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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 1.–2. 2002
nachgeführt , 2022-01-02
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Aus presse und internet

28. 2. 2002

: Band Wurm Wörter. Endlich enttarnt: Die Globalisierungspläne der Reformer. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 50, s. 45, Feuilleton (475 wörter)
Was ist denn die Eigenart der deutschen Schrift­sprache […]: Es sind die Bandwurmw­orte, jene zusammen­gesetzten Wortgebilde, in denen das Deutsche den Inhalt ganzer Abhandlungen, ganze Philosophien unter­zubringen vermag: die Getrennt­schreibungs­verordnungen, die Klassiker­rezeptions­sperre, die Kommunikations­erleichterungs­maßnahmen. […] War es nicht dieser deutsche Sonderweg, den die Sprach­reformer beseitigen wollten […]? Würde es nicht gleich viel englischer aussehen, wenn man "hoch begabt" statt "hochbegabt" sagen würde?
: Bank Rott Erklärung. Endlich geständig: Die Rechtschreibreformer rudern zurück. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 50, s. 45, Feuilleton (497 wörter)
Wenn die Sprachregler ihren Bericht ernst nähmen, könnten sie sich dessen Botschaft nicht länger ver­schließen und müßten zur alten Weisheit der Duden­redaktion zurück­kehren. Dort weiß man schon lange, daß die Sprache ein lebendiger Organismus ist. Die Regeln, nach denen er existiert, kann man be­obachten und be­schreiben, aber nicht vorschreiben.

Das ist es, liebe schüler, was ihr eurem lehrer sagen müsst: Sie können be­obachten und be­schreiben, aber nicht vorschreiben!

: Realitäts Prinzip. Endlich verwildert: Deutschunterricht nach der Reformreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 50, s. 45, Feuilleton (486 wörter)
Den Einwänden der Kritiker am Recht­schreib­regel­änderungs­werk wird von der Kommission zu­gestanden, was für jegliches Argument unter der Sonne gilt: Sie alle hätten ihr Für und Wider. Darum soll, dem Vernehmen nach, eine "Toleranz-Metaregel" die neuen Regularien wieder ab­schwächen, indem die Anwendung der Regel selbst in be­grenztes Belieben gestellt wird. […] Die Schulen sollen nach wie vor die neuen Regeln unterrichten und ihre Anwendung sanktionieren, draußen aber, im wirklichen Leben, soll Meta­toleranz herrschen. […] Welchen Eindruck müssen Schüler von einer Vorschrift gewinnen, von der sie täglich erleben, daß sie außerhalb des Klassen­zimmers meta­tolerant behandelt wird?
: Im Halbdunkel. Weiterbasteln: Der dritte Bericht der Rechtschreibkommission. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton
In diesem Bericht scheut die Kommission zwar davor zurück, den Kultus­ministern unmittelbar eine Revision der Rechtschreib­reform zu empfehlen, stellt aber eine ganze Reihe von „Alternativ­lösungen“ für Fälle vor, in denen die Reform als unsinnig oder abwegig erscheint. […] Die Vielfalt deutscher Orthografien wird sich in absehbarer Zeit also nicht vermindern.
: Westerwelle: Neue Rechtschreibung ist gescheitert. FDP-Vorsitzender fordert die "Entmachtung" der Kultusministerkonferenz; Wirbel um vertraulichen Bericht. Die Welt, , nr. 50, s. 1, Deutschland
In dem Bericht kommt die Kommission zu dem Befund, dass die umstrittene Rechtschreib­reform drei Jahre nach ihrer Einführung noch immer nicht in der Schriftsprache verankert ist. Vor allem die Umstellung in den Bereichen Schule, Verwaltung und Medien sei noch nicht abgeschlossen. Weiter heißt es, es gebe in vielen Details "keinen Königsweg, sondern nur ein Abwägen des Für und Wider, dass eine jede Lösung Vorteile, aber auch Nachteile hat und dass linguistische Gründe allein nicht ausschlag­gebend sein können, sondern auch sprach- und lern­psychologische Kriterien einzubeziehen" seien.
: Die Rechtschreib­reform-Reform. Erst vor drei Jahren wurden die Regeln geändert, jetzt soll schon nachgebessert werden. Die Welt, , nr. 50, s. 3, Deutschland
Haben die Deutschen die neue Rechtsschreibung noch immer nicht angenommen? Stellt die Kommission ihre eigenes Reformwerk infrage? Geschäfts­führer Klaus Heller weist eine solche Lesart des Berichts entschieden zurück. "Das ist Unsinn." Es werde keine Änderungen der bestehenden Regeln geben. Doch der Bericht der "Zwischen­staatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" enthält die Ankündigung, man wolle "dort, wo es im Regelwerk zur Auslegungs­schwierigkeiten oder Ungenauigkeiten gekommen ist, auf eine Präzisierung hinarbeiten". Das bedeutet nichts anderes als Nachbessern.
Schriftsteller zur aktuellen Debatte. Die Welt, , nr. 50, s. 3, Deutschland
Günter de Bruyn: Selbst­verständlich unterstütze ich die Forderung nach Rücknahme der Rechtschreib­reform.Bodo Kirchhoff: Ich würde einen Teil meiner Sprachgeschichte über Bord werfen, wenn ich der Reform folgte. — Hans Christoph Buch: Wenn die halbe Reform jetzt zurückgenommen wird, ist das keine Katastrophe. Aber ich gehöre nicht zu denen, die für die alte Rechtschreib­reform auf die Barrikaden gehen.
: Immerhin blieben uns „keiser“ und „bot“ erspart. Die Welt (), , nr. 50, s. 3, Deutschland (380 wörter)
Ein Entwurf („Der apt isst mit dem keiser im bot“) war in den späten 80er Jahren ver­sehentlich an die Öffentlich­keit geraten – und hatte umfang­reiche Proteste aus­gelöst.

Der autor hat wohl versehentlich eine buchhandlung betreten: Zur Neu­regelung der deutschen Recht­schreibung. 1989.

27. 2. 2002

: Nun schreibt mal schön. Kommentar. Die Welt, , nr. 49, s. 1
Wie auch in anderen Bereichen hat hier staatliche Einmischung und Regelungs­wut nicht mehr Ordnung, sondern mehr Chaos produziert. Es gibt kein Zurück zur alten Rechtschreibung. Und kein Voran zur völligen Beliebigkeit. […] Dazwischen aber liegt eine Art Goethesche Gelassen­heit im Detail, die uns lieben Deutschen nicht schlecht zu Gesicht stünde.

