hk:
Rechtschreibreform 1996 – Was bedeutet die Wiener Absichtserklärung für die deutsche Rechtschreibung?
mittelrhein-tageblatt.de,
,
Deutschland-News (379 wörter)
Zwar gibt es bis heute Varianten und Streitfälle – doch die Wiener Absichtserklärung bleibt als Wendepunkt bestehen: Sie war der erste einheitliche, überstaatliche Versuch, die deutsche Schriftsprache im 20. Jahrhundert grundlegend zu modernisieren.
1. Nicht die sprache wurde modernisiert, sondern die rechtschreibung. 2. Von grundlegend kann keine rede sein. 3. Als datum eines ersten versuchs kommen 1876 und 1901 in frage.
neuScherrer, Lucien:
«Gendern ist die Sprache der Mächtigen.»
Neue Zürcher Zeitung (nzz.ch),
, 246. jg., nr. 149, s. 32,
Feuilleton (1731 wörter)
In seinem neuen Buch «Der grosse Sprachumbau» rechnet Matthias Heine mit dem angeblich progressiven Sprachwandel ab. Anzeichen eines konservativen Backslash sieht er kaum […]. So erfährt man, dass schon die Brüder Grimm die Grossschreibung abschaffen wollten, die Nazis gegen die Frakturschrift waren und wir, hätten sich gewisse Sprachumbauer durchgesetzt, «Fater» statt «Vater» schreiben würden. All das wurde, wie Heine festhält, stets im Namen des Fortschritts propagiert wie heute die Gendersprache.
Was man nicht alles erfährt! Aber um Grimm zu kennen, brauchen wir Heine nicht. – «Fater» statt «Vater» wäre kein sprachumbau, nicht einmal ein ortografieumbau, sondern die durchsetzung einer ortografieregel.
neuScherrer, Lucien:
Sprachkritiker Matthias Heine: «Gendern ist die Sprache der Mächtigen.»
nzz.ch,
,
Feuilleton (2103 wörter)
In seinem neuen Buch «Der grosse Sprachumbau» rechnet Matthias Heine mit dem angeblich progressiven Sprachwandel ab. […] Als «Ursünde» des heutigen Sprachumbaus bezeichnen Sie die Rechtschreibereform von 1998, die ursprünglich neue Schreibweisen wie «Keiser» statt «Kaiser» vorsah und laute Proteste auslöste. Heine: Es war das erste Mal, dass eine relativ kleine Expertengruppe eine Reform durchsetzen wollte, die eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt hat. Sie hat es geschafft, die deutschen Kultusminister und die Behörden in der Schweiz und in Österreich zu überzeugen, dass die Rechtschreibung unbedingt verändert werden müsse. Die Hälfte von dem, was sie geplant hatten, mussten sie zwar zurücknehmen, weil es derart desaströs war. Geblieben ist aber das Signal an Aktivisten, dass man ungestraft an der Sprache herumbasteln kann, weil staatliche Entscheidungsträger modern sein wollen.
Ungestraft an der sprache herumbasteln? Nein aber auch! Dabei gehört doch die sprache Gott und seinen sittenwächtern. Apropos ursünde: Hat da nicht jemand aus dem schönen althochdeutsch ein modernes neuhochdeutsch gebastelt? Und die vielen früheren reformbemühungen im deutschen und in anderen sprachgebieten, wo seit der erfindung der schulpflicht viele relativ kleine expertengruppen überlegten, was man den siebenjährigen beibringen kann und will?
2025-06-13
neuher:
Zwei Meister und drei weitere Aufsteiger.
Donau Zeitung,
, s. 26,
Sport
Lokale Sportgeschichte(n): […] Was sonst noch im Juni vor 20 Jahren los war. […] Im jahrelangen Streit um die Rechtschreibreform zeichnete sich ein Durchbruch ab. Bei einer Sitzung des Rates für die deutsche Rechtschreibung in Mannheim erzielten Reformbefürworter wie Gegner Einvernehmen über die besonders umstrittene Getrennt- und Zusammenschreibung.
