Heute beginnt an der Freiburger Universität die „Sechste internationale Konferenz zu Jugendsprachen“ […]. Mit Helga Kotthoff, der Organisatorin der Tagung, sprach Bettina Schulte. […] Kotthoff: Jugendliche schreiben sehr, sehr viel heute. Sie schreiben möglicherweise so viel wie noch nie. Aber wenn sie SMS, in Schüler-VZ oder auf Facebook schreiben, missachten sie die Orthografie. […] BZ: Sprachkritiker befürchten, dass jemand, der simst, chattet und twittert, sprachlich verarmt oder zumindest in der Rechtschreibung nachlässt. Teilen sie derartige Sorgen? Kotthoff: Die Forschung zeigt, dass der Wortschatz der meisten Jugendlichen viel größer ist als früher. Aber daneben gibt es tatsächlich eine tiefgreifende orthografische Unsicherheit. In der Schule wurde in den letzten Jahren weniger Wert auf Orthografie gelegt. Allerdings beherrschen auch Erwachsene die Rechtschreibung schlechter. Genau wissen wir nicht, woher das kommt. Es gibt viele Ursachen. Die Rechtschreibreform spielt eine Rolle.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Aus presse und internet
31. 3. 2011
Seit 30 Jahren hilft das Aachener Sprachtelefon, wenn’s mit der Grammatik und Rechtschreibung hapert. […] Ende 2004 schlief die Sache in Aachen vorübergehend ein, aber Frank Schilden und sein Professor Thomas Niehr kurbelten sie gemeinsam wieder an. Seit einem Jahr, seit April 2010, ist nun Schilden zu erreichen, neuerdings am „Sprachtelefon“ – der Name erschien dann doch griffiger. […] Privat schreibt er Gedichte, und privat ist ihm auch die „Boutique“ tatsächlich lieber als die „Butike“, die die Kultusministerkonferenz im März vor fünf Jahren im Zuge der Rechtschreibreform erlaubt hat. „Aber wenn man sich die Reform ansieht in ihrer Gesamtheit, dann ist sie sinnvoll.“ Die Frage sei: Darf der Staat überhaupt eingreifen in etwas, das sich durch den Gebrauch der Bevölkerung immer wieder ändert, nämlich das Kulturgut Sprache? Und die Antwort: nein.
Zu «Butike» und rechtschreibreform: frankenpost.de, 1. 1. 2011.
30. 3. 2011
Das Frühjahrs- und Sommer-Programm des Trios LiMUSiN nimmt immer konkretere Gestalt an. „Phantastische Geschichten“ lautet der Titel […]. „Dass sich die ‚Phantastischen Geschichten‘ mit ‚Ph‘ schreiben, ist kein schwacher Protest gegen die Rechtschreibreform (obwohl: Selbst das!...), sondern ein Zeichen, dass wir sowohl textlich als auch musikalisch auf den immensen Reiz so genannter ‚alter‘, zum Teil sogar vergessener Werke zurückfassen, sie mit neuem, pulsierenden Leben füllen“, so die Musiker.
Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung, setzt auf Kontinuität. Die Kenntnisse der deutschen Bevölkerung seien "auf einem hohen Niveau der Norm".
"Kontinuität und Beständigkeit sind unsere Ziele, die Zeit der Reformen ist vorbei", sagte Zehetmair am Mittwoch in einem dapd-Interview.
29. 3. 2011
Der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (74) ist als Chef des Rates für deutsche Rechtschreibung wiedergewählt worden. „Er ist in geheimer, persönlicher Wahl einstimmig gewählt worden“, sagte die Geschäftsführerin des Rechtschreibrates, Kerstin Güthert, am Montag in Mannheim. Eine weitere Amtszeit Zehetmairs dauert sechs Jahre.
27. 3. 2011
Wahlen - das lehren die Erfahrungen bis 1933 wie vor und nach 1989 - ändern, bedeuten oder verhindern gar nichts. […] Waren nicht 80 Prozent gegen eine Rechtschreibreform, bis sich alle genauso schnell daran gewöhnten wie an tote Soldaten eines Krieges, den die Mehrheit auch nie wollte?
22. 3. 2011
Endlich eine fachlich breit abgestützte Initiative zur Korrektur der missglückten und unsachlichen Rechtschreibreform, die 1996 der deutschen Sprache in einem bis dahin einmaligen bürokratischen Gewaltakt übergestülpt wurde […]. Im Unterschied zu anderen Reformen, die zumeist bereits vollzogene Veränderungen im Sprachgebrauch sinnvoll nachvollzogen, diente diese ganz offen anderen Interessen: nicht die Sprache, sondern die globalisierte Wirtschaft trieben sie an. Die angebliche Vereinfachung diente offenbar der Mobilität der Arbeitskräfte, die – ebenso wie ihre Kinder – mit einer Art «Deutsch light» leichter «integriert» werden sollten. […] Um hier Abhilfe zu schaffen, gründeten einige Sprachwissenschafter und Praktiker aus Presse- und Verlagswesen 2006 die Schweizer Orthographische Konferenz SOK […].
Bezirksheimatpfleger Günter Dippold atmet auf: Nach sage und schreibe 15 Jahren folgt nun Band 1 der Stadtgeschichte "Weismain - Eine fränkische Stadt am nördlichen Jura" auf den 1996 erschienenen Band 2. […] Während Band 1 in Arbeit war, ging eine Rechtschreibreform über die Republik hinweg. Um die Einheitlichkeit des doppelbändigen Werks zu gewährleisten, entschlossen sich Herausgeber und Mäzen, die alte Rechtschreibung beizubehalten. Wer die Bände in 20 Jahren anschaue, dem sei es egal, ob es in der Rechtschreibung des ausgehenden 20. Jahrhunderts verfasst ist oder in der des beginnenden 21. Jahrhunderts, meint Günter Dippold.
19. 3. 2011
Die Rechtschreibreformen haben eine Menge Verwirrung bewirkt. Schreibt man „sogenannt“ oder „so genannt“? Hier ein Beispiel, in dem sowohl vor wie nach der Rechtschreibreform nur die Getrenntschreibung richtig gewesen wäre: „Der fälschlicherweise sogenannte Volkskongress.“
16. 3. 2011
Die Gesellschaft für deutsche Sprache und Literatur St. Gallen wird 100 – und hört auf. […] Sprachpflege wurde, sieht man von Diskussionen zur Rechtschreibreform ab, […] kaum noch betrieben.
