Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Die rechtschreibreform ist überfällig
Eine vorbemerkung
“J’ai lu l‘encyclopédie“. Diesen satz wählte ein bekannter franzose als grabinschrift. Ich meinerseits wähle hier - nicht als grabinschrift, aber als motto und ausgangspunkt meines exkurses - die ebenso stolze feststellung: Ich habe das kleingeschriebene deutsche wörterbuch der brüder Grimm gelesen. Alle 32 bände. Und zwar unter der auf sicht meines verehrten dissertationsvaters Rudolf Hotzenköcherle, der die rechtschreibreform mit nachdruck und mit erfolg gebremst hat. Aber während er mit der proklamation, der verkorkste satzbau des deutschen verlange leider die grossschreibung in die geschichte der rechtschreibreform eingegangen ist, habe ich mich - unter seinen händen - vom gegner zum immer entschiedeneren befürworter der gemässigten kleinschreibung gewandelt. Denn Grimms wörterbuch, das fundamentalste, monumentalste und auch eindrücklichste werk über die deutsche sprache, hat mir ein für alle mal ad oculos demonstriert und gültig bewiesen, dass die grossschreibung der substantive unserer sprache den gewinn nicht bringt, den ihr die befürworter so gläubig zuschreiben. Dieses wörterbuch er hellt mit kleinen buchstaben die gesamte begriffswelt der deutschen sprache, und bis heute hat noch niemand zu behaupten gewagt, dass die kleinschreibung dem unvergleichlichen werk irgendeinen nach teil zugefügt hätte.
Obschon ich nie aus der rechtschreibung eine religion gemacht habe, hat diese wandlung spuren hinterlassen: Seit dreissig jahren sammle ich wie ein filatelist alles, was über den problemkreis publiziert wird: artikel, bücher, manuskripte. Und dabei stelle ich fest, dass im streit für und wider die reform seit mehr als 100 jahren im wesentlichen die gleichen argumente abgewandelt werden. Was sich vor allem ändert, sind die schimpfwörter, die stets den zeigeist widerspiegeln.
Unter den im eigentlichen sinne wissenschaftlichen werken ragen noch immer die beiträge Leo Weisgerbers hervor, die zwischen 1955 und 1964 entstanden sind. Und unter den verschiedenen publikationen, welche den problemkreis methodisch aufarbeiten, kommt den “Untersuchungen zu einer reform der deutschen orthographie“ von Dieter Nerius, DDR, (Akademie-verlag, Berlin, 1975), eine besondere bedeutung zu, unter anderem auch deshalb, weil sie einblick in die ostdeutsche forschung auf diesem gebiet vermitteln: denn während jahren wusste man nicht, was in diesem deutschsprachigen staat im hinblick auf eine rechtschreibreform unternommen wird. Selbstverständlich leisten die “mitteilungen“ mit dem titel “rechtschreibung“, welche der Bund für vereinfachte rechtschreibung (Pflugstrasse 18, 8006 Zürich) herausgibt, unentbehrliche informationsdienste.
Da sich, wie erwähnt, die meisten autoren in diesem mehr als 100 jahre dauernden streit stets wiederholen, sei auch mir erlaubt, einen beitrag zu variieren und auf den neuesten stand zu bringen, der vor sechs jahren erschienen ist. Neu sind vor allem die bemerkungen zum problem der lesbarkeit.
Niemand weiss, was ein substantiv ist
Es ist weder den barocken grammatikern noch ihren nachfolgern gelungen, genau zu umschreiben, was eigentlich unter einem substantiv zu verstehen wäre. Den begriff “nomen“, der die mittelalterliche grammatik beherrschte, konnte man leichter abgrenzen: Er umfasste alle wörter, die der deklination unterliegen, also neben den nomina propria vor allem auch die adjektive. Wohl unter dem einfluss der philosophischen substanzlehre hat sich dann aber das undefinierbare substantiv theoretisch verselbständigt, und es ist deutschem schulmeisterdenken und deutscher pedanterei (Grimm) gelungen, eine substantivweltanschauung aufzubauen.
