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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

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opposition

Ein paar überlegungen, warum und wie rechtschreibreformen bekämpft werden.


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Schrift kodifiziert sich selbst. Einen universellen graphischen Code gibt es auch deshalb nicht, weil die Schrift die Hauptkraft ihrer eigenen Perpetuierung ist. Ganz gleich, wie gut oder schlecht ein Schriftsystem ist, seine Sichtbarkeit suggeriert die Notwendigkeit seines So-seins. Das erklärt den Widerstand, auf den Schriftreformen gewöhnlich stoßen. Etablierte Schrifttraditionen sind konservativ.

Neben solchen Opponen­ten, denen die Reform nicht weit genug geht, weil sie z. B. nicht die gemäßigte Klein­schrei­bung herbei­führt, und die bestimmte, durchaus diskussions­würdige Punkte des Programms kriti­sieren, lehnen an­dere jeden Eingriff in die Ortho­graphie grund­sätzlich ab.

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Befürworter und Gegner einer Rechtschreibreform haben stets eigene Gütestandards und ihre eigenen Sachverständigen, die sie bestätigen.

Michael Rutschky, ,

Wie Sie sehen, interes­sieren mich die Gegner der Reform eigentlich mehr als die Reform selber.

, Süd­deutsche Zeitung,

Das eigentli­che Ärger­nis aber ist ja nicht das schwäch­liche Reform­werk, son­dern die ab­surde und ge­legent­lich an Hysterie gren­zende Argumenta­tion der von ihm in ein hektisch um sich schla­gendes Leben gerufenen Gegner­schaft. So daß ein den Vor­schlägen entgegen­gebrachtes Wohl­wollen sich weniger deren Vernunft als vielmehr der Un­vernunft der Gegner verdankt und einer soliden Abneigung gegen den Mißton ihres schrillen, fun­da­menta­listisch sich gebärdenden Eiferer­tums.

Vergessen wollen wir aber nicht, welche Miß­töne immer unsere An­strengungen beglei­tet ha­ben. In einer Mail las ich vor ein paar Jahren, Juden und Frei­maurer stün­den hinter der Recht­schreib­reform, und ihr Ziel sei die Zer­störung der deut­schen Volksseele. Ganz unbegrün­det war es also nicht, als Innen­minister Kniola (Düssel­dorf) 1998 den Wider­stand gegen die Recht­schreib­reform als rechts­extremistische Aktivität einstufte. Das sollte heute niemand vergessen.

, Neue Zürcher Zei­tung,

Ich bekenne, dass ich das Emotionalisierungspotenzial, das im Rechtschreibbereich besteht, unterschätzt habe.

Es fällt auf, dass Kri­tik an der Re­form viel­fach von Per­sonen kommt, die in Bezug auf die bis­herigen ortho­graphischen Regelun­gen keinerlei kritische Aufmerksamkeit er­kennen ließen. Erst die an­gekündig­ten Neu­schreibungen scheinen bei ihnen diese Art von Sensibilität geweckt zu haben, wobei aber seltsamer­weise wie­derum die alten Schreibungen aus ihrer Kritik aus­gespart bleiben.

Keine diskussion

Wer keine änderung will, wer am status quo festhalten will, will auch nicht diskutieren. Sich auf diskussionen einzulassen, könnte den eindruck erwecken, man halte eine reform für eine ernst zu nehmende option. Im sport kennt man diese taktik als betonfussball.

, Saar­brücker Zeitung,

Wer heute laut­stark be­klagt, eine öf­fentli­che De­batte über das Vor­haben sei aus­ge­blie­ben, muß sich an die eigene Brust klopfen. Wem war die Rechtschreib-Re­form wichtig genug, um dar­über eine Auseinander­setzung zu führen?

, Frankfurter Rundschau, , Leserbriefe

War es Zufall, dass kei­ner der jetzt so em­pörten Ho­noratio­ren sich wäh­rend der lan­gen, keines­falls geheimen Entstehungs­zeit der Reform sich dafür interessierte, sich einmischte und rechtzeitig auf Un­gereimt­heiten hinwies? War das nicht ein an­geekeltes Weg­schauen in der stillen Hoffnung, daraus würde nichts werden?

, Neue Zürcher Zeitung,

Der Vorwurf, ihr Wider­stand komme ver­spätet, konnte die auf­begehrenden Par­lamenta­rier bisher nicht schrecken. Man sei doch immer davon aus­gegan­gen, dass die Kultus­minister keine Re­form zu­stande brächten, ent­schuldigen sie sich.

, Schweizer Monats­hefte,

Möglich wurde das, weil nach Jahr­zehn­ten des reformeri­schen Sand­kasten­spiels niemand mehr an den Ernst­fall geglaubt hat. «Wir konnten doch nicht ahnen, daß die damit wirklich Ernst machen», sagte 1997 ein berühmter Schrift­steller auf meine Frage, warum die Autoren sich nicht bei­zeiten gewehrt haben.

, Berliner Zeitung,

[…] im ersten Halbjahr 1995, als die amtliche Vorlage schon da war, aber der formelle Beschluß noch ausstand, war es so gut wie un­möglich, kritisches Inter­esse für das neue Regel­werk zu wecken. Auch bei Marcel Reich-Ra­nicki ist es mir damals nicht gelungen, er nahm den drohenden Unfug nicht ernst. "Das kommt sowie­so nicht!" be­ruhigte er mich am Telefon.

Keine anwendung der geänderten schreibung

Die amtliche schul­rechtschreibung gilt natürlich nicht für erwachsene, firmen, medien usw. (Und auch nicht für uns; wir schliessen uns u. a. der substantiv­grossschrei­bung nicht an.)

Stuttgarter Zeitung, 15. 7. 1998

Der Weil­heimer Studienrat Fried­rich Denk, der den Wider­stand gegen die neu­en Regeln haupt­sächlich organisiert hatte, erwartet, daß die Be­völkerung sich den neuen Schreib­weisen nicht unter­werfen wird.

Auch jahrzehnte nach der neuregelung bestehen manche leute darauf, zu schreiben, «wie sie es in der schule gelernt haben». Zunehmend ist das aber mit einer selbst­täuschung verbunden.

faz.net

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