Man würde manche zeitgeschichtlichen Details aus den Briefen kaum verstehen, wenn Hermann Kinders Buch nicht einen ausführlichen, gründlich recherchierten Anmerkungsapparat enthielte. Er führt in die Geschichte, in die Kultur- Sozial- und Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts hinein […]. Man erfährt hier aber auch tröstliche Details: So ist der Streit um die richtige Orthographie kein Privileg des 20. Jahrhunderts: Eine vom preußischen Kultusminister initiierte Rechtschreibreform wurde seinerzeit fast überall boykottiert.
13. 3. 2011
Wie üblich ein Wahlkampf aus der Deckung, fast ausschließlich medial und ohne öffentliche Präsenz von Kandidaten. Die Chancen von Spitzenkandidat Matthias Heyder würden andernfalls wohl auch drastisch sinken. In Barleben las der steif, aber fanatisch wirkende Kahlkopf eine hanebüchene Rede ab. Den "Blockparteien" unterstellte er "Hoch- und Landesverrat", wetterte gegen die Rechtschreibreform, die den Kindern die Lektüre der Klassiker verwehre […].
12. 3. 2011
Ein scharfer Zwischenruf kommt von unserem Leser Sch., der den literarischen Namen Törleß in einem Bildtext als Törless geschrieben sah und dazu anmerkt, dass die Rechtschreibreform über Eigennamen denn doch keine Gewalt habe. Das ist richtig. Trotzdem müssen wir die Kritik zurückweisen, da in dem Text von Volker Schlöndorffs Film die Rede war, und dessen Titel lautete nun mal "Der junge Törless". Das Doppel-"s" war entweder eine Art Echo auf das Doppel-"f" in Schlöndorffs Namen, oder aber es sollte dem Film jene weite Welt eröffnen, die mit Robert Musils "ß" nichts anfangen kann.
2011-03-11
Das Rätoromanische besteht aus fünf Idiomen – das heisst Schriftsprachen mit eigenen Grammatiken und Wörterbüchern –, die eine jahrhundertealte Tradition haben. Die Art und Weise, wie der Kanton Graubünden und der Sprach- und Kulturverein Lia Rumantscha (LR) das Rumantsch Grischun als Schulsprache einzuführen versuchen, wird von breiten Teilen der betroffenen Bevölkerung nicht akzeptiert. […] Peter von Matt schrieb 2004 in der NZZ im Zusammenhang mit der deutschen Orthographiereform – verglichen mit Rumantsch Grischun ein kleiner Eingriff in die Sprache: «Die Aufgabe der Schulen ist es, die Kinder einzuführen in das Lesen und Schreiben der deutschen Sprache, so wie sie in der Gegenwart gebraucht wird. Die Schule hat das Deutsch zu unterrichten, das in den wichtigen [. . .] Büchern steht, nicht das Deutsch der Korrekturprogramme, mit deren Hilfe die Verwaltung ihre Reglemente redigiert.» Das Gleiche gilt für das Rätoromanische.
9. 3. 2011
Sieht ein Frankfurter ein Auto mit dem Kennzeichen OF, prüft er den Sitz seines Sicherheitsgurts. Denn OF bedeutet im Volksmund "Ohne Führerschein". Andere sehen darin die Abkürzung für "Ohne Verstand". Diese Interpretation hat sich jedoch überholt, weil man nach der Rechtschreibreform orthographisch eigentlich alles darf. Auch Verstand mit F schreiben.
In seinem Leitartikel gibt Herr D'Inka seine Meinung kund, dass es im Wesentlichen wissenschaftliche Kreise waren, die letztendlich den Rücktritt von Herrn zu Guttenberg auslösten. […] Im Übrigen war der Schwenk der F.A.Z. auf die Seite der üblichen Meinungsmacher für mich die zweite große Enttäuschung nach ihrer Kapitulation in Sachen Rechtschreibreform.
Wie schon bei der Schulreform oder der Rechtschreibreform ist auch beim Thema E10 Biosprit festzustellen, dass die Regierungen nach dem Motto „Augen zu und durch“ handeln.
5. 3. 2011
Wir schreiben «Jeans» ja auch nicht plötzlich mit «i».
Warum nicht? In Osteuropa macht man es auch.
4. 3. 2011
Zehetmair: Dass viele aus der älteren Generation sagen, sie schreiben weiter wie früher, das finde ich in Ordnung. Für die war die Reform ja nicht gedacht.
Schulreform, Fehmarnbeltquerung, Stuttgart 21, Flughafen Blankensee - der Ruf nach Bürgerbeteiligung wird immer lauter. Ein Interview mit der Landes-Grünen-Spitze.[…] Das größte Problem der Bürgerbeteiligung ist vielfach, dass sie erst dann einsetzt, wenn wesentliche Entscheidungen längst gefällt sind. Bei der Rechtschreibreform und bei Stuttgart 21 war das so, auch bei der Fehmarnbeltquerung sieht es nach zu spätem Aufbegehren aus.
Leser fragen - die Chefredaktion antwortet. […] Der Hang zu neumodischen Sprachmarotten tut ein Übriges. Etwa der Wahn, alles und jedes mit einem Häkchen zu garnieren. Die Amerikaner essen ihren Hamburger bei McDonald's. Sei's drum. Prompt versuchen sich die Deutschen am apostrophierten Genitiv-s. Beck's Bier, Rudi's Resterampe, Thekla's Tresen, Wilhelm's Wurstbude. Alle's Unfug's, auch wenn der "gelegentliche Gebrauch" seit der Rechtschreibreform toleriert wird.
