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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 7.–8. 2002
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Aus presse und internet

31. 8. 2002

Provinziell ist nur der Bundeskulturminister, Europa hingegen ist föderal. Dem Föderalismus gehört in Europa die Zukunft. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 202, s. 36, Feuilleton
Es darf grotesk anmuten, daß ausgerechnet die unselige Rechtschreib­reform den bundes­deutschen Kulturstaat in erstaunliche Debattier­freude verstrickte — bis hin zum Bundesverfassungs­gericht. Diese Diskussion hätten die Kultus­bürokratien schon angesichts des klassischen "Caesar non supra grammaticos" nicht eröffnen sollen.
: Wenn's mit dem Lesen nicht klappt. Saarbrücker Firmengruppe LOS hilft seit 20 Jahren. Saarbrücker Zeitung, , Wirtschaft
Mit dem Lehrinstitut für Orthografie und Schreibtechnik (LOS) in Saarbrücken gibt es seit inzwischen 20 Jahren eine unter­nehmerische Alternative zum staatlichen Schuldienst. […] Mit Hilfe dieses ganzheitlichen Konzeptes ist es LOS mit einer ständigen Weiter­entwicklung (Bohr: "Die Rechtschreib­reform hat uns viel Arbeit gemacht!") gelungen, bislang über 15000 Kindern Lese- und Rechtschreib­kenntnisse zu vermitteln und damit nicht nur die Deutsch-Noten zu verbessern.
: Die drei Leben des Josef Dörr. Ein Tag im Leben des Bundestagskandidaten der Grünen im Wahlkreis 299; "SZ"-Serie, Teil vier. Saarbrücker Zeitung, , Neunkirchen
Im Fach "Interlinguistik" forscht Josef Dörr an der Erstellung eines inter­nationalen Grund­wortschatzes, einer Vereinfachung der internationalen Rechtschreibung und der Schaffung neuer Schriften.

29. 8. 2002

: stimme der korrektur: radikale gemeinschreibung. die tageszeitung, , nr. 6839, s. 12, Kommentar
die feder hieß einst die journalisten­zeitschrift der industrie­gewerkschaft druck und papier. sie übte sich, gestreift vom antiautoritären "68", in gemäßigter kleinschreibung und gab so den kleinbuchstaben, in der drucker­sprache auch minuskeln oder gemeine genannt, ein angemesseneres gewicht. die neugestalter der rechtschreibung verweigerten sich natürlich der durchsetzung solch demokratischer verschriftung, aus der renaissance als "humanistischer stil" bekannt. zudem zwingen uns die albernheiten neu­marktwirtschaft­licher schreibungen auch noch zur gehäuften verwendung von Groß­buchstaben, den Majuskeln.

27. 8. 2002

: Pappende Poppel an der Tapete. Fernseh-Aufzeichnung am Hofer Theresienstein. Frankenpost, , Kultur
Mäc Härder, der Bamberger, erklärt, wer oder was an „Pisa“ schuld ist: die Rechtschreib­reform. Seine praktischen Vorschläge laufen auf Einsparung der Vokale hinaus: „Mn Mm nmmt rlkr, mn Pp st tut“ (wir entschlüsseln: Meine Mama nimmt Eierlikör, mein Papa ist tot).

25. 8. 2002

Das Erbe von Sax, Benz und Boycott. Neue Zürcher Zeitung, , s. 91, Spiel
Wäre es nach den Hardlinern gegangen, so hätte uns die im Juli 1996 eingeleitete Rechtschreib­reform der deutschen Sprache einige Merkwürdig­keiten beschert. So sollte etwa aus dem «Rhythmus» ein «Ritmus» werden. Dabei gibt es schon längst zumindest einen «Rithmus» — nämlich den «Algorithmus».

21. 8. 2002

: Ein Ort kämpft um seinen Namen. Kurier-"Report vor Ort" in Sophienthal: Markgräfin Wilhelmines Tochter stand Pate. Nordbayerischer Kurier,
267 Jahre alt ist der Ortsname Sophienthal. […] Immerhin hat er die vorletzte große Rechtschreib­reform schadlos überstanden. Nicht die von 1999, sondern eine ähnlich eingreifende Rechtschreib­reform vor rund 100 Jahren. Damals war unter anderem vielen Worten mit "T" (wie "That" oder "Thal") das "h" hinterm "T" amputiert worden. Aber Sophienthal schreibt sich bekanntlich heute noch mit einem "h" . . .
: Die „Sozilisten“ und der „Bissmarck“. Nürnberger Nachrichten, , Lokales
Auf Hinweisschildern zur Stadtmitte in Nürnberg liest man stets „Centrum“, moniert Leser Werner Petri aus Erlangen. Neue deutsche Rechtschreibung? Internationaler Anstrich? Geht daneben, meint unser Leser, denn Englisch heißt's „centre“, im Amerikanischen „center“. Wie wär's mit Stadtmitte?