2025-05-28
Briellmann, Sebastian:
Die Schweiz braucht einen Diktat-Frieden. Anmerkungen zu einem Anachronismus, der keiner sein sollte.
Neue Zürcher Zeitung,
, 246. jg., nr. 122, s. 7,
Schweiz (1015 wörter)
Die Lese- und Schreibschwäche hat sich nicht nur in den Fremdsprachen nochmals akzentuiert. Das ist auch den Auftraggebern der Studie, der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), nicht verborgen geblieben. Christophe Darbellay, der EDK-Präsident, sprach deswegen sogar schon eine fast tollkühne Forderung aus: Die Schüler sollen wieder mehr Diktate schreiben. […] Lieber ergötzt man sich an Reformen wie dem lautgetreuen Schreiben oder dem sogenannten Sprachbad. […] An den Pädagogischen Hochschulen […] lege man dagegen keinen Wert auf Rechtschreibung – das «behindere» die Kreativität. […] Eine Dozentin für Deutschdidaktik an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Mitautorin der Rechtschreibereform, hat in den letzten Jahren in Interviews immer wieder gesagt, dass ein Verbot des lautgetreuen Schreibens «totaler Unsinn» wäre. […] Gab es vor vier Jahrzehnten in der Schweiz etwa 20 000 bis 30 000 Erwachsene, die den Minimalanforderungen nicht genügten, sind es heute über eine Million, wie eine Studie im Dezember ergeben hat. […] Diese Sorgen kennt man in Frankreich nicht. Dort ist das Diktat ein Kulturgut.
2025-05-23
Brasilien: Einer der größten Gelehrten der portugiesischen Sprache gestorben.
latina-press.com,
,
Brasilien, Kultur & Medien (364 wörter)
Im Alter von 97 Jahren verstarb Evanildo Bechara. […] Evanildo Bechara war einer der wichtigsten Befürworter der Rechtschreibreform, die 2009 in Kraft trat. „Jede Veränderung bringt neben Verwirrung auch eine gewisse Abneigung mit sich. Niemand verändert gerne seine Gewohnheiten. Eine Rechtschreibreform ist nie für die Generation, die sie durchführt, sondern für die Zukunft der Generationen und die Zukunft der Sprache“, sagte er.
2025-05-09
Heine, Matthias:
Schriftsteller dürfen schreiben, wie sie wollen.
Die Welt (welt.de),
, nr. 89, s. 16,
Feuilleton (1094 wörter)
Dieses Sonderrecht literarischer Autoren – die Freiheit, auf die amtliche Orthographie zu pfeifen – wurde zuletzt von Verlagen häufig infrage gestellt. […] Autoren, die mit Lektoren hadern, können sich auf diese Entscheidung berufen. Vorausgesetzt, sie schaffen es, ihre Verlage davon zu überzeugen, dass das, was sie schreiben, Literatur ist. Denn für Sachbücher, Zeitungstexte etc. gilt der Freibrief des Rats nicht – und auch Schüler oder Lehrer können sich nicht darauf berufen, um Rechtschreibschwächen und persönliche Marotten zu rechtfertigen. Denn so viel Spielraum der Rat auch den Poeten lässt, so kurz ist die Leine, an der er Schulen und Behörden hält.
Sonderrecht? Recht! Die unterscheidung von poeten und anderen menschen ist unfug. Der rechtschreibrat berät die schulbehörden, und die bestimmen über die schüler und sonst niemanden. Und auch die schüler müssen sich nur von 8 bis 17 uhr daran halten.
2025-05-05
Jungen, Oliver:
Kampf um Sprache. Horst Haider Munske zum Neunzigsten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (faz.net),
, nr.
103, s. 12,
Feuilleton (533 wörter)
Als er bemerkte, dass die Reformer von radikalen technokratischen Änderungen nicht abzubringen waren, verließ Munske 1997 die mit der Umsetzung der neuen Rechtschreibung beauftragte „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ […].
Leider weiss niemand mehr, wie radikale technokratische änderungen aussehen könnten.
