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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 1.–6. 2001
nachgeführt , 2021-12-26
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Aus presse und internet

30. 6. 2001

: Ein Muß? Neues Deutschland,
Heute regt sich kaum einer noch über das neue Regelwerk auf. Was nicht unbedingt am Sinngehalt der Reform liegt.
: Lebendige Sprache. Die Rechtschreibreform hat durch Regelaufweichung einen Beitrag geleistet — Glosse. Die Welt, , nr. 150, s. 29, Feuilleton
Zu dieser Entwicklung in lebendiger Vielfalt — in der auch der Eigensinn einer Frankfurter Tages­zeitung und einiger Buch­verlage einen gern zuerkannten Platz findet — hat die Rechtschreib­reform durch Regel­aufweichung einen wesentlichen Beitrag geleistet. Sie ist eines der wenigen Deregulierungs­projekte, die den Deutschen gelungen sind.

29. 6. 2001

: Der Euro lässt Strafen teurer werden. Südbadischer Fußballverband stellt Währung um und erhöht gleichzeitig die Strafen für Vereine und Spieler. Südkurier, , Lokales
Nicht angepasst wurde die künftige SBFV-Satzung übrigens in Sachen amtlich gültiger Rechtschreib­reform. Bei den Fuß­ballern hat "dass" statt "daß" noch nicht Einzug gehalten.
: Die Rechtschreib­reform ist am Ende. Gräuliche Entwicklung: Zahlreiche Änderungen in den neuesten Wörterbüchern kommen in großen Teilen einer Rücknahme der Reform gleich; warum deren Verteidigung nicht lohnt. Die Welt, , nr. 149, s. 8, Forum, Gastkommentar
Die Rückkehr zur Vernunft ist durchaus noch möglich, obwohl die Kosten gestiegen sind. Aber ein Weiter­wursteln mit ständigen Nach­besserungen käme noch viel teurer.

27. 6. 2001

: Werbegrafiker mit wachem Pioniergeist. «Max Bill: Typografie/Reklame/Buchgestaltung» – Auftakt einer Gesamtausgabe. Der Landbote, , 165. jg., nr. 146, s. 17, Feuilleton
Pioniergeist bewies er auch als Förderer der Kleinschreibung: «wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit.» Zu Kompromissen mit Verlegern bereit, wandte Bill allerdings die Gemischt­schreibung sogar beim eigenen Buch «Form, eine Bilanz über die Form­entwicklung um die Mitte des XX. Jahrhunderts» (1952) an.
: Sprachwissenschaft aktuell: Safari in Dr. Oetkers Hexenküche. [Rezension Lödige: Tesa, Tuc und Teddybär; das große Lexikon der rätselhaften Wörter.] ,
Die Sprachwissenschaft rückt nur selten ins öffentliche Bewusstsein, und dann orientiert sich die Öffentlichkeit, wie zuletzt in der Debatte um die Rechtschreibreform, nur wenig an der Meinung der Wissenschaftler. […] Lödige selbst liefert schließlich dutzendfach fröhliche Argumente für die allgegenwärtigen, jedoch immer umstrittenen Anpassungen der Sprache, wie sie zuletzt auch offiziell durch die Rechtschreibreform vollzogen wurden.

24. 6. 2001

: «Dann sollen sie mich eben ausbürgern.» Österreichs Kultmusiker Hubert von Goisern über das Nationalsozialistische der Volksmusik, Dummheit und die Rufe von wilden Schimpansen. Sonntags-Zeitung, , Sonntagsgespräch
«Fön» wird als Ihre bisher beste CD gehandelt. […] Fön ohne h — dazu assoziiert man auf Anhieb Belangloses wie Dauerwellen. von Goisern: Der Titel war mein Beitrag zum Chaos der neuen Rechtschreibung. Das meiste darin ist einfach blödsinnig. Aber wenigstens kann man endlich auch mit der Sprache machen, was man will.

Das konnte man schon immer!

23. 6. 2001

: Maupaßant. Kölner Stadt-Anzeiger, , Kultur, Kommentar
Da die "FAZ" die Reform ablehnt, schreibt sie noch immer "daß" und "laß". Solcher Mut zum Bewahren kann freilich zur einer Anpassung in die andere Richtung führen. In ihrem Freitag-Fernsehprogramm passierte es der "FAZ", dass aus dem Autor Maupassant Maupaßant wurde.
: Drei Schwimmregeln. Vor 100 Jahren rund um Spremberg; 25. Woche 1901. Lausitzer Rundschau, , Spremberg
Die große Rechtschreib-Konferenz hatte getagt und befunden: "Thor, Thier — ohne h; und ie in regieren bleibt. Große Buchstaben bleiben auch erhalten. Damit sind alle Länder-Unterschiede in deutschen Landen beseitigt." In hundert Jahren konnte eine weitere große Rechtschreibreform kommen. Wir wissen heute, dass sie nur für die Buchindustrie Bedeutung hatte. Wenn sie vielleicht bald rückgängig gemacht wird, ist das doppelter Gewinnen für die Duden-Hersteller.
: Deutscher Sprachpreis 2001 für den Kampf gegen die Verwahrlosung der Sprache durch die Rechtschreibreform. ,
Joachim Güntner deutet die Verleihung des Deutschen Sprach­preises 2001 negativ als bloßen Trostpreis. Güntner ist offenbar aus seiner pessimisti­schen Sicht der Dinge nicht in der Lage, die große Leistung Theodor Icklers zu er­kennen und zu würdigen.

2001-06-22

: Kleine Meldungen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 4, Politik
Die Gegner der Rechtschreibreform in Niedersachsen haben eine weitere Niederlage erlitten.
Ministerium siegt mit Rechtschreibreform. Im jahrelangen juristischen Streit um die Rechtschreibreform haben deren Gegner in Niedersachsen eine weitere Niederlage erlitten. Hannoversche Allgemeine Zeitung,
Das Kultusministerium will der Schule Josephines jetzt aufgeben, den Übergang von der bisher gelernten alten Rechtschreibung zur den neuen Regeln „behutsam“ zu vollziehen. Ministeriumssprecherin Sonja Markgraf erinnerte auf Nachfrage daran, dass bis zum Ende der Übergangsfrist Mitte 2005 alte Schreibweisen in schriftlichen Arbeiten nur als überholt gekennzeichnet und nicht als Fehler gewertet werden.
: Juristischen Schlussstrich gezogen. Gericht: Auch Josephine Ahrens muss neue Rechtschreibregeln lernen. Nordwest-Zeitung,
Das Verfahren, in dem es um den Anspruch der heute zwölfjährigen Josephine Ahrens ging, nach den alten Rechtschreibregeln unterrichtet zu werden, endete mit einer Niederlage der Klägerin Gabriele Ahrens (Elsfleth), Mutter des Mädchens.
: Josephine schreibt trotzdem «belemmert». NZ Netzeitung, netzeitung.de,
Genau erinnert sich Gabriele Ahrens an einen Tag vor etwa drei Jahren, als ihre Tochter mit einem Diktat nach Hause kam. Josephine ging damals in die dritte Klasse und hatte ein Wort falsch getrennt. In der Verbesserung sollte sie «Zu-cker» schreiben. «Da sind wir wach geworden», sagt Gabriele Ahrens. Schreibweisen wie «Potenzial», «Tollpatsch» oder «belämmert» durchzusetzen, das sei ein «unglaublicher Vorgang». «Dadurch soll das Volk verdummt werden.» […] Josephine wird in den Sommerferien trotzdem keine neuen Schreibregeln pauken, sondern auch im nächsten Schuljahr schreiben wie immer.
: "Unsere Sprache hat sich immer verändert." Die Ministerin und die Rechtschreibung — Ein Interview. Die Welt, ausgabe Bayern, , Gesellschaft
Hohlmeier: Ich habe mich dabei ertappt, früher schon das ein oder andere Mal die neuen Regelungen angewandt zu haben — unbewusst. Selbst die Gegner der Reform, deren Briefe mich ja auch erreichen, schreiben oft in der neuen Form, ohne es selbst zu wissen. […] Von Anarchie kann keine Rede sein. Und auch das Ende der Übergangsfrist im Jahr 2005 ändert nichts Entscheidendes an der gewohnten Situation: Für Schüler galt früher ein verbindlicher Rechtschreibstandard. Das ist heute so und wird auch nach 2005 so sein.
: Der Rechtschreib-Papst. Seine Chaostheorie zur Rechtschreibreform hat Theodor Ickler den deutschen Sprachpreis eingebracht. Die Welt, ausgabe Bayern, , Gesellschaft
Fazit des Professors: "Wir sind das einzige Volk, das von Amts wegen seine Sprache nicht beherrscht."

21. 6. 2001

: Trostpreis für Rechtschreiber. Hannoversche Allgemeine Zeitung,
Ickler […] ist öffentlich vor allem mit pointierten Fundamentalverrissen der jüngsten deutschen Rechtschreibreform hervorgetreten. […] Hier hat die Preisvergabe eine hübsche polemische Note. Dass sie zugleich tröstlichen Beistand leisten will, verrät Paragraph 3 der Satzung: „Auch gilt es, dem Preisträger bei seinen berechtigten Bestrebungen das Gefühl der Vereinsamung und der Verlassenheit zu nehmen.“
: Von A bis Z. Nicht zu knapp. Die Welt, , nr. 142, s. 30, Feuilleton
ß ist der deutscheste aller Buchstaben […]. Seit der Rechtschreibreform darf man ß auch als Großbuchstaben verwenden […] Die Rechtschreibreform hat die Regeln für die Schreibung des ß vereinfacht. […] Dass man statt daß jetzt dass schreiben muss, ist keine Erleichterung, sondern ein Taschenspielertrick, denn die Kinder machen nun keine das/daß-Fehler mehr, dafür aber das/dass-Fehler, und das nicht zu knapp.

20. 6. 2001

: Nürnberger Universitäts-Professor geehrt. Preis für deutsche Sprache geht an Kritiker der Rechtschreibreform. Bocholter-Borkener Volksblatt, , Kultur
Icklers Schriften zur deutschen Orthographie knüpften wie all seine Werke in ihrem Sachverstand, ihrer philologischen Akribie und ihrem wissenschaftlichen Ethos an die guten Traditionen deutscher Sprachwissenschaft an.
: Richtige Schreibung. Ickler erhält Deutschen Sprachpreis. Süddeutsche Zeitung, , s. 20, Feuilleton
Die Stiftung würdige „die vielfältigen und richtungsweisenden Arbeiten eines bedeutenden deutschen Sprachwissenschaftlers, vor allem auf dem Gebiet der Orthographietheorie und -geschichte“, heißt es in der Begründung.

2001-06-19

: Wird Sprachforschung ignoriert? Neue Zürcher Zeitung, , nr. 139, s. 69, Briefe an die NZZ
Neuere Untersuchungen […] belegen die Schwierigkeit der englischen Sprache für Kinder, da das Englische in Wort und Schrift bekanntlich nicht übereinstimmt.[…] Ich meine mit gesundem Menschenverstand behaupten zu dürfen, dass das Frühenglisch in der Schule sich nachteilig auf den gesamten Sprachlernprozess auswirkt.
: Gesetzmäßigkeiten der Standardisierung. Frankfurter Rundschau, , Forum Humanwissenschaften
Englisch hat seine Stellung nicht aufgrund inhärenter Gütekriterien erlangt, sondern durch Machtpolitik. Seine heutige Unverzichtbarkeit erklärt sich zudem aus Gesetzmäßigkeiten der Standardisierung, ähnlich dem Sieg Microsofts über Apple. Englisch hat eklatante Defizite: eine chaotische Orthographie ebenso wie Lücken im Wortschatz.
: Grass raucht im Rathaus. Neue Presse,
Am Montag Abend hat der Literaturnobelpreisträger Hannover besucht. […] "Ohne Günter Grass ist Deutschland nicht denkbar", sagte Landtagspräsident Rolf Wernstedt (61) voller Anerkennung — und fügte schmunzelnd hinzu: "Allerdings habe ich mich einmal sehr mit ihm über die Rechtschreibreform gestritten."
: "Dat tut man nich mehr mit scharfem -s- schreiben." Westdeutsche Zeitung, , Kreis Neuss
Mit "Unter Strom" sorgten Herbert Knebel und sein Affentheater für beste Unterhaltung im Einstein-Forum. […] der beabsichtigt falsche Umgang mit der deutschen Sprache gehört zu seinen Paradedisziplinen. Etwa wenn der passionierte Fan von "Schwarz-Gelb Dortmund" […] in der Halbzeitpause der Partie gegen das benachbarte Altenheim mit seinen Spielern über die Rechtschreibreform fachsimpelt.
: Deutscher Sprachpreis 2001 an Theodor Ickler. Berliner Zeitung, , Bildung und Hochschule
Mit seiner umfassenden und konstruktiven Kritik an der Rechtschreibreform, so die Begründung, sowie mit seiner vorbildlichen Aufbereitung der allgemein üblichen Rechtschreibung habe Ickler der deutschen Sprachgemeinschaft und ihrer Kultursprache einen großen Dienst erwiesen und den Weg gezeigt, der aus der Krise der deutschen Rechtschreibung herausführen könne.
: Rechtschreiber. Deutscher Sprachpreis an Theodor Ickler. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 139, s. 49, Feuilleton
Seit 1996 hat Ickler in mehreren umfangreichen Essays in dieser Zeitung die eklatanten Widersprüche der Rechtschreibreform dargelegt und auch die im vergangenen Jahr erschienene 22. Auflage des "Duden" einer detaillierten Kritik unterzogen.
: Deutscher Sprachpreis an Theodor Ickler. Stuttgarter Zeitung, , Kultur
Die von der Henning-Kaufmann-Stiftung zur Pflege der Reinheit der deutschen Sprache im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft vergebene Auszeichnung ist mit 15000 Mark dotiert.
Sprachpreis für Germanisten Theodor Ickler. Die Presse, , Kultur
Der Erlanger Professor Theodor Ickler, einer der prominentesten Kritiker der Rechtschreibreform, erhält den diesjährigen Sprachpreis der Henning-Kaufmann-Stiftung zur Pflege der Reinheit der deutschen Sprache.

Schön, aber bei «Reinheit der deutschen Sprache» denkt unsereins an Leiss.

18. 6. 2001

: Abschreckendes sprachliches Kunterbunt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 57, Briefe an die Herausgeber
Eine der möglichen Antworten auf die Frage, warum immer weniger junge Franzosen Deutsch lernen möchten, könnte in der Rechtschreibreform begründet sein.

Ist aber nicht; vgl. Frankfurter Rundschau vom 19.

: Fußtritte für den "Fussweg". Schilderstreich am Pragsattel. Stuttgarter Nachrichten, , Stuttgart
Am Pragsattel hat die Leserin den Schildbürgerstreich entdeckt. Dort heißt es: "Fussweg zum Robert-Bosch-Krankenhaus." […] Erst kürzlich sei das Schild ausgewechselt worden. Früher habe man den richtigen "Fußweg" lesen können. […] Der Schilderwechsel habe nichts mit der Rechtschreibreform zu tun.

17. 6. 2001

: Was war. Was wird. (heise online), , news
Die Rechtschreib­reform feiert heute Jubiläum. Gemeint ist nicht die, die heute der FAZ das Net zerreißt, sondern jene davor, die vom 17. Juni 1901, betrieben von der Konferenz zur Ver­einheitlichung der deutschen Sprache. Dazwischen gab es keine nennens­werte Reform, sieht man einmal von dem Versuch eines Mit­arbeiters von Hermann Göring ab, durch Ein­führung der konsequenten Klein­schreibung tonnenweise Blei zu sparen. 100 Jahre ist es also her, dass eine Regel ab­geschafft wurde, die erst jetzt wieder in den Online-Foren korrigiert wird: "Schreibe, wie du sprichst" – und wenn dabei noch so viel Blöhtsinn rauskommt. Etwa der vom "Käsuell Friday", den eine große deutsche Bank in genau dieser Schreib­weise regulieren wollte. Gemeint ist der Casual Friday, an dem die An­gestellten vom strengen Dress-Code befreit sind.
: Fußball Intern. Welt am Sonntag, , Sport
Als "angestellter von schalke 04" schreibt Profi Yves Eigenrauch, 31, regelmäßig Kolumnen für die alternative "taz". In kleinen Lettern — Eigenrauch ignoriert konsequent die Orthographie — erinnerte sich der Abwehrspieler jetzt an seine große Verbitterung beim DFB-Pokalfinale gegen Union Berlin, bei dem er nur auf der Tribüne sitzen durfte.

16. 6. 2001

: Schließt die Hochschulreferate. Die Autonomie der Universitäten steht in Deutschland nur auf dem Papier von Festrednern. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 46, Feuilleton
Die Erneuerung der Hochschulen erinnert fatal an die Rechtschreibreform. Bestimmt wird sie nicht von den Betroffenen, sondern von Lobbyistenzirkeln und Ministerialbeamten.
: Mit Links. Was bringt die kommende Woche? Silke Hohmann sagt's Ihnen! Mit Links im virtuellen Netz. Frankfurter Rundschau, , Magazin
Am 17. Juni 1901 legte die Konferenz zur Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung Regeln für Deutschland, die Schweiz und Österreich fest, die sich in Konrad Dudens "Orthographischen Wörterbuch" manifestieren (www.rechtschreibreform.com).
Überflüssig wie ein Kropf. Nordwest-Zeitung,
[…] Kandidatenkür zur Wahl des künftigen FH-Präsidenten, betroffen der Kandidat Carsten Ahrens aus Oldenburg. Ihm wurde angeblich das Etikett „Nicht präsidiabel“ angepappt […]. Ahrens, der sich außerhalb der Hochschule vor allem durch seinen Einsatz im Kampf gegen die Rechtschreibreform einen gewissen Ruhm erworben hat, gilt auf dem Campus als Mann des offenen, mitunter vielleicht voreiligen Wortes, der den Streit nicht unbedingt sucht, ihm aber auch nicht aus dem Wege geht.

