Der Philologe, der in seiner eignen Zunft auf den hundertjährigen und schließlich gescheiterten Versuch zur Einführung der gemäßigten Kleinschreibung zurückblickt, darf sich die Frage wohl durch den Kopf gehen lassen, ob mit den Substantivmajuskeln nicht bloß die Orthographie, sondern vielleicht unsere neuhochdeutsche Schriftsprache betroffen sei. […] Wie nun, wenn im 17. und 18. Jahrhundert deutsche Prosaisten ihren eigenen Stil so fortgebildet hätten, daß sie am visuellen Geländer der Substantivmajuskeln syntaktisch immer kompliziertere Sätze zu bauen wagten? […] Nicht die derzeitige Regelkasuistik ist zu schützen, sondern eine praktikable Art der Großschreibung. Man sollte ihr erlauben, mit einfachen Regeln auszukommen, indem man sie im berüchtigten Randgürtel der Grenz- und Zweifelsfälle liberalisiert.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
→ presseartikel →
autoren
neue personensuche
Studer, Eduard
Mancher Leser wird sich an die seit Jahren wieder hin- und herwogende Diskussion um die Orthographiereform mit Unlust erinnern und fragen, ob es damit nun plötzlich so eile […]. Die nach beiden Weltkriegen stürmisch auftretenden Reformer haben die alte Erfahrung in den Wind geschlagen, daß in dieser Sache alle radikalen Vorschläge Gefühle verletzen, die dann längere Zeit auch für milde Offerten nicht mehr ansprechbar sind. Es ist nun einmal nicht dasselbe, ob man sich […] darauf einigt, eine von der Praxis längst unterspülte Regel ohne viel Lärm mit einer angemesseneren zu vertauschen, oder ob die Reformpartei darauf beharrt, sozusagen vom Schaltbrett aus eine Neuerung durchzusetzen, die das jedem vertraute Schriftbild aufs Mal entscheidend verändern und entwerten müßte.
Eine alte erfahrung: Das fehlen echt radikaler vorschläge führt dazu, dass auch unsere milden viel lärm verursachen.
neue personensuche