2025-04-30
Dichter und Schriftsteller müssen sich nicht an die Rechtschreibung halten.
deutschlandfunk.de,
,
Die Nachrichten (136 wörter)
Jetzt warten wir noch auf eine bestätigung des Gesamtverbands der deutschen textil- und modeindustrie, dass es für dichter und schriftsteller keine kleidervorschriften gibt.
Bücher mit Fehlern drin sind jugendgefährdend. Und Fehler sind auch gar nicht nötig, weil es Leute gibt, die von Berufs wegen gute Rechtschreibung können. So wie Piloten und Fluglotsen von Berufs wegen Luftsicherheit können. Da muß man sich ja auch nicht einmischen und sagen: Flugzeuge sind deshalb schlecht, weil ihre Bedienung für den Laien viel zu kompliziert ist. Genausowenig sollen sich Schreibanfänger und Kultuspolitiker bei der Rechtschreibung einmischen […].
Wenn eine Sache bereits bestmöglich geregelt ist, so muß sie durch jede Veränderung notwendigerweise verschlechtert werden. Die deutsche Rechtschreibung war bereits bestmöglich geregelt, und so kam bei der sogenannten Reform an fast allen Stellen nur Verschlechterung heraus.
Demgegenüber wurde die Einheitlichkeit bewußt, vorsätzlich, mutwillig angegriffen durch die Schweizer ss-Schreibung seit 1948 (vorgeblich, um eine Taste auf der Schreibmaschine zugunsten eines französischen Umlautes freizumachen; allerdings werden Zeitungen nicht auf Schreibmaschine geschrieben; es heißt, daß 70 v.H. der Schweizer Bücher ß haben, damit sie in den übrigen Deutsch-Ländern gemocht und gekauft werden).
Zuweilen meinen Menschen, die eine SMS, eine Netzpost (email) oder einen Forum-Beitrag schreiben, daß sie dann mit kleinschreibung eine andere Rechtschreibung als auf einer Postkarte oder in einem Schulheft verwenden können.
Im prinzip meinen wir das. Aber was ist ein schulheft und was ist eine postkarte?
2025-03-19
epd:
„Kommas können Leben retten“, sagt Regensburger Experte für Rechtschreibung.
mittelbayerische.de,
,
Lokales, Stadt Regensburg (471 wörter)
Christian Stang schreibt sehr erfolgreich Ratgeber für Orthographie und arbeitet auch am Duden mit. […] Er sagt: Die Rechtschreibreform vor fast 30 Jahren werde bis heute kontrovers diskutiert.
Heine, Matthias:
Das sind die sieben Fronten, an denen das Deutsche attackiert wird.
welt.de,
,
Kultur (3790 wörter)
Es gibt Gemeinsamkeiten zwischen der Jagd auf Unwörter, der Rechtschreibreformerei und dem Gendern.
Nein, es gibt keine gemeinsamkeiten zwischen der jagd auf unwörter und dem gendern einerseits (sprachprobleme) und rechtschreibreformen anderseits (rechtschreibprobleme).
2025-03-17
Munske, Horst Haider:
Verteidigung der Sprache: Die breite Ablehnung des Genderns ist Zeugnis eines lebendigen Sprachbewusstseins.
welt.de,
,
Kultur, Meinung (1018 wörter)
Gegen wen wird die Sprache verteidigt? Wer ist hier ein Angreifer? […] Die Einheit und die traditionelle Gestalt des Deutschen werden von verschiedenen Seiten in Frage gestellt. Dagegen ist begründete Verteidigung nötig: als Widerstand gegen einen Angriff […]. Am Beispiel der aktuellen Debatte ums Gendern ist gut zu sehen, worin Angriff und Anklage bestehen […]. In ähnlicher Weise wurde die Kulturdebatte um die Rechtschreibreform geführt. Sprachdidaktiker und Schulminister verlangten neue, angeblich einfachere Regeln […]. Die Verteidiger, unter ihnen die meisten Sprachwissenschaftler und die Praktiker der Schriftkultur, warnten vor einer Beschädigung der Sprache. Sie plädierten für Erhalt der bewährten, historisch gewachsenen Schriftform. Die Reform wurde – wenn auch in abgespeckter Form – durchgeführt, den Schulen verordnet. Doch der versprochene Erfolg trat nicht ein, nur der Schaden an der Schreibnorm ist geblieben.
