Als der österreichische Germanist Richard Schrodt […] Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung wurde, war die Wende gerade schon vorbei. […] Ob man zur Wendezeit keine anderen Sorgen gehabt habe, als die Rechtschreibreform voranzubringen? „Na ja, man hat immer andere Sorgen…“ Für die Wissenschaftler sei das kein Thema gewesen, wohl aber für manche Medien, meint Schrodt.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
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König, Ewald
Da Werthebach in den letzten Jahren der Kohl-Regierung als Staatssekretär im Bundesinnenministerium für die Rechtschreibreform zuständig war, weiß er jedoch aus eigener Erfahrung, wie unbeliebt von oben verordnete Sprachvorschriften sind.
"Nachvollziehbar" findet der Kulturpolitiker der rotgrünen Regierung, daß die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" soeben die neuen Rechtschreibregeln übernimmt, dabei aber ihre eigene Variante wählt. Ob ihm das nicht Bauchschmerzen bereite, wenn sich jeder seine eigene Rechtschreibung zurechtlegt? "Eigentlich nicht", ruft Naumann im Gespräch mit der "Presse" indirekt zum bürgerlichen Widerstand auf. Wie weit könne diese Art von bürgerlichem Widerstand gehen? "Der Widerstand wird nicht zu Mißverständnissen führen, sondern einfach zu unterschiedlichen Schreibweisen. Allerdings wird das den Lehrern das Leben schwer machen, und den Schülern auch." Naumann sieht in der Rechtschreibreform eher eine zivilisatorische Fehlentwicklung.
Eberhard Diepgen, Berlins Bürgermeister, und Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier halten Änderungen der Rechtschreibreform für nicht mehr möglich. […] Obwohl Bayern in der Rechtschreibung einen "Änderungsbedarf" gesehen habe, habe es eine Reihe zu weit gehender Vorschläge abgelehnt. "Auf diese Weise sind uns zum Beispiel die radikale Kleinschreibung und Schreibweisen wie keiser, bot, al, atlet oder frefel erspart geblieben. Für ein Kippen der Reform sehe ich aber keinen Anlaß."
Schleswig-Holstein ist seit einer Woche eine regelrechte Sprachinsel im deutschsprachigen Raum. Ob von hier der beharrliche Protest noch einmal auf die anderen Bundesländer sowie auf Österreich und die Schweiz überspringen kann oder ob vielmehr die Einflüsse der "reformierten" Bundesländer auf die Sprachinsel aushöhlt, sorgt für große Verwirrung.
Der Bundestag hält die "Wiener Erklärung" nicht für rechtsverbindlich. Die neuen Rechtschreibregeln sollen noch einmal gründlich überdacht werden.
Christian Meier, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, fordert den Stopp der Rechtschreibreform: "Man mutet uns zu, evidente Dummheiten zu begehen." […] Christian Meier: Wir finden uns nicht bereit, mit der Kommission fünf Stunden lang zu verhandeln, weil wir darin keinen Nutzen sehen. Die sind verrammelt und handlungsunfähig, weil sie so tun müssen, als ob alles beim alten bliebe.
Von der Regelungswut zur völligen Beliebigkeit: Die Rechtschreibkommission setzt sich dem Vorwurf groben Unfugs aus. Schüler, die bereits danach lernen, Lehrer, denen die Haare zu Berge stehen, Experten, die Ratschläge erteilen, Eltern, die klagen, Bürger, die Volksbegehren anstrengen, Kultusminister, die Kompromisse suchen, Richter, denen Entscheidungen abgenötigt werden, Verlage, die ein Desaster befürchten — die Verwirrung um die Rechtschreibreform könnte größer nicht sein. […] Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht zur Verwirrung beigetragen wird. Der jüngste Coup war der Vorschlag der "Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung", wonach bei der geplanten Reform neben der neuen Schreibweise auch viele alte Varianten zugelassen werden sollen.
Der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt will die Reform ausgesetzt wissen. Das Durcheinander sei für Schüler unzumutbar.
Anfang Dezember soll der deutsche Bundestag über die Rechtschreibreform entscheiden. In Niedersachsen, wo die zweite Instanz den Gegnern des Regelwerks recht gegeben hat, wird die Reform nun bis auf weiteres ausgesetzt.
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