15. 6. 2001

: Nie mehr zurückblättern. Rainer Moritz über die neue Freizügigkeit im Buch. Der Tagesspiegel, , Kultur
Wertkonservative Menschen führen gerne Klage über die allenthalben waltende Sittenverrohung. […] und so fällt es den Zivilisationskritikern nicht schwer, mit Inbrunst schlimmste Verfallsindizien aufzulisten: "Big Diet", die neue Rechtschreibung, die Schwulenehe, Kurt Biedenkopfs Wohnverhältnisse, der Zustand des deutschen Feuilletons ...

14. 6. 2001

: Reformer im Stillen. , , Kommentar
Ohne Gerhard Augst hätte es keine Rechtschreib­reform gegeben, denn die 68er hatten längst resigniert. […] Der kleine Kreis unermüdlicher Reformer, der über viele Jahre hinweg im Stillen an der Rechtschreib­reform gebastelt hat, ist aus­schließlich sein Werk.

Das (aus unserer sicht verdienstvolle) wirken von Gerhard Augst ist zweifellos einzigartig, aber diese kollegenschelte illustriert das sonst eher einfachen leuten eigene monokausale denken einiger reformgegner.

2001-06-13

: Der Kaiser ließ am „Thron“ nicht rütteln. 1901 wurde eine einheitliche Rechtschreibung eingeführt — Die jüngste Reform, ein Fall von „Regelungsgewalt“? Augsburger Allgemeine, , nr. 134
Gern verweisen heutige Reformer auf die „Zweite Orthographische Konferenz“ vom 17. Juni 1901. […] Der Erlanger Sprach­wissenschaftler Prof. Theodor Ickler vermutet, man wolle damit einen Präzedenz­fall staatlicher Ortho­graphie-Lenkung schaffen, der quasi legitimatorisch auf die heutige Reform abstrahle.
: Schreibreform wohin? Augsburger Allgemeine, , nr. 134
Einst galt: Die Schule soll den Schülern jene Rechtschreibung beibringen, die "in den gebildeten Kreisen des Volkes zur festen Gewohnheit geworden ist".

Wo steht das, was hier in anführungszeichen steht? Es ist die meinung von reformgegnern. Dass es je gegolten habe, bei der rechtschreibung oder anderswo, ist wunschdenken — zum glück.

: Von den Leuten, denen wir die Rechtschreibreform verdanken. Interesse für nix. Landshuter Zeitung,
Auf alle Fälle sind das die Leute, denen wir die Rechtschreibreform zu verdanken haben. „Ach, rauh schreibt man dann hinten ohne h? Hat man das bisher anders geschrieben? Interessiert doch keinen.“

So wie das regieren ohne volk einfacher wäre, hätten wir vielleicht weniger probleme mit der rechtschreibung, wenn sich das blöde volk so sehr dafür interessieren würde wie die gebildeten kreise. (Nur vielleicht, denn die ehrlichen gebildeten fühlen sich nicht so erhaben.) Wenn man nicht in sekundärtugenden verliebt ist und das tadelnde zitat mit distanz betrachtet, kann man daran nichts negatives erkennen; "Interesse für nix" ist eine interpretation der autorin.

: Ganz wie in alten Zeiten. Rechtschreibreform: Gespräch mit Kommissionsleiter Augst. Mannheimer Morgen, , Kultur
Vor 100 Jahren fiel in Berlin der Beschluss, in ganz Deutschland eine einheitliche Rechtschreibung einzuführen. Und vor fünf Jahren folgte die Entscheidung für die Rechtschreibreform. In einer ersten Bilanz sehen die Reformer ihr Werk als Erfolg an. "Nach Behörden und Medien verwenden auch immer mehr Bürger privat die neue Rechtschreibung", sagt Professor Gerhard Augst, Leiter der Zwischenstattlichen Rechtschreibkommission. Er sieht darin eine historische Parallele: Auch vor 100 Jahren war die Einführung der einheitlichen Rechtschreibung heiß umstritten.
: Nur am Thron wird nicht gerüttelt. Offenbach-Post, , Kultur
In der Geschichte der Rechtschreibung werde sich auch ein anderer Einschnitt wiederholen, meint Duden-Redaktionsleiter Wermke. "1995/96 hat es sehr viel Kritik gegeben. Von Aufregung beim Publikum ist bei der Duden-Redaktion aber nichts mehr zu bemerken." In diesem Jahrzehnt würden bereits die ersten Schüler, die nach der neuen Schreibung gelernt hätten, die Schulen verlassen. "Das war auch damals der endgültige Durchbruch der einheitlichen Rechtschreibung."
Namen — Notizen. Südwest Presse, , Politik
Zitat des Tages: Der Thron ist immer noch der Thron. Daran darf man nicht rütteln, auch wenn wir schon lange Republik sind. Auch die neue Rechtschreibung habe an der alten Schreibweise nichts verändert, so Gerhard Au[g]st von der Rechtschreibkommission.

12. 6. 2001

: "Dinosaurier der Poesie" und Jongleur der Idiome. Heute wäre der österreichische Autor H. C. Artmann 80 Jahre alt geworden. Donaukurier, , Kultur
Seine Kleinschreibung hatte übrigens simple ästhetische Gründe: "Deutsch hat zu viele Oberlängen", bekannte er einmal.

9. 6. 2001

: Zum An-die-Wand-Werfen. Sehr enttäuscht, ziemlich aufregend. Aus den Leserzuschriften der letzten Woche. junge Welt, , Feuilleton
Bitte stellt das Thema »Euro« ins Zentrum der Berichterstattung. […] Es deutet sich schon jetzt ein ähnliches finanzielles Desaster an, wie bei den von oben dilettantisch durchgesetzten Aktionen EXPO, Krieg im Kosovo, Rechtschreibreform, Privatisierung der Bahn u. a. All diesen Aktionen haftet etwas Staatsstreichartiges an und mißlang den Nieten in Nadelstreifen.

7. 6. 2001

: Rechtschreibreform und Nationalsozialismus. Eine glänzende Studie — trotz gewisser Demagogie. Neue Zürcher Zeitung, , 222. jg., nr. 129, s. 68, Feuilleton
Soweit passt alles zusammen. Und doch ist es entweder Demagogie oder Unkenntnis der Historie, die Unterordnung der Schrift unter phonetische Prinzipien als nationalsozialistisch zu brandmarken — zumal wenn dies mit der Suggestion einhergeht, dass jeder, der dem phonetischen Primat huldige, braunes Gedankengut pflege.

5. 6. 2001

: «Heute kommunizieren wir ganz anders als vor 30 Jahren.» Schulpsychologin Edith Rederer spricht über den SMS-Boom und eine neu entstandene Sprache. Liechtensteiner Volksblatt, , Inland
Was ist charakteristisch für die SMS-Sprache? […] Rechtschreibregeln spielen keine Rolle. Alles wird mehr oder weniger klein geschrieben, die Schriftsprache wird mit Umgangston vermischt.
: «Abenteuerliche Ergebnisse.» Betriebe beklagen schlechtes Niveau der Bewerber. Berliner Morgenpost, , Wirtschaft
Dafür sind äußere Form der Bewerbung und Rechtschreibung […] besser geworden. Hier zahlt sich offenbar die wachsende Verbreitung von Computern aus.

2. 6. 2001

: Da weiß man, was man hat. Status-quo-Präferenz, Besitzeffekt, Verlust-Aversion: Die Psychologie der Reformblockaden. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 15, Die Ordnung der Wirtschaft
Verluste tun manchmal mehr weh als Gewinne gut. Das Problem jeder Reform ist, daß mit ihr eine Änderung des Status quo verbunden ist, der aber als solcher hohe Wert­schätzung genießt. Viele Nachteile des Status quo haben den Charakter von Opportunitäts­kosten (ent­gangenes Wachstum, entgangene Einkommens­zuwächse, entgangene Beschäftigungsmöglichkeiten), die in der menschlichen Beurteilung aber nicht in dem Maße durchschlagen. Demgegenüber haben die Kosten von Reformen oft den Charakter einer direkt spürbaren pekuniären Belastung (Abbau von Sozial­leistungen und Subventionen), die im psychologischen Kalkül stärker zu Buche schlagen. […] Eine zentrale Rolle darin spielt der Widerstand der Reformverlierer, der oft politisch wirksamer ist als die Unter­stützung der Reformgewinner für Veränderungen. Die Psychologie bietet mit ihren Erkenntnissen über die Verlust-Aversion eine Erklärung für diese Asymmetrie. Verlust-Aversion ist eine Beurteilungs­weise, bei der eine Verschlechterung in bezug auf einen Referenz­wert intensiver erlebt wird als eine nach dem Betrag gleiche Verbesserung. […] Die Verlust-Aversion erklärt die Durchschlags­kraft der Reform­verlierer: Diese erleben die Verluste intensiver als Gewinner ihre Verbesserungen. […] Status-quo-Präferenz, Besitzeffekt und Verlust-Aversion haben eine Paradoxie zur Folge: Wenn Wähler im Ausgangspunkt zwar noch Reformen ablehnen, würden dieselben Wähler nach Reformen möglicherweise nicht zum ursprünglichen Zustand zurückkehren wollen […]. Eine Rückkehr zur alten Situation würde von den Reform­gewinnern nun als Verlust betrachtet, der ungleich intensiver erlebt würde als umgekehrt der Gewinn durch die Reform.

Zum beispiel bei jeder rechtschreibreform: Der (übrigens begründete) verzicht auf zu weit gehende rein grafische bedeutungsdifferenzierung wird beklagt. Anderseits bejubelt niemand den gewinn an anderer stelle (eindeutigkeit von stillleben, rückauflösung der ck-/kk-trennung), weder die gegner noch (in einem vergleichbaren ausmass) die befürworter.

: Europhobie. Frankfurter Rundschau, , Magazin
Die haben Ihnen die Rente geklaut und jetzt wollen sie Ihnen die Deutsche Mark nehmen. Der Euro kommt. Aber nicht mit Ihnen! Die Kontakt­versuche Ihres Bank­beraters wehren Sie ab wie ein Soldat, genauso die Regierungsinfos. Das hat bei der Rechtschreib­reform gezogen, mit Konsequenz und Ignoranz schaffen Sie auch die Währungsreform. Aber leider liegt da ein Irrtum vor. Der Euro kommt. Auch ohne Sie.

6. 2001

: Schreibreform: Wird die Mogelpackung wieder aufgeschnürt? Die neuen Regelungen werden in der breiten Öffentlichkeit nicht akzeptiert — Die zwischenstaatliche Rechtschreibkommission soll nun schon im Jahre 2002 statt 2005 Änderungsvorschläge machen — Eigentliches Ziel ohnehin verfehlt. Druck + Papier, , 139. jg., nr. 6—7
Das Wort der Druckindustrie scheint allerdings — erneut — nicht gefragt zu sein. […] Allerdings dürfen sich die in der Druckindustrie Verantwortlichen nicht darüber wundern, dass sie nicht gefragt werden, haben sie doch mit der vielfältigen Abschaffung oder Ausdünnung der Korrektorate und Überlassung der Verantwortung für die Rechtschreibung in den Druckerzeugnissen an Agenturen, Autoren und Auftraggeber massiv an Kompetenz eingebüßt.
: Sprachwart: Grießbrei, Reisbrei usw. Druck + Papier, , 139. jg., nr. 6—7, s. 10
Wie die Schreibpraxis in der Schweiz zeigt, geht es auch ganz ohne ß!
: 100 Jahre deutsche Einheitsschreibung. ,
In der Schweiz wurde übrigens bereits seit 1894 offiziell nach dem »Duden« geschrieben. […] Für Konrad Duden, den Pragmatiker, war mit dieser Regelung sein wichtigstes, über lange Jahre konsequent verfolgtes Anliegen der Herbei­führung einer einheitlich geregelten deutschen Rechtschreibung zwar erfüllt. Von der Sache her waren ihm die Ergebnisse allerdings nur ein Zwischenziel. […] Die Ergebnisse der II. Orthographischen Konferenz wurden, wie könnte es anders sein, nicht von allen positiv bewertet. Den einen blieben sie auf halbem Wege stehen, den anderen waren sie ein Bruch mit dem Gewohnten. […] Im Guten wie im Schlechten – werden manche sagen – hat sich die Geschichte wiederholt.

31. 5. 2001

: Andreas Pfeil: Ein Mann für's 25. Jahrhundert. Schwäbische Zeitung, , Lokales, Ulm
Der Szene-Wirt, Musiker und Organisations­planer des Internationalen Donaufests beantwortet heute den SZ-Fragebogen. […] Und welche Lektüre würden Sie ihrem Lieblingsfeind mit auf die Insel geben? — Die neue deutsche Rechtschreibung.

29. 5. 2001

Internationale Konjunktur- und Aktienanalysen. Finanzwoche, , nr. 36
Hier zeigt sich, daß nicht nur Privat­leute, sondern auch Noten­banken kaum die deutschen Politiker­parolen von der gleichen Stabilität des Euro wie der DM glauben. Besonders lächerlich erscheint auch rückwirkend die Bemerkung des früheren Außen­ministers Kinkel, die DM sei eine „Dorf­währung“ (wahr­scheinlich wäre dann die deutsche Sprache - die keineswegs 16% der Weltbevölkerung sprechen - noch mehr eine Dorfsprache, die man besser gegen ein mehr oder minder gutes Englisch eintauscht, nachdem man zuvor die eigene Sprache noch einmal durch eine „Rechtschreib­reform“ - die einzige Reform, die in Deutschland in den letzten Jahr­zehnten voll durch­gezogen wurde - ver­unstaltete. Deshalb bleibt die Finanz­woche wie die FAZ bekanntlich auch bei der alten Schreib­weise und würde einen Börsentip nie mit Doppel-P schreiben, denn dieses Wort kommt bestimmt nicht von „tippen“).
: Brockhaus Verlag in die roten Zahlen gerutscht. Personalabbau über die bisherigen Pläne hinaus. Stuttgarter Nachrichten, , Wirtschaft
Wiedervereinigung und Rechtschreib­reform hatten Brockhaus in der Mitte der 90er Jahre Spitzen­erlöse beschert.

28. 5. 2001

: Seiffen: Stengel bei den Kurtisanen — Ein Naseweis mit Genitiv. Schriftsteller, Conférencier und Journalist in einem: Am Sonntag stattete Hansgeorg Stengel dem Spielzeugdorf einen Besuch ab. Freie Presse, , Erzgebirge
Das Känguru wird nach der neuen deutschen Rechtschreibung ohne H geschrieben. Ihm sei das egal. Ein H brauche ein Känguru auch nicht. Hauptsache es habe einen Beutel. Logisch für einen wie Stengel, dass es sich bei der Rechtschreibreform nur um ein ABM-Projekt gehandelt haben kann.

26. 5. 2001

: Rechtschreibreform: Stopp durch Boykott? Sprachwissenschaftler und Verleger stellen „schleichenden Rückbau“ der neuen Regeln fest. Münchner Merkur,
„Aktuellen Umfragen nach bewerten über 90 Prozent aller bayerischen Lehrer die Reform positiv“, gibt Ministeriumssprecherin Claudia Piatzer an. „Da gibt es für uns keinen Anlass, einige der neuen Regeln zurücknehmen zu wollen.“ Eher im Gegenteil: „Viele Pädagogen sprachen sich sogar dafür aus, die Reform auszubauen.“   Dass es dazu kommen wird, glaubt Professor Ickler nicht: „Im Gegenteil. Man wird einige der neuen Regeln zurücknehmen“, versichert er.

25. 5. 2001

: Duden-Verlag gerät operativ in die Verlustzone. Investitionen in neue Programmfelder / Personalabbau wird fortgesetzt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 22, Unternehmen
Die Turbulenzen um die deutsche Rechtschreibung hätten das Programm des Duden-Verlags nicht mehr negativ beeinflußt.

23. 5. 2001

: Blockzeiten: Handeln, nicht «prüfen». Schaffhauser Nachrichten, , 139. jg., nr. 118, s. 2, Meinungen, leserbriefe
Persönlich finde ich Blockzeiten am nötigsten, dringendsten — vor Frühenglisch, Spätfranzösisch und der Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung.

22. 5. 2001

: Über der Grasnarbe. Mit neuem Chefredakteur sucht die "Woche" einen Weg aus der Krise — noch ohne klares Ziel. Berliner Zeitung, , Medien
Die "Woche" ist Bissingers Erfindung. Der Journalist […] steht für das journalistische Konzept der "modernen Wochenzeitung" (Untertitel), die als erste in Deutschland die neue Rechtschreibung einführte und Geldbeträge konsequent in Euro auswies.
: Rechtschreibreform und Nationalsozialismus. Ein Kapitel aus der politischen Geschichte der deutschen Sprache. , , Büchermarkt
Muss man die Rechtschreib­reform von 1996 nach der Lektüre dieses Büchleins aber nun mit anderen Augen betrachten? Muss man sie vielleicht sogar in der direkten Tradition des National­sozialismus verorten? Die Autoren legen dies nahe, auch wenn dies etwas übertrieben scheint. Wichtig und verdienstvoll ist es aber auf jeden Fall, dass sie die Lücke im öffentlichen Gedächtnis geschlossen haben und das Bewusstsein dafür schärfen, dass Eingriffe in die Sprache immer auch eine politische Dimension haben. […] Proteste und Recht­fertigungen wurden formuliert, Unter­schriften gesammelt und Klagen eingereicht. Umso erstaunlicher wirkt es im Nachhinein, dass der historische Vorläufer, die geplante Rechtschreib­reform der National­sozialisten, dabei kaum eine Rolle gespielt hat.