Der staat hat nichts produziert, sondern etwas geändert, was es schon gab, nämlich den lehrplan der volksschule. Die gelassenheit fehlt in der tat jemandem: der deutschen presse.

: Neuschreib-Konfusionen. Gastkommentar. Die Welt, , nr. 49, s. 8, Forum
Vor vier Jahren versuchte die Mannheimer Rechtschreib­kommission, den mißlungenen Entwurf einer Rechtschreib­reform durch Nach­besserung zentraler Regelungs­bereiche zu retten. Die Kultus­minister und das Bundes­innenministerium untersagten jedoch am 6. Februar 1998 aus nie ganz geklärten Gründen jegliche Änderung, und die Reform trat im Sommer 1998 unkorrigiert in Kraft. Gleichwohl schleuste die Kommission einen großen Teil der verbotenen Änderungen, nun als "Empfehlungen" getarnt, in die nächsten Neu­bearbeitungen der Wörter­bücher von Bertelsmann und Duden ein.

23. 2. 2002

: Gschiß ums Gschiss. Schwäbisch für Besserwisser. Südwest Presse,
Bevor wir uns in die Bedeutung und Herkunft des Wortes Gschiss/Gschiß vertiefen, ist zunächst ein Problem zu klären, das die neue deutsche Rechtschreibung aufgeworfen hat. Die verlangt nämlich, dass das stimmlose oder scharfe s nach kurzem Vokal ss und nach langem Vokal ß geschrieben wird. Nun ist aber das Schwabenland, was das Gschiss/Gschiß betrifft, zweigeteilt. Im Westen sagt man Gschiss mit kurzem i, im Osten Gschiß mit langem i, und bisher hat keine Rechtschreib­kommission erklärt, was richtig sei.

Eine rechtschreib­kommission entscheidet höchstens für die standard­sprache, was «richtig» ist.

22. 2. 2002

: Snacker und Shopper im Zehner-Pack. Thüringer Allgemeine, , Lokalnachrichten
Die Distinguierten unter den Händlern verzichten aufs Englische und probieren´s mit Uromas Rechtschreibung. Bei ihnen erhält man weder Zigarren noch Zitronen noch Schokolade, sondern nur Cigarren, Citronen und Chocolade.

21. 2. 2002

: Deutsch ist die Sprache meiner Freiheit. P.E.N-Präsident Said über Heimat und Religion. Berliner Zeitung, , Feuilleton
Und drittens ist es unsere Aufgabe, der Sprache zu dienen. Das ist nach der fehlgeschlagenen Rechtschreib­reform besonders nötig.

20. 2. 2002

: Schluss mit lustig? Die Krux mit dem Substantivieren. Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung, , Lokales
„Diese Wand muß weg, weil denunzieren hier in Mode kommt“ stand in der Mitteilung der SPD vor dem Standort­wechsel der Plakatwand zu lesen. Korrekt muss dieser Satz wie folgt aussehen: „Diese Wand muss weg, weil Denunzieren in Mode kommt“. Zur Erläuterung: Bei dem Wort „denunzieren“ handelt es sich in diesem Fall um ein substantiviertes Verb […]. Warum „muss“ jetzt mit zwei „s“ geschrieben wird und nicht mehr mit einem scharfen „s“ (ß) oder „sz“, wie es früher einmal hieß, das wissen wir auch nicht, hängt aber unmittelbar mit der Rechtschreib­reform zusammen.

19. 2. 2002

: Stehengelassen. Berliner Zeitung, , Meinung
[…] aufschreiben, wie er so lebte als allein­stehender Robinson. Wäre er ein moderner Mensch deutscher Rechtschreibung und wollte wegen Trainings die unlängst gelernten Regeln anwenden, müsste er sich allerdings einen allein Stehenden nennen.

17. 2. 2002

: Einer wie Deuss geht niemals so ganz. Für den ehemaligen Karstadt-Chef Walter Deuss ist Ruhestand ein Fremdwort; jetzt kämpft er vor allem für den Mittelstand in Deutschland. Welt am Sonntag, , Wirtschaft
Ebenso macht er sich Gedanken über die junge Generation, analysiert und beobachtet unsere Gesellschaft, die sich immer stärker als außen­orientiert erweist, immer schneller die Szenen und Tapeten wechselt. Zwischen Hoch- und Trivialkultur, wie beispiels­weise Bayreuth und Musikantenstadel, habe sich ein dritter Lebensstil entwickelt. "Eventkultur" nennt er diesen Sektor, der kurzfristig auf Spannung und Event schielt. Die Folgen dieser neuen Oberflächen-Kultur: "Unter anderem der Verfall der Sprache", klagt Deuss, der die Rechtschreib­reform immer noch für einen Irrtum hält.

Die letzte neuregelung mag etwas dazwischen sein, aber die reformbestrebungen sind älter als Bayreuth und Musikantenstadel, und sie sind innen- und aussenorientiert.

16. 2. 2002

: Das Zauberwort «zemenandnee». Zum Tod des Ausserrhoder Schriftstellers Peter Morger. St. Galler Tagblatt, , nr. 39, s. 21, Kultur
Die «Lüürik» im Dialekt, für die Morger ein eigenes System, eine eigenwillige und phonetisch hochpräzise Rechtschreibung entwickelt hat, bot dabei gewiss einen Fluchtort, eine Sprachheimat, in der er ganz zuhause war: «Wött nu König sii vo mer sälber.»
: Wortakrobatik aus Jandls Experimentallabor. Dewezet, Deister- und Weserzeitung, , Lokales, Kultur
Im "Rosenhof" rezitierte Wolfgang Scheuermann, Akteur bei der Leseinitiative, Gedichte und Sprech­gedichte des experimentellen Wiener Lyrikers. […] "mein schreibtisch ist gedeckt für alle", hatte der Autor mit seinem Faible für die Kleinschreibung einst notiert.
: Kultige Hits zwischen Klamauk und Trittbrettfahrern. Upgant-Schottjer Spaß-Ensemble macht inzwischen sogar bis Mallorca von sich reden; bald Auftritt in der Nordseehalle. Emder Zeitung,
Inzwischen haben sich die anfänglichen Gastauftritte zu abendfüllenden Musicals entwickelt. Mittelpunkt ist "Buur Folli" (Bauer Folli), der unter anderem Abenteuer mit Ufos und Zeit­maschinen zu bestehen hat. Dabei nimmt Hoofdmann stets den Zeitgeist auf die Schippe, beispiels­weise wenn er "Buur Folli" mit einer selbstgebauten Rakete zur russischen Raumstation "Mir" fliegen lässt, damit er entsprechend der neuen Rechtschreib­reform das "Mir" in "Mich" verbessern kann.

