Aktuell herrscht ein unübersichtliches und willkürliches Regelchaos, das dringend nach Bereinigung schreit. Mehr Sprachdemokratie würde helfen.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
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Wachter, Rudolf
Doch die Rechtschreibreform von 1996, von der Sprachgemeinschaft nie akzeptiert, aber von der Politik zum Gesetz erhoben, hat ein jämmerliches Chaos angerichtet. Und das heute gültige amtliche Regelwerk 2006, das der seit 2004 tätige „Rat für deutsche Rechtschreibung“ ausgearbeitet hat, hat die Situation nicht verbessert: Denn anstatt die begangenen Fehler einzugestehen und zurückzunehmen, hat man sich fast durchgängig darauf beschränkt, die bewährte, herkömmliche Schreibung als „Variante“ neben der neuen wieder zu erlauben. […] Immer wieder wird beschwichtigend betont, das durch Reform und Variantentrick entstandene Chaos betreffe ja nur wenige Wörter pro Seite Text. Das ist richtig, entscheidend ist aber, dass es die Anything-goes-Mentalität der Sprache gegenüber stark gefördert hat.
Geht denn nicht anything?
In der Tat haben «Homer wie die Griechen insgesamt in ihrer archaischen Zeit, zumal zwischen etwa 800 und 600 v. Chr., ungeheuer viel aus dem Orient übernommen». […] Vielleicht die wichtigste Übernahme der genannten Epoche ist jedoch das Alphabet (kurz nach 800) […]. Das Entscheidende geschah in diesem Fall schon gleich bei der Übernahme […]. Dabei lernten die Griechen von ihren orientalischen Handelspartnern die Zeichen und Namen der Buchstaben, nahmen aber am Alphabet, das ausschliesslich Konsonantenzeichen enthielt, eine ganz entscheidende Verbesserung vor, indem sie - wohl zuerst versehentlich, dann aber sogleich auch bewusst - gewisse für sie unbrauchbare Konsonantenzeichen zu Vokalzeichen umdeuteten und ein zusätzliches hintanhängten (Ypsilon). Damit erfanden sie, ohne es zu merken, die sogenannte Laut- oder Phonemschrift, das gleichzeitig einfachste und genaueste Schriftprinzip, das es für menschliche Sprache geben kann […].
Die Initiative zu einer Veränderung des Regelwerks zu ergreifen, ist dagegen nicht Sache der gelehrten und politischen Obrigkeit. Die muss von der Basis kommen, und Veränderungen müssen vor einer Sanktionierung Punkt für Punkt sorgfältig evaluiert werden. So hat das früher der Duden gehalten.
Wie ist das mit der «gelehrten und politischen obrigkeit» und der «basis»? Der duden gehört nicht zu ersterem? Und der Bund für vereinfachte rechtschreibung? Da lebt der herr professor wohl zu sehr in dem von ihm selbst zitierten «elfenbeinturm».
Orthographie ist historisch gewachsen. Die von Wissenschaftern ohne Not und gegen den Sprachgebrauch konstruierte Reform ist inkonsistent und wurde von Politikern ohne Sachkunde überstürzt eingeführt. Noch ist es nicht zu spät für einen Verzicht.
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