Weil es eben nicht der historische vorläufer ist. Stellungnahme von 2018.

21. 5. 2001

: Hoberg gegen Sprachgesetz. Symposium im Darmstädter Lichtenberg-Haus. Darmstädter Echo, , Südhessen aktuell
„Oft behaupten sich Vorurteile gegen besseres Wissen. So sind sich die meisten Kritiker der Rechtschreibreform ihrer eigenen Ignoranz gar nicht bewusst.“

20. 5. 2001

: Radikalreform. ,
Wenn man vereinfachen möchte, wäre es da nicht viel sinnvoller, das v einfach rausfallen zu lassen und jeweils durch f oder w zu ersetzen? […] zugunsten der Anforderungen sprachraum­weiter Einheitlichkeit und gleichzeitiger Einfachheit würde ich die Vokallängen­markierung im Schriftbild, die auch jetzt schon inkonsequent ist, gleich weglassen […]. So eine Reform würde aber als einzige wirklich das bringen, was auch die gegenwärtige versprach, jedoch aufgrund ihres Inhalts schlicht nicht leisten kann.

19. 5. 2001

: Pioniere und Zahnbürsten. Club für Führungsfragen: Trisa zu Gast. Schaffhauser Nachrichten, , 139. jg., nr. 115, s. 27, Region
Die Firma Trisa existiert seit 1887 und besteht, wie es Firmenchef Ernst Pfenniger (ein konsequenter Anhänger der Kleinschreibung) selbst beschreibt, aus einer «mannschaft von pionieren». Gemeint sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche die Firma gemeinsam zur Blüte gebracht haben.

18. 5. 2001

: Deckungsgrad wird kleiner. Oberbayerisches Volksblatt, , Lokales Wasserburg
Die Frage, ob die Anschaffung von 50 neuen Duden für die Schule sinnvoll gewesen sei, beantwortete Konrektor Max Dietrich. Man habe damit die größeren Klassen im Zuge der Rechtschreibreform ausgestattet. Auf jeder Bank solle ein Duden sein.

17. 5. 2001

: Wenn der Kirchenvorstand nur noch Vegetarier konfirmieren will. "Erstes Allgemeines Babenhäuser Pfarrer(!)Kabarett" gibt sich beim Auftritt in der Wicherngemeinde gar nicht salbungsvoll. Frankfurter Rundschau, , Stadtteile Frankfurt
Am Stand "Rent a pastor" gibt es nämlich bereits alles, was das Gemeindeherz begehrt. Mit Umtauschrecht. Das Mercedes-S-Klasse-Modell zum Beispiel ist ein Mittfünfziger "mit Schmiss bei den Frauen". Er ist Weinkenner, liebt Theater sowie Bildende Kunst und wettert gegen den allgemeinen Sittenverfall wie auch die Rechtschreibreform. Sein Preis: 580 Mark am Tag.

16. 5. 2001

12. 5. 2001

: New Speech. Berliner Format. Frankfurter Rundschau, , Berlin-Seite
Word. Dieses Wort darf in Berlin nur noch mit t geschrieben werden. Das ist keine Regionalvariante der Rechtschreibreform.
: VHS Heilbronn erhöht ihre Gebühren. Bilanz 2000: Große Resonanz auf Wein-Villa-Führungen, China-Schwerpunkt und Vorleseabende. Heilbronner Stimme,
120 Prozent mehr Teilnehmer im Bereich Sprachen zum Beispiel — das hat die VHS der Rechtschreibreform zu verdanken.

11. 5. 2001

: Zu viel Show, zu wenig Debatte. Der Bund, , nr. 109, Wissenschaft
Etliche Bürgerinnen und Bürger sind gekommen und haben sich vom ersten Schweizer Wissenschaftsfest, dem Festival Science et Cité, umwerben lassen. […] Die Themen eines Orientierungslaufs durch die Stadt sind von Nichtwissenschaftlern bestimmt worden und waren denn auch mehr auf Diskussion denn auf Faszination ausgerichtet: «Neue Rechtschreibung», «Der Weg des Patienten», «Interkulturalität» usw.

10. 5. 2001

neu : Die Urheber der Rechtschreibreform: Heuchler, Lügner, Geiselnehmer und ihre willigen Vollstrecker, die deutschen Kultusminister. , , Kommentar (810 wörter)
Einladung an alle, gemeinsam ein feines Buch zu den Akteuren der Spektakels „Rechtschreib­reform“ zu ver­fassen. […] Da die Rechtschreib­reform trotz erwiesener Miserabili­tät immer noch nicht von offizieller Seite zurück­genommen wird, beginnt sie in vielen Bereichen auch, ihre - meist zersetzende - Wirkung zu zeigen. Damit aber wird sie zu einem bildungs­politischen Faktor, nämlich dem größten Flop der Nachkriegs­zeit in diesem Bereich. Damit verdienen aber auch die, die an dem Unternehmen bzw. Geschäft beteiligt waren und sind, namentlich genannt zu werden. Wir, die wir noch einiger­maßen „im Thema drin sind“, sollten ein ent­sprechendes Buch gemeinsam verfassen, in dem auf die Tricks und Machen­schaften beim Versuch der Durch­peitschung der Rechtschreib­reform […] detailliert ein­gegangen wird. Ich schlage hierzu - ganz grob - erst einmal folgende Gliederung vor: „Zerschlagt das Herrschafts­instrument der Ortho­graphie“ - die geistigen Wurzeln der Reform in den 70iger Jahren […].

9. 5. 2001

: Kronzeuge Thomas Mann. Tagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Stuttgarter Zeitung, , Kultur
Vielleicht werden die Grauköpfe erst recht kämpferisch, wenn sie statt solcher "innerästhetischen Fragestellung" Politik treiben, die Rechtschreibreform steht nur zu bald, spätestens auf der Herbsttagung, wieder auf der Tagungsliste. Man plant ein Wörterverzeichnis, das strittige Worte und Wortgruppen im Sinne der Akademie richtig geschrieben enthält.

8. 5. 2001

: Der Deutsche Bücher Preis. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Kulturwahrer. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, , nr. 37, leserbrief
Auch nach der Recht Schreib Reform, deren Regelungen mich schon zu manchem Kopf schütteln (na, gemerkt?) bewegt haben, sollte dennoch ausgerechnet der Börsen Verein darauf achten, einem Deutschen Bücher Preis einen Namen zu geben, der eingängig, aber grammatikalisch korrekt ist.

Die verbreitete tendenz, substantiv­komposita getrennt zu schreiben, hat nichts mit der neuregelung zu tun. Schon lange kennt man es etwa von verlagsnamen: «Leibniz Verlag».

7. 5. 2001

: Sprache und Musik in zerrissener Einheit. Die Frühjahrstagung der deutschen Akademie. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 104, s. 30, Feuilleton
Da besinnt sich die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung nach den kultur­politisch ver­wickelten Ein­lassungen der letzten Jahre auf ein inner­ästhetisches Thema, und das Publikum besucht ihre Frühjahrs­tagung so zahlreich wie lange nicht mehr. Sollte sie also künftig davon ablassen, über die (aus ihrer Sicht verfehlte) Rechtschreib­reform oder die Anglizismenflut zu debattieren, und sich nur noch mit Ver­anstaltungen wie dieser jüngsten, betitelt «Musik zur Sprache gebracht — Sprache zur Musik gebracht», zu Wort melden? Die Frage ist müssig, denn die Akademie will in der Rechtschreibe- und Sprachpolitik mit eigenen Konzepten aktiv bleiben […].
: Lesen kann fast jeder, Noten lesen nicht. Darmstädter Echo,
Es ist üblich, dass bei Veranstaltungen wie der Frühjahrstagung begleitende Presse­konferenzen statt­finden. Das war auch hier nicht anders, die Pressekonferenz dümpelte bei mäßigem Interesse der Teilnehmer vor sich hin – bis das elektrisierende Wort „Rechtschreibreform“ fiel. Christian Meier, der Präsident der Akademie, redete sich bei diesem Thema erneut regelrecht in Rage. Die Reform sei erstens zutiefst un­demokratisch und zum zweiten stümperhaft, in weitgehender Unkenntnis der deutschen Sprach­gesetzlichkeiten zusammengeschustert worden. „Das wird sich auf die Dauer nicht durchsetzen“, sagte Meier, für Unter­nehmungen wie diese verunglückte Reform halte die deutsche Sprache einen wunderbar plastischen Ausdruck bereit: „Quatsch!“
: Thomas Manns rhythmische Bedürfnisse. Die Welt, , Feuilleton
Von heiligem Zorn erfüllt, nannte Meier die Kultus­minister wieder einmal stur, unzugänglich und feige; einige hätten ihm signalisiert, auf seiner Seite zu stehen, dürften dies aber nicht öffentlich zugeben. Dass die Reform — weitgehend an- oder wenigstens hin­genommen — mit Sicherheit scheitern wird, wie Meier proklamiert: Wer will das ernsthaft glauben (oder gar wünschen)?

6. 5. 2001

5. 5. 2001

: Ehrung für Berliner Autoren. Friedrich Dieckmann erhält den Merck-Preis, Horst Bredekamp den Freud-Preis. Berliner Zeitung, , Feuilleton
Für die Berliner Zeitung schrieb er im Vorjahr die kritische Auseinander­setzung der Rechtschreib­reform "Umgang mit einem Staats­streich. Das Rechtschreib­kuddelmuddel — woher es kommt und wohin es führt.".
"Eine intelligente Veranstaltung." Was andere Medien zum taz-kongress sagen. die tageszeitung, , nr. 6438, s. 12, Dokumentation
Berliner Zeitung: […] Während die meisten taz-Gründer heute in bürgerlichen Medien meinungs­bildend tätig sind und sich schon mit einer Reform der Rechtschreibung schwer tun, erneuern sich die taz-MacherInnen bei Billiglöhnen permanent im Geist der besten Journalisten­schule Deutschlands. […] Sabine Vogel.

3. 5. 2001

: Täuschungen, Enttäuschungen. Ulrich Woelk: «Liebespaare». Thurgauer Zeitung, , Kultur
Es ist ein Gehechel von merk­würdiger Kraft­losigkeit, dieses grosse Liebesspiel, das Ulrich Woelk inszeniert. […] Dies ist leicht zu lesen - und durchaus zu goutieren; ähnlich dem Zuschauer von Freds Serie lässt man sich deutschen Alltag servieren, appetitlich und verheissungs­voll an- (und auf Sex aus-) gerichtet, und mit genau so viel Rechtschreib­reform, 10 Jahren deutsch-deutscher Vereinigung, Sonnen­finsternis und Flugzeug­unglück dekoriert, wie es braucht, um zwischen Überraschung und Wieder­erkennung gefesselt zu bleiben.
: Die Sprache und was sich ihr entzieht. Die Akademie für Sprache und Dichtung tagt in Freiburg. Badische Zeitung, , Kultur
Südbadens Hauptstadt darf sich ge­schmeichelt fühlen, zum ersten Mal Austragungs­ort für die Frühjahrs­tagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung vom 3. bis zum 5. Mai zu sein. […] Die Sprache und nicht die Literatur stand in den Gründerjahren der Darmstädter Akademie im Vorder­grund des Interesses. Nach zwölf Jahren Sprach­barbarei trat man mit heute nur noch schwer nachvollzieh­barem Pathos an, „unsere Sprache vor weiterem Sinken zu bewahren“. […] Diese hohen idealisti­schen Ansprüche […] haben sich im Lauf der Jahr­zehnte gesund­geschrumpft – zuletzt auf den gegen­reformerischen Kampf um die Einheit der deutschen Recht­schreibung.

1. 5. 2001

: Fast alles nur halb so schlimm. Kabarettduo "Stöcker und Gery". Main-Post, , Stadt Schweinfurt
Doch Gery ist ein gekonnter Blödler und zeigt auch ansonsten durchaus komisches Talent, etwa wenn er einen holländischen "Vax-Zusteller" (Thema: Rechtschreib­reform) mit eher Schweizer Akzent spielt.

5. 2001

neu : Rechtschreibwörterbücher. Zeitschrift für germanistische Linguistik (), , 29. jg., nr. 2, s. 261 bis 272, Kommentar (4529 wörter)
Ziel des Artikels ist es, einen genaueren Blick zu werfen auf zwei neue Recht­schreib­wörterbücher. Eine Auseinander­setzung mit Recht­schreib­wörterbüchern kann nicht der Anlass zu einer grund­sätzlichen Diskussion der Neu­regelung und der Kritik an ihr sein. Natürlich werden bei der Be­schäftigung mit diesen Wörter­büchern Aspekte der Neu­regelung zur Sprache kommen, denn ohne die Recht­schreib­reform wären beide Wörter­bücher nicht erschienen oder zumindest zum jetzigen Zeit­punkt nicht […].
Der Fragebogen. Kurt Reumann. Forschung & Lehre, , nr. 5, s. 284
Wann empfinden Sie Ohnmacht? [Reumann:] Wenn ich Tagungen der Kultusminister­konferenz beiwohne, zum Beispiel denen über die Rechtschreib­reform und denen über die Behandlung Deutschlands im Unterricht.

29. 4. 2001

: Fragebogen: Karl Heinz Däke, Volkswirt. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , s. 72, Die letzte Seite
Welchen Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Schreibfehler nach der Rechtschreib­reform.

28. 4. 2001

: Mehr als eine Frage der Pietät. "Bedeutungsblindheit" oder: Wittgenstein und Grillparzer über Rechtschreibreformen. Die Presse, , Spectrum, Zeichen der Zeit
"Denke an das Unbehagen, das wir empfinden, wenn die Recht­schreibung eines Wortes geändert wird", heißt es mahnend in einem Text von Ludwig Wittgen­stein. […] aber auch die "noch tieferen Gefühle, die Fragen der Schreibung von Wörtern in manchen Menschen aufgeregt haben", verstand er als Beleg dafür, daß wir ein über praktische Belange hinaus­gehendes Ver­hältnis zu Schrift und Recht­schreibung haben können. […] "Die Buch­staben alle ungefähr von der gleichen Größe, immer wieder­kehrend; die Wörter, die sich zum großen Teil ständig wieder­holen und uns unendlich wohl­vertraut sind, ganz wie wohl­vertraute Gesichter." Jede Änderung der Schreibung greift in dieses Bild ein und stört die Bewegung des Lesens.

Wie «wohl­vertraut» die «Gesichter» in wahrheit sind, zeigen die lese- und schreibkompetenzen. Unsere tieferen gefühle sagen uns, dass es unter den vielen gesichtern auch hässliche, unbehagen auslösende gibt. Jedenfalls sind «tiefere gefühle» etwas hoch gegriffen, wenn es nur um die erhaltung des status quo geht.

25. 4. 2001

: Vortrag: Vor 100 Jahren im Odenwald. Vieles ist schon einmal da gewesen. Main-Echo, , Aus der Region, Erbach
»Geschichte wiederholt sich nicht, aber es ist vieles schon einmal da gewesen«, sagte Herbert Koschorrek, als er vor dem »Odenwald-Forum« in Hummetroth zum Thema »Vor 100 Jahren im Odenwald« referierte. […] Eine Rechtschreib­reform stand zu Beginn des neuen Jahrhunderts ebenfalls an. Im Rahmen dieser Reform wurde das »th«, etwa bei »Thür« und »Thor«, zum T, und anstelle des »C« wurde weitgehend das »K« eingesetzt, aus Cölln wurde beispielsweise Köln.
: Betr.: Bürger beobachten die Bahn (Folge 6). Fahrgastinformationsanlagendauerdefektproblematik in Glabbach gelöst! die tageszeitung, , nr. 6430, s. 12, Meinung und Diskussion
"Fahrgastinformationsanlage zur Zeit ausser Betrieb". Ein Aufbruchsignal, dreifach spannend und lehrreich. […] Und b) kann man zwar einen Rechtschreibfehler diagnostizieren (der Duden verlangt zurzeit "zurzeit"), aber vielleicht deutet der bewusst darauf hin, dass Bahners Wille über jede Schreibreform erhaben ist? 3) "ausser Betrieb". Ein Fall für Sprachpsychoanalytiker, denn hier erleben wir einen klassischen Fall von Überkompensation. Ausser gibt es nicht, weiterhin nur außer; außer in der generell ß-feindlichen Schweiz. Die Schilder also als Gruß (Gruss) an Eidgenossen auf Glabbachbahnhofsbesuch?
: Ein Fanal gegen die Modernisierung. die tageszeitung, taz Berlin, , nr. 6430, s. 23
Die 35-jährige Christina B. versuchte eine Tankstelle zur Explosion zu bringen — als Protest gegen Veränderungen, Baustellen und die Rechtschreib­reform. Wegen Schizophrenie wurde die Frau gestern vom Landgericht in die Psychiatrie eingewiesen.

