"Denke an das Unbehagen, das wir empfinden, wenn die Rechtschreibung eines Wortes geändert wird", heißt es mahnend in einem Text von Ludwig Wittgenstein. […] aber auch die "noch tieferen Gefühle, die Fragen der Schreibung von Wörtern in manchen Menschen aufgeregt haben", verstand er als Beleg dafür, daß wir ein über praktische Belange hinausgehendes Verhältnis zu Schrift und Rechtschreibung haben können. […] "Die Buchstaben alle ungefähr von der gleichen Größe, immer wiederkehrend; die Wörter, die sich zum großen Teil ständig wiederholen und uns unendlich wohlvertraut sind, ganz wie wohlvertraute Gesichter." Jede Änderung der Schreibung greift in dieses Bild ein und stört die Bewegung des Lesens.
Wie «wohlvertraut» die «Gesichter» in wahrheit sind, zeigen die lese- und schreibkompetenzen. Unsere tieferen gefühle sagen uns, dass es unter den vielen gesichtern auch hässliche, unbehagen auslösende gibt. Jedenfalls sind «tiefere gefühle» etwas hoch gegriffen, wenn es nur um die erhaltung des status quo geht.