3. 3. 2011
Das Ganze war szenisch unspektakulär und zog sich beträchtlich in die Länge. Sich darüber zu mokieren wäre dennoch wohlfeil gewesen, zumal die Sendung im Chefredakteur des Dudens einen Experten von wahrhaft Loriotschem Format besaß - Dr. Werner Scholze-Stubenrecht, mit dessen Namen Sonja Zietlow deshalb auch naturgemäß fast bis zum Ende zu kämpfen hatte. Überhaupt scheint vom Jahrzehnte währenden Kampf um die Rechtschreibreform, der schließlich in einem Erschöpfungsfrieden endete, nur noch die Frage von Belang, welchem Wörterbuch man denn nun zu folgen habe. Bei RTL 2 folgte man eben nicht, wie in dieser Zeitung, dem Wahrig, sondern dem nicht zuletzt dank Scholze-Stubenrecht entschieden medienwirksameren Duden, der es in seiner laschen Liberalität doch tatsächlich erlaubt, etwa das gute alte "Portemonnaie" ungestraft als "Portmonee" zu schreiben.
2. 3. 2011
Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, zieht Bilanz. […] Aber könnte die sache nicht noch etwas einfacher werden, das war ja auch ein grosser kritikpunkt. Wieso verzichtet man nicht einfach auf die gross- und kleinschreibung zum beispiel? [Zehetmair:] Da gibt es nicht einmal entscheidende Geister; das wird von der deutschen Sprache und von ihrem Verständnis her von vornherein abgelehnt. Weil man die Eigennamen man ohnehin gross schreibt, entsteht dann die Frage, ob der Bundeskanzler und der Papst gross oder klein zu schreiben sind.
Zehetmair: Der Ausgangspunkt, eine umfassende Rechtschreibreform im deutschsprachigen Raum auf den Plan zu bringen, war ein ideologischer.
Nein.
Heute wird Unnas Oberjeck Helmut Scherer zum letzten Mal […] durch die Innenstadt ziehen. […] Der gebürtige Paderborner lebt für den Karneval. Auf den Schränken stapeln sich Requisiten aus vergangenen Jahren. Vom riesigen Duden aus Pappmasche, mit dem er sich einst gegen die Rechtschreibreform auflehnte, bis zum Schild mit der Aufschrift: „Wer Unna nicht kennt, hat die Welt verpennt“. […] Einen Nachfolger gibt es noch nicht. „Die wollen alle das dicke Geld haben“, echauffiert sich Scherer. Etwas, was ihm zuwider ist: „Karneval ist etwas volkstümliches, dafür kann man kein Geld nehmen.“
1. 3. 2011
Über dem Schlachtfeld, auf dem um die Reform der deutschen Rechtschreibung noch bis vor kurzem erbittert gekämpft wurde, verzieht sich der Pulverdampf Ende gut, alles gut? Oder im Gegenteil? Max A Müller, der die Schweizer Lehrerinnen und Lehrer seit dem Jahr 2004 im «Rat für deutsche Rechtschreibung» vertrat, zieht eine persönliche Bilanz. […] In keinem einzigen Reformfall lässt sich überzeugend darlegen, dass die von der Reform verfügte Neuschreibung gegenüber der alten einen Vorteil gebracht hätte. Verbessert haben sich im Ernst weder die Lesbarkeit und die Aussage eines Textes noch die Lernbarkeit orthographischer Konventionen.
Die Anzahl der funktionalen Analphabeten in Deutschland […] liegt erheblich höher als bisher geschätzt. […] 14 Prozent der Befragten können zwar einzelne Sätze lesen und schreiben, jedoch keine zusammenhängenden, kürzeren Texte. […] Weitere 25 Prozent der Befragten beherrschen demnach die Rechtschreibung, die bis zum Ende der Grundschule unterrichtet werde, nicht in ausreichendem Maße. Sie könnten selbst gebräuchliche Wörter nur fehlerhaft oder langsam lesen und schreiben.
28. 2. 2011
Nicht nur die althergebrachte Zielscheibe aus dem Nachbarort - die Saasemer -, sondern auch Beamte und Politiker, darunter der anwesende Bürgermeister Manuel Just, bekamen beim Kappenabend des Männergesangverein 1884 Leutershausen am Samstagabend einiges zu hören. […] Bürgermeister Just trat als Lehrer in die Bütt, der sein Leid über die Redeschreiberei, die Rechtschreibreform und die heutige unsportliche Jugend klagte.
27. 2. 2011
Vor fünf Jahren - am 2. März 2006 - akzeptierte die Kultusministerkonferenz die ersten Vorschläge des Rechtschreibrates zu Änderungen an der umstrittenen Rechtschreibreform. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa in München zieht der Vorsitzende des Rechtschreibrates, der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair, Bilanz. Er erinnert sich an die schwierigen Anfänge und verrät, was er gegen Ketschap hat. […] Sie sind damals mit dem Ziel angetreten, den «Sprachfrieden» wieder herzustellen. Haben Sie das geschafft? Zehetmair: «Ja, ich glaube, das kann ich uneingeschränkt sagen. Dass es zu dem ein oder anderen Wort gewisse, anhaltende Diskussionen gibt, das ist in Ordnung, die Sprache ist ja kein logisches Konstrukt. Ich gehöre zu denen, die sagen, Sprache ist ein lebendiges Organ und da kann man sich bemühen, im Nachhinein Regeln zu erkennen und festzuschreiben […].
Die sprache ist kein konstrukt, das ist wahr. Aber um sie geht es hier nicht. Die buchstabenschrift ist ein konstrukt, dem eine idee, also eine logik zugrunde liegt. Unlogisch wird sie nur, wenn sich leute mit einer so nebulösen vorstellung vom gegenstand daran vergreifen.
26. 2. 2011
Leider wird der Textteil ergänzt durch die Aufnahme eines dekorativen, farbenfrohen Plakats, aufgestellt wohl im Eingangsbereich der Schule. […] Außer der Dekoration ist darauf nämlich auch noch etwas Lesbares zu finden: "Dr Max Metzger Schule". Das ist der Name der Schule, angereichert mit vier Rechtschreibfehlern.