23. 4. 2001

: Tiermehl und Klauenseuche nicht neu in Schlagzeilen. Vortrag von Helmut Koschorrek beim Odenwälder Heimatforum: Vieles ist schon einmal da gewesen. Darmstädter Echo, , Südhessen aktuell
Eine Rechtschreib­reform stand zu Beginn den neuen Jahrhunderts ebenfalls an. Das „th“ etwa bei „Thür“ und „Thor“ zum T, anstelle des „C“ setzten die Gelehrten das „K“ ein.
: Digitale Dichtung. Wenn Word weiß, dass es nichts weiß. Spiegel Online,
"abertausende"? Nicht erst seit der Rechtschreib­reform dürfte ein satter Prozentsatz der Bevölkerung arg ins Schwimmen geraten, wenn es darum geht, zu klären, wie man solche Konstrukte denn nun korrekt zu schreiben hat: groß, klein, zusammen, auseinander? Früher hätte man da zum Duden gegriffen. Heute gibt es — Bill sei Dank — die Rechtschreibkorrektur von Microsoft Word
: Von A bis Z. Kakanisch. Die Welt, , nr. 94, s. 31, Feuilleton
Im Deutschen wird das K nur in wenigen Fremdwörtern verdoppelt, wenn es gleichzeitig zu zwei Silben gehört, zum Beispiel in Sakko und Stukkateur. Normalerweise wird es als ck geschrieben und nur bei der Silbentrennung in k-k aufgelöst: backen, Socken und bak-ken, Sok-ken. Die Rechtschreib­reform schreibt die merkwürdigen Trennungen ba-cken, So-cken vor.

Da liegt wohl eine verwechslung von «merkwürdig» und «ungewohnt» vor.

21. 4. 2001

: Abschied von einer Unbekannten. Der iranische Exil-Lyriker Said über sein neues Buch, das seiner Mutter gewidmet ist. Süddeutsche Zeitung, , Münchner Kultur
Seine Gedichte, seine Prosa setzt er in Kleinschreibung, doch seinen Künstlernamen schreibt er stets in Großbuchstaben: SAID („Der Glückliche“).

20. 4. 2001

Zwickau: Stumpi & Co. machen Spaß mit Macht. Das Dresdner Kabarett „Antrak auf Stumphsinn“ kommt wieder nach Zweickau. Freie Presse, , Westsachsen
Hinter dem Namen „Antrak auf Stumphsinn“ verberge sich keineswegs ein behördlicher Vorgang in den Zeiten der Rechtschreib­reform, beteuert der Veranstalter, Rotter Entertainment.

19. 4. 2001

: «Gemsli» wird nicht zum «Gämsli». Die Wolfhäldler Wirtschaft in der Zelg ist ein 233 Jahre altes Kulturobjekt. Appenzeller Zeitung,
Die neue Recht­schreibung hat aus den Gemsen Gämsen gemacht. Folglich hätten sich die Wirt­schaften mit dem Namen «Gemsli» in «Gämsli» um­benennen müssen. Das ist aber nirgends erfolgt, und auch beim 233 Jahre alten Kultur­objekt «Gemsli» in der Zelg, Wolf­halden, ist dies­bezüglich keine Änderung vor­gesehen.
: Das Übel mit dem Umlaut oder Wie die EU "Göthes Pösie" schuf. Die Welt, , s. 30, Feuilleton, Glosse
Nun ist man in Brüssel (!) auf eine brillante Idee gekommen. Man hat den dortigen Computern beigebracht, die Buchstabenfolgen AE, UE und OE immer dann, wenn Namen aus den genannten Sprachen vorkommen oder wenn sie ganze Sätze in einer dieser Sprachen von sich geben, durch Ä, Ü und Ö zu ersetzen. Nun heißt Joenkoeping wieder Jönköping […]. Jene wussten offenbar nicht, dass nicht jedes deutsche Wort, das die Buchstabenfolgen AE, OE oder UE enthält, mit Umlaut zu gelesen und geschrieben werden darf. […] Nur ein paar baürnschlaü Italiener oder Briten, deren Schrift­systeme in dieser Hinsicht ärmlich sind, neiden den anderen ihre grafischen Farbtupfer. Sie sind es, die alle Versuche hintertreiben, den Eurocomputern so einfache Dinge wie Ä, Ö und Ü beizubringen.

18. 4. 2001

: Den Menschen aufs Maul geschaut. Erlanger Sprachwissenschaftler veröffentlichte ein eigenes Rechtschreibwörterbuch. Erlanger Nachrichten,
Was der Kunde nicht ahnt: obwohl in neuer Rechtschreibung, ist die derzeit noch aktuelle Duden-Auflage womöglich in absehbarer Zeit wieder veraltet. Um die vielen offenen Fragen der Rechtschreib­reform zu klären, hat sich die Duden-Redaktion nämlich einen Beirat einberufen, der strittige Fragen in der Umsetzung der Reform in Augenschein nehmen soll. Es ist also möglich, daß binnen kurzem eine Reform der Reform vorgelegt wird. Während sich die Experten um die neue Rechtschreibung streiten, holt Prof. Theodor Ickler vom Institut für Germanistik  der Universität Erlangen-Nürnberg nach, was die Reformer seiner Meinung nach zu Beginn ihrer Arbeit versäumten: Er stellt fest, was denn nun eigentlich die alte Recht­schreibung war.
: Historisch korrekt: Karlplatz heißt jetzt wieder Carlsplatz. Express,
So hatte er nämlich von Anfang an geheißen, ehe er von den Stadtvätern 1905 einfach in Karlplatz umgetauft wurde.
unterm strich. die tageszeitung, , nr. 6424, s. 14, Kultur
Die neue Auflage des deutschen Universalwörterbuches versichert: Die Unsicherheit um diverse Sonder­regelungen wird prolongiert. Vor allem im Bereich der Zusammen-getrennt-Schreibung tauchen hier markante Abweichungen auf.

17. 4. 2001

Seelig. Sächsische Zeitung, , Kultur
In der Presse wimmelt es von Seeligpreisungen. […] Andererseits ist dank der Rechtschreib­reform vormals Falsches wieder richtig: Nicht mehr Schenke, sondern wie im 19. Jahrhundert Schänke.
: Vom Fugger zum Wursthorn Maier, Jauch & Eisele. Südwest Presse, , Süddeutsche Heimat
Ein inzwischen vergessenes mittelhochdeutsches Wort für ein hammerartiges Werkzeug war bliuwel. Es hat in der Pleuelstange überlebt und stammt vom Verb bliuwen ("schlagen") ab. Das schrieb sich noch vor kurzem völlig korrekt "bleuen", bis die Rechtschreib­reform daraus ein "bläuen" machte und so dem Irrtum nachgab, es hinge mit "grün und blau schlagen" zusammen.

Etymologie ist etwas wichtiges und interessantes, aber sie ist nicht aufgabe der buchstabenschrift. Das ist der irrtum.

Noch mehr Rechtschreib-Varianten in neuem Wörterbuch. Die Presse, , nr. 15.948, s. 21, Kultur
Die neue Auflage des Deutschen Universal­wörterbuchs aus dem Hause Duden zeigt: Die Verwirrung um die Orthographie ist prolongiert. […] Einmal mehr bestätigt sich: Keine Rede kann von der — mit der Reform angeblich an­gestrebten — Vereinfachung der Recht­schreibung sein, von einer einheitlichen Schreibung ist man weiter entfernt als vor der Reform, die Verwirrung ist prolongiert.
Nach Wörterbuch eine Grammatik. Dolomiten, , s. 15, Pustertal
Eine moderne, den heutigen didaktischen Erfordernissen entsprechende ladinische Grammatik für die Schulen des Gadertales wurde am Mittwoch in St. Martin in Thurn vorgestellt […]. Die letzte kleine Rechtschreib­reform aus dem Jahre 2000 konnte berücksichtigt werden.

12. 4. 2001

: ver.dis schwindsüchtige Violetta. Süddeutsche Zeitung, , s. 14, Briefe an die SZ
Aber – um Himmels willen – welcher zeitgeistige Sprach- und Schriftenklempner hat den Gewerkschafts­bossen das dümmliche Kürzel „ver.di“ aufgeschwätzt? Was soll die kokettierende Kleinschreibung […]? Was soll auch das dümmliche Pünktchen in der Mitte? Der Gipfel modischer Tumbheit scheint mir aber zu sein, dass die Gewerkschaft ihr seltsames Namenskürzel obendrein italienisch ausspricht.

11. 4. 2001

: Unhip und politisch. die tageszeitung, , nr. 6420, s. 15, Flimmern und Rauschen
Und noch immer ist nicht klar, wie und ob sich Kabarett und Comedy unterscheiden. […] Die Macher selbst sehen die Entwicklung gelassen. […] Und Matthias Beltz doziert: "Comedy ist nach der Rechtschreib­reform lediglich die neue Schreibweise von Kabarett."
: Die Neue deutsche Rechtschreibung: eine Werbekampagne? Oder: Deutschland ist „normal“ geworden. Der Neue Pester Lloyd (Budapest),
Was wird bleiben? Sicherlich die ss-Schreibung, ohnehin verantwortlich für 80-90% aller Änderungen in durch­schnittlichen Texten. Die neuen Regeln zur Trennung (s-t) werden gleichfalls erfolg­reich sein. Nochmals geändert werden wird die Getrennt- und Zusammen­schreibung sowie die Fremdwort­schreibung. Keine Chance sich durch­zusetzen haben hingegen die neuen Komma-Regeln, da sie schlicht leser­feindlich sind.

10. 4. 2001

: Urteil gegen «Märtyrer des britischen Masssystems». Gemüsehändler gegen metrische Masse. Neue Zürcher Zeitung, , 222. jg., nr. 84, s. 64, Vermischte Meldungen
Er beharrte auf dem alten britischen System und wog Gemüse und Früchte weiter in «Pounds» ab. […] Thoburn sei ein vernünftiger, hart arbeitender Mann. «Er tat, was er tat, weil er daran glaubte.» Anhänger des 36-jährigen Gemüsehändlers waren zu dem Verfahren nach Sunderland geströmt, um Unterstützung für ihren Helden zu demonstrieren.

Weitere vernünftige, hart arbeitende menschen, die an das vergangene glauben, lernt man unter www.rechtschreibreform.com kennen.

: Lohr vor 100 Jahren. Mainpost, , Lohr
Damals schrieb die Lohrer Zeitung: […] "Im Laufe des Frühjahrs werden in Berlin Vertreter aller Bundesstaaten zu einer Konferenz über eine einheitliche Rechtschreibung zusammentreten."
: Für die Erstklässler und ihre Lehrer bricht ein neues Schrift-Zeitalter an. "Vereinfachte Ausgangsschrift" ersetzt die 50 Jahre gelehrte "Lateinische Ausgangsschrift". Passauer Neue Presse, , Lokalteil Freyung
Kaum hat man sich mehr oder weniger an die Rechtschreib­reform gewöhnt, kommt schon die nächste. Sie betrifft diesmal aber nicht die Grammatik, sondern das Schriftbild. Die leichter erlernbare "Vereinfachte Ausgangs­schrift" wird im kommenden Schuljahr in den ersten Klassen eingeführt.
: Geography Of Dyslexia Is Explored. (The New York Times), , Health
The problem, the researchers say, may be that while English consists of just 44 different sounds, they can be written in more than 1,100 ways. Since dyslexics seem to have trouble dif­ferentiating individual sounds, known as phonemes, the complexity of English ortho­graphy adds an extra burden.

8. 4. 2001

: Fragebogen: Armin Maiwald, Moderator und Regisseur. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , s. 70, Die letzte Seite
Welche Reform bewundern Sie am meisten? Die Rechtschreib-Reform, weil sie der größte anzunehmende Blödsinn ist.

7. 4. 2001

: Sprachnachbarn und gute Feinde. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 9, Deutschland und die Welt
Und ähnlich wie Deutsche, Österreicher und Schweizer verbindet Niederländer und Flamen eine gemeinsame, wenn auch weniger umstrittene Rechtschreib­reform.
: Mediation: Ein Modell mit Vorbildcharakter. Frankfurter Neue Presse, , Region
Der Erfolg dieses Weges soll nach Ansicht des Ministerpräsidenten beispielhaft für die Demokratie sein. Gesellschaftliche Konflikte gibt es ja genug: Man denke nur an bauliche Großprojekte, an politische Reformen, an Risikotechnologien wie Atomkraft oder Gentechnik oder an die immer noch umstrittene Neuregelung der Rechtschreibung. Ähnlich wie beim Thema Flughafenausbau könnten hier Dialogforen geschaffen werden, bei denen die Konfliktparteien trotz unterschiedlicher Auffassungen versuchen sollten, nach Wegen zu suchen, die die Ansprüche möglichst aller Beteiligten berücksichtigen.
: Meist schon Schnee von vorgestern. junge Welt, , Leserforum
Seite 12 über die Rechtschreibereform. Klar, daß man gegen jegliche Reform der Schriftsprache sein muß, wenn schon Adolf »Filosof« schreiben wollte. Ein Wort übrigens, das bis heute so nicht gilt, wenngleich ihr sonst (...) immer gern das Foto mit der Schultafel bringt, wo eben dieses Wort steht.
: Der Rückbau schreitet voran. Dudens „Deutsches Universalwörterbuch“ in neu bearbeiteter und erweiterter Auflage. Rhein-Neckar-Zeitung,
Das Universalwörterbuch ist also eine typische Übergangs­erscheinung. Die Redaktion mußte es jetzt herausbringen, damit die Abweichungen des revidierten Rechtschreibdudens von der übrigen Duden­literatur nicht allzu groß werden. Sie weiß aber, daß die Lage sich schon im Laufe dieses Jahres von Grund auf verändern kann, weil die zwischen­staatliche Rechtschreib­kommission bald ihren dritten Bericht abliefern muß. Was die Reformer vor fünf Jahren leichtfertig ins Rollen gebracht haben, wird so bald nicht zur Ruhe kommen und noch manche Verwirrung stiften.
: Das get dannn shon in Ordgnung. die tageszeitung, , nr. 6417, s. 32
Denn in einem "Expo Shop" werden Altbestände der Weltausstellung 2000 unters Publikum gebracht […]. "Die Expo war ein einmalig teueres Spektakel. Konnten Sie sich auch nichts kaufen?", fragt der Historien­anbieter mitleidig und antwortet auch gleich selbst in riesigen Lettern: "Wir bringen das in Ordgnung". […] Vielleicht sollten die Expo-Orthographen demnächst zu einer Überarbeitung der Rechtschreib­reform herangezogen werden.

5. 4. 2001

: «Gemsli» wird nicht zum «Gämsli». Das 233 Jahre alte Kulturgut in Wolfhalden behält die alte Schreibweise bei. Der Rheintaler (St. Galler Tagblatt), , Ressort: Vorderland
Die neue Rechtschreibung hat aus den Gemsen Gämsen gemacht. Folglich hätten sich die Wirtschaften mit dem Namen «Gemsli» in «Gämsli» umbenennen müssen. Beim 233 Jahre alten Kulturobjekt «Gemsli» in Wolfhalden ist diesbezüglich aber keine Änderung vorgesehen.
: „Geht das auch mit ß?“ ,
Die Schweizer sind ja wohl eine Minderheit im deutschen Sprachraum, und da ist es sozusagen ein ent­sprechender „Kompromiss“, wenigstens die Hälfte aller Wörter mit ß „schweizerisch“ zu schreiben. Die Minderheit der Schweizer erhält darüber hinaus eine be­sondere Aner­kennung dadurch, als sie selbst keinerlei Änderungen der ss/ß-Schreibung ver­ordnet bekommt, also etwa die Auflage, ihrerseits den ss/ß-„Kompromiss“ umzusetzen. (So schwer kann das doch nicht sein, wenn es die anderen können, oder sind die Schweizer nach Meinung der Reformer dumm?)

2001-04-03

: Zwischenruf. Von Gorleben zum Flughafen Frankfurt. Frankfurter Rundschau, , Mensch - Technik - Umwelt
Was haben Gorleben und die Rechtschreib­reform, der Frankfurter Flughafen und BSE, die grüne Gentechnik und die Bundeswehr­reform gemeinsam? In allen Fällen tut sich die Politik schwer, Entscheidungen erstens zu treffen und zweitens auch umzusetzen. Ist die klassische Politik nicht mehr in der Lage, gesellschaftliche Konflikte zu lösen?
: Sprachführer. Über der Sonderweg der deutschen Rechtschreibreformer. junge Welt, , Feuilleton
Politisch bedenklich an der jüngsten Rechtschreib­reform ist daher nicht allein der Versuch der beteiligten Staaten, sich eine »Hausorthografie« zu schaffen, unbeeindruckt davon, was deren Bürger oder auch nur die Büchner- und Literatur­nobelpreis­träger davon halten. Nicht übersehen werden sollte zudem ihr lange verdrängter theoretischer Anachronismus, der sich bei näherer Betrachtung als Fortsetzung eines in den dreißiger Jahren eingeschlagenen Sonderwegs erweist.

Staat = Haus? — Und was ergäbe eine nähere betrachtung von Leiss, Pöppel und Paulesu aus den neunziger und nuller jahren?

: Engagierter Lehrer und Schulleiter. Saarbrücker Zeitung, , Homburg
Es habe sich seit Beginn seiner Lehrtätigkeit schon so einiges in der Bildungslandschaft verändert, konstatiert er. Stichworte wie Koedukation, Mengenlehre, Schreibreform kommen ihm spontan in den Sinn.
: Kleine Troianer, großes Interesse. Schüler besuchen Ausstellung. Stuttgarter Nachrichten, , Stuttgart
Nachdem die anfängliche Schüchternheit überwunden ist, stellen die Schüler viele Fragen: Was ein Faksimile eigentlich sei, ob die vertrocknete Spinne in der Transportkiste einmal giftig gewesen oder wie denn die korrekte Schreibweise von Achilles nach der Rechtschreib­reform sei.
: Debatte in der „Krone. Neue Kronen-Zeitung, , Leserbriefe
Wie viele andere war auch ich überrascht, dass der Debatte in der „Krone“ — mitsamt eindeutigen Umfrageergebnissen — der entscheidende Schritt bislang nicht folgte, vorerst wieder zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.
: Enthüllungen über den Zeitungskrieg. Salzburger Nachrichten, , s. 3
Aber warum so zaghaft, liebe "Tante FAZ"? Gerade jetzt im Frühling könnte die Verjüngungskur doch noch viel radikaler ausfallen. Es müssen ja nicht gleich Farbfotos sein oder gar (horribile dictu!) Regeln à la "neue Recht­schreibung". Das käme laut FAZ dem Untergang des Abendlandes gleich.

