musste man die Ab­weichungen schon genau suchen. Für die Rolle rückwärts gibt es lauten Beifall von den Schrift­stellern und auch von vielen Lesern. Doch solche Partisanen­aktionen machen einsam: Keine andere große Zeitung in Deutschland wird der FAZ folgen.
: Wer lobt die Rechtschreibreform? Mehrheit der Deutschen offenbar für Rücknahme der Rechtschreibreform. Mainpost, , Politik
Man kann vier Gruppen unterscheiden, die alle ein spezielles Interesse an ihr haben: Die Erfinder der Rechtschreib­reform, die Kultus­minister und ihre Untergebenen, einige Verlags­häuser sowie die "Modernisten".
: Telefon-Aktion: Rückpfiff für Reform? Rheinpfalz, , Kirchheimbolanden
Bereits am gestrigen ersten Tag hat unsere Telefonaktion zur Rechtschreib­reform rege Resonanz gefunden. […] Sie erreichen uns ab 10 Uhr telefonisch unter (06352) 7035-18, können uns ein Fax unter (06352) 7035-20 bzw. eine e-mail unter redkib@ron.de schicken.
: Duden-los. Rheinpfalz, , Kommentar
Eine seltsame Front: Altlinke Schriftsteller plötzlich auf den Barrikaden mit der rechtsdrehenden Journaille. Rinks und lechts. Alles velwechsert. […] An den Tastaturen der Schreiber wird Sprache gemacht, nicht beim Duden in Mannheim. Vielleicht rührt auch daher das gallige Unbehagen der Dichter. Sie fürchten den Verlust der Lufthoheit — auch wenn ihre Argumente auf dem Boden bleiben. Oder daneben sind.
neu Umfrage: 68 Prozent gegen die neue Rechtschreibung. , , Kultur
In einer Forsa-Umfrage für die Hamburger Zeitung "Die Woche" vertraten 68 Prozent der Befragten die Meinung, die 1996 beschlossenen neuen Rechtschreibregeln sollten zurückgenommen werden. Lediglich 27 Prozent waren für die Beibehaltung der reformierten Schriftsprache. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen, 75 Prozent, sei ohnehin in der täglichen Praxis bei den alten Regeln geblieben. Nur 22 Prozent der Befragten erklärten, selbst schon die reformierte Schreibweise zu gebrauchen.
neu : Der Rebell Bismarck. Rückblick: Neue Schreibung 1880 und ihre politischen Gegner. , , Kultur, Debatte
Die Rechtschreibung und vor allem ihre Reform hat schon im 19. Jahrhundert die Gemüter erhitzt. […] auch damals rief die Reform, so ist zu lesen, „im Publikum und in der Presse großes Aufsehen hervor“.
: Altschreib – Neudeutsch. (Der Tagesspiegel), , Kultur, Kommentar (445 wörter)
Die „FAZ“ hat die wahre Dimension ihrer Rück­kehr zur alten Schreibung selbst noch nicht erkannt: Nein, die Reform ist kein Skandal, wie das Blatt lautstark trompetet. Sie braucht nicht zurück­genommen zu werden, kein Staat muss ordnend eingreifen, kein Bundes­präsident Macht­worte sprechen. Im Gegenteil: Neue Toleranzen braucht das Land; mit dem Al­leingang der „FAZ“-Recht­schreibreform­rückbauer ist ein erster Schritt ins Offene gewagt.
: Hier steh' ich nun, ich armer Tor . . . Quergeschrieben: Der "Presse"-Kommentar von außen. Die Presse, , Innenpolitik
Warum aber Festhalten an der oft irregulären alten Schreibe? Weil die neue unbestritten wieder Ungereimtheiten enthält? Warum dann nicht für mehr anstatt für weniger Reform? […] Oder weil wir uns in unserem überregulierten Dasein vom Staat nicht auch noch vorschreiben lassen sollen, wie wir schreiben müßten? Aber wer entscheidet dann, wie Schüler und Beamte schreiben? Die Zeitungen?