Aber weltanschauungen, die sich nicht in zehn sätzen zusammenfassen lassen, taugen bekanntlich nichts. Was soll man da denken, wenn schon der grammatiker Adelung 1788 der grossschreibung 16 seiten widmen musste, und wenn sich das Dudentaschenwörterbuch (band 6) gezwungen sieht, 256 seiten mit 76 regeln an die grossschreibung zu verschwenden?
Dr. Jakob Knaus hat den widersinn dieser regeln am radio treffend skizziert: “Wenn ich radfahren will, muss ich “radfahren“ in einen wort klein schreiben, will ich aber, dass er Rad fährt, so muss ich dies in zwei wörtern schreiben, wobei das “Rad“ mit grossem buchstaben beginnt. Wenn ich dagegen Auto fahren will, muss ich in jedem fall getrennt schreiben und “Auto“ selbstverständlich gross. Es kommt also auf das vehikel an, ob ich es gross und getrennt oder klein und zusammen schreiben muss.“
Ich will darauf verzichten, den widersinn an dutzenden, ja hunderten von beispielen zu demonstrieren. Aber den hinweis auf mindestens zwei klassische funde möchte ich nicht unterlassen: auf “eine Zeitlang“ und auf “drei Viertelstunden“. Selbst der eingefleischteste freund der grossschreibung gerät ins nagelkauen, wenn er erläutern soll, warum nun eigentlich “eine Zeitlang“ ein substantiv sei. Als eigentliche kinderquälerei aber muss es bezeichnet werden, wenn man die schüler darauf abrichtet, “dreiviertel Stunde“, “in dreiviertel Stunden“ und “in drei Viertelstunden“ voneinander zu scheiden.
Völlig unentwirrbar sind die verhältnisse bei den “substantivisch gebrauchten“ wortarten. Sie lassen sich nicht durch eine liberalisierung oder durch eine vermehrte grossschreibung entwirren (beides ist schon oft vorgeschlagen worden), sondern nur durch die gemässigte kleinschreibung.
Man weist nun freilich auf die komplikationen der grossschreibung im französischen oder im englischen hin und will uns glauben machen, die gleichen schwierigkeiten müssten sich nach der reform auch bei uns einstellen. Gemeint sind z. b. die zweifel bei der schreibung von eigennamen: Maison blanche, Maison Blanche. Aber alle diese schwierigkeiten bestehen heute schon im deutschen. Die reform wird keine einzige neue hinzufügen. Die frage ist lediglich, ob es uns gelingt, möglichst viele der bestehenden schwierigkeiten durch eine sehr klare und einfache regelung zu beseitigen.
Die praxis zeigt, dass die grossschreibung nicht notwendig ist
Die grossschreibung wird vor allem mit theoretischen überlegungen verteidigt. Scharfsinnig versucht man zu beweisen, dass die reform zu schweren missverständnissen führen müsste, und man zieht mit den 55 berühmten beispielen ins feld, welche die schweizerische orthografiekonferenz seinerzeit als schwerste geschütze bereitgestellt hat.
Aber auch hier wird die theorie durch die praxis tagtäglich widerlegt. Schon früher hat der gebrauch anderer alfabete (Morse, stenografie) gezeigt, dass die kleinschreibung keine verständnisschwierigkeiten mit sich bringt. Vor allen erweist nun der siegeslauf des fernschreibers, dass die befürchteten missverständnisse nicht auftreten. Und die computertechnik kann ebenfalls auf die grossschreibung verzichten.
Dass ohne die barocke grossschreibung auszukommen ist, beweisen aber auch die vielen wissenschaftlichen werke, die kleingeschrieben sind.
Angesichts dieser überwältigenden beweise, die jederzeit nachvollziehbar sind, wirkt der hinweis auf die konstruierten beispiele (“der gefangene floh“, “der liebe frühling“) bemühend. Denn es lassen sich leicht auch gegenbeispiele konstruieren (“Die Alte ernährte sich mit Spinnen.“ “Fliegen, welch ein Genuss.“ “Wahlen in Paris“ - Bundesrat Wahlen oder volkswahlen?) Zudem sei die frage erlaubt: Warum verstehen wir das gesprochene deutsch ohne mühe, obschon beim sprechen keine grossen buchstaben gebraucht werden? Auch das argument, der “verkorkste satzbau“ des deutschen erfordere die grossschreibung, lässt sich umdrehen und widerlegen.
