Eine durchgreifende Aenderung in der Orthographie hat auch ihre gewichtigen materiellen Folgen.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
ökonomie
Sollen wirtschaftliche, materielle argumente – für oder gegen eine reform – eine rolle spielen?
Einsparungen
[…] auch in der Aneignung der Orthographie der eigenen Sprache müssen viele, viele kostbare Schulstunden auf das Einprägen von unlogischen, zweckwidrigen Dingen verwendet werden. Bei zweckentsprechender Rechtschreibung könnte die ersparte Zeit für nützliche und geistbildende Dinge ausgenutzt werden.
Wilhelm Wilmanns, Die Orthographie in den Schulen Deutschlands,
Die Lehrer, die den Unterricht im Leſen und Schreiben erteilen, wurden täglich und ſtündlich an die Übelſtände gemahnt; ſie ſahen, wie viel Zeit und Mühe ſie aufwenden mußten, einem Gebrauch zu Liebe, der Mißbrauch iſt […].
Louis Wiesmann, Basler Zeitung (ganzer artikel),
Sekretärinnen sparen – die hohe Zahl überrascht – 20 Prozent Arbeitszeit ein, wenn sie Texte in gemässigter Kleinschreibung zu tippen haben.
Kosten
[…] Rechtschreibreform, deren Einführung Millionen von Arbeitsstunden vergeuden […] und mehrere Milliarden DM kosten würde […].
Michael Braun, Basler Zeitung,
Zu seinen mysteriösen Zahlenangaben befragt, verweist Denk auf einen hohen Funktionär im Börsenverein des deutschen Buchhandels, der hinter vorgehaltener Hand den «Gesamtschaden für die Volkswirtschaft» auf 12 Milliarden Mark (!) beziffert.
Petra Sütterlin, philognosie.net,
Drei verschiedene Arten von Kosten sind entstanden:
- Umlernunterricht für Schüler: 4,2 Millionen Schulstunden. Geschätzter Verlust: 289 Millionen Euro. Arbeitslöhne für Fortbildungsmaßnahmen in Sachen Rechtschreibreform. Geschätzter Verlust: 64 Millionen
- Abschreibungen von Schul- und Kinderbüchern in "alter" Rechtschreibung und die Entwertung von Büchern in klassischer Rechtschreibung. Gesamtverlust: ca. 1,16 Mrd.
- Zeitverlust durch verlangsamtes Lesen und Schreiben, Beschäftigung mit und Lernen der Rechtschreibreform (Behörden, Banken, Anwälte, Handel, Dienstleistungen – übers Formular bis zum Geschäftsbrief). Ein Zeitverlust von mehr als 250 Mio. Stunden, was einen Verlust von 3,23 Mrd. bedeutet.
Insgesamt belaufen sich die Kosten der Rechtschreibreform nach diesen vorsichtigen Berechnungen auf 4,74 Mrd. Euro.
Thomas Kaspar, fr.de (Frankfurter Rundschau),
Eine Änderung der Rechtschreibung benötigt schon eine sehr gute Begründung, damit ich bereit bin, die enormen Kosten für eine Umstellung zu bezahlen.
Robert Nef, Schweizer Monatshefte,
Zur Kostenfrage haben sich die Reformer, die diesbezüglich keine Fachleute sind, beim ursprünglichen Projekt meines Wissens nicht ernsthaft geäussert.
dpa, Schweriner Volkszeitung,
Anhörung im Landtag über Rechtschreibreform. […] Volksbegehren geplant. […] Die Initiative bezeichnete die Rechtschreibreform als ein Paradebeispiel für die Verschwendung von Steuergeld. Experten schätzten die Gesamtkosten der Reform auf 50 Milliarden Mark.
Sigmar Salzburg, rechtschreibreform.com,
Als Mohammed Atta den Airbus in einen der New Yorker Türme stürzte, bewirkte er Sachschäden fast in gleicher Höhe wie die Kosten der Rechtschreibreform.
Konrad Mrusek, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Nicht einmal die Kosten der Reform irritieren die Schweizer, die doch sonst als Rappenspalter bekannt sind.
Maria Theresia Rolland, DiePresse.at,
Was ist das für eine Haltung, hohe Geldsummen anzuführen als Grund dafür, nicht zurückzukönnen, wenn es um die Bildung und Ausbildung und damit um die Zukunft unserer Kinder geht?
Eine reformgegnerin findet also (nicht ganz unberechtigt), die kosten dürften uns nicht daran hindern, die reform rückgängig zu machen. Das gilt dann aber auch umgekehrt: Was ist das für eine haltung, hohe geldsummen anzuführen zur verhinderung einer besseren rechtschreibung, wenn es um die bildung und ausbildung und damit um die zukunft unserer kinder geht?
Schulbücher
Nicole Bastian, Stuttgarter Nachrichten,
Nicht allein Lederwarenhersteller erwarten Absatzboom durch Einführung der neuen Gemeinschaftswährung. […] Ein weiteres Beispiel sind Schulbücher […]. 4000 bis 40000 DM koste die Umstellung eines Titels, sagt Irina Pöcknatz vom Berliner Cornelsen Verlag.
Rino Mikulic, Verband der schulbuchverlage, Berliner Zeitung,
Wer eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung vorschlägt, darf die extremen Kosten nicht außer Acht lassen. Derzeit befinden sich neue Schulbücher im Warenwert von 190 bis 200 Millionen Euro in den Lagern. Nach den neuesten Entwicklungen muss man sich fragen, welche Schulen, welche Eltern diese Bücher jetzt noch für ihre Kinder kaufen. Dazu kommt die Korrektur der Bücher, die man mit 60 Millionen Euro veranschlagen muss, sodass mit insgesamt 250 Millionen Euro Kosten gerechnet werden muss. […] Schon bei der Umstellung auf die neue Rechtschreibung mussten die Schulbuchverlage 60 Millionen Euro zusätzlich investieren […]. Schulen und Eltern werden auch geschädigt. Die Schulen haben Bücher in neuer Rechtschreibung für zwei Milliarden Mark gekauft, davon sind mindestens zwei Drittel noch im Einsatz.
Regierungsrat des kantons Aargau, (chronik)
Bereits 1996 wurde darauf hingewiesen […], dass keine Veranlassung bestehe, "bestehende Lehrmittel einzustampfen oder kurzfristig ausser Kraft zu setzen." Diese Einschätzung hat sich in der Folge bewahrheitet. Die Anpassung an die neue Rechtschreibung erfolgte bei den Nachdrucken bisheriger Lehrmittel ohne nennenswerte zusätzliche Kostenfolge.
Maria Theresia Rolland, DiePresse.at,
Die [schüler] können in den Schulbüchern im Neuschrieb die Fehler anstreichen und lernen dabei, wie es richtig heißt.
Dieses rezept für die rücknahme einer reform gilt natürlich auch für die reform selbst: Die schüler können in den schulbüchern in alter rechtschreibung die «fehler» anstreichen und lernen dabei, wie es richtig heisst.
- verweis
- Wolfgang Denk, 10 Jahre Rechtschreibreform. Überlegungen zu einer Kosten-Nutzen-Analyse.