Von Haus aus Mathematiker, habe ich […] mit großen Korpora zu tun, und besonders beim Untersuchen der signifikanten Zusammenhänge zwischen Wörtern kann man nur zu dem Schluss kommen: Wenn man Sprache […] betrachtet, kann alles passieren. Es gibt nahezu keine Regeln ohne Ausnahmen. Und genau da scheitert die Rechtschreibreform: Indem sie vorgaukelt, die Sprache (oder die Schriftsprache) durch einfache Regeln fassen zu können. Es geht einfach nicht. Und darauf weisen weder die Rechtschreibkommission noch Experten, einschließlich Prof. Theodor Icklers, hin. […] Aber so sehr sich Ickler über die umständlichen Formulierungen des Fehlereingestehens der Kommission amüsiert, so wenig erwähnt er (und erwähnen seine Leserbriefschreiber im Internet), dass die alte Rechtschreibung ebenso inkonsistent war.
Und mit zu vielen regeln geht es auch nicht, wie die erfahrung zeigt. Vielleicht hat der matematiker verständnis für die folgende überlegung. In der technik gibt es nur einen weg, kommunikation in den griff zu bekommen: arbeitsteilung gemäss einem modell mit unabhängigen, austauschbaren schichten (layers). Dieser idee liegt die erfindung der buchstabenschrift zu grunde. (Man kann auch in fraktur, steno, braille, kyrillischer schrift deutsch schreiben.) Dagegen hat man mit tendenzen, sprache und schreibung durcheinander zu bringen (semantik in der schreibung), schlechte erfahrungen gemacht dadurch wird das system unnötig komplex. Hier haben sich Ickler und die seinen festgerannt (SZ vom 31. 12. 2001 samt anmerkung), und hier ist ihnen der beifall der leserbriefschreiber gewiss. Dagegen ist die neuregelung auf dem richtigen weg, allerdings «behutsam» oder (noch) inkonsequent, und da sind ihr die prügel gewiss.