Thomas Steinfeld, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Man kann die Rechtschreibung nicht auf dem Weg einer amtlichen Verordnung regeln.
1855: erstes regelbuch für die schulen in Hannover
1876: I. ortografische konferenz
1880: schulortografien in Bayern und Preussen
1892: An den schweizerischen schulen gilt der duden.
1901: II. ortografische konferenz
1996: wiener absichtserklärung
Verbindlich für die obligatorischen schulen der beteiligten staaten (geregelt auf der stufe verordnung).
Die gängige formulierung «im offiziellen Schriftverkehr, das heißt für Behörden und Schulen» (de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Rechtschreibung) ist zu weit gefasst. Erstens ist «offizieller schriftverkehr» ein nebulöser begriff, zweitens ist eine schulbehörde nur für die schule zuständig. Sämtliche behörden (einschliesslich schulbehörde) können die schulrechtschreibung für ihre verwaltung übernehmen. Das ist sinnvoll, aber keineswegs zwingend, wie Bismarck und vier schweizerische gemeinden bewiesen haben. Für beamte und angestellte von behörden (ebenso wie für angestellte anderer juristischer personen) gilt die privatrechtliche pflicht, so zu schreiben, wie es der arbeitgeber wünscht.
Darüber hinaus gibt es keine verpflichtungen, auch nicht im verkehr mit behörden (Berliner Tageblatt 1928) und auch nicht für schüler ausserhalb der schule.
Die dezentrale zuständigkeit in einer angelegenheit, in der einheitlichkeit erwartet wird, erschwert natürlich änderungen. Grundsätzlich ist aber der, der etwas festlegt, auch legitimiert (und letztlich verpflichtet), eine weiterentwicklung (also rechtschreibreformen) zu ermöglichen.
Thomas Steinfeld, Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Man kann die Rechtschreibung nicht auf dem Weg einer amtlichen Verordnung regeln.
Reinhard Neudorf, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. 8. 1997
Wenn Staatsorgane eine Entscheidung treffen, die für Schulnote, somit Zulassung zum Studium und Zugang zu Berufen oder Ämtern maßgeblich ist, handelt es sich selbstverständlich um eine rechtliche Regelung.
Ernst Gottfried Mahrenholz, Süddeutsche Zeitung,
In der Neuregelung der Daß-Schreibweise haben die Minister ihre Kompetenz überschritten. Hier hat [haben] die Kommission und ihr folgend die Ministerriege sich so gesehen, als habe[n] sie zwischen zwei möglichen Gebrauchsformen des ”ß” zu wählen. Es ging aber doch um die Wahl zwischen einer alten und bewährten Praxis und einem neuen Modell.
Es gibt kein neues modell. Es gibt ca. drei (nicht zwei) alte modelle.
Also, die schulminister haben nicht die kompetenz, «dass» vorzuschreiben. Hatten denn ihre vorgänger die kompetenz, «daß» vorzuschreiben? Da sich 1996 kompetenzmässig nichts geändert hat, hat es demnach nie eine rechtsgültige schulrechtschreibung gegeben. Ein rechtsgültiger rechtschreibunterricht sieht also so aus: Liebe schüler, ihr solltet gemäss der unverbindlichen empfehlung von 1901 daß und Wasser schreiben. Aber dass, dasz, wasser, Waßer und waßer sind auch mögliche modelle.
Zunächst handelt es sich nicht um Rechtschreibung, sondern nur um Schulschreibung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 14.07.1998 die neue Regelung, soweit ihr rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ausdrücklich "auf den Bereich der Schulen beschränkt". Es geht also nur um eine Schulschreibreform. Die allgemeine Rechtschreibung ist davon unberührt.