Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Was wollen wir erhalten?
Zu «Die Schwachen zu fördern …», facebook.com/LibertasGermaniae, 15. 12. 2015
Nachweis unter presse und internet
Die «Bürgerliche Freiheitsbewegung für Deutschland» will die alte rechtschreibung erhalten und sie weiteren generationen weitergeben. Unser Bund für vereinfachte rechtschreibung, gegründet 1924, will dasselbe, nur setzen wir früher an, bevor irgendwelche reformer die grossschreibung der substantive einführten. Wir haben das grösste wörterbuch der deutschen sprache auf unserer seite – und Konrad Duden! Für ihn war seine reform von 1901 «kein meisterwerk», sondern nur ein «zwischenziel», das «keineswegs für alle zeiten» zementiert werden dürfe. Wenn die rechtschreibung von 1996 eine «light-version» ist, was wäre dann Dudens entwurf von 1876, der neben einigem anderem die heutige ß-schreibung forderte?
Wir versuchen auch, etwas zu erhalten und weiteren generationen unverfälscht zu vermitteln: die buchstabenschrift. Sie ist die einfachste schrift der welt. Ihren erfindern sind wir ewig dankbar, und das beweisen wir, indem wir uns hin und wieder mit hilfe von rechtschreibreformen auf die ursprüngliche idee besinnen. «Das einfache trägt das siegel des wahren», fand schon Herman Boerhaave, 1668 bis 1738. Dabei geht man gleich vor wie bei alten, wertvollen gebäuden: Spätere, verunstaltende ein- und anbauten werden entfernt. (Wobei man natürlich ewig debattieren kann, welchen stand man wiederherstellen soll.) Verunstaltungen der fonemischen schrift sind fraktur (schon länger überwunden), grammatikalische grossschreibung (oder die grossschreibung überhaupt), 3 schreibweisen für /f/, 2 (früher 3) schreibweisen für /s/, typografische gags (trennregeln für st, ck und 3-konsonanten-regel), mischschreibungen bei fremdwörtern usw. usw. – im extremfall der weitgehende verlust des fonemischen bezugs wie beim englischen.
«Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte», mahnte der deutsche bundespräsident Gustav Heinemann. Und was Hermann Unterstöger über die sprache schrieb, gilt erst recht für die rechtschreibung: «Die Sprachwahrer und Wortwarte hängen der Vorstellung an, die Sprache habe irgendwann den besten aller möglichen Zustände erreicht und könne von da an durch Neuerungen nur noch verlieren. Es ist nicht untypisch, dass sie besagtes Ideal in aller Regel dort verwirklicht sehen, wo es mit ihrem eigenen Sprachvermögen übereinstimmt.» Die gute rechtschreibung ist also immer die, die man gelernt hat. Die Welt schrieb den bewahrern (im zusammenhang mit Stuttgart 21) ins stammbuch: «So wichtig das Bewahren auch ist – im Namen der Zukunft und der kommenden Generationen braucht es immer auch die schöpferische Zerstörung von Gewohntem. Zukunft ist nicht die Verlängerung der Gegenwart, und was die Zukunft braucht, mag den Gegenwärtigen unangenehm, ja schmerzhaft sein. Für die Zukunft einen kühnen Einsatz wagen – diese Haltung hat sich unsere […] Gesellschaft recht konsequent abtrainiert.»
Rolf Landolt, vorsitzer des Bundes für vereinfachte rechtschreibung (Zürich)