15. 2. 2002

: Schulbücher oft veraltet. Ausgaben für Lernmittel stark gesunken. Nordwest-Zeitung,
"Die Schulbücher haben im Schnitt die Rechtschreib­reform überlebt, sie kennen den Euro nicht und oft erzählen sie den Schülern noch, dass Europa wie Deutschland in Blöcke geteilt ist", sagte Wolf Eggert, Vorsitzender des Verbandes Bildungs­medien.
: Wasserburger Klärwerk noch in weiter Ferne. Oberbayerisches Volksblatt, , Wasserburg
Weitere Themen der Woche von 11. bis 17. Februar 1977: […] Die Lokalredaktion beklagt unter dem Titel «Alte Duden-Herrlichkeit» den Verfall der Orthographie.
: Ein Mann für (fast) alle Fälle. Der Sprachfex. Südwest Presse, , Politik
Sinn und Zweck der neuen Rechtschreibung haben sich mir bis heute nicht erschlossen. Hier hätte ausnahms­weise mal alles beim Alten bleiben können.

14. 2. 2002

: Schulmesse im Zeichen von Pisa. Die Hersteller von Bildungsmedien hoffen, dass die Pisa-Studie die Nachfrage belebt. Kölner Stadt-Anzeiger,
Die öffentlichen Schulbuch­ausgaben lagen danach im vergangenen Jahr bei nur noch 273 Millionen Euro. Das sind ein Prozent weniger als im Vorjahr und über 30 Prozent weniger als noch vor zehn Jahren. Die Folge: Vielen Verlagen geht es schlecht, und die Schulen arbeiteten heute mit Büchern, die „zwischen neun und zehn Jahre alt sind“. Sie kennen den Euro nicht, haben die Rechtschreib­reform überlebt und erzählen den Benutzern von einem geteilten Deutschland.
: Pisa, eine Messe und das Prinzip Mangel. Vorwürfe an die öffentliche Hand und Diskrepanzen bei Schul-Computern. Neue Ruhr/Rhein Zeitung NRZ,
Noch härter ging Wolf Dieter Eggert, Vorsitzender des Verbandes Bildungsmedien, mit den Ver­antwortlichen ins Gericht. […] Viele Schulbücher seien zehn und mehr Jahre alt: "Sie haben die Rechtschreib­reform überlebt, kennen den Euro nicht und erzählen den Schülern noch, dass Europa wie Deutschland geteilt ist", klagte Eggert.
: Tick und Limerick. Zum Fasching serviert der RIAS-Kammerchor Kagel-Nonsens. Der Tagesspiegel, , Kultur
Mit seinem "Mitternachts­stük" irritierte Mauricio Kagel nicht nur den Verleger, der partout die "falsche" Rechtschreibung des Titels korrigieren wollte. Er entstammt verstreuten Tagebuch­blättern des 18-jährigen Robert Schumann.

13. 2. 2002

: Mekka ohne Wiederkehr. Warum Schernikaus Essay über die Kluft zwischen DDR und BRD noch immer aktuell ist. junge Welt, , Feuilleton
In Zeiten, wo die Kürze von Buchtiteln nicht unerheblich über deren Verkauf entscheidet, kommt diese Wieder­veröffentlichung schon im Titel geradezu altbacken streng daher: »Die Tage in L. — darüber, daß die ddr und die brd sich niemals verständigen können, geschweige denn mittels ihrer literatur«. […] Alle, die aufgrund des Titels und der notorischen Kleinschreibung völlig kryptische Texte erwarten, seien beruhigt […].

12. 2. 2002

: Zwischen Internet und Heringsessen. Frankfurter Neue Presse,
Denn es sind gerade die Flörsheimer Grünen, die das Medium Internet ausgesprochen clever nutzen […]. Unter der Überschrift „Was ist schief an Pisa“ schlagen die Grünen scherzhaft eine radikale Rechtschreib­reform vor, die es allen ermöglichen soll, ohne Probleme gute Schulnoten zu bekommen.

11. 2. 2002

: Unerhoffte Freude. Die Rheinpfalz, , Neustadt, Kommentar
Es vergeht kaum ein Tag, an dem mich die Rechtschreib­reform nicht ärgert, vielmehr, an dem ich nicht über sie fluche und sie zum Teufel wünsche mit ihren orthographischen Beckmessereien. Manchmal löst sie aber auch Heiterkeit aus und sorgt für unerhoffte Freude. Da las ich gestern das Wort "Ketchup" in der heute gültigen Form "Ketschup" und musste […] an die Verse des pfälzischen Heimat­dichters Paul Münch […] denken […]: "Wart, Cäsar, […] mer sin's, die Feierwehr vun Ketsch, un schla'en dich so bloo als wie e Quetsch." Ob sich die Ketscher durch die neue Schreibweise von Ketchup auf(up)gewertet fühlen?
: Die Narren auf der Höhe der Zeit. Sindelfinger Zeitung, , Lokal
Gerhard Längerer, der Kunstschmied aus Renningen, der gestern den Auftrag erhielt, den Narren­brunnen um eine Figur der Weil der Städter Schellenteufel zu erweitern, war erstmals mit einem eigenen Wagen dabei. "Lieber d'Hend verbrenna als s'Maul", stand da zu lesen. Demnach schafft er lieber als er redet. Und auch das Schilder malen scheint nicht seine Stärke zu sein. "Figura-Schmid" war plakativ auf den Wagen gepinselt. Irgendwie ist ihm das kleine e durch die Lappen gegangen. Mit der neuen Rechtschreibung hat's jedenfalls nichts zu tun, eher vielleicht der Pisa-Studie.

