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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

stichwort → sprachrichtigkeit
nachgeführt
ortografie.ch ersetzt sprache.org ortografie.ch ersetzt in zukunft sprache.org

sprachrichtigkeit

definition
Forderung, dass die rechtschreibung sich primär nach der herkunft eines worts und nach der grammatik richten muss. Eine rein synchronische analogiebildung zur erleichterung des schreibens wird abgelehnt. Der begriff wird von gegnern einer rechtschreibreform und ausschliesslich zur erhaltung des status quo gebraucht, nicht etwa von anhängern einer rein fonologischen schreibung.

Synchronische, «sprachwidrige» analogie­bildungen von 1996

tollpatsch

analog zu toll

von ungarisch talpas

belämmert

analog zu lamm

von niederdt. belemmeren, hindern, hemmen

quäntchen

analog zu quantum

von (veraltend) quent, sehr kleine menge

nummerieren

analog zu nummer, nummerisch (seit 1942)

von lat. numerare, analog numerisch

Frühere synchronische, «sprachwidrige» analogie­bildungen

spiel

analog zu tier

spiel in schweizer dialekt: [ʃpɪ:l]

tier in schweizer dialekt: [tɪɐr]

bahn

analog zu zehn

bahn mhd: ban[e]

zehn in schweizer dialekt: [tsæ:], [tsæxɐ]

gehen

analog zu sehen

gehen mhd: gān, gēn, in schweizer dialekt: [ga:], [gu:]

sicht, gesicht

bewertung
  1. «Sprachrichtigkeit» im sinne einer etymologischen schreibung lehnen wir ab (diachronie).

  2. Wer die «sprachwidrigen» analogie­bildungen von 1996 ablehnt, muss konsequenter­weise auch die frühreren ablehnen, wie das Konrad Duden noch teilweise tat. Andern­falls muss man annehmen, dass es nicht um sprachrichtigkeit geht, sondern um die erhaltung des status quo.

verweis
schichtenmodell

Zitate

Eduard Blocher, Mit­teilungen des Deutsch­schweizerischen Sprach­vereins, 4. 1920

Die nichts­nutzige „Reform“ von 1901 hat uns sprach­widrige Neue­rungen gebracht, Schrei­bungen wie: zuungunsten, aufgrund, imstand, infolge.

Bis ins Jahr 1996 hatten wir eine weitest­gehend ein­heitliche und sprach­richtige, also voll zweck­mässige Recht­schreibung. Dann haben die Bildungs­politiker der deutsch­sprachigen Länder mit einem zer­störerischen Ein­griff, genannt Reform, die Ein­heitlichkeit und Sprach­richtigkeit auf­gehoben; und die sind bis heute nicht wieder­gewonnen.

Bayerische Staats­zeitung und Bayerischer Staats­anzeiger, 30. 1. 2004

Mit der Aus­hebelung der Gramma­tik, mit der Rück­gängig­machung von Wort­bildungs­prozessen, mit der Ein­ebnung von Bedeutungs­unter­scheidungen, also der Ent­differenzierung der Sprache kann eine Kultur­nation nicht leben. Am 31. Juli 2005 soll die Übergangs­frist enden. Danach werden Schüler, die noch ein intaktes Gespür für die Sprache haben, gnadenlos bestraft, wenn sie sich den Zwang zu sprach­widrigem Regel­konformismus nicht beugen. Das Sprach­richtige wird ihnen als Fehler an­gekreidet, mit allen Folgen für die Noten­gebung und damit für das weitere Lebens­schicksal. Dahin darf es nicht kommen, denn das wäre - so klar und drastisch muß man es sagen - ein Ver­brechen an jungen Menschen.

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Die Be­hauptung, die alte Schreib­weise sei "richtiger" als die neue, lässt sich unschwer als grober Unfug ent­tarnen, der haupt­sächlich von Kon­servativismus motiviert zu sein scheint.

Rainer Wimmer, Süd­deutsche Zeitung, 2. 7. 2004

Es gibt keine gramma­tisch kor­rekte oder in­korrekte Or­tho­graphie.