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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 4.–6. 2008
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Aus presse und internet

2008-06-30

: Das ß kommt groß raus. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 150, s. 7, Deutschland und die Welt
Pflicht wird das große ß aber nicht. Auch die Rechtschreibregeln sind von der Neuregelung zunächst nicht betroffen. Sie sehen vor, dass das ß weiterhin in Großschreibweise als SS dargestellt wird. Auch das Aussehen des neuen Buchstaben ist nicht festgelegt worden. […] Aus dem Schweizerdeutsch verschwand der kleine Buchstabe vollständig. Die Rechtschreibreform drängte ihn auch in Deutschland zurück. […] "In der Signographie ist das große ß schon ein kleines Ereignis", sagt "Signa"-Mitherausgeber Andreas Stötzner. "Einen Zugewinn an Eindeutigkeit" biete der Buchstabe: "Zum Beispiel bei Ortsnamen wie Gießen. Und wenn ein Herr Weiß ein Formular in Großbuchstaben ausfüllen muss, wird der Umkehrschluss möglich sein, ob er sich tatsächlich mit ß oder doch mit ss schreibt."

2008-06-28

: Dann bleibt noch die Flucht ins Englische. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 149, s. 8, Briefe an die Herausgeber (578 wörter)
Fakt ist, kein anderes Land in Europa erdreistet sich, so mit seiner Sprache umzugehen. Wir er­dreisten uns sogar, das Italieni­sche zu ver­gewaltigen, indem wir den Spaghetti das "h" amputieren. Warum?

Weil es eben die meisten so machen.

: Zum Schaden unserer Sprache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 149, s. 8, Briefe an die Herausgeber (181 wörter)
Die neue Rechtschreibung ist das getreue Spiegelbild einer Politik, die sich in Aktionismus ergeht und schlampig vorbereitet oft gegen besseres Wissen und vor allem gegen alle Vernunft durchsetzt, was sie als selbsternannte erzieherische Heilsbringerin dem ach so belehrungsresistenten Volk anzupreisen nicht müde wird.

26. 6. 2008

: Jetzt auch in GROß. Das ß gibt es nun auch offiziell als Großbuchstaben. Frankfurter Rundschau Online, , Magazin
Im deutschen Alphabet führt das "ß" ein Mauerblümchen­dasein. Damit nicht genug, gehörte es bei auch beim quälend langen Prozess der Rechtschreib­reform zu den Geschlagenen, haben es die Regelwerker doch aus einer ganzen Reihe von Wörtern verbannt, in denen es über Jahr­hunderte heimisch war. […] Und hatten nicht die Schweizer schon Anfang des 20. Jahrhunderts begonnen, diese Sonderform des doppelten "s" aus ihrem Schrift­deutsch zu entfernen? Schon, aber seit wann sagen uns die südlichen Nachbarn, was rechtes Schreiben ist? Nun aber dies: Auf Antrag des DIN-Institus hat das ISO das große "ß" in den Zeichen­satz ISO-10646 oder auch Unicode aufgenommen und ihm die Bezeichnung 1E9E zugewiesen.
: Großes ß was nun?: ISO-Norm für das Nicht-Existente. Mac Life Online, , Sonstiges
Damit gibt es nun offiziell in jeder Schriftart einen Großbuchstaben, den es eigentlich gar nicht gibt. Denn selbst das Unicode-Consortium muss zugeben, dass es nur wenige Einsatzfälle für diesen Großbuchstaben gibt. Deshalb schlägt das Konsortium auch weiterhin vor, das große scharfe ß automatisch in die Großbuchstaben "SS" zu konvertieren.

