Während der NS-Zeit planten linguistische Eiferer eine radikal veränderte Rechtschreibung. Zwar stoppte Hitler selbst das Projekt - aber die Ideologen machten nach Kriegsende weiter. […] "So viel Material zu finden, das hätten wir kaum für möglich gehalten", erzählt Markner, 37. […] was sie entdeckten - und in einem präzise recherchierten Buch auch publik machten - liefert ein geschichtliches Lehrstück der ungewohnten Art. […] Erst die 68er-Bewegung brachte einer neuen Generation von Reformern den nächsten Auftritt. Mit der Botschaft, Schüler sollten weniger Fehler machen, nutzten die Schreibänderer nun die linke Vision der Chancengleichheit als Vehikel ihrer Pläne. Und diesmal drang das "Volksbeglückungsprojekt" (Markner) nach Jahren der Lobbyarbeit tatsächlich durch: Mit vielen Abstrichen wurde 1996 eine Schrumpf-Version des Neuschriebs beschlossen; 1998 trat sie in Kraft. Die Folgen spüren Leser und Schreibende bis heute. Reinhard Markner meint lächelnd: "Eigentlich hätte Helmut Kohl die Sache damals leicht stoppen können - mit ein paar gezielten Anrufen."
Die idee mit dem kanzlerbefehl analog dem führerbefehl lässt befürchten, dass sich seit dem untersuchungszeitraum nicht viel geändert hat in Deutschland – oder vielleicht auch nur bei leuten wie Reinhard Markner.