Die im Präsidialdepartement angesiedelte Abteilung Stadtentwicklung will auf Antrag der Standort- und der Tourismusförderer in allen amtlichen Dokumenten, Publikationen – nach innen wie aussen – und Beschilderungen einzig noch die Schreibung «Zurich» akzeptieren. Nur so könne man sich im globalen Kontext als Brand positionieren, heisst es dazu in einem internen Papier.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
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urs. = Bühler, Urs
Seit einigen Wochen deutschen wir zwei Fremdwörter so ein, wie es im Sprachraum üblich geworden ist: «Plastic» wird in allen Bedeutungen zu «Plastik». Und «placieren» kommt jetzt auch bei uns als «platzieren» daher.
Ist ewiggestrig, wer noch auf sprachlich formale Präzision pocht? [Kaehlbrandt:] Tatsächlich ist die Kritik an Sprachnormen sehr verbreitet. Das hat mit dem flüchtigen Sprachgebrauch in den digitalen Medien zu tun, auch die Rechtschreibereform hat mit ihrem Hin und Her Schaden angerichtet: In einigen Bereichen hat sie übertrieben, durch die allgemeine Verunsicherung haben jene Auftrieb erhalten, die Normen überflüssig finden. Das bedaure ich sehr.
Ach, die Wahl der Wörter, sie ist halt ein wunderbares Spiel- ebenso wie ein Minenfeld: Gerade deshalb sind Sprachmoden kritisch zu beäugen. Dieser Erkenntnis sei hier der zweite Teil unserer Sprachbetrachtungen gewidmet, zu deren Fortsetzung wir uns durch die Reaktionen auf den ersten ermutigt sehen: Dieser hat unter dem Titel «Apostrophitis und schlimmere Seuchen» (NZZ 2. 12. 16) ein reiches Echo gezeitigt. […] Erwartungsgemäss kontrovers aufgenommen wurde unsere Anmerkung, der ganze Schlamassel sei nicht der Rechtschreibereform anzulasten.
Fehlerreiches Schreiben ist wie Sprechen mit vollem Mund: unanständig und der Verständigung abträglich. […] Keine Gämse schleckt es weg und auch keine Gemse: Mit der Rechtschreibereform haben die Probleme wenig zu tun, ob man dieses Tier nun neu mit «ä» schreibt oder, wie diese Zeitung, die alte Schreibung bevorzugt. Natürlich haben die Reformer und ihre Vollstrecker an ein paar Stellen etwas gepfuscht, etwa indem sie als Hofknicks vor den Angelsachsen die Apostroph-Regeln liberalisiert und so der eingangs erwähnten Seuche Vorschub geleistet haben. Aber insgesamt ist das System vereinfacht und der Wegfall einiger Schreibvarianten so verschmerzbar wie damals, als die Schweiz das mitunter differenzierende Eszett abschaffte (als letzte hiesige Zeitung zog übrigens 1974 die NZZ mit). Ist dieses Land, seit es Masse und Maße nicht mehr zu unterscheiden weiss, etwa zu einer Brutstätte von Missverständnissen geworden? Nein, das Problem sind nicht die Regeln an sich. Es ist das allgemein erhöhte Tempo, gepaart mit wachsender Gleichgültigkeit gegenüber Sorgfalt und formalen Kriterien, deren Beachtung kaum mehr jemand einzufordern wagt.
[…] eine Seuche, die seit Jahren den deutschen Sprachraum heimsucht. […] Einst war er ein sinnstiftendes Zeichen - geflochten in Iris' Haar beispielsweise oder eingebrannt in Marx' Kapital als Signal dafür, dass ein Buchstabe weggefallen war. Dann begann sich der Apostroph von seiner Stellvertreterfunktion zu lösen, sich hemmungslos zu vermehren […]. So torkeln Apostrophe nun durch den ganzen Sprachschatz, sie schwimmen in Drink's und Fondue's, fallen den Samichlau's an, und irgendwann gab sogar der Duden seinen Segen, dass man für Schreibweisen wie «Heidi's Blumenparadies» nicht in der Hölle schmort.
[…] die «Generation Autokorrektur». Ob diese das Lesen und Schreiben verlerne, stand als Leitfrage über dem 42. Wirz-Cocktail der gleichnamigen Unternehmensgruppe. Unter Leitung der Fernsehmoderatorin Karin Frei diskutierten die […] «Wir Eltern»-Chefredaktorin Nicole Althaus, der mit seiner Kolumne im «Migros-Magazin» zum Hausmann der Nation aufgestiegene Bänz Friedli, der Slam-Poet Simon Libsig […] und der Pädagogikprofessor Jürgen Oelkers […]. Am kritischsten äusserte sich Oelkers, der sich selbst als «relativ neurotisch» bezüglich regelkonformen Sprachgebrauchs bezeichnete und bedauerte, dass Grammatikunterricht an Volksschulen stark abgebaut worden sei. Friedli mochte nicht in diesen Kanon einstimmen und relativierte orthographische Mängel mit der Einschätzung, das Deutsch habe «eine gestörte Rechtschreibung». […] Auch gab er zu bedenken, dass vor dem Internetzeitalter individuelle Fehler einfach verborgener geblieben seien. Jedenfalls könnten hierzulande garantiert kaum mehr Leute nicht recht lesen und schreiben als früher.