Immerhin garantierte der Duden eine gewisse Kontinuität in der Orthographie, solange er allein amtliche Geltung hatte und „maßgebend in allen Zweifelsfällen“ war. Mit der Orthographie-Reform hat der Duden dieses Monopol verloren. Auch andere Verlage dürfen die Schreibweisen aus den amtlichen Regeln ableiten und im Zweifelsfall interpretieren. […] Konrad Duden wollte einst das deutsche Kaiserreich von seiner „buntscheckigen Rechtschreibung“ befreien. […] Daher war Duden von Otto von Bismarck beauftragt worden, das orthographische Chaos zu regeln, womit auch der staatliche Zusammenhalt gefördert werden sollte. […] Nun ist die deutsche Orthographie erneut buntscheckig, denn wegen der Verwirrung um die Orthographiereform haben alle Verlage sich wieder eine Hausorthographie zugelegen müssen. Auch die Presseagenturen sahen sich genötigt, eigene Schreibregelungen einzuführen. […] Andererseits ist mit dem Internet eine Demokratisierung der Orthographie eingetreten.
24. 2. 2011
Was macht die Gegnerschaft zur Rechtschreibreform, aller Propaganda von interessierter Seite zum Trotz, nach wie vor so brandaktuell? ... Ein Artikel in der Süddeutsche Zeitung vom 17. Dezember 2010 gibt darüber Auskunft, indirekt, aber deutlich und höchst aufschlußreich. Unter dem Titel Hier können Sie praktisch nur verlieren werden die drei Großprojekte Stuttgart 21, der neue Großflughafen Berlin-Brandenburg und der Bau der Autobahn A 94 durch das Isental bei München referiert, miteinander verglichen […]. Dabei ergibt sich eine Parallele zum Protest gegen die Rechtschreibreform […]. Die gesamte sogenannte Reform wurde vorbereitet hinter verschlossenen Türen, intern, hermetisch, in einem relativ kleinen Kreis von Fachleuten des Duden und von Kultusbeamten – ohne jede Diskussion nach außen. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde die Öffentlichkeit nach dieser Vorbereitung im November 1994 überrumpelt mit einer kleinen Broschüre des Duden: „Informationen zur neuen deutschen Rechtschreibung“. Diese zeigte bereits den Charakter des gesamten Vorhabens als Eingriff von oben her, und zwar im doppelten Sinn: einmal als einsame Entscheidung einer selbsternannten Obrigkeit, zum andern als relativ raschen Eingriff in die Sprache durch eine Kommission, die keineswegs langfristig und sorgsam eine Entwicklung beobachtet hatte und abwägend darauf reagierte, sondern die willkürlich selber einen Entwicklungssprung diktierte.
Siehe stellungnahme.
23. 2. 2011
Die "Pisaker", das sind zwölf Lehrer aus dem Landkreis Traunstein, die auf Einladung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rosenheim mit ihrem Programm "Fünf plus" im Rosenheimer Lokschuppen den Alltag des Lehrers humoristisch unter die Lupe nahmen. […] Witzig war der Sketch "Reformen" mit Andreas Hüdepohl, Hildegard Rott, Bernhard Benoist und Gerhard Wonner. […] Die "Ministerialräte" gaben die Rechtschreibreform der Lächerlichkeit preis, mokierten sich über pädagogische Worthülsen wie "Transparenz" und "innovativ" und sangen zur Melodie "Rote Lippen soll man küssen" vom ausufernden Reformwahnsinn.
22. 2. 2011
Beim Schulduell des Radiosenders „Eins Live“ kommt es darauf an, schnell die Antwort auf fünf Fragen eines Moderators zu finden. […] Auch die Antwort auf die Frage, in welchem Land 33 Bergleute gerettet worden waren, beantworteten sie schnell: „Schile“. Klar, dass das vor den Augen des Moderators keine Gnade fand. Da halfen Kommentare wie „Rechtschreibreform“ und „Duden Ausgabe 2012“ nicht weiter.
Zuvor, vor Herta Müllers Beitrag, hatte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder die rasante Verenglischung der Politikersprache ("Wir haben uns committed") gegeißelt, und anschließend erinnerte Lammert mit Blick auf das Debakel der Rechtschreibreform an die Verantwortung der Politik dafür, die Sprache von politischem Einfluss rein zu halten.
Die WAZ-Gruppe [derwesten.de, 17. 2. 2011] entblödet sich nicht, grundlos die Seriosität des Klägers in Zweifel zu ziehen, indem dargestellt wird, daß er, offensichtlich querulantisch, auch gegen die Windmühlenflügel der „Rechtschreibreform“ gekämpft habe. Der Name wird nicht genannt, aber es kann nur Dr. Johannes Wasmuth, auch Justitiar des Beck Verlages, gemeint sein – einer der wenigen, die nicht vor Konzernräson und Politikerdreistigkeit eingeknickt sind.
18. 2. 2011
Übrigens: Dass die Schreibweise des Ortes im Restaurant-Namen abweicht, geht auf die Kappe von Burkhard Naumann. Bis zu einer Rechtschreibreform im frühen 20. Jahrhundert gab es das "ä" noch nicht. Bei der Gründung seines Restaurants blieb Burkhard Naumann in etwa der alten Schreibweise treu und erklärt das damit: "Ich habe mich rundherum auf die historische Seite geschlagen."
Und was sagen die Aarhusianer selbst? Viele schütteln den Kopf, wenn man sie in der Fußgängerzone auf das Thema anspricht. Für die Älteren von ihnen ist es eine Rückkehr zur alten Schreibweise, wurde das Å doch erst durch die Rechtschreibreform 1948 eingeführt. Dennoch sehen die meisten Bürger in der Namensänderung eine unnütze Reform. „In Deutschland verändert man doch auch nicht den Namen Münchens, nur weil man im Ausland kein „Ü“ hat“, sagt Mads Jönsson.
17. 2. 2011
BZ-Interview mit Bastian Sick, der im Freiburger Konzerthaus mit seiner neuen Show "Nur aus Jux und Tolleranz" gastierte. […] Die Sprache ist frei. Frei wie die Gedanken. Man kann sie nicht per Gesetz in Muster zwingen. Immer wenn der Staat versucht hat, in die Sprache einzugreifen, ist das in die Hose gegangen. Das schönste Beispiel ist die Rechtschreibreform. Wir haben eine zehnjährige schmerzhafte Debatte geführt. Der Dudenverlag hat sehr gut verdient in dieser Zeit. Jetzt sind die meisten Reformen zurückgenommen worden und von der großen Reform ist ein Reförmchen übriggeblieben.