2008-06-25

: Lücke im deutschen Alphabet wird geschlossen. Institut für Normung führt Großbuchstaben für ß ein - Neue Taste auf der Tastatur? (Mitteldeutsche Zeitung), (536 wörter)
Die Rechtschreib­regeln sind davon zunächst nicht betroffen. Sie sehen vor, dass das ß weiterhin in Groß­schreibweise als SS dargestellt wird. Obwohl dies der Logik der Groß- und Kleinschreibung widerspricht, wollten die internationalen Normungs­gremien nicht daran rütteln und haben sich - wie zu hören ist nach kontroverser Diskussion - aus der deutschen Rechtschreibung lieber diplomatisch herausgehalten. […] Eine neue Rechtschreib­reform für das große ß schließt der Rat für deutsche Rechtschreibung - wohl nach den Erfahrungen mit der letzten Reform - zwar aus, aber: «Die Menschen werden entscheiden, ob sie es verwenden», sagt Geschäftsführerin Kerstin Güthert. […] Der Durchbruch als internationale Norm kommt zu einem Zeitpunkt, da dem ß mit der Rechtschreib­reform ein erheblicher Teil seiner Anwendung genommen wurde. Aber ganz ausmerzen, wie im Schweizer­deutsch, konnten die Sprachregler den Buchstaben nicht.
: Das große ß ist da. , , Kulturwelt
Die Rechtschreibregeln sind davon zunächst nicht betroffen. Sie sehen vor, dass das ß weiterhin in Großschreibweise als SS dargestellt wird. Obwohl dies der Logik der Groß- und Kleinschreibung widerspricht, wollten die internationalen Normungs­gremien nicht daran rütteln und haben sich - wie zu hören ist nach kontroverser Diskussion - aus der deutschen Rechtschreibung lieber diplomatisch herausgehalten. […] Eine neue Rechtschreib­reform für das große ß schließt der Rat für deutsche Rechtschreibung - wohl nach den Erfahrungen mit der letzten Reform - zwar aus, aber: «Die Menschen werden entscheiden, ob sie es verwenden», sagt Geschäfts­führerin Kerstin Güthert.
: Erfindung eines Buchstabens. Thüringer Allgemeine,
Und nun, da die extrem überflüssige Rechtschreibreform der inkompetenten Kultusminister den Gebrauch dieses Buchstabens weitgehend eingeschränkt hat, da kommt er, sozusagen, groß heraus. Niemand benötigt ihn wirklich, denn es wurden im Laufe der Zeit für die versale Schreibung SS, da wo nötig, funktionierende Unterscheidungen entwickelt, um das ursprüngliche ß in dem SS erkennen zu können, um die MASSE von dem MASZE zu unterscheiden, allerdings hat die Rechtschreibreform auch das verboten.

24. 6. 2008

: Salzkorn. St. Galler Tagblatt, (138 wörter)
Was halten die Deutschen von ihrer Muttersprache, die durch Rechtschreibreform und Anglizismen zu verkommen drohe? Um das demoskopisch unanfechtbar in Erfahrung zu bringen, beauftragte «Der deutsche Sprachrat» das Allensbacher Institut mit sorgfältigen Ermittlungen.
: Txotx, bald sind wir txapeldunak. Studium im Baskenland. Spiegel Online, , UniSpiegel
Beim Baskisch-Lernen in San Sebastián und Bilbao erleidet die Austauschstudentin zahlreiche Zungenkrämpfe. […] Selbst meine Mitbewohnerin Irantzu (da ist es schon wieder, das tz), die zweisprachig an der Biscaya aufgewachsen ist, studiert noch fleißig Grammatikregeln. Durch das Euskara batua, das vereinheitlichte Baskisch, hat es in dieser Sprache jüngst wohl mehr Änderungen gegeben als durch die gesamte deutsche Rechtschreibreform.

20. 6. 2008

: «Er schmirbt myn Grind mit Anken.» Die Rechtschreibreform hat zu einem Durcheinander geführt; die Einheit ist weit weg. St. Galler Tagblatt, , Hintergrund (1387 wörter)
Beim Sprechen und Schreiben gibt es ein Prinzip, das alle anderen schlägt: «Drücke dich klar und unzweideutig aus!» Wer vielversprechend meint, schreibt nicht viel versprechend […].

Wer hat denn nicht auf den herrn lehrer gehört und ist auf die unglückselige idee gekommen, unklar und zweideutig «er bleibt sitzen» statt klar und unzweideutig «er wird nicht in die höhere klasse versetzt» zu sagen? Wir wissen es nicht. Aber wir wissen, wer auf die idee gekommen ist, die rechtschreibung müsse sprachliche zweideutigkeiten in unzweideutigkeiten verwandeln: es sind die sprachlich-ortografischen erbsenzähler. Übrigens: Wer rechtschreibung meint, schreibt nicht sprache, aber da drücken sich die gleichen leute leider gern unklar und zweideutig aus.

18. 6. 2008

: Arrogante Sprache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 140, s. 37, Feuilleton
Nur wenn es um die Sprache geht, greift die Akademie der Unsterblichen in die Gegenwart ein. Sie bremste die Rechtschreibreform aus, bezog zu Fragen des Schulunterrichts Stellung und bekämpft nach wie vor die weibliche Schreibweise der Berufsbezeichnungen.