7. 2. 2002

: Ordogravie. Herausgegriffen. Neue Zürcher Zeitung, , 223. jg., nr. 31, s. 15, Inland
Die Direktion der Genfer Tageszeitung «Le Temps» hat beschlossen, energisch gegen Druckfehler im Blatt vorzugehen. […] Während eines Tests im Februar werden den verantwortlichen Autoren und/oder Korrektoren für jeden Fehler fünf Franken abgenommen. […] Die Gewerkschaften haben auch noch nicht Stellung bezogen; dass sie gegen diese Einschränkung des Grundrechts auf freie Orthographie protestieren werden, ist jedoch anzunehmen.
: Pfefferkorn. Zofinger Tagblatt, , s. 56, Agenda
Ist sich doitsches Sprache schweres Sprache. Das hat sich auch mit der Rechtschreib­reform nicht geändert.

6. 2. 2002

: Untersuchungsergebnis im Kultusministerium unerwünscht. Immer Ärger mit Pisa und Co. in Thüringen. Freies Wort, , Thüringen
Gravierende Wissenslücken in Mathematik und Naturwissenschaften sowie große Schwierigkeiten in der Rechtschreibung bescheinigt eine Studie der Friedrich-Schiller-Universität Thüringens Schülern — sehr zum Ärger von Thüringens Kultus­minister Michael Krapp.
Herzog nennt Deutsche "zu unbeweglich". Heilbronner Stimme, , Region Heilbronn
Roman Herzog hat die Deutschen im Blick auf nötige Reformen als "zu unbeweglich" bezeichnet. Auf dem Stimme-Forum unter der Pyramide gestern Abend in Heilbronn sagte der frühere Bundespräsident, es blockierten fast alle Kräfte in der Gesellschaft, auch die Bürger wollten keine Veränderung. Herzog nannte die Rechtschreib­reform, die als "Reförmchen" die Volksmassen aufgebracht habe.
: Zwischen Fußball und Folklore. Berlins Polizeireiter kämpfen ums Überleben — nicht zum ersten Mal. Märkische Allgemeine,
In Schleswig-Holstein hatte die berittene Polizei ebenfalls viele Freunde unter den Bürgern. Sieben Volks­initiativen für ein Volks­begehren gab es dort bislang. Drei waren erfolgreich, darunter das zur Erhaltung der Reiter­staffel (die anderen wandten sich gegen die Abschaffung des Buß- und Bettages und gegen die Rechtschreib­reform). Genützt hatten die Bemühungen trotzdem nichts. Das Land trennte sich von seiner berittenen Polizei.

5. 2. 2002

: Au «Temps», la faute coûte cinq francs. Le Temps, , nr. 1185, s. 1, la une
Nous en sommes les premiers surpris mais le fait est là: notre orthographe semble passionner tout le monde. […] La direction du «Temps» a décidé d'instaurer, ce mois de février, un système de sanctions pour les fautes les plus criantes parues dans le journal: tarif unique de cinq francs pour les responsables, auteurs ou correcteurs, c'est selon.

4. 2. 2002

Der Euro halbiert auch das Publikum. ACG-Damengarde präsentiert sich in neuen Kostümen; zwölf Sänger — eine Stimme. Allgemeine Zeitung,
Matthias Bubach hatte als „Schnatz vum Kroneplatz“ die AZ genau studiert und kam zu dem Ergebnis, dass sie die Rechtschreibung von 3020 schon jetzt praktiziert.
: Ball der Vereine in Oberstadion. Schwäbische Zeitung, , Ehingen
Nina Häußler und Corry, die als Stan Laurel und Oliver Hardy durchs Programm führten, kündigten dann den "Stammtisch des Musikvereins" an. […] Besonders angetan hatte es den vier Stammtischlern heuer die Rechtschreib­reform, die auch am Grundsheimer Ortsschild nicht halt macht: "Am Rettighofer Käppele stoht a Schild", auf dem Grundsheim ohne "D" geschrieben ist.
: Blitz, Donner und Rauch beim Schwur. „Erbacher Hexen“ feierten eine fulminante Fassenachtssitzung in ausverkaufter Halle. Wiesbadener Tagblatt,
Dass die „Pisser-Studie“ (Pisa-Studie) eigentlich gar nichts taugt, bewiesen die PZ-Kids. Verkleidet als brave Muster­schülerinnen schimpften sie originell gereimt über lahme Lehrer und die Rechtschreib­reform.

3. 2. 2002

: Haben Sie ein Fremdwort zu verzollen? Deutsch ist eine Einwanderungssprache: Wie fremde Vokabeln hierzulande integriert werden. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 5, s. 73, Erkenntnis und Interesse
Das Deutsche integriert die weitaus meisten Anglizismen schnell und reibungslos auf allen Ebenen, es integriert sie phonologisch, morphologisch und syntaktisch. Etwas träger ist die Rechtschreibung, aber auch hier entwickelt das Deutsche häufig einen starken Integrationsdruck — es sei denn, man verhindert das durch eine unausgegorene Rechtschreib­reform.

2. 2. 2002

: Vorsicht: Schmerz! Doris Knecht verteidigt die neue Rechtschreibung, wird dabei ihr Opfer und flieht vor Pipilotti Rist. Tages-Anzeiger, , nr. 5, s. 48, Knecht
Es ist wegen meiner letzten Kolumne, «Madonna im Slip», und wegen der zahlreichen Leser­zuschriften, die ich seit ihrem Erscheinen erhalte. Die sind durchgängig und mit vollem Recht des Inhalts, ob ich jetzt deppert geworden bin und dass ich gefälligst erklären soll, was im zitierten Philippe-Djian-Satz aus dem neuen, demnächst bei Diogenes erscheinenden Roman jetzt eigentlich bitteschön nicht der neuen Rechtschreibung entspricht. Wo ich nur sagen kann: Liebe Leserin, lieber Leser, na, gar nichts. Es war alles total richtig. Und deshalb komplett falsch. Und zwar, weil irgendwo zwischen mir und der Druckerei ein heimliches, aber gnadenloses Rechtschreibgericht sitzt, das in seinem Fanatismus nicht davor zurückschreckte, das in meiner Kolumne gebrandmarkte Beispiel für falsche Rechtschreibung dudenkonform zu korrigieren, worauf es nicht mehr falsch war, wodurch die Brandmarkung jeglichen Sinn verlor. Der inkriminierte Satz enthielt: «...aber seine krasse Unwissenheit zeigte, daß er nicht zu retten war», welchem meine beinharte Verurteilung folgte: «Daß! Und das von einem Schweizer Verlag!», was für Sie, Leserschaft, in der korrigierten Fassung («..., dass...» und «Dass!») natürlich nicht mehr zu erkennen war.

