
Die Ergebnisse der II. Orthographischen Konferenz wurden, wie könnte es anders sein, nicht von allen positiv bewertet. Den einen blieben sie auf halbem Wege stehen, den anderen waren sie ein Bruch mit dem Gewohnten. […] In einem föderalistischen Gebilde wie dem deutschen Reich, in dem — damals wie heute in der Bundesrepublik — die Kultushoheit und damit auch das Schulwesen in der Hand der einzelnen Teilstaaten lag, war ein für alle verbindliches orthographisches Regelwerk ein eminent wichtiger Baustein nationaler Kulturpolitik, der umso bedeutsamer war, als er in einvernehmlicher Zusammenarbeit mit Österreich und der Schweiz zustande kam. Schliesslich ist deutsche Rechtschreibung im Zweifel kein einzelstaatliches Problem. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass das Zustandekommen der Regelung von 1901 und dasjenige der Neuregelung von 1996 zahlreiche Parallelen aufweist. Im Guten wie im Schlechten — werden manche sagen — hat sich die Geschichte wiederholt.