Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Der Bund (e-newspaperarchives.ch), , 43. jg., nr. 238, s. 1 bis 2, erstes blatt, Schweiz, fraktur (258 wörter)
Konferenz für die Orthographiefrage
Geſtern tagte unter dem Vorſitz von Bundesrat ſchenk im Bundesrathaus die Konferenz von Abgeordneten der Regierungen, des ſchweizeriſchen Buchhändlervereins, des ſchweizeriſchen Preßverbandes, des Buchdruckereibeſitzervereins, des Typographenbundes, um über die Orthographie für die deutſche Schweiz ſchlüſſig zu werden. Die genannten Vereine hatten den Antrag eingebracht, daß die ſogenannte preußiſche, d. h. die in Dudens „Orthographiſchem Wörterbuch“ feſtgeſetzte Orthographie als zukünftige Orthographie für die deutſche Schweiz eingeführt werde, weil ſie in Deutſchland am verbreitetſten ſei und Ausſicht habe, dort zur Alleinherrſchaft zu gelangen, und weil die neue ſchweizeriſche Orthographie in der Schweiz noch nicht allgemein durchgeführt ſei und nicht darauf rechnen könne, in Deutſchland oder Oeſterreich angenommen zu werden. Als vom Departement beſtellter Referent befürwortete Profeſſor Bäbler aus Aarau den vorſtehenden Antrag. Ständerat Stößel (Zürich) ſtellte den Gegenantrag, am Beſchluß von 1881, d. h. an der ſogenannten neuen ſchweizeriſchen Orthographie feſtzuhalten. In der Abſtimmung ſprachen ſich 14 gegen 7 Stimmen für den Antrag der vier Vereine, d. h. für die preußiſche Orthographie aus. Für denſelben ſtimmten: Uri, Luzern, Schwyz, Zug. Freiburg, Solothurn, Baſelſtadt, Appenzell I.-Rh., St. Gallen, Graubünden, Aargau, Wallis. Dagegen oder für die neue ſchweizeriſche Orthographie ſtimmten: Bern, Zürich, Glarus, Baſelland, Appenzell A.-Rh., Thurgau und der Lehrerverein.
Vom 1. Januar 1393 an ſoll in den Druckereien alſo die neue Orthographie zur Anwendung kommen. Zwang kann dafür natürlich keiner ausgeübt werden. Die Veröffentlichungen der Bundeskanzlei, Bundesblatt, Handelsamtsblatt, Militärverordnungsblatt, Bulletins u. ſ. w. werden wohl künftig in der Orthographie nach Duden gedruckt werden. Der Unterſchied iſt gegenüber der neuen ſchweizeriſchen übrigens nicht ſehr erheblich.