1. 2. 2002

: Sukûn, Stille. Über den Wunsch und die Mühsal, die arabische Sprache zu lernen. Frankfurter Rundschau,
Die Lesbarkeit ist entscheidend erschwert durch die so genannte "defektive Rechtschreibung". […] Auf den Kontext kommt es an! Arabische Nachrichtensprecher vokalisieren ihre Texte vor der Verlesung. Nicht auszudenken, welche Verlautbarungen sonst ganz spontan in die Welt gesetzt werden könnten! […] Gewöhnlich pflegen Deutsche von ihrer Sprache zu behaupten, sie werde geschrieben, wie man sie spricht. Ein klassischer Fall von Betriebs­blindheit. Im Arabischen ist ein n immer ein n und niemals ein m (wie in Senf), und ein f ist immer ein f und niemals ein v (es gibt nicht zwei Buchstaben für denselben Laut).
: Der Sturm von Pisa. Der Tagesspiegel, , Dritte Seite
Viele Ausländer, viel Armut, viel Frust — an der Berliner Carl-Bolle-Schule ist Unterricht auch Sozialarbeit. Deutsch und Mathe kommen oft zu kurz. […] Und Pisa? Das ist das Spezialgebiet von Konrektorin Cornelia Lubnau. […] Gezielte Deutsch­förderung sollte auch an den Realschulen und Gymnasien Einzug halten, findet Frau Lubnau. Vielleicht sollte man die deutsche Rechtschreibung gleich mitfördern — damit sie endlich verständlicher wird.
: Memento mori, sowohl als auch. Geld gegen Wahrheit? Die Kultusminister gegen die Klassiker? Nicht einmal mehr dem Duden ist zu trauen! die tageszeitung, , nr. 6665, s. 13, Meinung und Diskussion, Kolumne
In einer Zeit, in der sogar Krieg und Frieden semantisch ineinander fließen und Edmund Stoiber ein Mann der Mitte sein will, gibt es nur noch eine Instanz, die in einer "Sowohl-als-auch-Welt" über "richtig" oder "falsch" entscheidet: das Buch der Bücher, der Duden. […] Die ersten Zweifel stellten sich ein, als die neuen Duden-Ausgaben auftauchten, in denen viele Worte rot gedruckt sind. Offiziell, um auf die Reform der Rechtschreibung durch die Rechtschreib­reform hinzuweisen. In Wahrheit natürlich, um sich zu distanzieren. Rot ist — wie jedes Schulkind weiß — nicht die Farbe der Liebe oder die Farbe der Revolution, sondern die Farbe des angestrichenen Fehlers.

31. 1. 2002

: Beikircher mit sechstem Teil der «rheinischen Triologie». Aachener Zeitung,
In Bruneck/Südtirol ist er geboren, in Bonn begann er 1965 sein Studium: Seitdem ist Konrad Beikircher untrennbar mit dem Rheinland verbunden. In seinen Kabarett-Programmen bricht er immer wieder eine Lanze für die Sprache und die Lebenskultur des Rheinländers. […] Wie stehen Sie denn zur Rechtschreib­reform? Beikircher: Jedrissen. Ich halt mich nicht dran, ich habe eine Autokorrektur­taste am Ende des Textes.

29. 1. 2002

: Wenn einer nur eine einzige erinnerung hat. Neue Zürcher Zeitung, , 223. jg., nr. 23, s. 59, Feuilleton
Wenn ein anderer über den Himalaya der erinnerungen jagt und er hat das gefühl ihn verfolge was.

Aus «Muttersterben», in kleinschreibung.

28. 1. 2002

Nicht bloss Kaffeeklatsch. (20 Minuten),
Einen Abstecher wert ist auf jeden Fall die «Buchstabensuppe»: Die Literatur­café-Redaktion stellt die Bedingung, dass alle hier veröffentlichten Texte einen Buchstaben zum Thema haben. Das kann ganz plakativ geschehen wie im Vorschlag zu einer neuen Rechtschreib­reform, das Y einzusparen […]. www.literaturcafe.de.
: Besuch: Kreisräte bei der Marineschule in Eckerförde. Passauer Neue Presse, , Passau-Land
In seiner "Pulverrede" nahm der Kommandeur Politik und Politiker auf die Schippe, tat seine Meinung zu Rechtschreib­reform und Frauen bei der Bundeswehr kund und ließ auch die eigene Truppe nicht ungeschoren davonkommen.
: Der Satzspiegel unter Attacke. Kathrin Röggla ist direkt am „really ground zero“, doch Derrida spricht über Gnade und Vergebung. Süddeutsche Zeitung, , 58. jg., nr. 23, s. 16, Feuilleton
Gegen die Übermacht sehr großer Ereignisse hilft am ehesten vielleicht die radikale Kleinschreibung. Wenn ein bestimmtes „geschehen“ von Augenzeugen und noch von Fernsehzuschauern als „weitaus zu groß“ erlebt wird, „um es irgendwie integrieren zu können in eine vorhandene erlebnis­struktur“, was soll dann die Literatur sonst tun als sich klein machen? […] „really ground zero“ heisst das Buch, und schon von aussen, mit der Kleinschreibung, den subjektiven Fotos, der ,konkreten‘ Darbietung des Textes, will es uns unübersehbar mitteilen, dass es ein Kunsttext ist, ein Werk der avancierten Literatur.