Also, liebe schüler, lasst euch nicht per gesetz in muster zwingen! Schreibt klein!
Arbeitgeber dürfen wissen, ob ihre Mitarbeiter einer Kirche angehören. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg am Donnerstag entschieden. […] Mit dem Urteil nähert sich ein 15-jähriger Rechtsstreit seinem Ende. Der Kläger, Rechtsanwalt Johannes W., sah in der Angabe-Pflicht sein Recht auf Religionsfreiheit verletzt. […] Geringe Siegchancen haben W. allerdings auch in der Vergangenheit nicht aufgehalten. So kämpfte er zum Beispiel gegen die deutsche Rechtschreibreform. Als Sprecher einer Initiative von 70 Professoren schrieb er an Bundestagsabgeordnete und forderte Unterstützung im Kampf gegen die „Schande für die deutsche Kulturnation“.
Am 27. und 28. Oktober tagen die Ministerpräsidenten in Lübeck. […] 1995 tagte man unter Leitung von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) im heutigen Radisson Blu Senator Hotel, beriet etwa über die Rechtschreibreform – ein Beschluss, damals noch „Beschluß“, wurde vertagt.
15. 2. 2011
Peter Wehrli, der frühere Rektor der Kaufmännischen Berufsfachschule in Glarus und heutiger Rektor in Lachen, greift auch zur Feder. Soeben sind 30 Kolumnen, die in der «GlarnerWoche» erschienen, als Buch herausgekommen. […] Es sind runde, knappe, süffig geschriebene Kolumnen mit einer Pointe zum Schluss, oft mit einem Bezug vom kleinen Glarnerland aus in die grosse Welt. Und selbst vor der Rechtschreibereform macht der Sattelfeste nicht halt – oder Halt?
Ähnlich wie bei der Diskussion um die Orthographiereform ist die Debatte um den “Kulturkampf” zwischen alten und neuen Medien von einer unsäglichen Flachheit gekennzeichnet. Das ist kein Kennzeichen der Machtübernahme der “Generation Doof”, sondern das Ergebnis vorschneller Urteile, die es schon zu allen Zeiten gegeben hat, denn der Mensch ist naturgemäß geistig träge. Allenfalls könnte man sagen, dass die ahistorische Denkweise auf dem Vormarsch ist und primär das Gegenwärtige und Augenblickliche beachtet wird. Diese verengte Sichtweise hat gewiss mit dem Übermaß an Informationen zu tun, die auf diversen Informationskanälen um Aufmerksamkeit buhlen, dem öffentlichen Getute und Geblase, dessen wesentliches Kennzeichen es ist, dass vier Wochen später kaum einer noch davon redet oder weiß.
In vielen europäischen Schriftsprachen werden Eigennamen sowie religiöse Bezeichnungen großgeschrieben, auch bei Höflichkeitsformen kommt oftmals die Großschreibung zur Anwendung. Ferner gibt es die konsequente Kleinschreibung, bei der jede Großschreibung vermieden wird, und in einigen Sprachen die gemäßigte Klein- bzw. Großschreibung, in der bei bestimmten Fällen großgeschriebene Wörter, beispielsweise am Satzanfang oder bei Eigennamen, zugelassen sind.
Umständlich für: Alle anderen sprachen, die grossbuchstaben haben, schreiben satzanfänge und eigennamen gross.
14. 2. 2011
Kein Blatt mehr in beziehungsweise vor den Mund nehmen, empfiehlt die Kabarettistin Petra Förster ihrem begeisterten und bestens amüsierten Publikum im ausverkauften Buchcafé. […] Sie ergründet aber auch den Sinn und Unsinn der Rechtschreibreform, das Wahlverhalten der Deutschen, die ihren Stimmzettel ausgerechnet in eine Urne werfen sollen[,] und viele weitere gesellschaftliche Problemzonen.
11. 2. 2011
Warum an dieser Stelle ein Plädoyer für den Bindestrich? Weil er zu Beach-Volleyball in Deutschland gehört, wie der Rotzlöffel zu „Two and a Half Men“. […] Doch selbst der Duden, lange Zeit Verfechter der Schreibweise mit Bindestrich, lässt nun beides zu. Ja, die Rechtschreibreform hat uns alle verwirrt. […] Wie ist die offizielle Schreibweise? Wer kann die festlegen? Da kommt nur ein offizielles Organ in Frage: Der Deutsche Volleyball-Verband. Und der ließ nie einen Zweifel an der richtigen Schreibweise: Beach-Volleyball. Weder Reform-Achterbahn noch einfallsreiche Neuschöpfungen konnten dort Verwirrung stiften.
10. 2. 2011
Von diesem Freitag (11.2.) an kann man Sick auch wieder auf der Bühne erleben: In Trier hat sein neues Programm „Nur aus Jux und Tolleranz“ Premiere. Die Nachrichtenagentur dpa hat vor dem Tourstart mit Bastian Sick gesprochen. […] Sprache verändert sich; vieles, was heute falsch ist, steht morgen im Duden. Kämpfen Sie gegen Windmühlen? Sick: „Die Sprache verändert nicht sich, sondern wir verändern die Sprache. Die Sprache ist das wunderbarste Spiegelbild für eine demokratische Entwicklung: Jeder hat das gleiche Recht, auf die Entwicklung dieser Sprache einzuwirken. Wir haben den Staat dabei ja weitgehend außen vor gehalten - was auch gut ist. Wann immer sich der Staat in die Sprachentwicklung eingemischt hat, kam Müll dabei raus - wie zum Beispiel bei der Rechtschreibreform.“
6. 2. 2011
Weil viele Menschen ihre Alltagstexte nämlich immer noch nach alter Rechtschreibung verfassen, andere dagegen reformorientiert schreiben, hat sich ein wunderschöner Mischmasch von beiden herausgebildet. Mal sieht man ein Wort so geschrieben, mal anders. […] Die Folge: Man kann schreiben, wie man will – so richtig falsch ist es eigentlich nie. […] Und deshalb ist die Rechtschreibreform sicher nicht nur bei mir jetzt völlig IN.