20. 8. 2002

: Sprachpflege ohne Korsett. Zum Tod des geschätzten Wiesbadener Wissenschaftlers Dr. Uwe Förster. Wiesbadener Tagblatt, Main-Rheiner, , Regio-Nachrichten
Vergeblich sucht man in seinem jüngsten Buch einen Beitrag über die Rechtschreib­reform, weil ihn andere Themen mehr interessierten […].

19. 8. 2002

: "Die Schmerzgrenze ist jetzt erreicht." Schulanfang bedeutet für viele Familien eine finanzielle Belastung; teure Grundausstattung. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner, , Regio-Nachrichten
In der IGS werde zum Beispiel durchaus darauf geachtet, dass Schulbücher nicht zu schnell aus dem Programm fliegen, betont Schulleiterin Christel Liefke. […] Aber auf Liefke hat die Klagen der Eltern vernommen. „Die sind in dem Jahr besonders laut, weil alle Schulbücher wegen der Euro-Umstellung und der neuen Rechtschreibung neu aufgelegt wurden“, glaubt die IGS-Leiterin.

18. 8. 2002

: Wissen, was uns Worte sagen. Die Zürcher Linguistin untersucht Todes-und Geburtsanzeigen, aber auch die Worte der Genforscher. Neue Zürcher Zeitung, , s. 61, Wissen
Todesanzeigen liest Angelika Linke besonders aufmerksam. […] In der Sprachkultur des Bürgertums wird Korrektheit und Reglementierung zentral. Der «Duden» ist ein Produkt des 19. Jahrhunderts. Im oft emotionalen Widerstand gegen die Rechtschreib­reform hundert Jahre später sieht Linke ein Zeichen dafür, dass sich das gegenwärtige Bildungsbürgertum noch immer über die Sprache identifiziert.
: Das Heft mit vielen Leben. Prinz Charles’ Liebe und Platzecks Kindheit: „Biografie“, das neue Heft des „Stern“, erzählt die Geschichten bekannter Persönlichkeiten. Der Tagesspiegel, , Medien
„Biografie“ lag schon mehrfach am Kiosk. Mal hieß es „Biographie“, mit „ph“ geschrieben, das war vor der Rechtschreib­reform; mal hieß es „Famous“, ganz trendy und international, dann wieder hieß es „Biografie“, mit „f“ geschrieben […].

17. 8. 2002

: Schulbücher haben auch in Ferien Saison. Kunden und "Gelegenheitsleseratten" geben sich die Klinke in die Hand. Allgemeiner Anzeiger, Westfälischer Anzeiger,
Vom Sommerloch haben Silke Hohage und Ursula Boß von der Buchhandlung Kö-Shop an der Mittelstraße bisher nichts zu spüren bekommen. […] Bei der Ware handelte es sich sowohl um Schulbücher, die für das neue Schuljahr selbst angeschafft werden müssen[,] als auch um solche, die von den jeweiligen Schulen gestellt werden. […] Aufgrund der Rechtschreib­reform und der Euroumstellung befindet sich die schulische Fachliteratur auf dem neuesten Stand.
: Ernsthafte Politik mit Spaßfaktor. FDP-Kanzlerkandidat Guido Westerwelle im MT-Gespräch; Absage an Ampelkoalition. Mindener Tageblatt, , Minden
In Sachen Bildung will Westerwelle die Kultusministerkonferenz der Länder abschaffen. "Ein Gremium, dass in den zehn Jahren zur Vorbereitung der Rechtschreib­reform hunderte von Beamten mit der Frage beschäftigt, ob man 'Schifffahrt' mit zwei oder drei 'F' schreibt, während unser Bildungssystem international immer weiter ins Hintertreffen gerät, ist überflüssig", ärgert sich Westerwelle.

Und dann noch das mit dem dass!

: "Ich bin kein Nostalgiker." taz Berlin, , nr. 6829, s. 28, Lokales
Der frühere Szene-Karikaturist Seyfried hat ein Wahlplakat für den Grünen Christian Ströbele gezeichnet. […] Der Roman ist fertig. […] Es ist die Geschichte von zwei Deutschen […], die im alten Deutsch-Südwest-Afrika, dem heutigen Namibia, in den Herero-Aufstand geraten. Spielt im Jahr 1904. […] Ziemlich wichtig ist auch: Der Roman ist nach der Rechtschreib­reform von 1903 geschrieben. — Wie schreibt man danach? — Eigentlich so wie vor unserer jetzigen. Die Reform damals hat diese Ths beseitigt und Schluss gemacht mit dem Französischen. Im deutschen Militär gab es damals noch den Premier Lieutenant, der wurde dann zum Oberleutnant.