26. 1. 2002

neu : Kleine grosse Welt: Nie mehr durstig! Basler Zeitung, , nr. 4, s. 2, Basler Magazin (462 wörter)
Einen eklatanten Mangel an Vokabeln bemerkte ein Hamburger Eistee-Produzent, der seinen Kunden ein völlig durstloses Leben nach Genuss seines Tees in Aussicht stellen wollte. Er suchte nach einem einzigen knackigen Wort dafür […]. Der Mann arbeitete sich ver­zweifelt durch die zwei­hundert­tausend Begriffe im deutschen Universal­wörterbuch — und fand doch nichts Passendes. […] Da ein solides Geschäft stets die beste Voraussetzung für öffentliche Einfluss­nahme ist, bat der Teespender die Ober­kämmerer des deutschen Sprach­schatzes, ihm das fehlende Wort für «nicht mehr durstig» zu besorgen. Noch ganz wund von den Kämpfen um die Rechtschreib­reform und mit einem Rest von demokratischem Verständnis rief also die Duden-Redaktion zum Wett­bewerb auf […].
: Ankunft mit leichter Verspätung. 555 Millionen Franken kostet die neue Stadtbahn im Norden von Zürich. Der Landbote, , 166. jg., nr. 21, s. 31, Kanton Zürich
Trotz neuer Rechtschreibung präsentierte Regierungsrat Ruedi Jeker die Glattalbahn gestern den Medien mit nur zwei «t» anstatt mit drei. Dies nicht etwa weil bei dem Millionen­projekt ein Buchstabe eingespart werden soll, sondern auf orthografische Weisung der Staatskanzlei hin. Diese hat als oberste Rechtschreibe-Instanz der kantonalen Verwaltung festgelegt, dass «Glattal» gemäss einer Duden-Regel als geografischer Eigenname gilt, dem auch in Zukunft kein drittes «t» bewilligt wird.

Und warum nicht Glatthal; hat man da mal eine reform verpasst? Dazu auch stellungnahme von 1999.

: Endlich neue Schulbücher. Dank Spendenaktion: Rechtschreibreform an der Bismarckschule auf dem Vormarsch. Meinerzhagener Zeitung,
"[…] Mit Landesmitteln kann die Umstellung bis 2008 dauern", erklärte gestern Ekkehard Haas. Aber die Bismarck­schule hatte Glück: Ein Vater las den MZ-Bericht und meldete sich beim Schulleiter: "Ich werde Geld für neue Bücher sammeln", versprach Marc Holthaus.

25. 1. 2002

: Vater sammelte 1925 E für neue Schulbücher. Westfälische Rundschau,
"Wie sollen wir sichere Rechtschreiber erziehen, wenn in den Büchern die falsche Schreibweise vermittelt wird", fragen sich die Lehrer.

Vielleicht lernen die schüler irgendwann, dass es auf der welt nicht nur «richtig» und «falsch» gibt, sondern auch «früher», «zukünftig», «anders» usw.

: Einfache Mehrheit. Orthografie und Demokratie. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton
Was dem einen ein Fehler ist, ist dem anderen die mündige Partizipation am demokratischen Entscheidungs­prozess. Der Duden, das ist das Alte. Das Neue hat soeben der Computerlinguist Christian Rohrer vorgestellt. Jeder von fehlbaren Menschen verfasste Text ist in Wirklichkeit ein Stimmzettel – eine demokratische Meinungsäußerung zugunsten der eigenen Idee von Rechtschreibung. 500000 Buchseiten mit Texten aus aktuellen Veröffentlichungen hat das Forschungsprojekt, das mit den Verlagen Langenscheidt und Brockhaus kooperiert, schon gesammelt. Über die richtige Orthografie von beispielsweise „E-mail“ oder „Email“, so das Ziel, soll künftig die einfache Mehrheit entscheiden.
: Nachrichten aus Helvetien. ,
[…] sei ihm kurz Bericht erstattet, wie bei uns zu Lande die Verhältnisse sind. […] Dazu kommt seit 1996 eine weitere Tätigkeit: Wir äugen und horchen scharf hinüber nach Mannheim, um keine der dauernden  orthografischen Änderungen zu verpassen.

Für den hausgebrauch der reformgegner. Es gibt sonst bei uns zu lande in der tat leute, die seit 1996 oder auch schon viel länger äugen und horchen.

24. 1. 2002

: Das Kombi-Paket: Politik und echte Lebenshilfe. Südwest Presse,
Neu-Ulms Genossen hatten einen Einfall: In ihren Veranstaltungen wird immer ein wenig Lebenshilfe geboten: Beispiels­weise weihte jüngst in Steinheim Kandidat Rudolf Erne aus Pfuhl die Gekommenen in die "Künste des professionellen Baumschneidens" ein. […] Vielleicht könnte das SPD-Modell auf die anderen Bewerber um die Rathaus-Mandate angewandt werden — hier ein paar Vorschläge: […] Bürgernahe Lebenshilfe wäre für die Freien Wähler nun überhaupt kein Problem. Frontmann und Realschulrektor Albert Obert könnte Nachhilfe in Sachen Rechtschreib­reform geben.
: Bücher: Wer beliefert die Schulen? Westdeutsche Zeitung, , Wuppertal Stadt
Zumal noch etliche Schulbücher im Tal von der Wieder­vereinigung schlicht nichts wissen, geschweige denn von der neuen Rechtschreibung und dem Euro.

23. 1. 2002

: Beckenbauer und Goethe. Deutsch für Dadaisten: "Herzliche Grüße" in der Kulturbrauerei. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 19, s. BS6, Berliner Seiten
Kurios wirkt auch der Anblick der Erstausgabe des Dudens von 1880, der daran erinnert, daß sich damals sogar die ehemaligen Todfeinde Bayern und Preußen auf eine einheitliche Rechtschreibung verständigen konnten.

22. 1. 2002

: "Wir sind schöner, dicker, wir sind klasse." Volkstümliche Musikanten sorgten in der Kampa-Halle für Stimmung; altbekannte Hits und neue Lieder mitgebracht. Mindener Tageblatt, , Minden
Jan Willem […] kam in Holzschuhen, mit Krückstock und Zigarre auf die Bühne geschlurft und berichtete von "Einem Tag bei uns zu Haus", aus seiner Jugend auf dem Bauerhof. […] So ist die neue deutsche Rechtschreibung bei Familie Willem kein Problem. Auf die Frage des Sohnes, ob man "Gewehr" mit oder ohne H schreibt, hat Jan Willem die Lösung gleich parat. "Schreib statt "Gewehr " doch "Flinte", mit V wie Pfingsten!"

20. 1. 2002

: Tierischer Spaß mit Dschungelbuch. Neue Ruhr Zeitung,
Das erste Kapitel im "Dschungelbuch" schlug Hildens jüngster Büttenredner Pierre Rosinski, alias "Pfiffikus", auf, der frech wie Oskar das harte Schülerleben aufs Korn nahm. "Was wir Kinder heut´ wissen ist enorm — ihr Erwachsenen schafft nicht mal ´ne Rechtschreib­reform", reimte das ausgemachte Früchtchen vorm begeisterten Publikum.
: 99 Zeilen Schwerk. Wenn das Abitur zur nächtlichen Heimsuchung wird. Der Tagesspiegel, , Berlin
Über nächtliche Heimsuchungen, also Alpträume ließe sich viel sagen (soll ich mich etwa auch hier dem Alb-Druck der neuen Rechtschreibung beugen?).