2000-08-01

: Große Mehrheit für die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, (244 wörter)
Die Entscheidung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, von diesem Dienstag an zur alten Recht­schreibung zurück­zukehren, findet weiter­hin große und über­wiegend zu­stimmende Resonanz. Seit Bekanntgabe des Beschlusses, also binnen vier Tagen, gingen mehr als 1700 Zu­schriften bei der F.A.Z. ein; mehr als vier Fünftel der Schreiber begrüßten die Rückkehr zu den alten Regeln. Ein ähnliches Meinungs­bild gibt die Ab­stimmung auf der Internet-Seite der F.A.Z. (www.faz.de) wieder […]. Rund 82 Prozent der Besucher sprachen sich für die Rückkehr zur alten Schreib­weise aus. Zwölf Prozent stimmten dagegen, sechs Prozent waren für eine Misch­form.
: Dreifacher Geburtstag. Frankfurter Allgemeine Zeitung, (550 wörter)
Friedrich Denk, Initiator der Frank­furter Erklärung der Schrift­steller von 1996 gegen die Neu­regelung, setzte auf der Expo einen Preis über 10.000 Mark für ein Argument aus, das die Überlegen­heit der re­formierten Recht­schreibung beweise. Vorschläge seien bis zum 20. September an Professor Borchmeyer […] zu richten. Ein renommiertes Umfrage­institut werde die Akzeptanz der Argumente überprüfen. Prämiert werde das beste Argument. Ihm müßten aller­dings mindestens 50 Prozent der Befragten zustimmen. "Ich springe aus dem Fenster, wenn diese Anzahl erreicht wird", sagte Denk.
: Kurze Lebensdauer. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , Briefe an die Herausgeber (187 wörter)
Wenn die Schule bei ihrem sturen Beharren bleibt, beschädigt sie sich als gesellschaftliche Einrichtung über diesen Anlaß hinaus. […] Die DDR kippte nach 40 Jahren, dieses Regelwerk sollte keine vier überleben.
: Zurückhaltend und verständlich. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 176, s. 14, Das aktuelle Buch (650 wörter)
Die zwanzigste Ausgabe des "Duden" war die letzte, die noch im engeren Sinne ein Wörterbuch war. Denn ein Wörter­buch kann keine Vorschrift sein, auch wenn es so wirkt. Es definiert weniger eine Norm, als daß es sie beschreibt, in zurück­haltender und ver­ständlicher Weise. Es dokumentiert den land­läufigen und gebildeten Umgang mit der Schrift­sprache. […] Der Fehler, der mit dem 1996 erschienenen "Duden", mit dem ersten "Duden" der Rechtschreib­reform, in dieses Wörterbuch einzog, war daher der Bruch mit dem Prinzip der Dokumentation zugunsten der Prospektion, der voraus­greifenden Norm. […] Wenn diese Zeitung mit dem heutigen Tag zu einer Recht­schreibung zurück­kehrt, wie sie in der zwanzigsten Ausgabe des "Duden" dokumentiert ist, wird diese Rückkehr nicht bedeuten, daß wir keine jungen Wörter kennen. Denn ein gutes Wörterbuch erläßt weder über­flüssige noch un­praktische Regeln.
: Betr.: „FAZ“-Rechtschreibreform. Lasst 1.000 Rechtschreibreformen blühen! die tageszeitung, , nr. 6207, s. 12, die stimme der kritik, Glosse (305 wörter)
Wenn aber das Top-Organ für Law, Order und Share­holder Value aus heiterem Himmel mit allen Regeln und Gesetzen bricht und im Alleingang eine hauseigene FAZ-Schreib­reform einführt, ist das doch einen an­erkennenden Zwischen­ruf wert. Zumal von der taz, die im deutschen Blätter­wald standes­gemäß für Subversion und Chaos zuständig ist, die sich aber jetzt in Sachen Anarchie um Längen abgehängt sehen muss, und das aus­gerechnet von der alten Bonzen­tante aus Frankfurt. Chapeau!
: Zu: Gehrer beharrt auf neuer Rechtschreibung (01.08.00) 1. , , Leserforum
Es ist höchste Zeit, daß die Kultus­minister zu ihrer pädagogischen Ver­antwortung stehen und die von über 600 Professoren der Sprach- und Literatur­wissenschaften, also den eigentlichen Fachleuten, als „verfehlt“ bezeichnete Reform auch für die Schulen stoppen.
: "Schreibreform" — ein Fehltritt. Neu-Schreib: Was vor genau einem Jahr verbockt wurde, könnte jetzt relativ leicht justiert werden. Die Presse, , Leitartikel
Was die Warner vor dem ominösen 1. August 1999 vorausgesagt hatten, ist — leider — wirklich eingetreten. Der Wildwuchs hat beängstigende, verwirrende Formen angenommen; heute schreibt jeder, wie er will.

Wir haben schon immer geschrieben, wie wir wollten. Und alle anderen auch, wenn man unsere Fundsachen betrachtet. Was soll das gejammer über ein paar «verwirrungen» in einer kurzen übergangszeit?