Das vermeintliche problem der leichtern lesbarkeit (lesetempo)
In den vergangenen jahren ist besonders ein problem mit viel getöse in den vordergrund gerückt worden: das der lesbarkeit. Man verbreitete - mit einigem erfolg - die unbewiesene, aber einprägsame behauptung, die kleinschreibung erleichtere zwar das schreiben, erschwere aber das lesen. Ich nehme mir die freiheit, diese aussage aufgrund eigener erfahrungen und versuche für falsch zu halten. Andere leute, die sich erfreulicherweise nicht mir erfahrungen begnügen, sondern wissenschaftliche antworten verlangen, haben versucht, der sache experimentell auf den grund zu gehen:
So haben Burkersrode und Burkhardt schon im jahre 1932 untersuchungen angestellt, welche eine bessere lesbarkeit der kleinschreibung ergaben. Zwischen 1968 und 1973 hat sich vor allem der österreicher Herbert Haben in den prüfstand gewagt. Auch er erzielte mit kleingeschriebenem bessere leseresultate. Ihm und einigen vorgängern wie Christian Winkler versuchte sein landsmann uni.ass. dr. Erich Vanecek mit “vergleichenden leseversuchen zur grossschreibung“ kritisch beizukommen. Aber seine ergebnisse erfüllen die voreilig geäusserten hoffnungen der reformgegner in keiner weise. Für mich selbst hat Vanecek vor allem eines schlagend bewiesen: dass es äusserst schwierig ist, über diese streitfrage sinnvolle versuche anzustellen. Deshalb halte ich beim jetzigen stand der wissenschaft und bis zum beweis des gegenteils an der durch viele eigene versuche erhärteten überzeugung fest, dass die lesbarkeit nicht eine funktion der buchstabengrösse, sondern der gewöhnung ist.
Die kennzeichnung der substantive widerspricht dem system der lautzeichen
Die buchstabenschrift hat den zweck, laute widerzugeben (wobei es sich allerdings in einigen sprachen um die historische lautung handelt). Es widerspricht nun völlig dem sinn der buchstabenschrift, wenn der benützer gezwungen wird, dem lautkriterium ein grammatisches hinzuzufügen. Die deutsche sprachgemeinschaft ist die einzige, welche den schreibenden dazu nötigt, beständig grammatische analysen vorzunehmen, um eine bestimmte wortart aufzuspüren, und diese dann vor allen andern auszuzeichnen. Es wirkt grotesk, dass wir uns der nutzlosen mühe unterziehen, jedem wirklichen oder vermeintlichen substantiv eine ehrenbezeugung zu erweisen, sobald es unsere wege kreuzt.
Wir beugen uns also noch immer dem befehl Adelungs aus dem jahre 1781: “Die zu substantiven erhobenen wörter sollen in ihrer neuen würde sogleich kenntlich gemacht werden.“
Wenn man schon den grundsatz aufstellt, bestimmte wortarten seien besonders zu kennzeichnen, so ist nicht einzusehen, warum man nicht auch die adverbien von den adjektiven abhebt. Denn es müsste eigentlich dem grammatiker in der tiefsten seele zuwider sein, dass man wörter wie “gut“ in den beiden sätzen: “Es ist gut“ und “er lebt gut“ gleich schreibt, obschon es sich das eine mal um ein adjektiv und das anderemal um ein adverb handelt. Macht sich niemand auf, auch diese möglichkeit, die rechtschreibung zu komplizieren, recht bald zu verwirklichen?