1. 4. 2001

: Fragebogen: Gabriele Zimmer, Politikerin. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , s. 68, Die letzte Seite
Welche Reform bewundern Sie am meisten? Die Rechtschreib­reform — weil sie so danebengegangen ist.
: 99 Zeilen Schwerk. Ein Requiem für die Berliner Bäume. Der Tagesspiegel, , Berlin, Stadtleben
Und die Platane setzte hinzu: Ihr Menschen macht euch doch immer was vor, wie es euch gerade paßt (Schulbäume halten an der alten, mir leider nicht gestatteten Schreibung fest).

4. 2001

: Einheit und Vielfalt. Was im Jahr fünf nach der Rechtschreibreform von der deutschen Einheitsschreibung geblieben ist. Sprachspiegel, , nr. 2, s. 41 bis 46
Geblieben ist ein für den Rechtschreibunterricht an allen Schulen im deutschsprachigen Raum verbindliches Regelwerk. Damit bleibt die Grund­voraus­setzung für eine im Schriftbild weitgehend einheitliche Schreibung gegeben, und zwar auch dann, wenn über das amtliche Regelwerk Varianz toleriert wird. Der Grad dieser Varianz in verschrifteten Texten wird von zwei Faktoren abhängig sein, nämlich davon, was im Rechtschreib­unterricht tatsächlich gelehrt wird — das ist fundamental unterschieden von dem, was toleriert wird oder werden muss —, und davon, was sich zum Beispiel über das Zeitungs­wesen an Schreibungen im Bewusstsein der Sprach­gemeinschaft verfestigt und zum Usus wird.
: „Albtraum und Gräuel.“ Rezension: Duden, die deutsche Rechtschreibung, Band 1, 22. Aufl. Wirkendes Wort, , nr. 1
Ein schwarzes Brett ist eben nur ein Brett mit der Farbe schwarz, aber keine Anschlagtafel wie das Schwarze Brett. […] Da Schrift und Sprache aufs engste miteinander verknüpft sind, wird durch die Neuschreibungen die Sprache selbst geschädigt. Die in der gesprochenen Sprache enthaltenen Bedeutungen müssen in den Schreibungen so wieder­gegeben sein, daß sie nicht, wie durch die Reform geschehen, zerstört werden, sondern daß sie erhalten bleiben, wie es in der bewährten Schreibung der Fall ist.

Es ist eben! Auch in der gesprochenen sprache, in stenografie, blindenschrift usw.? Schrift und sprache scheinen doch nicht so eng miteinander verknüpft zu sein.

31. 3. 2001

: Mit Kanonen auf Spatzen. Wiesbadener Tagblatt, , Leserbrief
Fest steht, dass an der Erbacher Grundschule keine der Zweiten Klassen nach der alten Rechtschreibung unterrichtet wird, weder von neuen noch von alten Lehrern.

30. 3. 2001

: Geld ausgeben, was nicht da ist. Westdeutsche Zeitung, , Burscheid
Auf einen Posten wollten die Politiker aber trotz der leeren Kassen nicht verzichten: die einvernehmlich beschlossenen zusätzlichen 20 000 Mark für Lehrmittel, um den Missstand an den Burscheider Schulen zu beheben, dass Lehrbücher in alter wie in neuer Rechtschreibung kursieren und für Verwirrung bei den Schülern sorgen.

29. 3. 2001

: Vortrag bei der „Gesellschaft für deutsche Sprache“: „Die Reform der deutschen Orthographie ist unumkehrbar.“ Goslarsche Zeitung, , Kreis Goslar
Trotz aller Probleme: Nachdem am 1. August 1999 ein Großteil der deutschen Zeitungen die neue Rechtschreibung übernommen hat, ist nach Dr. Müllers Ansicht „der Widerstand gebrochen“. „Das Reformwerk ist unumkehrbar.“ Dennoch schweigen die Gegner nicht.

2001-03-28

: Legasthenie und Sprache. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 73, s. 75, Forschung und Technik
Die italienische Sprache unterscheidet sich insofern von der englischen und der französischen, als ihre Rechtschreibung regelmässig ist. So lassen sich im Italienischen die 25 Laute mit nur 33 Buchstaben­kombinationen darstellen. Dagegen können die 40 Laute der englischen Sprache auf 1120 verschiedene Arten buchstabiert werden. Angesichts dieser Zahlen erstaunt es denn auch nicht, dass italienische Schulkinder schneller und besser lesen als englische. […] Der Grund, warum es in Italien weniger Legastheniker gibt […] liegt an der Orthographie.
: Wörter von hier. Denglisch und die Sprachwächter. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 59, Feuilleton
Im Haus einer Sprache ist für viele Spezialsprachen Platz. In der Geschichte der deutschen Sprache hat man mit den Kanzleisprachen in den verschiedenen Jahrhunderten gute Erfahrungen gesammelt. Sie haben die Literatur bereichert, zuletzt das Beamtendeutsch der Donaumonarchie, das selbst Satirikern noch Bewunderung abgenötigt hat. Zunächst müßte freilich klar sein, wer über eine solche gereinigte Staatssprache wachen soll. Am Ende die Bankrotteure der Rechtschreib­reform?
: Meinungen und Deinungen ... ... eines Bären von großem Verstand: Harry Rowohlt. Nordbayerischer Kurier, , Kultur
Harry Rowohlt hat "Pu der Bär" übersetzt und mit einem Bären hat der 55-jährige Hamburger tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit. […] mit einem großen, grauen, starken Bären mit eigenen Meinungen und Deinungen. Von denen er uns in Form der Kolumne "Pooh's Corner", die in unregelmäßigen Abständen in der ZEIT erscheint, einige mitteilt. Über die Bibel als Novelle und Focus als modernes Nachrichten­magazin, die Rechtschreib­reform, über das Rundfunken, Justus Frantz, "Unser Schiff für Muroroa" und den Frankreichboykott.
: Heroen der Selbstzerstörung. Das Schlagloch. die tageszeitung, , nr. 6408, s. 11, taz-Debatte
Sprache ist überhaupt bald das Einzige, was wir noch nicht selbst gemacht haben. Nein, stimmt nicht ganz. Schließlich gab es die Rechtschreib­reform. Ich habe lange nach einer Erklärung für diesen Akt der Barbarei gesucht, aber jetzt ist alles klar. Ihre Schöpfer wollten einen Abstand zwischen uns und die Sprache legen. Sozusagen einen Bewusstseinsabstand.

27. 3. 2001

: Der Mann selber ist die Botschaft. Harry Rowohlt liest und sinniert in der vollen Zehntscheune — Vierter Besuch in Bamberg. Fränkischer Tag, , Stadt Bamberg
Authentisch werden die Szenen deshalb, weil Rowohlt ein unübertreffliches Talent besitzt[,] Stimmen und Dialekte zu imitieren, und ein Faible dafür hat[,] Abweichungen von der Sprachnorm literarisch in Schriftform und Schreibweise zu übertragen […]. Daran wird hoffentlich auch die Rechtschreib­reform nichts ändern, die ein so orthografiebewusster Mensch wie Rowohlt für "subventionierte Legasthenie" hält.
: Junge Leute machen keinen Hehl aus ihren Bedenken gegenüber Politik. Politikerinnen der PDS bei Gespräch im Jugendklub Indalo. Nordkurier,
Die Politiker gefallen sich darin[,] Schuld­zuweisungen von einer Ecke in die andere zu schieben. Die kümmern sich um solchen Schnee wie die Rechtschreib­refom, dabei klemmt’s an ganz anderen Ecken.“

26. 3. 2001

: El sueño americano. Zweisprachigkeit als angloamerikanischer Albtraum? Neue Zürcher Zeitung, , 222. jg., nr. 71, s. 31, Feuilleton
Zumindest in naher Zukunft wird sich diese im Ent­stehen begriffene Sprache, die sich durch das Radio, den Rap und auf der Gasse ungemein schnell verbreitet, kaum standardisie­ren lassen. Unlängst hat der in Mexiko geborene, jiddisch ausgebildete und am Amhurst College lehrende Ulan Stavans mit dem «Dicciona­rio del Spanglish» eine erste lexikalische Zwischen­bilanz vorgelegt. Wenn sich manchen Sprach­puristen dabei die Haare sträuben, vergessen sie, dass auch die zahllosen arabischen und französischen Lehnwörter der Reinheit der Silben­struktur des Spanischen, seinem einfachen phonetischen System und der perfekt daran angepassten Orthographie - all den Charakteristika mithin, die es aus­zeichnen und nebenbei zu einer der am leichtesten erlernbaren Sprachen überhaupt machen - nichts anhaben konnten.

25. 3. 2001

: Ex-RP macht Dampf für die Selfkantbahn. Dr. Antwerpes las für den guten Zweck — Anekdötchen aus dem Leben. Aachener Nachrichten, an-online, , Geilenkirchen
Sein Kampf für die Rechtschreibung verfolgte ihn auch bis in die Lesung. In aufklärerischer, fast selbst­herrlicher Manier sprach er über den Kampf mit der Duden-Redaktion. "Es gibt sogar Leute, die Schifffahrt mit vier f schreiben", sinnierte er.
: Zukunft als Endzeit. Die Welt, , Feuilleton, Dokumentation
Und obwohl der Band der alten Rechtschreibung folgt, hat die Reform doch ihre Spuren hinterlassen: "daß" steht neben "bewusstlos", und "dasselbe" wird durchgängig mit ß geschrieben: "daßelbe". Vermutlich hacken die Virts das Wort so in ihre Tastaturen. — Die Liberalisierung der Orthografie ist dank unserer Kultusminister wohl nicht mehr aufzuhalten.

24. 3. 2001

: Bayern will die deutsche Sprache retten. Ein neues Gesetz kommt für Kultusminister Zehetmair aber nicht in Frage. Stuttgarter Nachrichten, , Hintergrund
Zur Rechtschreib­reform zog Zehetmair eine eher skeptische Zwischenbilanz. Sie habe bisher keine Verbesserungen bei der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung gebracht, sondern "das Durcheinander vergrößert", räumt der Minister ein, der maßgeblich am Zustandekommen der Reform beteiligt war. Es sei allerdings von Anfang an klar gewesen, "dass man niemandem etwas aufzwingen kann", so Zehetmair.

23. 3. 2001

: Ist SMS eine Gefahr für die Sprache? Kölner Stadt-Anzeiger, , Panorama
Die philippinische Regierung sieht durch die massenhafte Versendung von Text-Botschaften via Handy (Short Message Service/ SMS) die Rechtschreibung in Gefahr. Die bei solchen Mitteilungen häufig benutzten Abkürzungen könnten in die Schriftsprache einfließen und damit die Fähigkeit zum korrekten Buchstabieren beeinträchtigen, meinte Erziehungsminister Raul Roco […] warnend.
: Im Deutschbuch immer noch Buckel-S. Neue Rechtschreibung noch nicht umgesetzt/Elternbeschwerde in Erbach. Wiesbadener Kurier, Main-Rheiner, , Nachrichten aus der Region
In den Grundschulen wird nicht mehr das Buckel-S (ß) gelehrt. „Rad fahren“ darf nicht mehr in einem Wort und klein geschrieben werden. Wenn aber die siebenjährige Enkelin heute immer noch aus einem Buch lernen soll, das nur das Buckel-S kenne, dann könne irgendetwas nicht stimmen, meint Peter Adam. […] Erbacher Eltern haben schon vor längerem zur Selbsthilfe gegriffen und die Sprachlehre „Mobile“ in mühevoller Kleinarbeit handschriftlich korrigiert […]. Die Kinder sollen nicht darunter leiden und verunsichert werden.

Verunsicherung — das schreckenswort in Deutschland. Wie verunsichert wären wohl die fleissigen eltern, wenn sie wüssten, was Leiss geschrieben hat?

2001-03-22

: Tischgespräche über aktuelle Schulfragen. Informationsveranstaltung der Schulen Dagmersellen. Zofinger Tagblatt, , Luzern aktuell
Die Rechtschreib­reform hat in der Bevölkerung Verunsicherung ausgelöst. Auch in der Schule machte man sich Gedanken, wie Rechtschreiblernen künftig vermittelt werden sollte. […] Die Tendenz heisst: «Weg vom Regelnbüffeln zum selbstbestimmenden Rechtschreiblernen».
Diskussion über die neue deutsche Rechtschreibung. Goslarsche Zeitung, , Kreis Goslar
Die Gesellschaft für deutsche Sprache, lässt am kommenden Dienstag, 27. März, ab 19.30 Uhr im Pressehaus der Goslarschen Zeitung in einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung einen kompetenten Referenten zu Wort kommen: Dr. Gerhard Müller ist seit 1976 Mitarbeiter der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden und verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift „Muttersprache“ wird eine Zwischenbilanz zur Rechtschreib­reform ziehen.

Der vortrag ist bestimmt sprachgepflegter als dieses textstück.

: Pressevielfalt Niedersachsens darf nicht gefährdet werden. CDU-Vorsitzender Wulff appelliert an Politiker und Verleger. Grafschafter Nachrichten (nordwest.net),
Die Einführung der neuen Rechtschreibung habe viele Menschen im Lande verunsichert. Nun gelte es, mit der deutschen Sprache sorgfältig umzugehen. Mit der zunehmenden Verwendung von Anglizismen entspreche die Zeitung nicht dem Willen und Wunsch ihrer Leser, sondern sie stifte Verwirrung.
: Westerwelle: Mehr Geld in die Bildung stecken. Gestern Nachmittag letzte große Wahlkampfveranstaltung der FDP Landau-Südliche Weinstraße im Alten Kaufhaus. Die Rheinpfalz,
"Mehr Kohle in die Bildung stecken und weniger Kohle in die Kohle", fand Westerwelle, der auch der Kultusministerkonferenz vorwarf, sich der Rechtschreib­reform mehr gewidmet zu haben als der Verkürzung der Ausbildungszeiten.
: Bus für mehr Demokratie. Verein will Bürgerentscheide. Stuttgarter Zeitung, , Stuttgart
Trotz Kälte und Regenwetter bleiben viele Leute stehen, schimpfen auf die Rechtschreib­reform und die Gesundheitspolitik.
: "Chatten macht Spaß." Verkommt die deutsche Sprache durch den Cyberslang? Der Linguist Peter Schlobinski gibt Entwarnung. Die Zeit, , nr. 13, s. 40, Media
Zeit: Also kein Bedarf für ein Sprachenschutzgesetz? Schlobinski: Nein, wir hatten schon die Rechtschreib­reform, das reicht jetzt erst mal an Regelungsmaßnahmen.

21. 3. 2001

: Lautloses Verschwinden. Verlust der Vielfalt: Jede zweite Woche stirbt eine Sprache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. N5, Geisteswissenschaften (1241 wörter)
Viele der kleinen Sprachen sind gefährdet. […] Viele Menschen sehen in den großen Sprachen, die in der Verwaltung, im Geschäfts­leben, im Bildungs­wesen und in den Massen­medien dominieren, den Schlüssel für eine bessere Zukunft. Für die meisten lokalen Sprachen hingegen gibt es nicht einmal eine Ortho­graphie. Eltern vermeiden es deshalb, in der an­gestammten Mutter­sprache mit ihren Kindern zu kommunizieren, aus Angst, sie dadurch zu be­nachteiligen.
: Eins zu Null für Dante. Neue Forschungsergebnisse: Warum es die Italiener mit ihrer Sprache besser haben. Der Tagesspiegel, , Wissen & Forschen
Ungleiche Voraussetzungen für das Lesen herrschen nicht nur in den Gehirnen, sondern auch in den Sprachen der Menschen. […] Trotz gleichen Handicaps taten sich aber die Italiener beim Lesen und bei der Orthographie wesentlich leichter. Das haben sie der Umsetzung ihrer Sprache in Schrift zu verdanken, bei der eine bestimmte Buchstabenfolge fast immer für ein und denselben Laut steht.
: Ein Massagesalon im Nordosten. Die Welt, , Feuilleton, Metropolitan
Als Anfang 2001 eine Jahre zuvor beschlossene Reform die Zahl der Berliner Bezirke reduzierte, fanden die Einwohner von Prenzlauer Berg sich unversehens mit denjenigen von Pankow und Weißensee zu einer Verwaltungseinheit zwangsvereinigt […]. Es war ein bisschen wie bei der Rechtschreib­reform: Erst als es ernst wurde, merkten die Menschen, was ihnen die Bürokraten da eingebrockt hatten.
: Links - rechts II. Leserstimmen. Der Standard, , s. 35, Kommentar der anderen
Müssen legasthene Schülerinnen und Schüler auf eine neuerliche Rechtschreib­reform warten oder gibt es für diese oftmals sehr begabten Kinder eine Chance in den Schulen?

2001-03-20

: "Manche Schulbücher halten 30 Jahre." Lehrplanänderungen und Rechtschreibreform reißen Löcher in den Etat. Allgäuer Zeitung, , Marktoberdorf
Neue Rechtschreibung, neuer Lehrplan, neues Geld. Nicht nur der Bürger muss sich auf einige dieser Veränderungen einstellen, besonders auch die Schulen stöhnen zuweilen darunter.
: Wenn Gorbatschow am Handy klingelt. Böblingen: Alt-Außenminister Hans-Dietrich Genscher beim FDP-Landtagskandidaten Helmut Kurtz. Sindelfinger Zeitung, , Lokal
"Fünf Jahre hat die Kultusministerkonferenz das Volk mit einer Rechtschreib­reform genervt, die niemand braucht. Aber um Klassenteiler und den Lehrernachwuchs hat sie sich nicht gekümmert," schimpfte Genscher.
: Spar- und Darlehnskasse ist stolz auf 100 Leistungs-Jahre. Westfalenpost,
1901 wurde in Wuppertal die Schwebebahn in Betrieb genommen. Im selben Jahr stand eine Reform der deutschen Rechtschreibung an. Und genau in diesem wichtigen Jahr des Fortschritts schritten mutige Männer in Bösperde zur Gründung der Spar- und Darlehnskasse.

