Hätte man die jetzige ß/ss-Schreibung bereits 1901 nach österreichischem Vorbild eingeführt, wäre es vermutlich nie zu dem phonetischen Chaos gekommen, von dem wir jetzt betroffen sind.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
→ presseartikel →
autoren
neue personensuche
Möcker, Hermann
Die Gründe, warum manche oder viele Schreiber glauben, ß beim Worttrennen in s-s auflösen zu müssen, dürften einerseits lang zurückreichende historische Ursachen haben, anderseits im Streben nach einer einfach scheinenden Schreibpraxis ohne lange phonologische Reflexionen liegen, und schließlich drittens im schreibtaktisch-psychologischen Bereich.
Der Arbeitskreis, der sich auf offizielle Aufträge berufen kann, hat vor der Wahl gestanden, entweder dem bisher gültigen amtlichen Regelwerk von 1902 (das nicht gerade orthographischer Weisheit letzter Schluß war und das durch verschiedene Nachträge eher unübersichtlich geworden war) ein paar neue bunte Flicken aufzunähen oder das Regelwerk von 1902 durch ein neues zu ersetzen. […] Was nun seit der Frankfurter Buchmesse 1992 auf dem Tisch liegt, ist als künftige amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung gedacht. Den langen Bemühungen um eine Rechtschreibreform Rechnung tragend, versichert der Arbeitskreis, es sei darum gegangen, „durch behutsame Änderungen … die Systemhaftigkeit der Rechtschreibung und den Grad der Allgemeingültigkeit ihrer Regeln zu erhöhen“ (S. XIII).
Man muß sich damals wohl etwas gedacht haben, als Artikel/Pronomen "das" von der neuen Konjunktion "daß" rechtschreiblich geschieden wurde.
Das „scharfe S“ (ß) […] wird in bestimmten (Auslaut-)Positionen widersprüchlich und willkürlich auch nach kurzem Vokal verwendet, z. B. die Fässer – das Faß. Es ergibt sich besonders beim Konjugieren der Verba ein ständiges „Pendeln“ zwischen ss und ß, z. B.: ich fasse, du / er / ihr faßt, wir / sie fassen; ich faßte, habe gefaßt (statt: fassen – fasste – gefasst). Dieser Hokuspokus bei der Umwandlung von „ss“ in „ß“ nach kurzen Selbstlauten muss endlich aufhören; es handelt sich dabei um eine Rechtschreibregel der Kurrentschrift. […] Schon seit über 100 Jahren fordern verantwortungsbewusste Rechtschreibreformer die sogenannte „reduzierte ß-Schreibung“, welche das „scharfe S“ (ß) auf seine ureigenste Aufgabe beschränkt: die Kennzeichnung eines „scharfen“ (stimmlosen) S-Lautes nach langem Selbstlaut und nach Zwielaut […]. Die Abschaffung des Längenzeichens „ß“ und sein widersprüchlicher Ersatz durch das Kürzezeichen „ss“ ist […] kein tauglicher Vorschlag zu einer Rechtschreibreform.
neue personensuche