Als vor Jahren in Deutschland verlautbart wurde, die Rechtschreibung werde reformiert und an unsere zurzeit gültigen Bedürfnisse der Vereinfachung, wie von allem und jedem, hier aber im Speziellen im Hinblick auf die Aufnahmekapazitäten unserer Auszubildenden, angepasst, liess mich das kalt. Doch dann nahm das Reformwerk Formen an. […] Unsere Verlagswerke, bestimmte ich, mit der Rückendeckung unserer Autoren, sollten weiterhin nach der bewährten klassischen Orthographie gedruckt und publiziert werden. […] Jedenfalls ist ein existentieller Streit im Gange, soviel zeichnet sich ab, geht es doch nicht um weniger als uns selbst, merkt doch endlich auf, Leute!, unsere Sprache und darum, wie sie für alle verbindlich zu schreiben ist — damit wir uns auch schriftlich eindeutig verständigen können, notabene. […] Kann es sein, dass wahlabhängige Politiker bestimmen, wie zu schreiben ist? Kann es sein, dass die Duden-Redaktion bestimmt, wie zu schreiben ist? Nein. Politiker dekretieren heute die Verschickung von Friedenstruppen und morgen das Subventionsgeld für Milchkühe, und das wollen und sollten wir uns nicht bieten lassen, dort, wo es um unser teuerstes Gut, unsere Sprache geht. […] Ein Vorschlag zum Schluss: Unterhalten wir an der Berliner Akademie, deren Vorsitz zurzeit Adolf Muschg innehat, eine ständige Sprachkommission, die wir zu unseren nicht herrschaftlichen, sondern demokratischen Sprachwächtern machen. […] dann haben wir so etwas wie eine vergleichbare Institution, wie sie in Frankreich seit 1635 existiert.
Überlassen wir den politikern so unwichtige dinge wie den globalen umweltschutz und den weltfrieden. Für wichtiges wie die rechtschreibung schaffen wir sich selbst konstituierende ältestenräte — und nennen das auch noch demokratisch. Es steht herrn Muschg natürlich frei, noch eine kommission zu bilden, nur ist dann noch ein problem zu lösen: Wer gibt ihr das weisungsrecht für die volksschule?