17. 6. 2008

: Eltern werden zu Privatlehrern. Hausaufgaben: Wie die Volksschule die Kinder überfordert. Tages-Anzeiger, , s. 11, Analyse
In Lehrbüchern werden seitenlange Dialoge abgedruckt, um den Schülern die Angst vor einer Fremdsprache zu nehmen, um sie zu ermuntern, sich bereits mit einem kleinen Vokabular zu verständigen. Dabei kommen die entscheidenden Voraussetzungen zu kurz: das mühselige Lernen der Grammatik, das konsequente Einprägen von Vokabeln. Zahlreichen Kindern und Jugendlichen fehlt heute das Grundwissen um die Grundstruktur einer Sprache. Sie lernen Englisch und Französisch im Vakuum, wissen zu wenig über Konjugation oder Orthografie.

16. 6. 2008

: Kulturnotizen. Neue Akademiemitglieder. Neue Zürcher Zeitung, , 229. jg., nr. 138, s. 26, Feuilleton (100 wörter)
[…] und die Sprachwissenschafter Wolfgang Klein und Jürgen Schiewe signalisieren, dass die Akademie auch dann ihre linguistischen Kompetenzen ausbaut, wenn einmal gerade nicht über die Rechtschreibreform gestritten wird.

2008-06-14

: "Satellit" schreiben, das können sie — aber sonst? Formfehler: Aufschlussreiche und nicht unbedingt beruhigende Erkenntnisse der Gesellschaft für deutsche Sprache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 137, s. 41, Feuilleton (668 wörter)
Die Rechtschreibreform wird auch zwölf Jahre nach ihrer Verkündung und zwei Jahre nach ihrer endgültigen Einführung von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung nicht akzeptiert. Das ist das wichtigste Ergebnis einer Studie zum Sprachverhalten der Bundesbürger, die die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) beim Institut für Demoskopie in Allensbach in Auftrag gegeben hat. […] Wer das Drama der deutschen Rechtschreibreform kritisch verfolgt hat, die intellektuellen Intrigen und politischen Winkelzüge, die ihre Einführung begleitet haben, muss sich in seiner Skepsis durch die Allensbach-Studie bestätigt fühlen. Wie von vielen vorausgesagt, hat die Reform die Unsicherheiten im Umgang mit der deutschen Sprache nicht vermindert, sondern verstärkt. Die Abneigung gegen das Reformwerk geht, auch wenn die Studie diesen Aspekt nicht aufschlüsselt, offenbar quer durch alle Altersgruppen. Aber vielleicht werden uns die Tücken des Deutschen ja einmal winzig vorkommen, wenn wir erst alle mit unseren Kindern Chinesisch büffeln.

Und dann vor der schwierigen frage stehen, ob uns die vereinfachte oder die traditionelle chinesische schrift besser gefällt.

: Deutsch für Dummies. (Sächsische Zeitung), , Kultur
Die große Mehrheit der 1820 Befragten findet, dass die deutsche Sprache verkommt […]. Die Rechtschreib­kenntnisse der Bevölkerung haben sich in den letzten 20 Jahren jedenfalls nicht verschlechtert. Wörter wie ‚Lebens­standard’ oder ‚Rhythmus’ konnte damals wie heute nur jeder Zweite korrekt schreiben. Verbessert hat sich also auch nichts, obwohl es mittlerweile deutlich mehr höhere Bildungs­abschlüsse gibt.
: Dem Volk aufs Maul geschaut. Die Mehrheit der Deutschen glaubt, dass unsere Sprache immer mehr verkommt. Tagesspiegel,
Einiges war früher sogar schlechter. Zum Beispiel konnten im Jahr 1957 nur 36 Prozent der Bevölkerung das Wort „Lebensstan­dard“ richtig schreiben, heute sind es 56 Prozent. Das schwierige Wort „Rhythmus“ bringen heute 30 Prozent richtig zu Papier, 1957 waren es nur elf Prozent. Haupt­sächlich liegt das am allgemein gestiegenen Bildungsgrad. Stichwort Recht­schreibung: 55 Prozent der Befragten sind gegen die Rechtschreib­reform, und selbst von denen, die dafür sind, stimmen 54 Prozent der Aussage zu: „Durch die Rechtschreib­reform weiß man bei vielen Wörtern gar nicht mehr, wie sie richtig geschrieben sind.“
: Der gefühlte Sprachverfall. Zwei Drittel bangen um unser Deutsch. taz, , Inland
Zweifel an diesen Pauschal­urteilen kommen auf, wenn man die Rechtschreib­kenntnisse der Bevölkerung anschaut: Die Rechtschreib­defizite der Jüngeren sind heute nicht größer als auch schon vor zwanzig Jahren, und das trotz der Explosion der höheren Bildungs­abschlüsse. Wörter wie "Rhythmus" oder "Satellit" schreibt damals wie heute nur jeder Zweite korrekt, wie ein kleiner Rechtschreib­test während der Umfrage beweist. Gleichzeitig gibt die Mehrheit an, von der Rechtschreib­reform verunsichert zu sein.