19. 3. 2001

: „Ein sehr gewandter und bilderreicher Erzähler.“ Siegfried Lenz wird 75 Jahre alt. Bocholter-Borkener Volksblatt, , Kultur
Noch als 70-Jähriger forderte der Autor 1996 ein Volks­abstimmung über die Rechtschreib­reform, die seiner Meinung nach „die Sprache ver­flacht“.

17. 3. 2001

: «Ein gewandter und bilderreicher Erzähler.» Der deutsche Schriftsteller Siegfried Lenz wird heute 75 Jahre alt. Die Südostschweiz, , nr. 64, s. 17, Kultur
Noch als 70-Jähriger forderte der Autor 1996 ein Volksabstimmung über die Rechtschreib­reform, die seiner Meinung nach «die Sprache verflacht».
: Hinweise auf Bücher. Säit me soo oder andersch? Neue Zürcher Zeitung, , nr. 64, s. 68, Feuilleton
Äusserlich gibt sich das Buch sehr radikal. Nicht nur gilt die «Ggmèèssiget Chliischriibig» (diese ist kurioserweise gross geschrieben), man findet auch im ganzen Buch kein schriftsprachliches Wort; sogar die grammatische Terminologie wird bis zur Verfremdung vermundartlicht: «di schtarche wèrb» […]
Neues Buch vom Sänger-Poeten. Berliner Kurier, , Kultur
Der singende Studienrat Heinz Rudolf Kunze hat seit 1981 immerhin 21 CDs auf den Markt gebracht. […] Geschrieben ist das Buch demonstrativ in alter Rechtschreibung. Kunze hatte als strikter Gegner die Reform mit "einer behördlichen Anordnung zur Verunreinigung des Trinkwassers verglichen".
: Olympiade mit "Rolandsbrunnen-Marathon". Kabarettisten Helmut "Stöcker" Vorndran und Stefan "Gery" Gerspitzer glänzten mit Seitenhieben im Rathauskeller. Obermain-Tagblatt,
Ein entsprechender Kommentar zur deutschen Rechtschreib­reform durfte daher auch im Programm von "Schlimm" nicht fehlen. Ziemlich makaber resümierte Stöcker: "Unsere Kinder werden uns Kommamörder nennen, uns in Grammatikghettos sperren und mit dem Dudenstern kennzeichnen". Gery untermalte Stöckers Ausführungen gleich mit dem entsprechenden Lied. Auf die Melodie von "We Will Rock You" sang er die genial konzipierte Abwandlung "Nie mehr, nie mehr Kommas", was das Publikum sehr erheiterte und die Stimmung sichtlich auflockerte.
Die Reblaus. Wiesbadener Tagblatt,
Bereits vor zwei Jahren haben Eltern und Lehrer einen Teil der alten Schulbücher in Handarbeit auf den neuen Stand der Rechtschreibung gebracht, ganz wie früher die Mönche in ihren mittelalterlichen Scriptorien. Aber offensichtlich sind diese von Hand reformierten Bücher nicht mehr in Gebrauch oder nicht in ausreichender Stückzahl vorhanden. Fest steht, dass eine der beiden zweiten Klassen in Erbach nach den alten und mithin falschen Regeln unterrichtet wird.

16. 3. 2001

: Dyslexia: Cultural diversity and biological unity. Science, , bd. 291, nr. 5511, s. 2165 bis 2167
In languages with transparent or shallow orthography (e.g., Italian), the letters of the alphabet, alone or in combination, are in most instances uniquely mapped to each of the speech sounds occurring in the language. Learning to read in such languages is easier than in languages with deep orthography (e.g., English and French), where the mapping between letters, speech sounds, and whole-word sounds is often highly ambiguous. Adult skilled readers show a speed advantage in shallow orthographies. […] We conclude that a phonological processing deficit is a universal problem in dyslexia and causes literacy problems in both shallow and deep orthographies. However, in languages with shallow orthography, such as Italian, the impact is less, and dyslexia has a more hidden existence. By contrast, deep orthographies like that of English and French may aggravate the literacy impairments of otherwise mild cases of dyslexia.
: Leseschwäche: Italiener haben es leichter. Netzeitung,
Künftige Rechtschreib­reformen sollten sich daher auch daran orientieren, wie lesbar eine Sprache wird. Die umstrittenene deutschen Rechtschreib­reform hat dieses Ziel nach Meinung vieler Experten übrigens nicht erreicht.
Legasthenie: Die Sprache ist schuld. Spiegel Online, , Wissenschaft
So sind in den USA rund zehn Millionen Kindern von der Lese- und Rechtschreib­schwäche betroffen - prozentual rund doppelt so viel wie beispiels­weise in Italien. Der Grund liegt, so die Ergebnisse eines inter­nationalen Forscher­teams um den Mailänder Eraldo Paulesu, in der Mutter­sprache: Das Italieni­sche macht keinen großen Unter­schied zwischen der Schreib­weise und der Art, wie die Wörter aus­gesprochen werden.
unterm strich. die tageszeitung, , nr. 6398, s. 14, Kultur
Ein Band mit Texten aus den Jahren 1998 bis 2000 […] ist gerade erst wieder erschienen - unter dem sprechenden Titel "Klärwerk". [Heinz Rudolf] Kunze gehe "der Sprache auf den Grund, nicht auf den Leim", heißt es dazu im Klappen­text des Buchs. Dort, auf dem Grund seines Klär­werks, hat Kunze offenbar die alte Recht­schreibung gefunden, in der er sein Buch verfasst hat - "demonstrativ", wie der Autor betont.
: Komplizierte Sprachen fördern Schwächen bei der Rechtschreibung. Die Welt, , Wissenschaft
Neurologen haben entdeckt, dass Legasthenie durch Sprachen mit einer besonders komplizierten Rechtschreibung forciert wird.
: In schwieriger Sprache aufgewachsen. Korrelation zwischen Rechtschreibschwäche und Sprache entdeckt. Salzburger Nachrichten, , Wissenschaft
Neurologen von der Universität Mailand haben entdeckt, dass die Legasthenie von Sprachen mit einer besonders komplizierten Rechtschreibung nachgerade gefördert wird.
: Zu komplexe Sprachen. Legasthenie ist nicht nur eine neurologische Störung. Der Standard, , s. 34, Wissenschaft
Eine gewisse Entlastung für Menschen mit Rechtschreibschwächen bietet eine Studie, die in der jüngsten Ausgabe des Fachjournals Science (Bd. 291, S. 2165) veröffentlicht wurde: Legasthenie, heißt es darin, sei zwar zweifellos eine neurologische Störung, sie werde aber in einigen Sprachen durch besonders komplizierte Rechtschreibung "forciert". […] Professor Paulesu sieht im Ergebnis seiner Studie ein wichtiges Argument für Rechtschreib­reformen in jenen Ländern, die ihren Kindern das Erlernen der Muttersprache mittels orthographischer Spitzfindigkeiten besonders schwer machen.

15. 3. 2001

: Zulauf für eine vorübergehend kleinere Partei. Guido Westerwelle vermittelt im Landtagswahlkampf den Eindruck, dass mit der FDP wieder zu rechnen ist. Frankfurter Rundschau,
Wenn alle von der Rechtschreib­reform reden — nach dem Motto: dafür hatten sie Zeit, die Kultusminister, während sie die wirklich wichtigen Zukunftsthemen derweil verschleppen — und zwecks Anschauung "die Schifffahrt mit zwei, drei oder vier F" heranziehen, holt der Noch-General den "Flanelllappen" hervor.

14. 3. 2001

: 600 Briefe aus insgesamt sieben Jahren. Erste Briefwechsel-Gesamtausgabe von Jacob und Wilhelm Grimm. Bocholter-Borkener Volksblatt,
Die Brüder gingen bald zur Kleinschreibung über, weil ihnen der "alberne gebrauch groszer buchstaben für alle substantiva" gegen den Strich ging. In ihrem Wörterbuch hielten sie sich 33 Bände lang daran.
: Brüderlein, komm schreib mit mir. Erste Briefwechsel-Gesamtausgabe von Jacob und Wilhelm Grimm erschienen. Hamburger Abendblatt, , Feuilleton
Die Brüder, die mit etwa 2000 Briefpartnern in Kontakt standen, gingen in ihrer Korrespondenz bald zur Kleinschreibung über, weil ihnen der "alberne gebrauch groszer buchstaben für alle substantiva" gegen den Strich ging.
: Rasant, spontan und rotzfrech. Schwäbische Zeitung Online, , Riedlingen
Von Null auf Hundert geriet der Auftakt des Solo-Kabarettisten Christoph Sonntag […]. Nach der Rechtschreib­reform komme nun die Silbenverknappung und Einführung der "B-Sprache".

12. 3. 2001

: Entwicklung der wendischen Schreibweise. Lausitzer Rundschau, , Calau/Lübbenau
Ein Vortrag zur Entwicklung der wendischen Schreibweise findet am Dienstag, 13. März, um 17 Uhr in der Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur in Cottbus […] statt. Die niedersorbische Orthographie ist im 20. Jahrhundert von großen Veränderungen geprägt.

10. 3. 2001

: Es geht um Kinder und ihre Chancen. Allgemeine Zeitung (Mainz),
Was ging in den Köpfen der Kultusminister­konferenz vor, als sie kräfte­zehrend und nervend der Nation die Rechtschreib­reform auf­oktroyierte, sich nun herumquält mit Reformen der Reform und damit Verwirrung stiftet, wo Klarheit geboten ist?

7. 3. 2001

: Leichtfüssiger Sprachlauf. Gedichte von Rudolf Weiler. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 55, s. 44, Zürcher Kultur
In konsequenter Kleinschreibung versammelt der Band Haikus und andere poetische Kurztexte zu gängigen Motiven wie Naturbetrachtung, Liebe, Sehnsucht.
Guten Morgen. Berliner Morgenpost, , Berlin
Die Rechtschreibung ist auch nicht mehr die, die sie einmal war. Unbeschadet aller deformierenden Reformen und paranoider Überfremdungsängste zeigt sich, dass das Falsche immer noch etwas falscher gemacht werden kann.

6. 3. 2001

: Wider die anglizistische Sprach-Invasion. Mit unverstandenen Sprachhülsen schlucken wir banale Haltungen und erliegen auch ökonomischer Vergewaltigung. Die Welt, , nr. 55, s. 29, Feuilleton
Und Gewöhnungen, wie Schneider sie bejahend bei der Rechtschreib­reform anführt, machen eine Sache auch nicht richtiger. Besagte Reform, die ja eine verordnete und keine gewachsene war, hat uns viele Antriebe zur Differenzierung gekostet. Ob das der geistigen Disziplin und Unterscheidungs­fähigkeit förderlich war, ist immerhin zu bezweifeln.

Leider lässt der verfasser offen, inwiefern die vorherige rechtschreibung mehr eine gewachsene und weniger eine verordnete war und inwiefern sie durch mehr als gewöhnung legitimiert war.

5. 3. 2001

: Und dann noch "datt" mit zwei "s"! Neue Ruhr-Zeitung,
Hochlichternd sind auch die Knebels als Buß-Brothers nach dem Seitensprung […] und vor allem die hirnerweichendste Erklärung für das Ruhrdeutsche und gegen die Rechtschreib­reform, die man je vor dem Zwerchfell-Krampf vernahm: "Datt mit zwei s!!!"

3. 3. 2001

: Handgelenk und Kopfstation. Friederike Mayröckers Zettel und Zeichnungen. Neue Zürcher Zeitung, , 222. jg., nr. 52, s. 65, Feuilleton
Das Wort «Versuch» setzt Friederike Mayröcker noch über frühe Stadien eines Textes, das Siegel der End­gültigkeit erhält das Manuskript später durch die geheiligte Klein­schreibung.
: Berlin — demokratisches Schlusslicht? Parteienübergreifende Initiative für mehr Bürgerbeteiligung — nur CDU skeptisch. Berliner Morgenpost, , Berlin
Wilhelmi [«Mehr Demokratie»] glaubt, dass die Berliner bei vielen Themen gerne selbst votieren würden, wenn nur die Hürden niedriger wären: «Bezirksfusion, Palast der Republik, Hochschul- oder Rechtschreib­reform.» […] «Wenn es um große Geldsummen geht, müssen die Politiker schon mitreden können», sagt CDU-Sprecher Nippert. Sicherlich gebe es noch weitere Themen, die für einen Volksentscheid auf Landes­ebene mit niedrigerer Hürde nicht geeignet seien. Beispiel Rechtschreib­reform: Schleswig-Holsteins Regierung nahm den Entscheid gegen die Reform letztlich wieder zurück. Als einziges Bundesland wollte man die alte Schreibweise dann doch nicht beibehalten.
: Heinz Knobloch. "Alles kommt zu dem, der warten kann." Der Tagesspiegel, , Berlin, Stadtleben
Die "Wochenpost" in Ost-Berlin war das Blatt, dem Heinz Knobloch wöchentlichen Glanz gab. […] "Mißtraut den Grünanlagen". Hier sei aufs "ß" dringlich hingewiesen; denn Knobloch gehört zur Bruderschaft jener, die an der alten Recht­schreibung festhalten. Auch in seinem nun zu seinem 75. im Jaron Verlag heraus­gegebenen Band "Im Lustgarten mit Heinz Knobloch. Ein preußischer Garten im Herzen Berlins."
: Liabe Leut. Volksblatt Würzburg, , Kitzingen
Und falsch Gschriebens gibt's jetzert natürli no mehr, seit se dia neua Rechtschreib­reform eigführt ham. Olla pförzlang muss in unnern Land irchndwos reformiert werd, diesmal dia Schreiberei. Aber, un des muss festghaltn werd für dia nächsta Reform, des wichtigsta für uns Franknkinner ham se net reformiert: dia Ausschprach vou darn hartn un weichn "d" gleichzusetzn.
: Die Sprache ist nicht unser Bier. Sie lässt sich durch Reinheitsgebote nicht gängeln — und bleibt aus diesem Grund lebendig. Die Welt, , Feuilleton
Das Getöse, das den Beginn der neuen Rechtschreibung begleitete, ist noch in Erinnerung; da gründete man Initiativen, sammelte Unterschriften und nötigte ein Bundesland, sich der Änderung zu verweigern. Etliche Schriftsteller, die es von Berufs wegen besser wissen müssten, behaupteten, hier werde ihre Sprache beschädigt — als sei Sprache identisch mit deren ortho­grafischer Wiedergabe. Die Diskussion ist inzwischen verstummt. Die allermeisten Print­erzeugnisse folgen der Reform. Manche folgen ihr nicht. Die Irritationen bleiben bescheiden, und von Schaden redet keiner mehr.

2. 3. 2001

Publikum mit Wortwitz gefesselt und geknebelt. Bürsche Zeitung (Westline), , Gelsenkirchen
Herbert Knebel, Ernst Pichel, Ozzy Ostermann und der Trainer brachten das ausverkaufte Hans-Sachs-Haus zum beben. […] Und in Sachen Rechtschreibung kennt er sich auch aus: "Trenne nie den s von das t, denn es tutse weh!"

Zum beben?

1. 3. 2001

: Der arme Herr Weiss! ,
In alter Zeit gab es zwei Formen des Kleinbuchstaben s — ein sogenanntes „langes s“ für das Wortinnere und ein sogenanntes „rundes s“, das nur an Wortende und Wortfuge stand — und zwar in „runden Schriften“ (die man auch „lateinische Schriften“ oder „Antiqua“ nennt) und in ge­brochenen Schriften (etwas vereinfacht „Fraktur“). […] Bis zum aus­gehenden 19. Jahr­hundert waren die Schreib­weisen eher variabel (in jener herrlichen Zeit vor der ortho­graphischen Konferenz in Berlin. Damals hat man gerade so anarchisch variabel geschrieben wie jetzt, nach der ortho­graphischen Konferenz zu Wien).

28. 2. 2001

: Der Kicker als Kolumnist und Vorleser. Yves Eigenrauch gewährt Einblicke ins Innenleben des Profifußballs, aber ohne den Voyeurismus zu befriedigen. Frankfurter Rundschau,
"ja, diese menschen sind auch nicht zu beneiden, die fünfzigjährigen müssen den zwanzig­jährigen für ein kurzes gespräch hinterher­laufen", lautet Eigenrauchs ironisches Bedauern über geplagte Sportreporter, alles in konsequenter Klein­schreibung.
: Sindorf jeck. Klüngel-Vorwurf ließ Klingele kalt. Kölner Stadt-Anzeiger, , Erftkreis
Tausende machten beim Veilchendienstagzug mit. Darunter waren wieder zahlreiche Klassen der Mühlenfeld-, der Ulrich, der Real- und der Adolf-Kolping-Schule, die als Dalmatiner, Löwen oder Elefanten verkleidet einmal vom trockenen Unterricht befreit waren: "Schuhle ist kein Honnigläcken" hatten sie auf ein Plakat geschrieben, was ihren Oberlehrern zu denken geben sollte. Doch statt sich mit den verhängnis­vollen Folgen der Rechtschreib­reform zu beschäftigen, feierten die lieber mit.

