Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Beitrag im forum von www.korrekturen.de
Re: Hektare trennen (Julian von Heyl, 19. 6. 2008, auszug)
Nach neuer Rechtschreibung ist die Deppentrennung "Hek-tar" aber auch erlaubt (neben der weiterhin gültigen klassischen Trennung). Speziell in wissenschaftlichen Texten sollte man aber einen weiten Bogen um die neuen Trennungen machen, wenn man sich nicht total blamieren will.
Beitrag vom samstag, 21. 6. 2008, 13:36 uhr
> Deppentrennung "Hek-tar"
Mein lieber Julian, deine klassische bildung will dir niemand nehmen! Auch nicht die reformer von 1996. Sie wollten aber als linguisten etwas gegen den missbrauch des kommunikationsmittels ortografie zur unterscheidung von gebildeten und deppen tun. Oder wie es Konrad Duden 1876 ausdrückte: «Reinliche Beschränkung auf den eigentlichen Zweck ist überall gut, darum ist diejenige Orthographie die beste, welche, das historische Studium der Sprache den Gelehrten überlassend, nichts weiter will als treu und sonder Müh‘ das gesprochene Wort widergeben.»
Ein beispiel aus einem früheren diskussionsstrang (korrekturen.de, 12013) zu aufwändig:
Insofern vergiss das mal ganz schnell mit der "Ableitungsregel", eine solche gibt es nicht. Die deutsche Sprache ist weiterhin zu komplex, als dass man nach solch simplen Regeln Analogien herstellen könnte.
Eben, das ist es: Die sprache (die wir nie ganz durchschauen) ist komplex, und die rechtschreibung (ein menschenwerk) muss möglichst einfach sein. Dafür hat man die buchstabenschrift erfunden, und deshalb bleibt uns gar nichts anderes übrig, als «das gesprochene Wort widerzugeben». Moderner ausgedrückt: synchronie statt diachronie. Im zeitpunkt ihrer erfindung war die buchstabenschrift rein synchronisch. In der zwischenzeit ist man davon abgewichen (v. a. bezüglich schemakonstanz, hand/hände), aber die abweichungen müssen sich in grenzen halten. Andernfalls erhält man eine kombination der nachteile der buchstabenschrift mit den nachteilen anderer schriftsysteme. Keinen platz haben etymologie (auch nicht volksetymologie), bedeutung (das schafft die sprache auch ohne ortografische krücken) und grammatik (keine angst, die grammatik ist immer da, man muss sie nicht ständig ortografisch reproduzieren). Die «reinliche Beschränkung auf den eigentlichen Zweck» ist nichts anderes als das schichtenmodell (layers), das uns heute aus der technischen kommunikation vertraut ist. Unsere schrift ist also im höchsten mass modern.
Diachronie in der schreibung ist nicht nur schlecht, sondern auch langfristig unmöglich. Dazu funktioniert der mensch eben doch zu sehr synchron. (Oder man will bildung demonstrieren und verrät halbbildung.) Kann man die «simplen Analogien» des jahres 1996 ablehnen und gleichzeitig die von 1903 akzeptieren? Die sind ja nun «klassisch»! Wenn man ehrlich ist: Die von 1903 erkennt man gar nicht, und genau so wird im jahr 2089 quäntchen «klassisch» sein. Wer anderer meinung ist, muss den tatbeweis antreten und die wörter spiel, bahn, gehen ohne dehnung schreiben. Das sind, wie die reformgegner sich gern ausdrücken, «falschschreibungen», willkürliche analogien zu den «sprachrichtigen» schreibungen tier, zehn und sehen.
Noch ein wort zu den trennungsregeln: Sie sind in einem noch höheren mass als die übrigen regeln eine technisch-typografische konvention, die so oder auch anders sein kann und in die man nicht zu viel hineininterpretieren darf. Das ergibt sich schon daraus, dass man die worttrennung vermeiden kann, was man ja auch in einzelfällen und je nach textsorte ganz tut.
Übrigens: Auf «Die regulierte §chrift» von Elisabeth Leiss habe ich schon an anderer stelle hingewiesen.
Rolf Landolt, rechtschreibreform.ch
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