Neue regeln verlangt niemand, nur die abschaffung von wenigen, unwichtigen regeln und von ausnahmen. «Die meistenSprachwissenschaftler» ist übertrieben; wir halten uns an sprachwissenschaftler wie Stefan Hartmann, der hier die richtige diagnose für Munske stellt.
2025-02-26
Bahners, Patrick:
Die Senatorin will die Geisteswissenschaften streichen. Senatorin Czyborra droht der TU Berlin.
faz.net (Frankfurter Allgemeine Zeitung, F+),
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Feuilleton, Debatten (754 wörter)
Klaus […] ist ein Polizeispitzel, der sich in einem Lied von Heinz Rudolf Kunze aus dem Jahr 1986 unter Demonstranten gegen einen Staatsbesuch in Bonn mischt, mit langen Haaren und Knüppel in der Jacke. "Klaus hat eine Freundin, sie hat nicht viel zu lachen. […] Dies ist Ina Czyborra, die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege des Landes Berlin […].
2025-01-14
Schmachthagen, Peter:
Deutschstunde: Ein belämmerter Kampf um den Tollpatsch.
morgenpost.de,
,
Blogs & Kolumnen (770 wörter)
Die Abschaffung historischer Schreibweisen durch die Rechtschreibreform stieß nicht selten auf großen Widerstand. […] „Belämmert“ hat etymologisch (worthistorisch) nichts mit den Lämmern zu tun […]. Es handelt sich vielmehr um das 2. Partizip des mittelniederdeutschen Verbs „belemmer[e]n“ (niedergedrückt, betreten, übel, verlegen gemacht) und wurde deshalb im 18. Jahrhundert mit „e“ ins Hochdeutsche übernommen. Trotzdem meinten die Reformer 1996, man könne ja nicht jedem Kita-Kind ein Examen in Mittelniederdeutsch oder Altsächsisch zumuten, damit es später die komplizierte Rechtschreibung beherrsche. Deshalb wurde „belämmert“ mit „ä“ zur amtlichen und alleinigen Schreibweise.
Kraus, Josef:
Winfried Kretschmann will, dass Heranwachsende (noch) weniger lernen.
Tichys Einblick,
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Kolumnen (692 wörter)
Dass die bodenlos verkorkste Rechtschreibreform (Schlechtschreibreform) nicht nur ein Kniefall vor einer fortschreitenden Legasthenisierung der Gesellschaft und einem allgemeinen Sprachverfall gleichkam, hat Kretschmann nicht auf seinem KI-Schirm.
Wir auch nicht.
2025-01-11
Kaube, Jürgen:
Antidot gegen die Verachtung der Politik.
Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
, nr. 9, s. 9,
Feuilleton (1648 wörter)
Im Jahr 1998 […] durften die schleswig-holsteinischen Bürger in einem Volksentscheid über die Rechtschreibreform abstimmen. Sie lehnten sie mit einer Mehrheit von 56,4 Prozent ab. Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) hatte zuvor angekündigt, ein solches Ergebnis durch den Landtag ohnehin wieder außer Kraft setzen zu wollen. Robert Habeck, der erst zehn Jahre später in den Kieler Landtag einzog, kommentierte das 2021 dann so: Die Menschen neigten zum Festhalten an der Vergangenheit, doch sei das Ergebnis der Volksabstimmung „nicht der Weisheit letzter Schluss“ gewesen. „so hob der Landtag den Beschluss wieder auf.“ […] Ob die Rechtschreibreform ihrerseits für ihn der Weisheit letzter Schluss war, bleibt […] offen. Immerhin hält er fest, dass am Ende alle Seiten beschädigt waren. Vor allem das Verfahren selbst war ad absurdum geführt worden. Wer sich für mehr direkte Bürgerbeteiligung einsetzt, wird das kaum unter der Kieler Voraussetzung tun wollen, dass Volksentscheide keinerlei bindende Wirkung entfalten.