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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

stichwort → schriftsteller
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schriftsteller, dichter

, Welt und Wort, , nr. 2, s. 136

Die eigentlich Zu­ständigen für jede Recht­schreib­reform sind nicht die Lehrer und nicht die Philologen, sondern die­jenigen, die in und mit der Sprache und der ihr zu­gehörigen Recht­schrei­bung die großen schriftlichen Zeugnisse und Kunst­werke für kommende Genera­tionen prägen.

Der Schrift­ſteller als ſolcher geht nur ungern von der Ortho­graphie ab, die er in der Schule gelernt hat, ſelbſt wenn ſie gegen ſeine beſſere Einſicht wäre.

Jacob Grimm,

Was sollte die än­derung den schrift­steller an­gehn, dem daran liegt seine gedanken un­gehemmt und un­gezwungen äuszern, dem es lästig fallen musz sich und seine leser durch anstände in der form, die er längst bewältigt zu haben meint, auf­halten zu lassen? Die meisten schrieben, wie sie es in der schule oder sonst im leben sich angewöhnt hatten und über­lieszen wiederum den setzern die schreibart nach blieben zu verändern, d. h. dem vor­herschenden brauch zu bequemen.

Bei den Verteidigern der Schreib­tradition gilt am meisten das Wort der Dichter. […] Aber das besagt nicht, daß alle Dichter, ins­besondere wenn sie richtig informiert sind, sich gegen jede Ver­änderung der Schrift stellen müßten. Daß der Dichter in allem Sprachlichen besonders fein­fühlig und empfindlich ist, ist nicht mehr als recht; es wäre un­natürlich, wenn es anders wäre. Daß er diese Empfindlich­keit auch auf die Schrift überträgt, ist ver­ständlich, vor­ausgesetzt, daß keine Ver­wechslung von Schrift und Sprache unter­läuft und anerkannt wird, daß die Schrift viel­fältigen Ansprüchen genügen muß, bei deren Ausgleich dem Wort des Dichters besonderer Wert beigelegt werden soll. Nun läßt sich nicht leugnen, daß Äußerungen von Dichtern über Rechtschreib­fragen oft als sehr einseitig, um nicht zu sagen wirklichkeits­fremd erscheinen.

sie sind – merkwürdiger­weise — von je­her meist gegner der ver­einfa­chung ge­wesen. […] die tonart, in der schrift­steller öffentlich zu der reform stellung nehmen, ist wenig ver­heißungs­voll für künftige aus­einander­setzungen .

, Der Spiegel,

Komisch, daß Schrift­steller für und gegen Nor­men streiten, an die sie sich sowieso nicht halten.

neu , Frankfurter All­gemeine Zei­tung,

Ein Redner aus den Regierungsreihen durchbrach den Willen zur Einheit mit der Erklärung, daß die Schriftsteller Schifffahrt auch mit fünf fs schreiben können, denn darin liege ja ihre künstlerische Freiheit, und sie kämen auch mit fünf fs in die Schulbücher, was natürlich ebensowenig stimmt wie der folgende Vorwurf: Vor acht Jahren seien sie von Herrn Kanther, der sich damals mit der Rechtschreibreform befaßt habe, aufgefordert worden, Stellung zu nehmen – und hätten sich, anders als heute, nicht gerührt.

, buch­autor, leiter des Lite­ratur­hauses Hamburg, boersenblatt.net,

[…] manche Schrift­steller unter­schrieben alle möglichen Resolutionen, die darauf drangen, um jeden Preis an der alten, vermeintlich so guten Schreibung fest­zuhalten – was manchmal verblüffte, da die Manuskripte dieser Schrift­steller keineswegs immer Sattel­festigkeit in Sachen Recht­schreibung verrieten.

Wenn Deutsch­land innen­politi­sche Probleme bewegen, dann ruft man gern nach den Intellek­tuellen; die wissen sich dann aufgerüttelt, und auch die Dichter er­heben mit hellem Klang ihre Stimme in Form von Unter­schriften. […] So ist es dann eine Situation von herber Komik, wenn unsere Schrift­steller sich zur Ver­teidigung eines über­kommenen Zustandes rüsten, den keine Kategorie unser Bürger in Tradition und Selbst­verständnis je so konsequent und triftig in Frage gestellt hat wie eben sie. Um nur von unserem Jahr­hundert zu reden: Der sprach­schöpferische Impetus des Expressionis­mus hat die her­kömmlichen Schreib­regeln mit der gleichen Energie gesprengt wie anderseits der marmor­meißelnde Stilwille Stefan Georges oder Rudolf Borchardts sie souverän ignorierte. Und konsequent zieht der buch­stäbliche Eigenwille, der sich dem gültigen Regel­kanon verweigert, durch die Jahr­zehnte bis in unsere Tage. Das gilt für Bert Brecht (bert brecht) wie für Tucholsky, gilt für Arno Schmidt wie für Ernst Jandl. […] Ginge es mit rechten Dingen zu – aber wann tut es das schon –, müßten die Schrift­steller die Ersten sein, eine Sprengung der beklem­menden Duden-Bande als Befreiung zu empfinden und die Aufhebung dieses peinlichen Monopols fordern.

, Weltwoche,

Für den Nicht­lite­raten ist es übri­gens auf­fällig zu sehen, in welch lemming­hafter Einig­keit die Litera­ten, die wir immer für In­dividuen und Individua­listen ge­halten haben, einer Parole nach­laufen.

Martin Ebel, Der Bund,

Auch grosse Schrift­steller, da­von er­zählen Lek­toren hinter vor­gehaltener Hand, schreiben durch­aus kein fehler­loses Deutsch.

Marcel Reich-Ranicki, Der Spiegel,

Als man sich 1954 schon ein­mal, wieder ein­mal Ge­danken über die deutsche Recht­schreibung machte, war Thomas Mann empört. […] Thomas Mann hat die Recht­schreibung, wie aus Tage­büchern ersichtlich, keines­wegs be­herrscht. Er war damals 79 Jahre alt. In diesem Alter sieht man den Boden der Suppen­schüssel und hat keine Lust, sich die Regeln einer neuen Recht­schreibung anzueignen. Ob vielleicht auch damit die späte Entrüstung unserer Schrift­steller zusammen­hängt? […] Unsere lieben Schrift­steller aber seien an ein weises Wort er­innert. In seinem Trauer­spiel "Wilhelm Tell" läßt Goethe den greisen Marquis Posa sagen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Siehe auch stichwort generation.

de.wikipedia.org, Fraktur_(Schrift)

Der Autor Hermann Hesse bestand noch lange nach dem Krieg darauf, dass seine Werke in Fraktur gedruckt würden. Auch viele Klassiker fanden in den 1950er Jahren als Fraktur­ausgaben noch sehr guten Absatz, so eine Theodor-Storm-Gesamt­ausgabe von 1953. Die evangeli­schen Kirchen hielten noch längere Zeit an der deutschen Schrift fest. So erschienen viele deutsch­sprachige Bibel-Über­setzungen bis in die 1960er Jahre in Fraktur.

, Basler Zeitung,

[…] beklagt Ex-Akademie Präsident Herbert Heckmann, nicht genügend von oben an­geleitet worden zu sein: «Die Akademie wurde nicht in Kenntnis gesetzt.» Hätten die Männer des Wortes Zeitung gelesen oder nur eine der 1300 Ver­öffentli­chungen zu diesem Thema, wäre ihnen solche be­jammerns­werte Un­kenntnis er­spart ge­blieben.