4. 2. 2011
„Wir Deutsche“, pflegt der deutsche Außenminister sehr oft zu sagen. […] Wurde Westerwelles Deutsch etwa ein Opfer der Sparpolitik seines Hauses? Vor allem das Auswärtige Amt finanziert das Goethe-Institut. Dessen Aufgabe ist vor allen Dingen die Förderung der deutschen Sprache im Ausland. Offenbar besteht auch im Inland großer Bedarf, selbst an der Spitze des Auswärtigen Amtes. Wer, wenn nicht Guido Westerwelle beweist: Gäbe es nicht schon das Goethe-Institut, müsste man es erfinden. Deutsche (nicht: Deutschen), lernt die deutsche Sprache. Deutsch richtig zu sprechen, ist leichter als (auch – gerade? – nach der Rechtschreibreform) zu schreiben.
„Warum wohne ich in der Furtmayr-Straße, die man mit ,ay’ schreibt, wenn man Berthold Furtmeyer eigentlich mit ,ey’ schrieb?“, fragte eine Leserin im Wochenblatt nach. Wir haben das recherchiert – bei Kulturreferent Klemens Unger, der die Ausstellung maßgeblich initiierte. „Soweit wir wissen, liegt es an einer Rechtschreibreform”, erzählt Klemens Unger. Man habe im 19. Jahrhundert Schreibweisen in Wörtern wie „Thurm” verändert – daraus wurde das Wort „Turm”.
3. 2. 2011
In der Perspektive der Bildung erscheint der Mensch als das unfertige Wesen, das sich zu dem macht, was es an sich ist. Der Vollzug dieser Entwicklung zu sich selbst schließt die Aufforderung ein, sich frühzeitig von lieb gewordenen Vorstellungen zu befreien und auf einen in jeder Hinsicht unsicheren Weg zu begeben. Bildung ist ein Projekt, das Mut und Zähigkeit verlangt. Ihr Weg ist ein Weg der Veränderung, im Fall des Gelingens auch der Besserung. Er verlangt, dass der Betreffende sich selbst und die Welt kennenlernt, um zu verwirklichen, was in ihm steckt - um seiner selbst und um der Gemeinschaft willen, die von seinen Leistungen profitiert. Tatsächlich ist Bildung alles andere als eine Privatangelegenheit, und es liegt in der Sache begründet, dass sie die Politik in die Pflicht nimmt, Mittel und Infrastruktur bereitzustellen. Die Bildungspolitik von heute hat diesen Bedingungszusammenhang aus dem Blick verloren. Man muss ihr das nicht einseitig zur Last legen. Offenbar folgt sie einem gesellschaftlichen Konsens, der von Anforderungen nichts hören will und eher dazu neigt, Ist-Zustände festzuschreiben. Dem Werden, das der Idee der Bildung zugrunde liegt, stellt dieser Konsens das So-Sein persönlicher Identitäten und Verhältnisse als unverrückbar gegenüber. In der Quotenfixierung der öffentlich-rechtlichen Medien oder im Populismus der Rechtschreibreform tritt die Neigung exemplarisch zutage, der stets mühsamen Orientierung am Optimum die achselzuckende Hinnahme der Dinge vorzuziehen, wie sie nun einmal sind.
Eben: Rechtschreibreform ist nicht populismus, sondern die aufforderung, sich frühzeitig von lieb gewordenen vorstellungen zu befreien und auf einen in jeder hinsicht unsicheren weg zu begeben.
31. 1. 2011
Politik ist für Sprache nicht zuständig, wohl aber mitverantwortlich. Und spätestens nach der Leidensgeschichte der Rechtschreibreform ist hoffentlich die Einsicht gewachsen, dass man Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten besser nicht verwechseln sollte. Am Ende hatte die Politik eine Reihe von Problemen zu lösen, die sie gar nicht gehabt hätte, wenn sie nicht den unnötigen Gestaltungsehrgeiz in einer Frage entwickelt hätte, in der sie nicht zuständig ist.
Mit den vor einem Jahr erschienenen 'Notizen und Details' ist Marti als kommentierender Zeitzeuge ganz prosaisch zu entdecken. Die Texte bilden eine umfassende Chronik von Ereignissen und Themen von 1964 bis 2007, in der Ökologie, Überfremdungsängste, Vietnamkrieg, Kernkraft, Waffenhandel, Aids, Stadtplanung, aber auch Literatur, Shopping-Center und Rechtschreibreform, kurz: Aktualitäten der jeweiligen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Gegenwart wie auch Theologie, Kirche, Glaube befragt und diskutiert werden. Kurt Marti feiert heute seinen 90. Geburtstag.
26. 1. 2011
Am 22. Mai 1976 veröffentlichte diese Zeitung in der "Frankfurter Anthologie" das Gedicht eines Mannes, der damals im Gefängnis saß - von Peter Paul Zahl. Es hieß "mittel der obrigkeit" - die Kleinschreibung und der Verzicht auf Interpunktion waren Stilmittel - und handelte von schlagenden Polizisten. Zahl sah die reine Brutalität: "man muss sie gesehen haben / diese gesichter unter dem tschako / während der schläge".
22. 1. 2011
So sieht Hahne die Sprache als einendes Band eines Volkes, das eine Schicksalsgemeinschaft ist, nicht etwa eine unverbindliche Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dies spiegelt sich zum Beispiel in seiner Kritik an der Rechtschreibreform wider. In seiner Kolumne „Gedanken am Sonntag“ in der Bild am Sonntag schrieb Hahne einmal: „Sprache und Schreibe gehören zu den wenigen Gemeinsamkeiten, die ein Volk einen. Diese Gemeinsamkeit hat man uns ohne Not genommen, indem nun Alte und Junge, Dichter und Schüler nach unterschiedlichen Regeln und Gewohnheiten schreiben, und jeder schließlich macht, was er will. Wenn Sprache nicht mehr verbindlich ist, verbindet uns auch nichts mehr.“
Also: das deutsche volk gibt es nicht mehr. Das ist bedauerlich, aber die welt wird es verschmerzen. In der Schweiz finden wir es gut, dass jeder macht, was er will. Uns verbinden zwei, drei andere werte als die sprache. Nüd emal innerhalb vu dr tütschsprachige Schwiiz cha mä sägä, dass üs glarner nach der rächtschribreform weniger mit dä bärner oder dä walliser verbindet.