2002-08-15

neu : Schreibgut: Meine Lieblingsreform. Berliner Zeitung, , Feuilleton (651 wörter)
Es ist ja ein zu geschichtsphilosophischen Exkursen einladender Umstand, dass diese Reform in den 70er-Jahren, also vor sehr, sehr langer Zeit, von Leuten angekurbelt wurde, die von mehr Gleichheit unter den Menschen träumten und deshalb die Rechtschreibung einfacher machen wollten. Wenn alle Buchstaben gleich sind, nämlich gleich klein, so haben sich diese Leute damals gedacht (man nannte sie „Linke“), dann werden mit der Zeit auch die Menschen gleich werden. Natürlich waren die Buchstaben nicht das Einzige, was gleich gemacht werden sollte, aber doch ein wichtiger Bestandteil der Bildungspolitik.

Wie so oft werden geschichte und eigene biografie verwechselt. (Chronik.)

13. 8. 2002

: Gipfelsturm im Namen des Proletariats. „Der Aufstieg der Linken“ – eine Ausstellung im Alpinen Museum erinnert an die Bergsteiger der Münchner Arbeiterbewegung. Süddeutsche Zeitung, , München
Nach dem Unternehmen erklärten die Teilnehmer in der Zeitschrift sport und bergwacht, die sich neben der Revolution auch der Kleinschreibung verschrieben hatte: „die expedition konnte sich während des aufenthalts in der ussr überzeugen: 1. daß die macht in der ussr in den händen der arbeiterklasse ist, […].“
: Was klein Max von Guido lernen kann. Eine Etappe in Westerwelles knallgelbem Wohnmobil. Weser-Kurier, (), Politik
Riesenbeifall. Den erntet Westerwelle auch, als er die Bildungspolitik aufs Korn nimmt. Zehn Jahre habe die Kultusministerkonferenz über die Rechtschreib­reform gestritten („Mir ist das doch völlig egal, ob man Schifffahrt mit zwei F oder drei F schreibt.“), aber nicht die Unterrichtsausfälle an den Schulen beheben können. „Die gehören entmachtet“, ruft Westerwelle ins Mikrofon.

12. 8. 2002

: Geistlicher Rat gegen "Zeichen des Himmels". Von Blitzableitern in der Kurpfalz und in Heidelberg — Johann Jakob Hemmers Forschungen überzeugten den Kurfürsten Carl Theodor. Rhein-Neckar-Zeitung, , Heidelberg
Seine Erfahrungen im Blitzschutz veröffentlichte er 1785 in einem Buch, das uns orthographisch seltsam anmutet. Der Geistliche Rat betätigte sich auch als Sprachforscher und Rechtschreib­reformer und führte schon damals die Kleinschreibung ein. Er war damit den heutigen Reformen weit vorausgeeilt.

11. 8. 2002

: Lernen wie es im Buche steht. Das Berliner Traditionsunternehmen Cornelsen ist Deutschlands zweitgrößter Schulbuchverlag. Welt am Sonntag, , Berlin Wirtschaft
"Früher wurden Schulbücher drei Jahre ausgeliehen, heute sind es bis zu zehn Jahre", klagt von Bernuth. "Dadurch veralten sie völlig. In manchen Büchern hat die Wiedervereinigung noch nicht stattgefunden; die Rechtschreib­reform und der Euro fehlen ebenso."

10. 8. 2002

: Die Reform ist nicht konsequent genug. Berliner Zeitung, , Leserbriefe
Lassen Sie sich nicht auf eine einfältige Animosität gegen die neue Rechtschreibung ein. Deren Fehler ist, dass sie nicht konsequent genug war […]. Konsequente Kleinschreibung wäre die richtige Reform gewesen.

9. 8. 2002

: Ich lese, also bin ich. Sächsische Zeitung, , Kultur
Die Politik weigert sich rigoros und nachhaltig anzuerkennen, dass Reformen oder Änderungen im Bildungswesen „kapitalisiert“, das heißt anständig finanziert werden müssen. […] Wenn ich sonderpädagogische Förderung für notwendig erachte, dann muss ich die entsprechenden Budgets bereit stellen. Will ich eine Rechtschreib­reform, muss ich nicht nur Geld für Kommissionen bereit stellen, sondern auch ihre Umsetzung sichern.