13. 6. 2008

: Sächsisch ist out, Platt ist in. Spiegel Online, , Kultur
Ein großes Problem stellt für 80 Prozent der Befragten die Rechtschreibreform dar. Sie gaben an, dass man nach der Reform gar nicht mehr wisse, wie manche Wörter richtig geschrieben werden. Laut der Allensbach-Studie haben sich aber die Rechtschreibfähigkeiten der Deutschen in den vergangenen 20 Jahren nicht verändert.
: Was die Deutschen über ihre Sprache denken. Welt Online, , Nachrichten Kultur
Nach Ansicht von zwei Dritteln der Bundesbürger (65 Prozent) droht die deutsche Sprache „mehr und mehr zu verkommen“. […] Die Umfrageergebnisse des Allensbach-Instituts unter 1820 ausgewählten Personen wurden am Freitag vorgestellt […]. „Klagen über Sprachverfall gibt es seit den alten Ägyptern und den alten Griechen, vor allem von der älteren Generation“, relativierte Rudolf Hoberg, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache, die jüngsten Umfrage­ergebnisse, nach seinen Worten die umfassendsten dieser Art seit über zehn Jahren. „Jede Sprache verändert sich im Laufe der Zeit.“ Hoberg lehnt „Sprachgesetze“ zur „Rettung der deutschen Sprache“ ab, seine Gesellschaft könne aber beratend tätig sein. Auch die in der Umfrage wieder zutage getretene breite Ablehnung der Rechtschreib­reform (nur neun Prozent haben sich bis heute mit ihr angefreundet) verschleiere die Tatsache, „dass die meisten Menschen auch vorher schon immer mit der Recht­schreibung nicht zurecht gekommen sind“.

12. 6. 2008

: Sorgen um die türkische Sprache. Vorschläge einer Parlamentskommission in Ankara. Neue Zürcher Zeitung, , 229. jg., nr. 135, s. 11, Vermischtes
Den Türken sind solche Türkisierungskampagnen keineswegs fremd. Schon Atatürk hatte neben der Einführung der lateinischen Schrift eine Sprachreform begonnen, und aus dem Persischen übernommene Wörter und grammatische Konstruktionen wurden zu Hunderten verboten. Das gleiche Schicksal traf einen grossen Teil des zum Teil durch persische Vermittlung eingedrungenen arabischen Wortschatzes. Der Wandel war so stark, dass Texte, die älter als 80 Jahre sind, inklusive einiger Reden Atatürks, für viele Türken heute kaum noch verständlich sind. Dem Verlust an Tradition stand auf der anderen Seite ein Gewinn an Klarheit gegenüber. Das heutige Türkisch ist weniger verschnörkelt als das mit Sprachgut aus fremden sprachlichen Systemen überladene Türkisch aus der Zeit des Osmanischen Reiches. Anderseits weht aus diesen Sprachreformen auch ein wenig ein autoritärer Geist bis in die türkische Gegenwart.

9. 6. 2008

: Die geschlossene Demokratie. Telepolis (heise.de),
Mächtig und ehrfurcht­einflößend stehen sie da, die Artikel, die die politische Entscheidungs­findung unseres Vaterlandes regeln. Der Bundes­bürger lernt sie bereits in der Schule, und als Verfassungspatriot hält er es für selbst­verständlich, dass sie auch eingehalten werden. Würde er sich mit der Wirklichkeit beschäftigen, kämen ihm schnell Zweifel. Hier nur einige Beispiele: […] 27. September 1998: Die Bürger Schleswig-Holsteins lehnen mit 885.511 zu 685.209 Stimmen per Volks­entscheid die neue Rechtschreibung ab. […] Es ist der bis dahin erfolg­reichste Volksentscheid in der Geschichte der Bundes­republik […]. Ein Jahr später hebt der Landtag das Gesetz jedoch wieder auf, woraufhin auch eine ähnliche Initiative in Bayern aufgibt. Inzwischen haben wir die Reform der Rechtschreib­reform und immer noch keine einheitliche Schreibweise. […] Anstatt nun eine Kompromiss­lösung zu suchen und dieser durch einen Volks­entscheid wirklich demokratischen Segen zu verleihen, wurde weiter­gewurstelt und die Reform der Reform verabschiedet.