21. 1. 2011
Heinz Rudolf Kunze, der Mann, der immer gern herangezogen wird, wenn im Mainstream von schlauen deutschen Texten geredet wird, bringt sein 32. Album "Die Gunst der Stunde" heraus. […] Und so sitzt Kunze breitbeinig auf dem Sessel, trägt Jeans und Sonnenbrille und erteilt seinem erwachsenen Sohn von dort aus Ratschläge. "Aber lass den Kopf nicht hängen, Kind/ Die Zeiten sind halt wie sie sind“, singt der vehemente Rechtschreibreform-Verweigerer und widmet ihm das ganze Lied.
19. 1. 2011
In seinem neuen Programm „Reine Nervensache“ springt Silvano Tuiach von den Erlebnissen im Wartezimmer zur Notaufnahme des ZK und zu der unfreiwilligen Komik mancher Krankenhausaufenthalte. Im Gespräch mit dem Neurologen rastet Herr T. aus und schimpft über Kunden im Supermarkt, über Autofahrer, die nicht wissen, wo ihr Blinker ist, über junge Mütter, die das Cafe zum Spielplatz ihrer Sprösslinge machen, über die wahnsinnigen Ergebnisse der Rechtschreibreform und über die Hysterie der Deutschen (Waldsterben, Vogelgrippe, Klimawandel etc…).
Hier waren sie alle beisammen: Johann (Vater), Johann (Sohn), Josef, Richard und Oscar. Lauter Straussens, und verbunden damit all die Irrungen und Wirrungen, welche die verwandtschaftlichen Verhältnisse und die Orthographie des Nachnamens aufwerfen. Die drei Erstgenannten sind miteinander verwandt und gehören der bekannten Wiener Walzer- und Polka-Dynastie an. Zur Unterscheidung vom Münchner Komponisten Richard Strauss schreibt man sie oft mit "ß" - aber das sei nicht korrekt, wie das Wiener Institut für Strauss-Forschung verlauten lässt. Der Name der Wiener Familie Strauss sei mit Doppel-s zu schreiben […]. Einen einzigen "Dynastie-Strauss" gab es übrigens doch, der sich - allen Auskünften aus Wien zum Trotz - mit dem Vorläufer des heutigen "ß" schrieb: Es war der jüngste Sohn von Johann Strauss (Vater), Eduard, also Bruder von Johann (Sohn) und Josef.
Spannend und kurzweilig war das Kabarettprogramm von Sebastian Krämer und Marco Tschirpke am Montag- und Dienstagabend im St. Huberter Forum. […] Liebenswerte Lausbuben. Aber sie haben auch einen scharfen Blick. Wenn sie zum Beispiel die Rechtschreibreform ansprechen oder ein bitterböses Schunkellied spielen.
15. 1. 2011
Es ist eine Mischung aus intelligentem Nonsens und feiner, zuweilen auch derber Alltagsphilosophie, mit der Sebastian Krämer durch einen zweieinhalbstündigen Abend flaniert […]. Und schon geht es weiter mit einer die VHS-Halbbildung vernichtenden Wortkaskade. Oder einem Generalangriff auf die Deutschlehrer und deren Versagen bei der Rechtschreibreform.
Deutschland entwickle sich zu einer „Dagegen-Gesellschaft“, wird da behauptet […]. Wie soll da noch etwas vorwärtsgehen, wo doch alle nur dagegen sind? Da hilft nur positiv denken. Wenden wir uns deshalb lieber der anderen Seite zu. Den Dafürmenschen, den Befürwortern, den Jasagern. Was haben die nicht schon alles in bester Absicht und frohen Herzens gutgeheißen? Immobilienblase, Staatsverschuldung, Aktienspekulationen, Bankenkrise, Gesundheits-, Steuer- und Rechtschreibreform, Korruption, Umweltzerstörung, Lebensmittelskandal, Bahnchaos, Strom-Mafia […]. Fast könnte man meinen, die Jasager seien die noch schlimmeren Finger als die Neinsager.
13. 1. 2011
Der vielfach ausgezeichnete Sebastian Krämer avancierte in den vergangenen Jahren zu einem der bekanntesten Musikkabarettisten der Republik. Am Donnerstag, 20. Januar, ist er mit seinem neuen Programm "Akademie der Sehnsucht" im Großen Saal der Trierer Tuchfabrik zu Gast. Mit hunderttausend.de sprach der 35jährige Wahl-Berliner vorab über die Lachtempel der Verblödungsgesellschaft, verachtenswerte Deutschlehrer und feige Programmchefs beim Fernsehen. […] Einer Ihrer beliebtesten Songs ist "Deutschlehrer", in dem Sie sich die Sprach- und Literaturerzieher vorknöpfen. […] [Krämer:] Einer vom alten Schrot und Korn, der noch Schillers Glocke auswendig lernen ließe, wäre ganz nach meinem Geschmack. Ich habe meine Achtung vor allen Deutschlehrern dieses Landes verloren, die nach der Rechtschreibreform nicht in den Streik getreten sind. Also vor allen.
12. 1. 2011
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat jetzt getagt und empfohlen, rund zwei Handvoll solcher "forciert integrierter" Schreibweisen aus dem Wörterverzeichnis zu tilgen. Schade! Dabei hätten wir aus unseren Scrabble-Erfahrungen noch eine ganze Reihe neuer Vorschlägen parat gehabt: vom Ölfleq bis zum Haiputt ist vieles möglich.
Es war ein Entschluss, der einen Eklat auslöste. 1996 wurde die deutsche Rechtschreibung reformiert – einfacher sollte sie sein, doch erst mal wurde es richtig kompliziert. Jetzt gibt es erneut Änderungsvorschläge. […] Die Zwangseindeutschungen aufzuheben ist eine vernünftige Entscheidung, auch wenn man sich fragt, wie man überhaupt auf die Idee kam, das vorher anders haben zu wollen.