8. 8. 2002

: Alte Rechtschreibung im Deutschbuch. Siebente Klassen müssen mit Lehrbuch von 1995 arbeiten. Mitteldeutsche Zeitung,
Doch jetzt macht sich Vater Mosel Sorgen um die Bildung seines Schützlings. Schließlich wird in seiner Klasse noch mit einem Deutschbuch aus dem Jahre 1995 gelehrt. Für Mosel ist das ein Unding. Denn bereits seit dem 1. August 1998 gelte die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, aber die Schulbücher seien noch in der alten Form geschrieben, kritisiert er. "Da muss man sich nicht wundern, wenn deutsche Schüler bei der Pisa-Studie schlecht abschneiden."

Vielleicht liegt hier das problem, das die deutschen mit pisa und rechtschreibreform haben: bei der frage, was man unter bildung versteht.

6. 8. 2002

: Poppig-bunt und abstrakt. Neue Ruhr/Rhein Zeitung NRZ, , Mülheim
Bis mindestens Ende August zeigt die Stadtbücherei Gemälde der Mülheimer Malerin Helga Steinwender. […] Helga Steinwender zwischen ihren "Feuermenschen" und dem "Popo": "Wie man das nach der Rechtschreib­reform schreibt, habe ich extra im Duden nachgeschlagen", gesteht die Bibliotheks­angestellte.

5. 8. 2002

: Die Freiheit nehm ich mir. Auch vier Jahre nach dem Start ist die Rechtschreib­reform höchst umstritten – die meisten Deutschen lehnen sie ab. Focus, , nr. 32, s. 72f, Kultur
Es geht durcheinander im deutschen Schriftverkehr, auch vier Jahre nach der Umstellung. „Die orthographische Einheit ist zerstört“, wettert der Erlanger Sprach­wissenschaftler Theodor Ickler, einer der profiliertesten Reform-Gegner. […] Schlechte Noten also für die Mannheimer Expertenkommission, die das Regelwerk entwickelt hat. Ihr Vorsitzender, der Siegener Sprach­wissenschaftler Gerhard Augst, setzt auf den Gewöhnungseffekt: „Jede Reform braucht Zeit, um akzeptiert zu werden.“

3. 8. 2002

: Armer Leibniz. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner,
Als ich kürzlich meinen Pkw in der Kurfürstenstraße parkte, zog ich mir […] einen Parkschein in der Leibnizstraße. Mit großer Verwunderung stellte ich fest, was auf dem Parkschein abgedruckt war „Leibnitzstraße“. […] Jeder Erstklässler weiß, dass Leibniz ohne „t“ geschrieben wird, allein schon wegen der Kekse, oder greift hier etwa die neue Rechtschreibe­reform?
: Die üblichen Schreibweisen sind nicht „alt“. „Warum nicht Flopp?“ von Jörg Metes (1. August). Berliner Zeitung, , Leserbriefe
Der Artikel von Jörg Metes findet meine volle Zustimmung. Aber es schreiben bei weitem nicht alle „Tipp“. Ich bin Deutsch­lehrer und erkläre den Schülern, daß meine „Tips“ zur Lösung von Aufgaben wohlgemeinte Ratschläge sind und deshalb nichts mit dem zufälligen oder beliebigen „Tippen“ auf einem Lottoschein zu tun haben.

Wohlgemeint oder wohl gemeint, jedenfalls falsch.

2. 8. 2002

: „Ein Budget reicht nie“. Schulleiter Ulrich Mittelstädt zur finanziellen Situation der Gesamtschule Aurich-West. Ostfriesen-Zeitung, , Ostfriesland
Was ist mit der neuen Rechtschreibung? Mittelstädt: Das Problem hat sich erledigt. Die Schulbuch­verlage haben Mitte der 90er Jahre auf neue Rechtschreibung umgestellt. Unsere Bücher werden im Schnitt vier Jahre lang ausgegeben. Die Bücher mit alter Rechtschreibung sind weitgehend aus dem Verkehr gezogen.

1. 8. 2002

: Warum nicht Flopp? Es schreiben doch alle ‚Tipp’. Vor vier Jahren wurde die neue Rechtschreibung eingeführt. Berliner Zeitung, , Feuilleton
An sich ist die neue deutsche Rechtschreibung etwas, das die Werbung gar nicht betrifft. Die Werbung spricht nicht deutsch, sondern englisch. […] Sie spricht es und schreibt es und kennt natürlich auch den Unter­schied zwischen Englisch und Deutsch — auf diesen Unterschied kommt es ihr ja gerade an. Einerseits. Aber andererseits, da schreibt sie mitten in ihrem besten Englisch plötzlich: Tipp. […] Fashion-Tipp (Otto-Versand) und Last Minute Tipp (Die Bahn). […] Zum einen beobachten wir diesen Zwang, sich auf englisch zu äußern. […] Doch zum anderen unterliegen sie dem offenbar noch größeren Zwang, Tipp zu schreiben, und zwar selbst da, wo sie es eigentlich englisch meinen.