19. 1. 2002

: Fünf Mal elfzigstes Bestehen. Rheinische Post, , Wesel
So werden die Ollinötsches (diesmal nur zu dritt) nicht nur Lokales zum Besten geben[,] sondern auch über Allgemeines, wie den Euro oder die Rechtschreib­reform, parodieren.

18. 1. 2002

: Auf Sinnsuche. St. Galler Tagblatt, , nr. 14, s. 18, Kultur
Als die deutsche Rechtschreibung reformiert werden sollte, beklagten Kritiker den Tod eines Kulturguts. Schon möglich, dass Schüler heute nicht mehr wissen, ob man der oder das Jogurt oder Joghurt schreibt und wie man Helikopter richtig trennt. Solches erscheint allerdings als Schulmeisterei im Vergleich zu jenen Defiziten, die der internationale Vergleich von Leistungen 15-Jähriger Pisa festgestellt hat: Den Schweizer Schülerinnen und Schülern mangelt es ganz allgemein an Sprachkompetenz. Sie verstehen nicht, was sie lesen.
: Sprachberatung ist nicht Sprachlenkung. Die Deutsche Akademie und die Anglizismen. Neue Zürcher Zeitung, , 223. jg., nr. 14, s. 57, Feuilleton
Nun plädiert die Deutsche Akademie für eine öffentlich geförderte Arbeitsstelle, die gleich viererlei leisten soll: Terminologie­arbeit, Textredaktion, Sprachberatung und Sprach­aufklärung. Es würde von Klugheit zeugen, erwiesen sich die entsprechenden staatlichen Instanzen hier einmal als grosszügige Financiers. Auch wenn es, anders als bei der milliarden­schweren Rechtschreib­reform, für Vater Staat diesmal nichts zu lenken gäbe.
: Das bleibt unter uns. Schützt die deutsche Sprache. Der Bote für Nürnberg-Land,
Dass die deutsche Sprache eine schwere […] sei, ist wahrlich kein neues Thema. Auch dass die letzte Rechtschreib­reform sie obendrein noch orthografisch verhunze, hat man doch schon mal gehört. Aber den Leserbriefschreibern geht es nicht anders als den Redakteuren: Ist kein Stoff da, müssen brisante Dauerbrenner wieder aus der Versenkung geholt werden. […] Auch Herr S. aus F. hatte wohl überlegt, wie er unserem derzeit etwas dünnen Blatt zu einer Runderneuerung verhelfen könnte, und stieß dabei, wie könnte es auch anders sein, auf das hochaktuelle Thema „Misshandlung der deutschen Sprache“ — „selbst im Boten“. Ergo leitete er seine Mitteilung wie folgt ein: „unsere Deutsche Sprache wird zur Zeit furchtbar mißhandelt“. Man muss nun kein Linguist, noch nicht einmal ein Lehrer oder Redakteur sein, um sofort festzustellen, dass Herrn S., dem besorgten Verfechter des deutschen Sprachpurismus, die geltende Norm selbst nicht ganz geläufig ist. […] Dass man nach Inkrafttreten der Rechtschreib­reform „zur Zeit“ nun „zurzeit“ schreibt und „mißhandelt“ mit Doppel-s, weiß der schneidige Sprachhüter wahrscheinlich auch. Da er diese neuen Richtlinien aber ablehnt, wie er weiter unten angibt, ignoriert er sie natürlich.
»BSE« an der Uni. Denkschrift der Deutschen Akademie für Sprache. Main-Echo, , Kultur
Nach Erkenntnissen der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung führt dieses »bad simple English« (BSE) dazu, dass die deutsche Sprache sich gerade in innovations­trächtigen Sparten nicht weiterentwickeln kann. […] Der Präsident der Akademie, Christian Meier, […] lehnte aber gesetzliche Eingriffe zum Gegensteuern ab. In die deutsche Sprache sei noch nie gesetzlich eingegriffen worden, in die Schrift auch nur »während der Nazizeit und jetzt durch die Kultus­minister« im Zusammenhang mit der neuen Rechtschreibung.

15. 1. 2002

: CV Heiterkeit setzt Maßstäbe. Frankfurter Neue Presse, , Bad Homburg
Trotz Schulferien strömten zahlreiche Fans des Karnevals in die Kirdorfer Narhalla […]. […] und Wolfgang Zimmermann setzte sich mit dem Euro, der Rechtschreib­reform und der OB-Wahl auseinander.
Lübecker CDU lobt: Stoiber ist so kühl wie wir. Lübecker Nachrichten, , Lokales
Zweimal war er schon in Lübeck zu Gast. […] Weniger publikumswirksam war der Besuch im Oktober 1995, als Stoiber zur Ministerpräsidenten­konferenz angereist war. Während er mit Amtskollegen über die Rechtschreib­reform stritt, absolvierten die Ehepartner ein Besuchsprogramm.

14. 1. 2002

: "Kanditaten"-Frage. Frankenpost, , Kultur
Im Feuilleton der FAZ las ich kürzlich, leicht irritiert, das Wort "Kanditat". […] Es zeigt uns, zweitens, dass in Zeiten der neuen Rechtschreibung selbst ein Intelligenzblatt, das auf der alten beharrt (dies tut ja die FAZ), in Verwirrung gerät. […] So haben vielleicht doch die Reformgegner Recht (recht?): dass man wieder so schreiben sollte wie früher.

12. 1. 2002

: Madonna im Slip. Doris Knecht hat Ferien, liest und legt sich mit Frau Geiger vom Diogenes-Verlag an. Tages-Anzeiger, , nr. 2, s. 40
«Ich fragte Patrick, ob er Frauen kenne wie P. J. Harvey, Pipilotti Rist oder Maggie Cheung, aber seine krasse Unwissenheit zeigte, dass er nicht zu retten war.» Dieser Satz ist aus zwei Gründen bemerkenswert, erstens, weil der Diogenes-Verlag sich, und ich finde das erbärmlich, noch immer gegen die neue Rechtschreibung stemmt: Dass! (Und das von einem Schweizer Verlag! Und nein, nur weil es die «FAZ» auch tut, wird es nicht ehrenhafter.)