In der Woche erreicht mich eine dreistellige Zahl von E-Mails. Das ist schon enorm und hat nur zum Teil mit der Rechtschreibreform zu tun. Aber nachdem sie recht unterschiedlich umgesetzt wurde – ich denke an die Hausorthografien vieler Zeitungen oder die Schreibweise der Agenturen –, ist sich der Normalbürger oft unsicher: Ist nun das Eine korrekt oder beides? Oder beides falsch?
8. 1. 2011
Beim "Alp- und Filsthalbote", dem von G. Maurer gedruckten, verlegten und redigierten Amts- und Anzeigenblatt fürs Oberamt Geislingen, vollzieht sich vor 150 Jahren eine kleine Rechtschreibreform, die völlig unkommentiert bleibt: Der Sammelband des Jahrgangs 1861 trägt bereits als Titelblatt "Alb- und Filsthalbote"; die Änderung in der Schreibweise von "Alp" auf "Alb" wird zwischen Nummer 53 und 54, vom 2. auf den 6. Juli 1861 stillschweigend vollzogen, ohne Erklärung.
7. 1. 2011
Das konkrete Ergebnis der letzten vier Jahre: Der Rat schlägt den Politikern vor, 16 „forciert integrierte“ Schreibvarianten aus dem Wörterverzeichnis von 1996 zu entfernen, weil niemand von ihnen Gebrauch mache […]. Was der Bericht verschweigt: Zehn davon standen schon im alten Duden, haben also mit der Rechtschreibreform gar nichts zu tun. […] Vielleicht wollten sie sich mit ihren lächerlichen „Arbeitsergebnissen“ nur einen Jux machen. An die verbliebenen schweren Mängel des eigentlichen Regelwerks hat der Rat sich nicht herangetraut.
2011-01-03
Der einzige Höhepunkt der vierten Klasse war, dass die Deutschlehrerin jedes Kind am Ende des Schuljahres einen kleinen Aufsatz verfassen ließ, wobei dreißig Schüler ausnahmslos nicht in der Lage waren, "das" und "dass - daß" fehlerfrei anzuwenden. Ein unfreiwilliger Feldversuch, der alle Sprüche des Kultusministeriums bezüglich der Rechtschreibreform mit ihrem Anspruch, die Rechtschreibung zu vereinfachen, mit einem Schlag widerlegt hat.
Nicht widerlegt, nur bewiesen, dass die vereinfachung nicht weit genug ging: Man hätte das ß und die unterscheidung von artikel/pronomen und konjunktion ganz aufgeben sollen.
Die thematische Ausrichtung der eingebrachten Initiativen auf Länderebene umfasst drei immer wiederkehrende Themenbereiche: Bauprojekte, Verwaltungsreformen und das weite Feld des Bildungswesens. […] In der Regel werden dieser Anträge durch die Länderparlamente abgelehnt. Auch die Unterschriftensammlung gegen die Rechtschreibreform scheiterte.
Tipp 3: Korrekte Rechtschreibung. Auch in Mails gelten deutsche Rechtschreibregeln. Mancher benutzt hier – in Anbetracht der häufigen Reformen – mitunter seine "eigene Rechtschreibreform". […] Und die Mails nur in Kleinschreibung zu verschicken, gilt als unhöflich oder schlampig.
Unser tipp: nicht eine "eigene rechtschreibreform", sondern unsere. Und eine fusszeile anfügen: «Geschrieben gemäss www.kleinschreibung.ch».
Seit Anfang 2011 gilt die Schreibweise mit dem Doppel- statt mit dem Kringel-A. Sie war auch früher schon üblich, bevor eine Rechtschreibreform nach dem Zweiten Weltkrieg das Sonderzeichen vorschrieb. […] Auf Landkarten und Verkehrsschildern an der Autobahn dürfte aber die bisherige Variante noch zu finden sein. Der Beschluss des Stadtrates betrifft zunächst nur Aarhus selbst.
2011-01-01
Verglichen mit den 80er oder 90er Jahren ist Bild nicht mehr so politisch, meint zumindest einer der Kritiker der Bild, Steffen Grimberg, Medienredakteur der taz. Wenn nicht gerade wieder mal zweifelhafte Kampagnen gefahren werden […], ist Politik nicht mehr unbedingt das beherrschende Thema. Die Zeit, als es um die Jahrtausendwende auch für Intellektuelle schick war, die Bild zu lesen, sei jedenfalls lange vorbei, meint Grimberg: "Bild hat unglaublich von einem gewissen Zeitgeist profitiert, der auch etwas mit der Berliner Republik, die 'Meute' raunte es über die Journalisten, ganz kollektiv, zusammenhing. Das heißt, dort war dann im Zeitgeist dieser Berliner Republik wo ja auch so ein gewisser 'Anything goes'- von Politik und Unterhaltung. Da war die BILD sicherlich so etwas wie ein Leitmedium, man sah an vielen Blättern, dass sich da aneinander abgearbeitet wurde, man versuchte sich in so einem nicht ganz ernst nehmen des Politikbetriebs … bis hin nachher zu dieser relativ merkwürdigen Koalition, gemeinsame Politik zu machen, ich erinnere nur an diesen rührenden Versuch, die Rechtschreibreform zu kippen, was ja ein großer Schulterschluss von Springer, Spiegel bis hin zur FAZ dann war, was am Ende natürlich nichts genützt hat."
Ich kann Ihnen sagen, warum man den rechtschreibrat nicht hinter schloss und riegel setzte, als er «restorant» und «butike» einführte: weil er beides nicht eingeführt hat. «Restorant» wurde (leider) nie eingeführt, wogegen «butike» seit mindestens hundert jahren im duden steht. Fragen zu stellen ist gut, aber wer zu faul ist, die antwort selbst nachzugucken, sollte an ort und stelle hinter schloss und riegel gesetzt werden.
2011
Das Buch ist insgesamt zu empfehlen. Insbesondere durch die historischen Kapitel relativieren sich viele gängige Annahmen über die Rechtschreibung, indem sowohl Entwicklungsstufen der Schreibung, als auch Bemühungen um eine Vereinheitlichung und verschiedene Reformvorschläge durch die Jahrhunderte aufgezeigt werden. Vieles von dem, was heute diskutiert wird, wurde bereits in der Vergangenheit erwogen.