28. 2. 2001

: Sind Reformgegner unsympathisch? , , Kommentar
[…] Augst, Sitta, Zabel, Nerius und wie diese macht­gierigen Flaschen alle heißen? Ko­mischer­weise werden sie immer respekt­voll als „Experten“ und „Linguisten“ bezeichnet, und ihre pro­pagandistischen Stellung­nahmen werden zitiert, als seien sie der Weisheit objektiver Schluß. Es mutet seltsam an, daß sogar die FAZ sich eine solche Schlag­seite leistet.

27. 2. 2001

: Ich bin das erste Opfer der Rechtschreibreform. Als der Siedler-Verlag die neue Rechtschreibung einführte, weigerte sich Lektor Wilfried Sczepan, "dieses Verbrechen zu begehen": Jetzt bekämpft er es von zu Hause. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. BS1, Berliner Seiten
"Und machen wir uns nichts vor, ein Mensch ist erst dann ein Mensch, wenn er Altgriechisch kann."

26. 2. 2001

: Die biologische Lösung der Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 48, s. 10, Briefe an die Herausgeber
Ebenso wie es keine „arische Physik“ geben kann, kann es auch keine Schreibweisen geben, die den Regeln der Grammatik widersprechen. Daher kann auch kein Lehrer dazu gezwungen werden, den Schülern grammatisch falsche Schreibungen wie „heute Abend, gestern Morgen“ und so fort als korrekt zu vermitteln. Substantive können nämlich nicht durch vorausgehende Adverbien näher bestimmt werden.
: Mut zur deutschen Sprache. Stuttgarter Nachrichten, , 56. jg., nr. 47, s. 2, Meinung, Leitartikel
Soll Oberlehrer Staat, der mit der Rechtschreib­reform auf die Nase gefallen ist, mit Polizeigewalt gegen "Internet-Surfer" und die mit der "Green Card" angelockten "Software-Entwickler" vorgehen?
: Alle Kröter liegen immer. Zu Gast bei einem Linguisten. die tageszeitung, , nr. 6382, s. 13 bis 14, Kultur
Was ist ein Linguist? Herr Professor Bierwisch lächelt ein wenig, dreht seinen Stift zwischen den Fingern und sagt: "Das gehört zu den Krankheiten, die man als Linguist hat, dass es keine vernünftige Antwort gibt, wenn man erklären soll, was für ein Fach das ist. Die üblichen Partygespräche sind ja ... ,Ach, Sie sind Linguist, da können Sie wohl viele Sprachen' ... ,Oder ach, Linguist sind Sie, was halten Sie von der Rechtschreib­reform' ... In dieser Art sind die Standardfragen.
"Kunde sollte König sein und nicht der Schaffner." Westfälische Rundschau,
"Das Problem ist doch nicht, wie schreibe ich 'Portemonnaie', ich bin ja schon froh, wenn die Schüler 'Geldbeutel' richtig schreiben." (Saarlands Kultusminister Jürgen Schreier zum Streit um die Rechtschreib­reform)
: Männerbeine in Tutus — Dritte Erzinger Pflommafasnet. Pflommasäck stellen abwechslungsreiches Programm zusammen. Zollern-Alb-Kurier,
Maler und Tapezierer Philipp Otto Häfele sprach über die neue Rechtschreib­reform.

25. 2. 2001

: (Mainzer Jugendmaskenzug.) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , s. 12, Rhein-Main
Inspiriert von der Diskussion um Sinn oder Unsinn der Rechtschreib­reform, verpaßten sich die vorwiegend in Mainzer Schulen und Kindergärten rekrutierten Nachwuchsnarren für ihren Umzug das Motto "Der Duden sagt's und das ist wichtig — schreib's määnzerisch, dann ist es richtig!"

24. 2. 2001

: Angerissen. Ausgebeulte Schädeldecke. Badische Zeitung, , Kultur
Seit einiger Zeit muss auch der Geist fit sein. […] Man macht sich fit, bis die Schädeldecke ausbeult, indem man Kreuzworträtsel ausfüllt, Sprachen lernt, Computerkurse besucht, Bücher liest, Gesetze verabschiedet oder eine Rechtschreib­reform durchführt . . . Deutschland, ein Fitness-Studio.
: Die Zwiespältigkeiten besseren Wissens. Eine Sammlung von Beiträgen zur Problematik und Geschichte der deutschen Rechtschreibung [Buchbesprechung Nerius, Deutsche Orthographie]. Rhein-Neckar-Zeitung,
So hinterläßt das Werk einen zwie­spältigen Eindruck: Zuverlässig, wenn auch etwas trocken im Sprachwissen­schaftlichen, ist es zugleich ein weiterer Hilfsdienst für die Kultus­minister in ihrem zähen Kleinkrieg gegen die Bevölkerung, die von der Zwangs­beglückungs­maßnahme „Rechtschreib­reform“ nach wie vor nichts wissen will.
: Mehr Demokratie ist kein Wagnis. Süddeutsche Zeitung, , Meinungsseite
Warum sollte im Bund nicht funktionieren, was in Ländern und Kommunen längst Usus ist? Es gibt Bürger­begehren gegen die Rechtschreib­reform und für mehr Demokratie, für die Rettung der Altstadt von Aschaffen­burg und gegen Buchheims Kunstmuseum am Starn­berger See, für sinnige Projekte und für unsinnige.

23. 2. 2001

: Zurück zur eigenen Sprache. Sprachschützer sorgen sich um die Überfremdung durch Anglizismen. Junge Freiheit, , nr. 09/01, s. 1, Titelseite (881 wörter)
Vorreiterin der damaligen national­pädagogischen Bewegung war die 1617 nach italienischem Vorbild gegründete Frucht­bringende Gesellschaft, der Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen bis zu seinem Tode 1650 vorstand. Unter seiner Schirm­herrschaft gelang es der Gesellschaft […], fast alle Repräsentanten des damaligen literarischen Lebens in Deutschland zu versammeln, darunter die Dichter Johann Rist, Friedrich von Logau, Philipp von Zesen und den Sprach­wissenschaftler Justus Georg Schottelius. Letzterer, der auf die Forschungen der Brüder Grimm großen Einfluß ausübte, setzte der Regelpoetik seiner Zeit den auch und gerade heute angesichts der Rechtschreib­reform‚ wieder aktuellen Grundsatz entgegen, daß die Normen einer Sprache weniger aus abstrakter Setzung als vielmehr aus praktischem Gebrauch und ge­schichtlichem Werden abzuleiten seien.

22. 2. 2001

: "Traatsch" lüftete manch süßes Dorfgeheimnis. "Die Spätzünder" schlugen gnadenlos zu — Spitzfindige Wortspiele und tolle Tänze. Saarbrücker Zeitung, , St. Wendel
Beim Vortrag von "Lehrer Lämpel" (Helmut Busch) fielen die Groschen merklich langsamer, angesichts der spitzfindigen Wort­spielereien zu Themen der neuen Rechtschreibung, der Kommunal­politik und der örtlichen Zustände in der Mehrzweckhalle.
: Braucht Deutschland eine German Academy? Die Presse, , Kultur
Da Werthebach in den letzten Jahren der Kohl-Regierung als Staatssekretär im Bundesinnenministerium für die Rechtschreib­reform zuständig war, weiß er jedoch aus eigener Erfahrung, wie unbeliebt von oben verordnete Sprachvorschriften sind.

21. 2. 2001

: Kurioses Schild: Am Nordholzer Kreisel ging's nach "Cuxhafen". Fehler inzwischen beseitigt; das "v" hat durchaus seine Berechtigung. Cuxhavener Nachrichten,
Einige Autofahrer hielten es für einen Karnevalsgag, andere sahen in dem Straßenschild die Spätfolgen der Rechtschreib­reform: "Cuxhafen" prangte bis gestern auf einem Verkehrszeichen am Nordholzer Kreisel.
: Dem Kreitweg fehlt das "h". Dolomiten, , s. 24, Überetsch und Unterland
Die Vorschläge Kollmanns und deren Auslegung seitens der Gemeindeverwaltung betreffen zahlreiche Örtlichkeiten: dem Kreit- und dem Karteinerweg wird beispielsweise in Zukunft gemäß der neuen Rechtschreibung das "h" fehlen.

20. 2. 2001

: Ganz schön lästig. Immer mehr Anglizismen in der deutschen Sprache. Nürnberger Zeitung, , Politik, Kommentar
So schlimm wird es nicht werden. Nicht so schlimm jedenfalls, dass ein Gesetz zum Schutz der deutschen Sprache notwendig wäre. Berlins Innensenator, der sich das ausgedacht hat, sollte doch wissen, dass von oben aufgezwungene Sprachregelungen beim Volk gar nicht gut ankommen. Der Unmut über die Rechtschreib­reform hat sich längst noch nicht gelegt.
Beirat eingesetzt. Der Tagesspiegel, , Wissen & Forschen
Die Rechtschreibkommission will nach wie vor bis Ende des Jahres ihren Bericht über die Umsetzung der Reform der Öffentlichkeit vorstellen. Erste Aufgabe des neuen Gremiums ist es, diesen Bericht zuvor "unter dem Gesichts­punkt der Praktikabilität und der Akzeptanz in der Sprach­gemeinschaft" ausgiebig zu prüfen, teilte die Kultusministerkonferenz (KMK) […] mit.
: Noch ein Wörterbuch-Desaster. Kempcke, Günter: Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik 58, , nr. 1, s. 88 bis 90
Leider wird dieser positive Eindruck bei näherem Hinsehen durch einen einzigen Mißgriff völlig zunichte gemacht: Das Wörterbuch folgt der sogenannten Rechtschreib­reform. Die Folgen sind fatal, das Werk kann in der vorliegenden Fassung schlechterdings nicht benutzt werden.

19. 2. 2001

: Potsdamer Fachhochschüler locken Senioren ins Netz. Rot statt blau: Bei der Gestaltung von Web-Seiten für ältere Menschen müssen Designer besondere Regeln beachten. Berliner Morgenpost, , TV & Medien
Christian Prechtl […] zählt zu drei wissen­schaftlichen Mit­arbeitern des Fach­bereichs Design der Fach­hochschule Potsdam, die sich […] der älteren Ziel­gruppe ver­schrieben haben. […] Weiße Schrift auf dunklem Grund oder ein Verzicht auf Groß- und Klein­schreibung sind tabu. «Wenn das Wort nicht mehr als ver­trautes Bild wahr­genommen werden kann, ist das für ältere Menschen proble­matisch», sagt Prechtl.
Das Engagement der Bürger wird nur selten von Erfolg gekrönt. Der Beteiligung an direkter Demokratie stehen hohe Hürden entgegen; die Organisation Mehr Demokratie zeigt Wege aus der "hausgemachten Sackgasse" auf. Frankfurter Rundschau,
Die Gegner der Rechtschreib­reform verfehlten in Bremen die Zehn-Prozent-Marke, gaben jedoch kein genaues Ergebnis bekannt. […] Nur in zwei Fällen widersprachen die Richter den Anliegen der Landesregierung und ließen beanstandete Volksbegehren doch noch zu. In beiden Fällen mussten die Initiatoren jedoch deutliche Einschränkungen hinnehmen. Der bremische Staatsgerichtshof gab grünes Licht für den Antrag "Wir gegen die Rechtschreib­reform". Eine Passage, die im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids die Rechtschreib­reform durch das Veto Bremens in der Kultusministerkonferenz insgesamt zu Fall bringen wollte, wurde von den Richtern aus dem Gesetzentwurf gestrichen.

18. 2. 2001

: Der Krieg der Feuilletons. Die Kulturressorts der renommierten deutschen Zeitungen gehen derzeit mit harten Bandagen aufeinander los. Sonntags-Zeitung, , 15. jg., nr. 7, s. 55, Kultur
Seit Gerhard Schröder Deutschlands Bundeskanzler ist, schlingert die FAZ und reisst ihre Leserschaft in tiefe Strudel der Verunsicherung. Nicht einmal die Reform der deutschen Rechtschreibung hat die Zeitung durchgehalten. Deutschlands Bildungsbürger und solche, die das gerne wären — hin und her gerissen. Was sollen sie lesen, glauben, denken?

17. 2. 2001

: Aufgabe Nr. 13 für Herkules. Der Bund, , 152. jg., nr. 40, s. 38, Boulevard de Berne
[…] wie wenn jemand versuchen wollte, die deutsche (oder x eine) Sprache perfekt einzurichten, so dass alles ein System hat und es keine Un­klarheiten oder Abweichungen mehr geben kann, er aber dann, je weiter er die Sprache perfektioniert, entdecken muss, dass für jede beseitigte Unregelmässigkeit zwei neue nachwachsen. Derartiges konnte unsereins ja bis vor kurzem beziehungs­weise weiter (wenn auch mit sinkender Einschaltquote) andauernd verfolgen bei den Bemühungen um eine einfachere deutsche Rechtschreibung, deren nachwachsende Köpfe nun ständig hintennach­geschnitten werden müssen und erst in vereinzelten Fällen fachmännisch verlötet wurden.

Es ist aber doch noch ein kleiner unterschied zwischen der sprache und der in geschichtlicher zeit vom menschen erfundenen rechtschreibung. Letztere muss keine hydra sein, wenn man wucherungen an der richtigen stelle abschneidet.

: Gemach, gemach. Badische Zeitung, , Politik, Leitartikel
Mal abgesehen davon, dass die Vorstellung kurios anmutet, jene Bürokraten, die jüngst die Rechtschreib­reform angezettelt haben, würden nun auch Sprachschutz-Bataillone aufstellen — Grund zur Aufregung besteht nicht.

Vgl. Die Welt vom vortag.

: Schuldienst schnappt qualifizierte Dozenten weg. EDV, Gesundheit und Sprachen: Volkshochschule Unterland hat zunehmend Probleme, genug Lehrkräfte für ihre Kurse zu finden. Heilbronner Stimme,
Wie Gabriele Langohr. Die 45-jährige Gymnasiallehrerin war mit ihrem Mann 1997 nach Heilbronn gezogen. Schuldienst? Zunächst keine Chance. […] Dann nutzte sie die "Marktlücke" Rechtschreib­reform. "Sie hat wohl zwei Drittel aller Rathausteams im Landkreis Heilbronn geschult", sagt Bereichsleiterin Andrea Witt […].
: Früher nannte man es Kauderwelsch. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 49, Briefe an die Herausgeber
Bei der Entscheidung der FAZ.NET-Redaktion wird wohl auch eine Rolle gespielt haben, daß "die Inhalte der Redaktion sich an die Zielgruppe der neunzehn- bis neununddreißigjährigen, gut ausgebildeten Nutzer wenden […]". Man ist also offenbar der Ansicht, daß diese Zielgruppe mit der neuen Rechtschreibung vertraut ist, daß diese für sie die moderne Schreibung ist, während die alte Orthographie die altmodische Schreibung gewisser älterer oder umstellungs­unwilliger Menschen darstellt. Wie die Druckausgabe unter dieser Voraussetzung noch lange bei der alten Schreibung bleiben kann, wenn ihr die jungen, älter werdenden Leser davonlaufen, ist eine gar nicht allzu spannende Frage.
: „Zelluloid-Ouvertüre für den Holocaust“. Der Überlebende des Nazi-Regimes sah den Propaganda-Streifen 1940 mit einem Jugendfreund. Nürnberger Nachrichten, , Politik
Ach armes Deutschland, daß du auch nimmer zur Ruhe kommt. (Der Autor besteht darauf, dass alle seine Texte in der alten Rechtschreibung veröffentlicht werden)
: Die 53 Festival-Beiträge stehen fest. Oberzentrum kann sich zur Multimediastadt mausern; internationale Beteiligung. Schwarzwälder Bote, , Schwarzwald-Baar-Kreis
"Die Rechtschreib­reform" ist eine verbale Karikatur in Dia-Audiovision.

16. 2. 2001

: Was bin ich? Vor dem Genom: Das Meinungswesen kollabiert. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 41, Feuilleton
Unter allen Meinungen, die dem aufmerksamen Debattenkonsumenten abverlangt werden, sind zweifellos diejenigen am erfreulichsten, die am wenigsten mit ihm zu tun haben. Eine klare Positionierung in der Frage der Berliner Bezirksbenennung zum Beispiel […] ist das reine Glück. […] Gleiches gilt für Meinungen über Bayern München, Boris Becker oder die Rechtschreib­reform. […] Niemand scheint etwas dabei zu finden, zur "Humansubstanz" genauso unbekümmert Stellung zu nehmen wie zur Rechtschreib­reform. Nicht einen Augenblick wird gezögert, um mehr oder minder virtuos mit den im Angebot befindlichen Begriffen zu jonglieren und daraus eine klare Position abzuleiten.
: Sprachschutz als Donquichotterie. Gastkommentar. Die Welt, , nr. 40, s. 8, Forum
Genau jene Nachtwächter, die uns eine grandios gescheiterte Rechtschreib­reform eingebrockt haben, wollen jetzt den Gebrauch von Fremdwörtern fürsorglich für uns regeln. Seit dem Rechtschreibdebakel weiß in Deutschland niemand mehr, was er wie schreiben soll. Vielleicht weiß demnächst auch niemand mehr, was er wie sagen darf.

An diesem artikel kann man fast alles gelten lassen, nur «genau jene» waren es eben nicht. Genau jene haben uns die Rechtschreib­reform nicht eingebrockt, sondern sie halb verhindert, und deshalb ist sie auch nicht grandios herausgekommen, aber immerhin nicht ganz gescheitert.