29. 5. 2008

: Sprache hat das letzte Wort. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 123, s. 35, Feuilleton
Wir klagen gerne über den Zustand des Deutschen. Jutta Limbachs Buch hat im "Lesesaal" eine Debatte darüber in Gang gesetzt. […] Die keineswegs nur von Erbsenzählern geäußerte Sorge ums Deutsche ist gleichwohl nicht unbegründet. Sie drückt sich aus in einer Vielzahl von Zeitungsartikeln, Aufsätzen und Büchern und mag sich auch dem Bewusstsein verdanken, dass die Sprachpolitik politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen wie Globalisierung und Migration hinterherhinkt - womit freilich schon vorausgesetzt ist, dass es so etwas wie "Sprachpolitik" überhaupt gibt. Sie wäre an die Möglichkeit geknüpft, dass es einer Instanz, die gleichsam außerhalb oder über der Sprachgemeinschaft anzusiedeln wäre, möglich ist, korrigierend einzugreifen. Dabei stellt sich sofort das Legitimationsproblem: Wer kann und darf hier überhaupt Vorschriften machen? Welche Auseinandersetzungen das nach sich zieht, hat man bei der Rechtschreibreform gesehen.

23. 5. 2008

: Der Glanz der Geschmähten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 118, s. 36, Feuilleton (793 wörter)
Die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung tagte in diesem Jahr in Galizien. […] Wie groß umgekehrt das Interesse an Deutsch­land in Lemberg ist, zeigte sich vor allem, als fünf deutsche Autoren aus ihren Werken lasen und der Hörsaal 405 aus allen Nähten platzte. Vor den Lesungen skizzierte Heinrich Detering den Wandel und die Entwicklung der Germanistik der vergangenen Jahr­zehnte und bewies ebenso wie Peter Eisen­bergs Vortrag über die Tücken der Rechtschreib­reform, dass deutsche Professoren sehr wohl in der Lage sind, komplexe Sach­verhalte verständlich dar­zustellen.
: Wenn ein Erblasser plötzlich erblasst. Hamburger Abendblatt, , Kultur/Medien
Nach der jüngsten Rechtschreibreform sollen wir jetzt statt Co-Trainer "Kotrainer" schreiben. Klingt nach jemandem, der neben einem Hundehaufen wohnt.

20. 5. 2008

: Gelehrte Aufmerksamkeit für das ausgegrenzte Europa. Die Deutsche Akademie hielt ihre Frühjahrstagung in Lemberg ab - und war entzückt. Neue Zürcher Zeitung, , 229. jg., nr. 115, s. 43, Feuilleton
Der Austausch mit den Germanisten der Universität Lemberg war rege, und als beglückend empfand man den Andrang der Studenten zu Veranstaltungen, wo etwa Peter Eisenberg über den Stand der deutschen Rechtschreibreform berichtete (Fazit: Vieles ist wieder beim Alten, und irgendwann wird der irritierte Schreiber wieder ohne den permanenten Griff zum Wörterbuch auskommen) und Heinrich Detering die Lage der germanistischen Literaturwissenschaft skizzierte, die er als von wechselnden Methoden und Moden sowohl gebeutelt wie befruchtet beschrieb.
: Portugiesische Rechtschreibreform. Parlament in Lissabon beschließt sprachliche Anpassung an Ex-Kolonie Brasilien. ,
Die portugiesische Rechtschreib­reform, berichten lokale Zeitungen, ist Teil eines vor zehn Jahren an­gestoßenen Prozesses, der darauf abzielt, das gegen­wärtig in acht Ländern der Welt (neben Portugal und Brasilien auch Angola, Mosambik, Kapverden, Timor-Ost, Guinea-Bissau sowie São Tomé und Príncipe) als offizielle Amtssprache gesprochene Portugiesisch zu vereinheitlichen. Da die Vereinheitlichung auch mit einer Vereinfachung einhergehen sollte, war es klar, dass der große "Gewinner" nur das von der über­wältigenden Mehrheit gesprochene Brasilianisch heißen konnte, das ja von Anfang an eine vereinfachte Form des Portugiesischen darstellte, weil die einzelnen Wörter melodischer, langsamer und ohne Silben zu verschlucken aus­gesprochen werden.