Die belastung für die schule ist unzumutbar
Nach glaubwürdigen untersuchungen verwendet die schule für kein fach gleichviel zeit mit so wenig erfolg wie für die rechtschreibung, vor allem für die gross- und kleinschreibung. Der übergang zur gemässigten kleinschreibung ist daher ein wesentlicher beitrag an die schulreform. Da die entbehrlichkeit der traditionellen regelung erwiesen ist, muss der zeitaufwand der schule dafür als unzumutbar bezeichnet werden.
Der schreibdrill beeinträchtigt den sprachunterricht
Der zwang, sich dauernd mit der grossschreibung auseinanderzusetzen, verleitet viele lehrer dazu, die entwicklung des sprach- und stilgefühls zu vernachlässigen. Deshalb stellt der herkömmliche sprachunterricht nur allzu häufig eine entbehrliche nebensache in den vordergrund. Und das leidige: durch das einpauken der grossschreibregeln kann nicht einmal das logische denken angeregt wer den (wie dies oft fälschlich behauptet wird), weil die grossschreibung nicht logisch, sondern willkürlich geregelt ist.
Die grossschreibung - eine heilige kuh
Weil dem grossschreibunterricht so viel zeit eingeräumt wird und weil verstösse gegen die regeln mit roten strichen und mit gefährlichen noten geahndet werden, erhält die beherrschung der grossschreibregeln auch eine moralische wertung: Wer fehler macht, handelt nicht gut. Daher ist (nach prof. Weisgerber) unser grossschreibsystem zu einem “objektivierten gebilde“ geworden, d.h. zu einem system, das sich mit traditionellen vorstellungen, gefühlen und argumenten aus dem unbewussten der rein logischen beurteilung zu entziehen weiss. Wo immer über die grossschreibung diskutiert wird, besteht gefahr, dass die argumentation unbemerkt durch die gefühle gelenkt wird. Das führt soweit, dass immer wieder sprache und schrift gleichgesetzt werden und dass viele leute jede änderung der schreibung als eine vergewaltigung der sprache beurteilen.
Die grossschreibung ist zur heiligen kuh geworden, die man auch dann nicht beseitigen darf, wenn sie schaden stiftet. Es ist aber zu betonen, dass sprache und schrift nicht dasselbe sind, sondern dass schrift nichts anderes ist als ein mittel, die sprache optisch wiederzugeben.
Die rechtschreibung hat auch einen sozialen aspekt
Wir wissen schon längst, dass die rechtschreibung (auch von den lehrern) als volkstümlicher massstab der intelligenz gebraucht wird. Da nun aber ihre schwierigkeiten so gross sind, dass niemand alle regeln beherrscht, fliehen die weniger geübten vor der schrift. Viele menschen empfinden beim schreiben angst, sich zu erniedrigen, andere werden dauernd vom schlechten gewissen gequält, das ihnen der lehrer eingepflanzt hat. Und das führt zu einer der blockierungen, die schuld daran sind, dass das system der éducation permanente trotz dringendster notwendigkeit nicht oder nur zum kleinen teil verwirklicht werden kann. Der grösste teil der menschen geht aus gründen, wie sie angedeutet worden sind, der fort- und weiterbildung aus dem wege.
Schrift hat, wie schon bereits erwähnt, die auf gabe, der verständigung zu dienen, nicht aber diejenige, eine vermeintliche gelehrsamkeit zu demonstrieren. Jedermann ist heute auf das schreiben angewiesen, und deshalb soll die schrift von unnötigen komplikationen befreit werden. Das buchstabenritual, welches nur dem siebenmal eingeweihten zugänglich ist, entspricht einer bildungsideologie, die nicht mehr die unsrige sein kann.
Grossschreibung und legasthenie
Zu den bescherungen der neuzeit gehört die rasche zunahme der legasthenie (der leserechtschreib-schwäche). Da sich schon der schulneuling - allen gegenteiligen empfehlungen zum trotz - auch mit der grossschreibung abzugeben hat, verschlimmert sich die schwäche. Fachleute, die dieses gebiet nervöser störung erforschen, rufen eindringlich nach einer vereinfachung der rechtschreibung.
