Wenn Deutschland innenpolitische Probleme bewegen, dann ruft man gern nach den Intellektuellen; die wissen sich dann aufgerüttelt, und auch die Dichter erheben mit hellem Klang ihre Stimme in Form von Unterschriften. […] So ist es dann eine Situation von herber Komik, wenn unsere Schriftsteller sich zur Verteidigung eines überkommenen Zustandes rüsten, den keine Kategorie unser Bürger in Tradition und Selbstverständnis je so konsequent und triftig in Frage gestellt hat wie eben sie. Um nur von unserem Jahrhundert zu reden: Der sprachschöpferische Impetus des Expressionismus hat die herkömmlichen Schreibregeln mit der gleichen Energie gesprengt wie anderseits der marmormeißelnde Stilwille Stefan Georges oder Rudolf Borchardts sie souverän ignorierte. Und konsequent zieht der buchstäbliche Eigenwille, der sich dem gültigen Regelkanon verweigert, durch die Jahrzehnte bis in unsere Tage. Das gilt für Bert Brecht (bert brecht) wie für Tucholsky, gilt für Arno Schmidt wie für Ernst Jandl. […] Ginge es mit rechten Dingen zu – aber wann tut es das schon –, müßten die Schriftsteller die Ersten sein, eine Sprengung der beklemmenden Duden-Bande als Befreiung zu empfinden und die Aufhebung dieses peinlichen Monopols fordern.