2. 2. 2002.

: Wo die D-Mark überlebt. Die Welt der Lehrbücher. Badische Zeitung, , Freiburg
Ob Geschichte, neue Rechtschreibung oder Euro — fürs jeweils aktuellste Lehrwerk fehlt es einfach am Geld. […] Dass Eltern eher wegen abgenutzter Bücher klagen, und nicht wegen der Mark und alter Rechtschreibung, beobachtet Wolfgang Kolb, Chef an der Staudinger-Gesamtschule. Auch Verena Peters, zuständig für die Lehrbuch­sammlung am Goethe-Gymnasium, sieht hier das größere Problem: „Alte Rechtschreibung, Mark und Euro erleben die Kinder auch in ihrem Alltag.“
: die stimme der korrektur. die tageszeitung, , nr. 6648, s. 11, Meinung und Diskussion, Glosse
Was spricht dagegen, "hundert Euros" wie "hundert Pesos" zu sagen? […] Darf die EU-Bürokratie in Brüssel das regeln, wenn Konservative sogar schon einen bayerischen Kultusminister attackieren, weil er die Rechtschreib­reform durchgesetzt und sich angemaßt hat, ins Deutsche einzugreifen? […] Letzte Woche wurde angeblich der Groschen abgeschafft, dabei ist er das schon seit hundertdreißig Jahren. Vermutlich ergeht es ihm wie dem "ß", von dem auch viele glauben, es sei abgeschafft.
: Centerum Censeo. Peter Eisenberg über Sprachprobleme mit der neuen Währung. Der Tagesspiegel, , Kultur
Die ortho­graphische Ein­deutschung als Zent kommt nicht infrage, weil im Geschriebenen Inter­nationali­tät gefordert ist und das "z" in keiner europäischen Ortho­graphie so belegt ist wie in der deutschen.

«Internationalität» ist weder gefordert (geschriebenes ist primär für die eigene sprache da) noch praxis (centesimo, céntimo, cêntimo, sentti, lepton). Es gibt sie ja auch nicht in der gesprochenen sprache; wir könnten sent oder tschent oder sogar pfennig sagen und auch schreiben. Was das (unerhebliche) argument mit dem z und «keiner europäischen Ortho­graphie» betrifft: hier irrt der professor (ebenfalls).

8. 1. 2002

Internet — der moderne Flohmarkt. Vorarlberg Online, ,
...hier gibt es wirklich Alles! […] „madsin.de“, der nicht nur das 52 cm große „Pullauge“ eines Großkampf-Schiffes feil bietet, sondern gleich die nächste Rechtschreib­reform vorweg nimmt.

7. 1. 2002

: Schlager und Weltrevolution. Der Autor Ronald M. Schernikau wird wiederentdeckt. Süddeutsche Zeitung, , Berlin
Schernikau liebte nicht nur die Welt­revolution, sondern auch Männer, den deutschen Schlager, große Gesten und die durchgehende Klein­schreibung.

5. 1. 2002

: Existenzialismus für Anfänger. «Morgen und Abend»: Jon Fosse spendet etwas gar viel Trost. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 3, s. 59, Feuilleton
[…] und das grösste Geheimnis des Textes wird man am Ende in der Kommasetzung erblicken müssen. Ob dies nun auf das Konto der neuen Rechtschreibung geht oder auf jenes künstlerischer Freiheit […]
: Alzeyer Allerlei ... Von „Käulen“ und „Rössern“. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner,
Wir hatten jüngst in dieser Spalte von einer „Gänsekäule“ berichtet. Die ist zwar schon einige Zeit verdaut, dennoch liegt sie mir etwas schwer im Magen, weil mich Freunde am nächsten Tag auf diese „Käule“ ansprachen und sich in diesem Zusammen­hang über die neue Rechtschreibung ausließen, die ja nun wirklich alles was logisch sei auf den Kopf stelle. Die waren nämlich davon überzeugt, dass die Keule jetzt mit „äu“ geschrieben werde, so wie sie in der Zeitung gelesen hatten. Nein, wir gehen auch dafür in Sack und Asche und geloben Besserung.
: Die Scheinmaschine. Burkhard Spinnen erinnert sich an seine erste Begegnung mit einem mythischen Gerät. Und an sein chronisch überzogenes Konto. Die Welt, , Literarische Welt, Essay
Und während ich die vier Scheine, die tatsächlich schon ein bisschen ungültig aussehen, in das Portmonee oder Portmonnä stopfe, an dessen Schreibweise ich mich wahrscheinlich auch bis zur nächsten Währungs­umstellung nicht gewöhnt haben werde, während­dessen also überlege ich, wann denn eigentlich der Geldautomat in mein Leben getreten ist.

4. 1. 2002

: Pisa sei Dank! Jetzt endlich interessiert man sich für das Versagen der Schule, die der Gesellschaft schon lange nicht mehr viel wert ist. Süddeutsche Zeitung, , Politik
Wenn aber das Fach Deutsch neue Bücher anschafft (Rechtschreib­reform!), so muss das Fach Mathematik eben noch im Jahre 2002 mit Mark statt mit Euro rechnen.

2. 1. 2002

: Unspektakulärer Start in die Euro-Zeit. Idsteiner Zeitung (Wiesbadener Tagblatt),
"Ich habe mich an die neue Rechtschreibung von 'Portmonee' gewöhnt, da werde ich mich doch wohl auch auf das neue Geld einstellen können", antwortete ein Idsteiner, nachdem er gerade 250 Euro aus dem Naspa-Automaten gezogen hatte.

2002

neu : In memoriam Wolfgang Ullrich Wurzel (1940-2001). (Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft, jahresbericht 2001), (603 wörter)
Wurzel wurde 1940 geboren und wuchs in Schleiz auf, dem Ort, an dem Konrad Duden den so­genannten ‚Schleizer Duden’ verfaßte, das Buch, das er der Rechtschreib­kommission dann zum Beschluß vorlegte. Konrad Duden war hier Schul­direktor, an der Schule (dem Dr. Konrad Duden Gymnasium), die Wolf­gang Ullrich Wurzel dann Jahr­zehnte später besuchte. Der gemeinsame Ort ver­anlaßte Wurzel auch dazu, eine Biographie über Konrad Duden zu ver­fassen.