30. 7. 2002

: Hansgeorg Stengel: 80 Jahre und um kein Wort verlegen. B.Z. Berlin, ()
Die Verfassung ist gut. Wenngleich die Rechtschreib­reform immer noch sein liebster Feind ist. Schließlich will sie seinem Namen ein "ä" verpassen, das passt ihm gar nicht.
: Sprachkünstler auf dem Treppchen. Satiriker des Ostens: Hansgeorg Stengel wird 80. Berliner Morgenpost, , 104. jg., nr. 205, s. 11, Kultur
Seinen Namen hat Stengel variiert, so weit es geht. Er spricht von Stengels­zungen, Stengeleien und Stenglisch. Kein Wunder, dass er sich nicht so recht mit der neuen Recht­schreibung anfreunden möchte. Denn sie machte aus Stengel den Stängel, wegen des Ursprungs Stange.
: Wahre Jugend mit achtzig. Dem Satiriker Hansgeorg Stengel zu seinem heutigen Geburtstag. Berliner Zeitung, , Feuilleton
"Stenglish for you", "Die feine stenglische Art", "Stenglish Waltz", "Der rettende Stengel" — so lauten Titel seiner Bücher, und ich werde den Verdacht nicht los, dass hinter der tolldreisten Rechtschreib­reform, die dem Känguruh das H und dem Grizzly­bären sein Ypsilon und das schmucke Doppel-Z raubte, ein­gefleischte Stengel-Hasser stehen, die den guten Marken­namen unseres Dichters zu der Miss­bildung Stängel entstellten.
: Begnadeter Pädagoge und guter Mensch. Oberstudiendirektor Dr. Hansjörg Müller-Velten und zwei Kollegen in Ruhestand verabschiedet. Fränkischer Tag, (), Kronach
Ingrid Wenig, Fachbetreuerin Deutsch am KZG und der Rechtschreib­reform nicht sonderlich zugeneigt, habe er sogar zu seiner Stell­vertreterin berufen wollen, sie habe jedoch abgelehnt.
: Der Gebrauchsdichter. Hansgeorg Stengel wird heute 80, die meisten schätzen ihn jünger. Märkische Allgemeine,
Stichwort neue Rechtschreibung: Nein, es ist nicht so, dass Stengel deswegen auf die Barrikaden steigt, aber Stengel mit ä — das trifft ihn schon.
: Überwiegend heiter. Im Osten ist er bekannt wie ein bunter Hund. Heute feiert der Kabarettist und Autor Hansgeorg Stengel seinen 80. Geburtstag. Ostsee-Zeitung, , Kultur
Stengel hat alles im Blick: Langschläfer und Kellner, Hunde und Wellen­sittiche, Liebesnöte und Nachwuchs­probleme, Urlauber, die Muster­brigade, die Rechtschreib­reform und die NPD.
: Vorläufiges Lebensziel erreicht. Ostthüringer Zeitung, ()
Der Satiriker Hansgeorg Stengel wird heute 80 Jahre alt. […] "Die Komik muss zu ihrem Recht kommen". Ob es nun um die Rechtschreib­reform, die NPD, Wellen­sittiche oder Nachwuchs­probleme geht.
: Hockey: Schiedsrichter (4): Ein reicher Erfahrungsschatz aus über drei Jahrzehnten. Elfie Farke gehört zu den absoluten Regel-Experten in ihrer Sportart — Jetzt bewertet sie die Unparteiischen. Die Rheinpfalz, , Sport
Trotz aller Vereinfachung blieben die Hockey­regeln kompliziert, und die Lehrerin Elfie Farke, sie ist Rektorin der Grundschule Bännjerrück, vergleicht sie mit der deutschen Rechtschreibung, die ja auch "sehr kompliziert" sei.
: Der penible Wörtlichnehmer wird 80. Der Tagesspiegel, , Berlin
Staengel muss er nicht heißen, obwohl seine 1997 geäußerte „berechtigte Hoffnung, dass die unsägliche Rechtschreibe­reform noch gekippt wird“ fehlschlug. Einen „Daenkfehler“ nannte sie Hansgeorg Stengel.
: Volksdichter mit Humor und Biss. Thüringische Landeszeitung, (), Kultur
In Verse gesetzt sind die denk- und undenkbarsten Ereignisse. Stengel hat alles im Blick: Langschläfer und Kellner, Hunde und Wellensittiche, Liebesnöte und Nachwuchsprobleme, Urlauber, den Sommer im Strandbad und die Musterbrigade, die Rechtschreib­reform und die NPD.