18. 5. 2008

: Parlament in Portugal billigt Rechtschreibreform. ,
Das portugiesische Parlament hat am Freitag eine umstrittene Rechtschreib­reform gebilligt, die viele Wörter an die in Brasilien übliche Aussprache angleicht. […] Mehrere Schrift­steller haben gegen die geplante Reform protestiert und sie als unnötige Kapitulation vor dem Einfluss Brasiliens kritisiert.

2008-05-16

neu : Die Zukunft der Schrift: Lettern der Macht. , , Kultur (2068 wörter)
Lateinisch, Chinesisch, Kyrillisch oder … – welche Schrift am besten ist, zählt in Wahrheit nicht. Denn mit der Schreibart waren immer Macht und soziale Ungleichheit verbunden – und so wird es auch im Zeitalter des Internets bleiben.

15. 5. 2008

: Meerbusen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 112, s. 32, Feuilleton
Dieses metaphorisierende Verfahren, das in oft allzu dichter, additiver Folge neuartige Formulierungen produziert, gibt den Texten eine irritierende Atmosphäre; umso mehr, als der Leser sich aufgrund der konsequenten Kleinschreibung und der äußerst sparsamen Interpunktion die syntaktischen und semantischen Zusammenhänge selbst erschließen muss. […] (Hartwig Mauritz: "biotope". Gedichte. Buch&Media Verlag, München 2008. 56 S., br., 7,50 [Euro].)

3. 5. 2008

: Geflügelt Schweres. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 103, s. Z4, Bilder und Zeiten
Man mache sich einmal einen Reim auf dieses Gedicht des kurländischen, lange ruhelos umherziehenden, von Schiller abgewiesenen, zeitweise mit Hölderlin befreundeten Casimir Ulrich Karl Boehlendorff (1775-1825): Sperrig und doch anrührend poetisch wirkt sein Titel […]. Schmetterlinge und Rabenfedern, sie waren Hölderlin, dem von Apollon Geschlagenen, kaum ein Gedicht wert. Boehlendorff aber wollte selbst diesen subtilen Symbolen, diesen in Kleinschreibung bedichteten Kleinheiten, scheinbaren Belanglosigkeiten noch Klassizität abgewinnen.

2. 5. 2008

: Warum es Wulff in Berlin nun wieder wissen will. (Braunschweiger Zeitung), , Hintergrund
Im Kampf um die Kanzlerkandidatur 2002 rechnet Merkel fest mit Wulffs Unterstützung. Doch zu spät bemerkt sie, dass er – wie der gesamte Anden-Pakt – zu Stoibers Lager zählt. Da sei er aus Merkels engstem Kreis heraus­gefallen, sagt Wulff. […] Zwei Jahre später, nach gewonnener Landtagswahl, setzt Wulff zum Sprung in die erste Reihe der Bundes­politik an: Mit Kritik an der Rechtschreib­reform und der Kultus­minister­konferenz macht er gezielt Schlagzeilen.

29. 4. 2008

: Bruderkampf um Buchstaben und Akzente. Eine umstrittene Reform der portugiesischen Orthographie. Neue Zürcher Zeitung, , 229. jg., nr. 99, s. 44, Feuilleton (586 wörter)
Das Kabinett billigte konkret einen Vorschlag zur Annahme des «zweiten modifizierenden Protokolls zum Abkommen über die Orthographie der portugiesischen Sprache», auf das sich 2004 die Mitglieder der Gemeinschaft portugiesischsprachiger Länder (Comunidade dos Países de Língua Portuguesa - CPLP, dazu gehören Portugal, Brasilien, fünf afrikanische Länder und Osttimor) geeinigt hatten. Das Kabinett veranschlagte eine Übergangsfrist von sechs Jahren für die Einführung der neuen Regeln, an denen sich in Portugal seit über 20 Jahren die Geister scheiden. Das Abkommen über die Rechtschreibung, von Kritikern als Anschlag auf die portugiesische Sprache gebrandmarkt, war schon 1990 unterzeichnet worden […].
: "Binnen-I begins" statt "Binnen-I be gone". dieStandard.at, , Meinung, Zitronen
Der Browser von Mozilla Firefox stellt Add-ons zur Verfügung, die optional zur Erweiterung für die benutzte Software dienen. Mit diesem Modul können sich UserInnen "eine persönliche Note" bei diversen Programmnutzungen schaffen. Nun wurde von dem Open-Source-Browser vor kurzem ein neues Add-on zur Verfügung gestellt, das das Binnen-I in den besuchten Websites entfernt. Das gendergerechte Schreiben hat den Add-on-Bastler "madperson" offensichtlich narrisch gemacht.