[…] eine grassierende Bindestrich-Phobie, wohl aus dem englischen Sprachraum eingeschleppt, von Corporate Designers verbreitet und längst zum alltäglichen Ärgernis geworden. So müssen wir heute in Restaurants «Pastinaken Suppe» löffeln und «Thunfisch Carpaccio» bestellen, in Konditoreien «Haus gemachte Schokolade Törtchen» verdrücken […]. So nehmen wir kopfschüttelnd zur Kenntnis, dass die Stadt Zürich ihr jüngstes Angebot auf allen Kanälen als «Friedhof Forum» anpreist. […] Gegründet worden ist kein neuer Friedhof namens Forum, sondern eine Informationsstelle zu Fragen rund um Tod und Bestattung. Ein Friedhof-Forum also, wenn schon.
Einverstanden, aber nebenbei bestätigt das die erfahrung, dass die von reformgegnern verbissen verteidigte unterscheidungsschreibung in der praxis keine rolle spielt.
Die Curry-Wurst, in Deutschland fast schon ein Kulturgut, ist auch in Zürich angekommen. […] Gegen Ende der Langstrasse beim Limmatplatz beispielsweise […] gibt es seit gut einem Jahr das «Körry». Sein Name sieht wie ein Vorschlag für die nächste Orthographiereform aus […].
Jüngst sind wir in Zürichs adventlichem Gedränge an der Bahnhofstrasse im Warenhaus Globus gestrandet. […] das bediente Restaurant […] bietet […] eine breitere Auswahl an Gerichten […]. Wir fanden eine Spezialkarte vor, angeschrieben mit «Dezember Menu's». Wie soll der Nachwuchs je die Orthographie kapieren, wenn ihn solche Vorbilder umgeben?
Ja; vgl. auch fundsachen.
Wird der Druck von elektronischen Medien irgendwann so stark, dass sich die Grossschreibung von selbst abschafft? [Christa Dürscheid:] Ich glaube nicht, dass das kommt. Man hätte bei der letzten Rechtschreibereform die konsequente Kleinschreibung einführen können, nahm das aber nicht auf die Agenda, da die Widerstände zu gross waren. Die meisten akzeptieren Kleinschreibung im SMS- oder E-Mail-Verkehr, nicht aber in Zeitungstexten oder Geschäftsbriefen.
Es waren aber die widerstände der rentner, nicht der jugend.
Aber muss man das alles gleich so schwer nehmen und das ganze Paket verdammen? Etwas mehr Gelassenheit, bitte! Wer, wie der Verfasser dieser Zeilen, schon einige hundert Lernende vom Teenager- bis ins Erwachsenenalter in die neue Rechtschreibung eingeführt hat, der kann im Allgemeinen bestätigen: Im Schulalltag bringt die Reform kaum zu hohe Hürden. «Was, das ist eine Neuschreibung? Das habe ich schon immer so geschrieben!» - das ist in Klassen nicht selten zu hören.
Genau wie Kinder führen Erwachsene Wörter im Mund, von deren Bedeutung sie bei Lichte betrachtet keinen blassen Schimmer haben. Zur Vermeidung von Blössen legen sie sich Inhalte zurecht, um Smalltalk über Themen vom Existenzialismus bis zur Rechtschreibereform führen zu können.
[…] Versal-I, das als Trennzeichen zwischen weiblichen und männlichen Berufsbezeichnungen zwischenzeitlich in Mode gewesen ist. In einem Postulat forderte die SVP, in der Stadtverwaltung solle für die Durchsetzung der Duden-Regeln gesorgt und besagte Form ausgemerzt werden. […] Trotz ihrem Scheitern ist der SVP aus sprachlicher Warte Recht zu geben: Die Zwitterform ist hässlich und inkorrekt namentlich in Formen wie «GemeinderätInnen», die den männlichen Plural verschlucken. Wem neben der Gleichberechtigung auch die Sprache am Herzen liegt, dem stehen andere Wege zur Wahl.
Fast scheint es, als hätten sich anfängliche Stolpersteine der Rechtschreibereform in Luft aufgelöst. Dass dem nicht ganz so ist, zeigt sich im Vorfeld des kantonalen Abstimmungstermins vom Februar. Schwer fällt in diesem Zusammenhang manchen die Neuschreibung einer geplanten Tramlinie im Norden Zürichs. Dabei wäre es bestechend einfach: Das Flüsschen mit Namen Glatt und das Tal sollen die drei «t», die sie zusammen anhäufen, bei einer Fusion trotz nachfolgendem Vokal behalten […]. Von diesem der Logik dienenden Reformschritt will bei der Abstimmungsvorlage Glatttalbahn die kantonale Verwaltung nichts wissen mit Verweis auf den Primat des historisch gewachsenen Begriffs «Glattal».
Und wie wächst wohl die trennung am zeilenende weiter? Wird man unhistorisch Glat-tal trennen oder versuchen, schreibern und computern in aller welt und in alle ewigkeit die wiedereinfügung des 3. t beizubringen?
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