Steigerung der schreibleistung
Die erkenntnis, dass durch die gemässigte rechtschreibung die leistung auf der schreibmaschine ohne zusätzliche anstrengung um gut 20 prozent zu steigern ist, stammt nicht von heute. Aber man hat dieses argument stets entrüstet von sich gewiesen: Wie kann man auch, wo es um “fragen des geistes“ geht, nützlichkeitsüberlegungen anstellen? An die gegenfrage hat man nicht gedacht: Wie kommt es, dass man ein instrument des geistes so kompliziert gestaltet, dass es seine aufgabe nur unvollkommen und nur sehr kostspielig erfüllen kann? Wäre es nicht an der zeit, diese möglichkeit der rationalisierung dankbar zu nützen? Wie lange noch soll das heer der sekretärinnen und aller andern schreiber 20 prozent nutzlose arbeit leisten?
Die rechtschreibreform ist kein kulturbruch
Viele gegner der rechtschreibereform bezeichnen den übergang zur kleinschreibung als einen kulturbruch (freilich ohne zu erklären, was ein “kulturbruch“ ist). Sie übersehen, dass sich die kultur nur durch wandel weiterentwickelt. Wenn man jeden wandel als bruch bezeichnet, dann besteht freilich unsere kulturgeschichte aus einer kette von kulturbrüchen.
Von einem eigentlichen kulturbruch kann aber sinnvoll nur dann gesprochen werden, wenn eine änderung dermassen wesentlich ist, dass die kommende generation das schaffen der vorfahren weder erkennen noch weiterführen kann. Würden die Chinesen eines tages von der bildschrift zur lautschrift übergehen, so könnte man wohl von einem kulturbruch sprechen, weil alle bisherigen inschriften und publikationen den folgenden generationen unverständlich würden. Der über gang zur kleinschreibung ist jedoch in diesem sinne überhaupt kein bruch, weil heute schon die grossschreibung und die kleinschreibung problemlos nebeneinander leben und weil nach dem übergang alle früheren texte ohne schwierigkeiten lesbar bleiben. Im gegensatz dazu sind die handschriften unserer vorfahren durch den verzicht auf die “deutsche schrift“ für die junge generation beinahe unlesbar geworden. Ja selbst die frakturschrift bereitet ihr erhebliche mühe. Dennoch ist auch durch diesen übergang kein wirklicher kulturbruch entstanden.
Die umstellung verursacht weder wirtschaftliche noch organisatorische probleme
Die umstellung auf die kleinschreibung braucht sich nicht von einem tage auf den andern zu vollziehen. So wie alte und neue briefmarken nebeneinander gebraucht werden können, so wird es auch während zehn bis zwanzig jahren die alte und die neue schreibweise nebeneinander geben. Es besteht nicht der geringste grund, den gesamten stehsatz zu vernichten, um sofort alle neuauflagen anzupassen (wie dies die verleger stets zu unrecht behaupten). Kein fachbuch muss neu aufgelegt werden, bevor der inhalt veraltet ist, kein katalog ist neu zu schreiben. Das dänische beispiel zeigt, wie harmlos die umstellung vor sich geht:
Zunächst verzichten die schule und die verwaltungen auf die majuskeln, dann folgen nach freiem belieben die zeitungen, und auch die verleger stellen sich nach eigenem ermessen um. Wichtig ist ja nur, dass die schule sofort von der diktatur der grossen buchstaben befreit wird.
Wir sollen nicht hörige, sondern herr der schrift sein
Es ist nicht einzusehen, warum eine sprachgemeinschaft unzweckmässige und schädliche rechtschreibregeln von generation zu generation weiterschleppen sollte, wenn eine verbesserung so leicht möglich ist. Traditionen in ehren, aber wir haben das recht, sie auf ihren sinngehalt und ihre berechtigung zu prüfen. In bezug auf unser problem heisst das: Wir wollen nicht hörige, sondern herr der schrift sein (wie dies prof. Leo Weisgerber gefordert hat). Ist es nicht so, wie der schulmeister und grammatiker Valentin Ickelsamer um 1530 herum in seiner Teütschen Grammatica geschrieben hat: “Orthographie ist die sau in der Grammatica“?