29. 7. 2002

: Balsam auf die ostdeutsche Seele. Bundeskanzler-Kandidat Guido Westerwelle gestern bei Polit-Frühschoppen der FDP in Hoyerswerda. Sächsische Zeitung, , Hoyerswerda
Bildung und Wissenschaft gehören für Westerwelle auf die oberste Tagesordnung. Wenn die Kultus­minister­konferenz nichts Besseres wüsste, als jahrelang über die Rechtschreib­reform zu debattieren, dann müsse man diese eben abschaffen.

28. 7. 2002

: "Ich bin besser" — Westerwelle war in Gerstungen. Thüringer Allgemeine,
Die Pedanterie der deutschen Bildungsminister bei der Rechtschreib­reform sollte besser zur Vermeidung von Unterrichts­ausfall verwandt werden.

24. 7. 2002

Gedenken an Ruth Steiner und die Wannenmacher. Schwäbische Zeitung, , Laupheim
Die Stadträte einigten sich auf der Gemeinderats­sitzung auf zwei neue Straßennamen: Ruth-Steiner-Weg und Wannenmacher­gäßle. […] Diskutiert wurde im Rat die Rechtschreibung des Wortes "Gäßle". Die Räten entschieden sich dann für die alte Rechtschreibung mit "ß" — schließlich werde durch den Straßennamen auf die Historie der Stadt hingewiesen.

Und Ruth-Steiner-weg? Das wäre auch historisch.

23. 7. 2002

: "Ceranfeld" hats geschafft. Lexikon Verlag baut digitale Datenbank mit 500 Millionen Wörtern auf. Neue Westfälische Zeitung, , Lokalartikel
Zwar macht der Lexikon Verlag, seit kurzem ein Imprint der Bertelsmann-Tochter Wissen Media Verlag GmbH (München/Gütersloh), schon seit 1953 Wörterbücher. Gegen den "Duden" und seine ehedem quasi amtlich zugesicherte Kompetenz in Zweifelsfällen konnten diese Titel jedoch kaum bestehen. Erst mit der Rechtschreib­reform und der Aufhebung des "Duden"-Monopols bot sich den Güterslohern eine neue Marktchance. Mit "Bertelsmann Die deutsche Rechtschreibung" haben sie sie genutzt.
: Verloren im Sumpf der Widersprüche. Oberbayerisches Volksblatt,
«Alles Quatsch.» Wenn Dr. Michael Schmidt, Deutsch­lehrer am Priener Ludwig-Thoma-Gymnasium, über die Rechtschreib­reform nachdenkt, und das tut er von Berufswegen sehr oft, steigt in ihm Wut hoch. […] «Die ganze Sache ist ausschließlich auf dem Mist der Schulbuch­verlage gewachsen. Die Lachen sich seit der Reform 1996 einen Ast.» […] Eine, die mit ihrer Kritik an der Rechtschreib­reform nicht hinterm Berg hält, ist Susanne Sieben, Lehrerin an der Franz-von-Sales-Heimvolks­schule in Marquartstein […] «Wie soll man beispielsweise zwischen einer frisch gebackenen Semmel und einem frisch gebackenen Führerschein­besitzer unterscheiden, wenn ,frisch gebacken’ nach neuer Regel jeweils auseinander geschrieben wird?»

Ja, wie soll man zwischen einer semmel und einem führerscheinbesitzer unterscheiden? Die reformer bleiben die antwort schuldig; die Lachen sich einen ast.