27. 4. 2008

: Viele haben damit keine Probleme. bild.de,
Zu Peter Hahne: Über unsere Rechtschreibreform und eine Reform gegen das Volk. […] Viel wichtiger wäre es allerdings gewesen, wenn man die gemäßigte Kleinschreibung eingeführt hätte.

24. 4. 2008

: Haben wir eine Sprache mit Zukunft? Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 96, s. 33, Feuilleton
Nicht eine Akademie schreibt vor, wie das Deutsche richtig gesprochen und geschrieben wird. Die Sprachgemeinschaft ist es, die unsere Muttersprache fortbildet. Das meint auch der Bundestag, der im Streit um die Rechtschreibreform dem Bundesverfassungsgericht mitteilte, dass "sich die Sprache im Gebrauch der Bürgerinnen und Bürger ... ständig und behutsam, organisch und schließlich durch gemeinsame Über­einkunft weiter­entwickelt. Mit einem Wort: Die Sprache gehört dem Volk."

22. 4. 2008

: Regenauers Rundumschlag. Augsburger Allgemeine, , Donauwörth
Bernd Regenauer mit seinem Programm "Selten so gedacht", mal als politischer Beobachter, mal als privater Erzähler, lässt in die Abgründe des Seelenlebens schauen. Skurril, bissig, pointiert, messerscharf logisch hatte er auch im Kaisheimer Thaddäus die Lacher auf seiner Seite. […] "Das Leben ist ein Fake. Kabarettprogramme kommen preiswert aus China und Indien, die Rechtschreib­reform war das Ergebnis von Rechtschreib­fehlern. Auf was kann man sich noch verlassen? […]"

21. 4. 2008

: Nachruf auf einen Kuss. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 93, s. 40, Feuilleton (253 wörter)
Statt jedoch zu klagen, will Karl-Heinz Göttert "retten, was zu retten ist", und einer immer noch verunsicherten Schreiberschaft die Regeln und deren Hintergründe erläutern. Das gelingt ihm denkbar unterhaltsam. […] Der Autor, Rhetorikspezialist an der Kölner Universität und geübt darin, auf hohem Niveau für ein breites Publikum zu schreiben, zeichnet den kurvigen Weg des jüngsten orthographischen Projekts nach. […] (Karl-Heinz Göttert: "Es gibt keinen Kuß mehr". […])
: Frischlinge fühlen sich sauwohl. Im Wildpark auf dem Schlossberg haben die Krabbelgruppen jetzt großen Zulauf. Heidenheimer Zeitung, , Lokales aus Heidenheim
Auch Wolfgang Schlierer, 44-jähriger Forstwirtschaftsmeister und als Wildtierwärter mit der gesamten Eichert-Belegschaft auf Du und Du, hält Abstand zu den Frischlingen […]. Auch die beiden durch die Rechtschreibreform zu solchen gemachten Gämsen im Gehege beim Hermannfelsen stehen unter Schlierers besonderer Beobachtung.

20. 4. 2008

: Über unsere Rechtschreibung und eine Reform gegen das Volk. Bild am Sonntag, , Gedanken am Sonntag (330 wörter)
Die BamS-Sonntagsfrage heute auf der letzten Seite bestätigt mir, dass zwei Drittel meiner Altersgenossen genauso denken wie ich: „An die neue Rechtschreibung, die seit August 2006 gilt, haben wir uns nicht gewöhnt.“ […] Die eingedeutschte Schreibweise von Fremdwörtern ist lächerlich, die neuen Getrennt- und Zusammenschreibungen unverständlich, und warum „überschwänglich behände Gämse“ plötzlich mit „ä“ geschrieben werden […], wer soll sich daran schon gewöhnen?

19. 4. 2008

: Umfrage: Der Durchschnittsdeutsche ist ein bisschen bieder. Berliner Zeitung, , Vermischtes
Unterdessen ergab eine repräsentative Studie des Instituts TNS Emnid im Auftrag von «Bild am Sonntag», dass die Mehrzahl der Deutschen nach wie vor Probleme mit der seit August 2006 geltenden neuen Rechtschreibung hat. […] Während in den Altersgruppen ab 30 Jahren die Anzahl derer, die sich nicht an die Rechtschreibreform gewöhnt haben[,] zwischen 63 und 69 Prozent liegt, sinkt er bei den jungen Deutschen zwischen 14 und 29 Jahren auf 45 Prozent.

