Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Kleinschreibung
Von Mikael Krogerus
Herr Rolf Landolt, Sie sind Vorsitzender des BVR (Bund für vereinfachte rechtschreibung). Was genau soll vereinfacht werden?
Das nahziel ist seit der gründung im jahre 1924 die eigennamengrossschreibung, das heisst die kleinschreibung der substantive.
Gibt es nicht viel tückischere grammatikalische Hürden als die Klein-/Grossschreibung?
Vielleicht. Ich frage mich auch, wer irgendwann «frug» in «fragte» verwandelte. Die sprachpflege ist ja grundsätzlich umstritten. Aber bitte unterscheiden sie zwischen grammatik und rechtschreibung. Bei der schreibung ist es ganz einfach: Sie wurde gemäss einem nachvollziehbaren konzept «gemacht».
Und warum wurde eine Klein- und Grossschreibung gemacht?
Wir haben zwei sorten buchstaben, weil bei einer weiterentwicklung (karolingische minuskel) die alte form (römische capitalis) beibehalten und umfunktioniert wurde. Der grossbuchstabe hat heute eine signalfunktion. Das deutsche ist heute die einzige sprache, die grossbuchstaben als signal bei substantiven verwendet. Das ist eine eindeutige übertreibung, vom strassenverkehr wissen wir ja, dass signale bei zu häufigem auftreten entwertet werden.
Wie sehen Sie die Chancen, die Kleinschreibung durchzusetzen?
Der BVR hat trotz 900 zahlenden mitgliedern, was beachtlich ist, zu wenig macht oder geld oder was auch immer.
Sie geben auf?
Keinesfalls! Schon für Konrad Duden war seine reform von 1901 «kein meisterwerk», sondern nur ein «zwischenziel», das «keineswegs für alle zeiten» zementiert werden dürfe. Also bitte nicht über die rechtschreibung jammern, sondern klein schreiben und mitglied des BVR werden!
Wie gestaltet sich das Vereinsleben?
Mit ihren jahresbeiträgen und spenden finanzieren unsere mitglieder kein «vereinsleben» (ausser einer schwach besuchten jahresversammlung), sondern die verfolgung unseres ziels.
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