22. 7. 2002

: Regeln ohne Verstand (I). Das Bläuen der Wäsche mit dem Bleuel, SZ vom 5. Juli. Süddeutsche Zeitung, , s. 9, Leserbriefe
Pikant ist dabei, dass es sich ausgerechnet unter der Federführung führender Sprach­wissenschaftler wieder einmal zu bestätigen scheint, dass Sprache und noch weniger ihre Schriftform etwas mit Logik zu tun haben. Und so kann es nur besonders schlimm werden, wenn deutsche Schreibregeln ohne Verstand oder in Unkenntnis auf Fremdwörter angewandt werden
: Regeln ohne Verstand (II). Das Bläuen der Wäsche mit dem Bleuel, SZ vom 5. Juli. Süddeutsche Zeitung, , s. 9, Leserbriefe
Wenn Texte nicht mehr Korrektur gelesen werden, sind Rechtschreib­regeln (ob alt oder neu) ziemlich überflüssig.
: Die Vorleser vergessen (I). Rechtschreibung: Das Bläuen der Wäsche mit dem Bleuel, SZ vom 5. Juli. Süddeutsche Zeitung, , s. 9, Leserbriefe
Ein Gesichtspunkt ist bisher bei diesem und auch in anderen Artikeln aber unbeachtet geblieben: Die Schreibweise hat einen wesentlichen Einfluss auf Vortrag und Sinn beim lauten Vorlesen vom Blatt. „Zusammen­geschriebenes“ und „getrennt Geschriebenes“ betont man anders und ändert so die Sprachmelodie. Angesichts mancher Trennungen habe ich den Eindruck, dass die Reformer in ihrem Elfenbein­turm nie laut vorgelesen haben.
: Die Vorleser vergessen (II). Rechtschreibung: Das Bläuen der Wäsche mit dem Bleuel, SZ vom 5. Juli. Süddeutsche Zeitung, , s. 9, Leserbriefe
Widersprüchliches ist den Rechtschreib­regeln eigen, seit Konrad Duden vor mehr als einhundert Jahren sein erstes Wörterbuch vorgelegt hat. […] Sprachen sind lebendige Gebilde und lassen sich nicht in ein Prokrustes­bett spannen. […] Theodor Ickler wird es, so bleibt zu hoffen, noch verstehen.

21. 7. 2002

Auf der Suche nach dem verlorenen "h"? Kleine Zeitung, , Vermischtes
Irgendwas muss Walter gefehlt haben. Vielleicht war es nur das "h", das er wie alle Kängurus im Zuge der Rechtschreib­reform eingebüßt hat. Vielleicht hatte das sprunghafte Tier schlicht nicht genug Abwechslung beim Schweizer Circus Nock. Jedenfalls nutzte Walter am Mittwoch in Graubünden eine Chance während der Aufbau­arbeiten in Savognin — und suchte das Weite. Oder das "h".

20. 7. 2002

: Das "p" oder "b" in der Probstei. Passauer Neue Presse, , Lokalteil Regen, Lesermeinung
Seit der so genannten Rechtschreib­reform wissen wir alle dass der Duden nicht immer das letzte Wort hat. So findet man in Rinchnach das Straßen­schild mit der Aufschrift "Probstei­gasse". Vielleicht haben wir diese Gasse schon so bezeichnet, bevor es überhaupt einen Duden gab?

17. 7. 2002

: Vergnügen am Verderben. Eine Wiener Ausstellung zeigt "Das flämische Stillleben 1550-1680". Berliner Zeitung, , Feuilleton
Mitunter ist die Rechtschreib­reform doch segensreich: Seitdem das Stillleben den dreifachen Konsonanten in der Mitte zu tragen hat, kann es nicht länger als Stil-Leben mit einer Design-Leistungs­schau des 17. Jahrhunderts assoziiert werden […]. […] das Adjektiv "still" steht für den unbewegt daliegenden Gegenstand […].

11. 7. 2002

: Spannende Blicke über die Ränder der Schulbank. Aachener Zeitung, , Lokales aus Aachen
Mit Hilfe des Archivs der AZ rekonstruierten die Schüler die wichtigsten Ereignisse in der Welt während ihrer sechsjährigen Schulzeit. […] So erinnerten die Schüler an die 1996 eingeführte Rechtschreib­reform […] oder an die Einführung der Viagra-Pille in den USA 1998.
: Die Verschriftung ist heikel. Lisdorfer Arbeitkreis Mundart und Brauchtum will das ortsgebundene Platt erhalten. Saarbrücker Zeitung, , Saarlouis
Die Verschriftung ist bei allen Mundart­gruppen ein heikles Kapitel, denn schließlich ist Mundart Lautmalerei, und für so manche gesprochene Silbe fehlen schlicht und einfach die speziellen Buchstaben. So arbeiten manche mit Akzenten, oder man setzt im Le.ischtrower Platt schon mal einen Punkt ins Wort.

9. 7. 2002

: Erregter Teddy mit der Kippe im Maulwinkel. Der 5. Scheune-Schaubuden-Sommer pflegt das Kind im Manne und in der Frau. Sächsische Zeitung, , Kultur
Das Programmheft hat Anna Aregger in ungelenker Schreibschrift getreu der „Oberwiler Rechtschreib­reform 1953“ gestaltet.