Schön, dass sich 55 prozent der zwischen 1979 und 1994 geborenen an die rechtschreibreform gewöhnt haben. Aber woran haben sich denn die anderen 45 prozent gewöhnt? An die bis 1996 gültige rechtschreibung, die die allermeisten in der schule nicht mehr gelernt haben? – An die alten kommaregeln haben sich jedenfalls auch noch nicht alle gewöhnt, wie das beispiel zeigt.

18. 4. 2008

: Der liebe Herr Blumencolo. Die neuen "Spiegel"-Chefs. , , Medien
Nun geht es darum, ob vom vernünftigen Ton im Inneren des Magazins auch die Leser profitieren. Ob etwa der Hang zu leidigen Geschichten über irgendwelche gesellschaftlichen Trends, die meist nur eine Halbwertzeit von einer Woche haben, verschwindet und der Gestus des allwissenden Journalisten gleich mit - der besser als die Politiker weiß, was für das Land gut tut oder der sich im Zweifelsfall selbst zum Politiker aufschwingt wie der geschasste Stefan Aust weiland im Kampf gegen die Rechtschreibreform.

16. 4. 2008

: Schweizer Autoren schreiben fürs virtuelle Tagebuch. Tages-Anzeiger, , s. 47, Kultur
Emil Zopfi erzählt an den Montagen äusserst informativ über Stoffe, die ihn beschäftigen; darunter Historisches, aber auch eine aktuelle Debatte, die auch von anderen Blog-Teilnehmern aufgegriffen wird, von Ruth Schweikert und Peter Zeindler: das in letzter Zeit oft beklagte Schweigen der Schweizer Schriftsteller zu politischen Fragen. «Wo ist denn in diesem und in andern Blättern noch Raum fürs ‹freie Wort›, eine nicht auf Leserbriefmass gestutzte Meinungsäusserung zum Zustand der Welt oder der Asylpolitik oder der Rechtschreibung?», polemisiert Zopfi.

15. 4. 2008

Rauschebart entfaltet Charisma. , , Überlingen
Nicht der abstrakten Linguistik widme er sich sondern der Alltagssprache, stellt Garbe seiner Lesung voran. Die wechselvolle Geschichte der Rechtschreibreform sei ein großes Thema.

12. 4. 2008

: «Ich bin kein Lehrer, ich will niemanden belehren.» Bastian Sick. Der Bund, , s. 8f., Samstagsinterview
Für die grösste Verärgerung beim Thema Deutsch in den letzten Jahrzehnten hat sicher die Rechtschreibreform gesorgt. Was halten Sie von ihr? [Sick:] Letztlich nicht viel. Sie war sicherlich gut gemeint und hatte im Ansatz gute Ideen, wie jede Reform. In Gang gesetzt wurde der Prozess ja bereits in den 70er-Jahren. Manche der damaligen Vorschläge waren noch viel radikaler, es ging zum Beispiel um die Abschaffung der Grossschreibung. [Burger:] Wäre das ein Fehler? [Sick:] Das weiss ich nicht. Andere Sprachen wie Englisch oder Französisch kommen auch ohne Grossschreibung aus. Das hätte man im Deutschen genau so machen können, aber das wäre ein sehr radikaler Eingriff gewesen. Einer, den man vielleicht schon vor 100 Jahren hätte machen müssen.

7. 4. 2008

: Subtiler Seitenhieb. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 81, s. 10, Briefe an die Herausgeber (118 wörter)
Zur Ablichtung des handschriftlichen Eintrags der Kanzlerin in das Gästebuch der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem (F.A.Z. vom 18. März): Die Kanzlerin schrieb über das "Bewußtsein" der Verantwortung Deutschlands für die Shoa - unbewusst aber auch über die Verinnerlichung der Rechtschreibreform im öffentlichen Leben […].
: Es lebe die Trikolore. Fünf Silben Demut: Reiner Kunzes neue Gedichte. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 81, s. 40, Feuilleton
Als Nänie könnte man auch die Spottverse auf die "orthographische inquisition" der Rechtschreibreform bezeichnen. Nur hier, wo in drei Vierzeilern Klage geführt wird über den Tod der alten Rechtschreibung, nutzt Kunze das satirische Potential der epigrammatischen Stachelverse: "Die sprache hat den mund zu halten, / wenn die hohen staatsgewalten / sich für ihren vormund halten / und barbaren sie verwalten." An den aggressiven Schwung und die argumentative Schärfe seiner Denkschrift "Die Aura der Wörter", mit der Kunze seinerzeit in die Diskussion über die Orthographiereform eingriff und die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz attackierte wie kein zweiter deutscher Schriftsteller neben ihm, reichen diese Reimchen allerdings nicht heran.