
Sicher ungewollte, aber wirkungsvolle Wegbereiter der modernen Sprachverwirrung sind diejenigen, von denen wir eigentlich den Schutz der Sprachkultur erwarteten: die Gelehrten nämlich, die die Reform der deutschen Rechtschreibung zu verantworten haben. Zwar dürfte kein Deutschlehrer Probleme gehabt haben, die neuen Regeln und all ihre Änderungen jeweils rasch in seinen täglichen Sprachgebrauch zu integrieren, doch für all diejenigen, denen es schon vor der Reform Mühe bereitet hatte, einen fehlerfreien Satz hinzukriegen, für die gabs nun gar keinen Halt mehr. Richtig? Falsch? Die von der Schule durchs Leben geschleppte Demütigung der ungenügenden Deutschnoten durfte einem Gefühl der Befreiung weichen: Spätestens seit Mitte der 2000er Jahre schreibt jeder anders, selbst die Journalisten, gefühlt gibts kein Falsch mehr. Nur der ungeliebte Deutschlehrer kann noch sagen, was in dem Durcheinander wirklich falsch ist. Vor allem bei den Nutzer-Kommentaren im Internet zeigt sich, wie weit die Verwahrlosung der Sprache fortgeschritten ist. Grammatikregeln, Zeichensetzung und Rechtschreibung sind dem Zufall überlassen, zu den klassischen Konflikten mit der Rechtschreibung gesellen sich wirre Interpretationen der Rechtschreibereform.
Waren die internetkommentare vor 1996 besser?