8. 7. 2002

: deutsch dominant, schweizerisch signifikant. In Berlin ausgestellt: Die 100 besten Plakate von 2001 — nunmehr erweitert. Neues Deutschland,
Die Überschrift in Kleinschreibung? Nanu! Tja, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Der […] deutsche Wettbewerb zur Ermittlung der besten Plakate des Jahres erhält […] nun auch ein Katalogbuch: bestimmt für internationale Verbreitung, mit plakativer größtformatiger Abbildung der Exponate und filigraner Kleinschrift. Das Berliner Graphik-Design-Atelier »cyan« macht die — vertikal öfter als horizontal — geordnete Typografie ohne Großbuchstaben zum Kunstmittel […].

2002-07-05

: Am Ende bleiben die Fragen. Der scheidende Schulleiter Hans-Ferdinand Schneider im Gespräch. Stolberger Nachrichten (Aachener Nachrichten),
Schulleiter Hans-Ferdinand Schneider war 40 Jahre lang Lehrer, der 31. Juli ist sein letzter Arbeitstag. Die "Nachrichten" befragten den Pädagogen in "seiner" Städtischen Realschule I. […] Und dann all diese Reformen und Reförmchen, die pädagogischen Moden, denen man habe nachlaufen müssen. Von der Ganzheits­methode über die Mengenlehre. Dann spielte plötzlich bei Aufsätzen die Rechtschreibung keine Rolle mehr, später hieß es, es müsse unbedingt spielerisch gelernt werden.
: Das Bläuen der Wäsche mit dem Bleuel. Die Verwirrung der deutschen Rechtschreibung schreitet voran: Lücken und Leichen des neuen „Wahrig“. Süddeutsche Zeitung, , 58. jg., nr. 153, s. 19, Feuilleton (1981 wörter)
Während an der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung offiziell noch kein Jota geändert werden darf, schreitet der Rückbau hinter den Kulissen zügig voran. […] Entgegen dem ersten Eindruck scheint der Gipfel der Rechtschreib­verwirrung auch mit diesem Wörter­buch noch lange nicht erreicht.

4. 7. 2002

: Sommerkurse bereits seit 1889. Thüringische Landeszeitung,
"Deutsch im europäischen Kontext — Sprache, Kultur, Medien, Politik", das ist das Thema des 61. Internationalen Sommer­kurses für Germanistik vom 7. bis 27. Juli an der Jenaer Universität. […] Am kommenden Montag beginnt das Programm mit […] der Vorstellung der sechs wissen­schaftlichen Arbeits­gemeinschaften, in denen es um kreatives Schreiben, die Rechtschreib­reform und auch um die Kultur­geschichte Thüringens geht.

2. 7. 2002

: Ab mit dem Kabel. Zwischenruf. Frankfurter Rundschau, , Forum Humanwissenschaften
Kaum ist der Kanonendonner der Schlacht um die so genannte neue deutsche Rechtschreibung verhallt, kaum sind die Fehler in der ersten Ausgabe des Duden, dem Zentralorgan der neuen amtlichen Rechtschreib­regeln, behoben, machen schon die Rufe nach einer Reform der Reform die Runde. Unbeeindruckt von den Graben­kämpfen des Glaubenskriegs um Scharfes-s (ß) oder Doppel-s (ss) zeigen sich nur die Tisch­rechenmaschinen, neudeutsch Personal­computer genannt, ohne die auch im Land der Dichter und Denker nicht mehr viel geht. Von teuer erkauften Korrektur­programmen, die vorgeben, gemäß den Regeln der neuen amtlichen Rechtschreibung rechnen zu können, haben die Denker jedoch selbst bei regelrechter Bedienung manchen Lapsus zu erwarten.

Korrekturprogramme sind unvollkommen, und die korrekturvorschläge bieten in der tat immer wieder anlass zu heiterkeit. Noch unvollkommener ist der (vom autor nicht erwähnte) versuch, die grammatik zu prüfen — an den obigen kongruenz- und bindestrichproblemen scheitern sowohl der autor als auch word.

1. 7. 2002

: Mit breitem Pinsel. Semyon Bychkov hat das BR-Symphonieorchester im Griff. Süddeutsche Zeitung, , Münchner Kultur
In der dem Genie eigenen, souveränen Orthographie notierte Beethoven in eins seiner Konversations­hefte: „das Moralische Gesez in unß, u. der gestirnte Himmel über unß’ Kant!!!“ – alles kräftig unterstrichen. […] Dennoch sind die Open-Air-Events unterm gestirnten Himmel […] eine der letzten Bastionen der E-Musik als „Kunst für Viele“.

Da ist noch mehr genialität im spiel.