15. 2. 2001

: Nida-Rümelin fordert Deutsch als Pflichtfach in Abiturprüfung. Kieler Nachrichten,
Staatliche Sprachregelungen oder Verbote von Anglizismen wären dagegen unsinnig. "Der Staat sollte sich da raushalten", sagte Nida-Rümelin. Die Rechtschreib­reform "sollte einem eine Warnung sein".
: Nida-Rümelin fordert Deutsch als Abitur-Pflichtfach. Neuß-Grevenbroicher Zeitung, , Kultur
Staatliche Sprachregelungen oder Verbote von Anglizismen wären dagegen unsinnig. "Der Staat sollte sich da raushalten", sagte Nida-Rümelin. Die Rechtschreib­reform "sollte einem eine Warnung sein".
: Keine Academie Française für Deutschland. Kulturstaatsminister Nida-Rümelin fordert aber Deutsch als Pflichtfach in der Abiturprüfung. Saarbrücker Zeitung, , Kulturleben
Staatliche Sprachregelungen oder Verbote von Anglizismen wären dagegen unsinnig. "Der Staat sollte sich da raushalten", sagte Nida-Rümelin. Die Rechtschreib­reform "sollte einem eine Warnung sein".
: Nida-Rümelin: Deutsch als Abitur-Pflichtfach. Süddeutsche Zeitung, , s. 5, Nachrichten
Staatliche Sprachregelungen oder Verbote von Anglizismen seien dagegen unsinnig. „Der Staat sollte sich da raushalten“, sagte der Minister. Die Rechtschreib­reform „sollte einem eine Warnung sein“.

14. 2. 2001

: Neue deutsche Rechtschreibung. Wiler Zeitung (St. Galler Tagblatt), , Wil
Die Volkshochschule Wil bietet dieses Frühjahr nochmals eine Einführung in die neue deutsche Rechtschreibung an, die sich mittlerweile schon ziemlich eingebürgert hat.
: Wo sich die Grenzen öffnen, verbinden sich auch die Sprachen. Offenbach-Post, , Dreieich
Man sollte nicht gleich von "Verhunzung" der Muttersprache reden […], meint Dr. Knud Dittmann, Leiter der Ricarda-Huch-Schule. Andererseits sei die Verwendung der englischen Begriffe nicht selten überflüssig […]. Die Politik sollte bei diesem Thema jedoch nicht eingreifen, meint Dittmann. Das habe er schon bei der Rechtschreib­reform als unnötig empfunden, weil Sprache eben etwas ist, was lebt und sich ändert. Deshalb seien keine Gesetze gefragt, "sondern die guten Beispiele von Lehrern, Medienleuten und Politikern."

Wenn das auch für die rechtschreibreform gilt, dann bitte!

: Kampf gegen Anglizismen: Dynamischer Tiefpreis statt Power Pricing. , , Berlin
Innensenator Werthebachs Gesetzes­vorschlag zum Schutz der deutschen Sprache löste kontroverse Debatte aus. […] In Werthe­bachs Verwaltung wird derzeit in einer internen Arbeits­gruppe diskutiert, wie solch ein Gesetz konkret aussehen könnte, sagt Werthe­bachs Sprecher Hartmut Rhein. […] "Es geht uns darum, den Gebrauch von Anglizismen dort zu vermeiden, wo sie über­flüssig sind oder verhindern, dass die Sprache allgemein verständlich bleibt." Das könnte nach Rheins Worten durch ein Experten­gremium realisiert werden, "das kon­tinuierlich Vor­schläge erarbeitet, wie die deutsche Sprache weiter­entwickelt werden könnte, ohne auf Anglizismen zurück­greifen zu müssen." Also vielleicht eine Institution ähnlich den Richt­linien zur Recht­schreibung: Privat muss sich zwar niemand an sie halten, aber im öffentlichen Leben sind sie allgemein gültig.

12. 2. 2001

: Meldung und Wirklichkeit. Der Bund, , 152. jg., nr. 35, s. 5, Feuilleton
Wenn in Meldungen ein Rechtschreibchaos behauptet wird, dann verstärken solche Meldungen die Unsicherheit, was auch deren Zweck ist. Für den täglichen Gebrauch der Rechtschreibung und der Umstellung ist aber vor allem eines vonnöten, worauf auch der Chefkorrektor einer Schweizer Wochenzeitung hingewiesen hat: die nötige Gelassenheit.

11. 2. 2001

: Auch für Schweizer ist „Missstand“ unästhetisch. Manche Eidgenossen vermissen deshalb das Eszett. ,
Ich habe mir auch schon überlegt, die Eszett-Regeln zu lernen.

Rat eines schweizers, der die regeln (alt und neu) gelernt hat: Ich würde es beim überlegen bewenden lassen.

: Die WamS ist schuld. In: Muss die deutsche Sprache gerettet werden? Welt am Sonntag, , nr. 6, s. 46, Kultur
Solange Zeitungen wie diese der deutschen Sprache die Solidarität verweigern, indem sie der Rechtschreib­reform nicht nur keinen Widerstand entgegensetzen, sondern dazu beitragen, sie zu etablieren, bis das Sprachgefühl entsprechend abgestumpft und es den Menschen gar nicht mehr bewusst sein wird, dass ihre Sprache zum Beispiel um Hunderte von differenzierenden Zusammenschreibungen ärmer geworden ist, dürfte alles Bemühen, ihr zu helfen, vergebens sein.

9. 2. 2001

"Verunreinigung des Deutschen." Sprachgesetz: CDU steht nicht hinter ihrem Senator. Potsdamer Neueste Nachrichten, PNN online, , Berlin
Der Berliner Innensenator wolle seine Initiative in den nächsten Wochen auf eine breite gesellschaftliche Basis stellen, sagte sein Sprecher. Sonst drohe ein jahrelanges Tauziehen wie bei der Rechtschreib­reform.
"Verunreinigung des Deutschen." Sprachgesetz: CDU steht nicht hinter ihrem Senator. Der Tagesspiegel, , Berlin
Der Berliner Innensenator wolle seine Initiative in den nächsten Wochen auf eine breite gesellschaftliche Basis stellen, sagte sein Sprecher. Sonst drohe ein jahrelanges Tauziehen wie bei der Rechtschreib­reform.

8. 2. 2001

: Rechtschreib-Reform zerfällt. Die Südostschweiz, , nr. 32, s. 17, Kultur
Zugleich werde das Thema tabuisiert, auch den Verantwortlichen in Medien und Verlagen sei die Reform peinlich, erklärte Ickler.
Schleichender Zerfall der Rechtschreib-Reform. Liechtensteiner Volksblatt, , Zeitgeschehen
Die neue deutsche Rechtschreib-Reform weicht nach Auffassung ihrer Kritiker immer mehr auf und wird immer nach­lässiger angewendet. Der inter­nationale Konsens sei am Zerbrechen, sagte der deutsche Sprach­wissenschaftler Theodor Ickler am Mittwoch.
: www.ganzschlimm.de. Kabarett-Premiere am Hofer Theresienstein. Frankenpost, , Kultur
„Das ist nicht logisch, aber Logistik“, merkte Stöcker frühzeitig an. Die Lehre von der Organisation also. Der erfahrene, schau­spielerisch versierte Kabarettist hat sie sichtlich kapiert. Er führte vor, wie sich in den roten (Internet-)Faden so allerlei einbinden lässt - Familie und Umwelt, Rinder­wahnsinn und Recht­schreibreform, Sport und Medien, Wölbatten­dorf und das „bayerische Reich“ […].
Neuer Beirat für Rechtschreibung. Main-Echo, , Kultur
An diesem Donnerstag tritt der mit Vertretern von 15 Organisationen besetzte »Beirat für deutsche Rechtschreibung« erstmals in Mannheim zusammen.
: Werthebachs Wurzelbürste. Der Berliner Innensenator denkt laut über ein Gesetz zur Pflege der deutschen Sprache nach. Süddeutsche Zeitung, , s. 4, Meinungsseite
Nicht nur die eher verworrenen Bemühungen um die jüngste Rechtschreib­reform sollten doch hinlänglich klar gemacht haben, dass Sprache sich nicht von oben pflegen lässt, und schon gar nicht mit den Methoden der Verwaltungsbürokratie.
: Die Reform nur ein missglücktes Experiment? Sprachwissenschaftler vermisst klare Linie. Südwest Presse, , Politik
Die Rechtschreib­reform wird nach Ansicht des Erlanger Sprachwissenschaftlers Theodor Ickler immer nachlässiger angewendet.
: Die Rechtschreibung lebt. Kommentar. Südwest Presse, , Politik
"Es geht wie Kraut und Rüben durcheinander", jammert ein Professor. […] Na und? Lasst Sie doch leben, diese deutsche Sprache, mit allen ihren Geheimnissen und Besonderheiten. Das war gerade der Sinn dieser Reform […]. Mag sich auch die Oma nicht mehr umstellen wollen — lasst wenigstens die Enkel weiter glücklich sein!
: "Beirat für Rechtschreibung" soll Reform mitgestalten. Sprachwissenschaftler sieht eine schleichende Auflösung der neuen Regeln. Die Welt, , Politik, Deutschland
Ickler forderte die Beibehaltung der alten "bewährten" Rechtschreibung, die lediglich von einigen "Haarspaltereien" des Duden befreit werden müsse. Der Sprachwissenschaftler verwies auf die hohen Kosten, die den Verlagen durch ständige Änderungen des Regelwerks entstünden. "Das Einfachste und Billigste wäre, die ganze Reform als missglücktes Experiment total zu vergessen — bevor die Kosten noch weiter explodieren."

7. 2. 2001

: Schneller und bequemer Schreiben. Die vereinfachte Ausgangsschrift kommt ab September in die Schulen. Mainpost, , Hammelburg
Erst kam die Rechtschreib­reform und jetzt sollen die bayerischen Schüler auch noch neue Buchstaben schreiben?

5. 2. 2001

: Haarig. Berliner Morgenpost, , Feuilleton, Glosse
Und was eignete sich besser zum werbe­strategischen Angriff als Vehikel als das Musical «Hair». […] Heute Abend geht es im Schiller Theater über die Bühne – gesponsert von ein einem Haarwuchs­mittel-Hersteller. […] Un­geahnte Möglichkei­ten der Sympathie­werbung tun sich auf: die Deutsche Bank und «How To Succeed In Business …», Heckler & Koch und «Annie get Your Gun», die Rechtschreib­reform und «My Fair Lady» […].
: Gießen, GIEßEN und Giessen. Eine Stadt verliert ihren Namen; Verwirrendes aus Mittelhessen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 70, Hessen
Ein früherer Bürger­meister der Stadt […] beantragte im Herbst 1999 einen neuen Reisepaß. Doch als Lothar Schüler das Dokument aus­gehändigt wurde, wollte er es nicht mehr haben. Die Schreib­weise seines Wohnortes trieb ihn in den Widerspruch: "GIEßEN". Es müsse, so ar­gumentiert der Sozial­demokrat […], entweder "Gießen" heißen oder aber "GIESSEN". Ein kleines "ß" im großen Gießen dürfe es nicht geben. […] Er meint, daß "GIEßEN" nicht Ein­deutigkeit, sondern Miß­verständnisse schaffe und ihn, den Paß­inhaber, an der Ausübung des Grund­rechts auf Frei­zügigkeit hindere. "Im Ausland kennt man das scharfe s nicht. Es ist mir schon mehrmals passiert, daß die Leute ,GIEBEN' lesen."
: Ein Bürgermeisterkandidat mit Windhund. Steinfelder Prunksitzung im 25. Faschingsjahr stand unter dem Motto »Carnaval Franconie«. Main-Echo Online, , Lohr
Hervorzuheben sind Jeanette Gerner und Verena Siegler als Hilde und Berta sowie das kommunal­politische Trio Theo (Herrmann), Schumi (Martin Schuhmann) und Harry (Harald Gehrling). Die beiden rotzfrechen Gören […] servierten deftige Kost, bei der Männer leicht alt aussehen können. Mit Einkaufs­tüten bewaffnet diskutieren sie die Rechtschreib­reform am praktischen Beispiel. Beim Wort »Penis« verhält sich die Sache demnach so: Zuerst wird das Wort mit hartem P geschrieben, dann nur noch mit weichem B und in fort­geschrittenem Alter wird das Wort nur noch klein geschrieben.

2. 2. 2001

: Semantische Pirouetten mit schrägen Akkorden. Oberbayerisches Volksblatt,
Wolfgang Schierlitz […] liest aus seinen Werken, Band vier […], betitelt «Freude, schöner Spötterfunken», im Dorfhaus Achenmühle. […] Am sprachwitzigsten ist die Rechtschreib­reform-Glosse «Ein Germanist im Bierzelt», worin es um die richtige Schreibweise der Maß Bier geht.

1. 2. 2001

: Die Sprache ist los. Berlins Innensenator Eckart Werthebach möchte das Deutsche durch ein Gesetz vor feindlicher Übernahme schützen. Süddeutsche Zeitung, , Berlin
Als staatlicher Sprach­regler hat Eckhart Werthe­bach schon einige Erfahrung: Im Bundes­innen­ministerium war er bis 1998 als Staats­sekretär für die Rechtschreib­reform ver­antwortlich. Dass Sprach­vorschriften von oben nicht eben populär sind, hat er damals in den endlosen Debatten und vielen An­feindungen erfahren müssen.
: Plötzliche Unsicherheit. Thüringer Allgemeine,
Widerspricht das Volks­begehren für "Mehr Demokratie" der Verfassung? Tja. Justiz­minister Andreas Birkmann (CDU) hat jetzt besser gleich zwei unabhängige Gut­achten bestellt. […] Der Jenaer Jurist Rolf Gröschner und der Bonner Verfassungs­experte Josef Isensee sollen bis Ende März zwei un­abhängige Gutachten erstellen. Gröschner wurde bundesweit bekannt, weil er im Kampf gegen die Rechtschreib­reform bis nach Karls­ruhe zog.

30. 1. 2001

: Sprachschädigung durch Rechtschreibreform und Anglizismen. , , leserbrief
Jeder Eingriff in die Sprache, sei es durch Anglizismen, sei es durch die Über­stülpung formaler Regeln über ein semantisches Gebilde wie die Sprache durch die Rechtschreib­reform schädigen dieses hohe Kultur­gut.

28. 1. 2001

: Auf kleiner Flamme. Lippische Landeszeitung, lz-online, , Kultur
Neue Intendanz, neuer Name: „schauspiel­hannover“ lautet seit Spielzeit­beginn der offizielle Name des nieder­sächsischen Staats­schauspiels. Kleinschreibung! Hier suggeriert ein Staatstheater, auf der Höhe unserer Rechtschreib­reformierten Spaß­gesellschaft zu spielen.
: Warum Ilsabein die Kinder holte. Das verrät — unter anderem — das Buch zum 850-jährigen Bestehen Brackwedes. Neue Westfälische Zeitung, nw-news, , Bielefeld
Alle, die sich über die Rechtschreib­reform aufregen, sollten einmal versuchen, den Text der Bestellungs-Urkunde zu entziffern […]. Hier heißt es unter anderem: "Als wird zu eines jedweden, in specie derer, in den brock- queller- und Sandhager baurschaften, wohnender Eingesessene, Notiz und wißenschaft gebracht, und ernstlich, auch bey straffe von sechs goldgl anbefohlen, und auferlegt […]".

26. 1. 2001

: Glossiert: Zwischenbilanz. Wissensvakuum beim Frühstück. Aachener Nachrichten, an-online, , Nachrichten aus Geilenkirchen
Doch es besteht Hoffnung. Die Rechtschreib­reform hat schließlich auch dafür gesorgt, dass jeder alles richtig schreiben kann. Warten wir also in aller Ruhe auf die Allgemeinbildungsreform.

25. 1. 2001

: Der lange Marsch — nur einer kam an. Frankfurter Neue Presse, , Kultur
Wieder andere fanden, auch an der Rechtschreib­reform trügen die Langhaarigen die Schuld. Was immer daran Wahres sein mag, seit einigen Wochen ist uns 1968 wieder näher gerückt.
: »Exklusivität statt große Stückzahlen.« Westfälische Nachrichten, , Lengerich
Übrigens: Trotz Rechtschreib­reform blieb Bornemann bei der bisherigen Schreibweise von »Rolladen«, der Duden dagegen sieht »Rollläden« oder seltener »Rollladen« als Mehrzahl vor. Wie auch immer — die Kunden wissen, was gemeint ist.

24. 1. 2001

: Die Peepshow-Affäre. Saarheim ist ein Ort mit extrem hoher Kriminalitätsrate; aber die Gesetzesbrecher haben keine Chance. Berliner Zeitung, , Multimedia
Gegründet hat die Stadt der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Saarbrücken, Klaus Grupp. Die Studenten sollen sich mit Hilfe der Saarheimer Fälle auf juristische Übungen und Examensklausuren vorbereiten. […] Auch eine Parteispenden-Affäre ist unter den Rechtsstreitigkeiten, genauso wie die Legalisierung weicher Drogen, die Rechtschreibreform […] — das ganze Staats- und Verwaltungsrecht, gebündelt in einer Stadt.
: "Die Kugel kam aus Springers Blätterwald." Stuttgarter Zeitung, , Die dritte Seite
Die FAZ, letzte Bastion gegen Reformeifer und zwanghaften Modernismus, auch wenn es bloß um die Rechtschreibung geht, lobt SPD-Kanzler Schröder auf der ersten Seite und duldet Verständnis für den Straßenkämpfer Fischer im Feuilleton.

23. 1. 2001

: Metzgereien sahen aus wie Fliesenfachgeschäfte. Auch DDR bekam bei Jürgen Kristen ihr Fett ab. Fränkischer Tag, , Lokales, Erlangen-Höchstadt
Die Endstufe der Rechtschreib­reform müsste Kristens Logik nach das Deutsch eines besoffenen Franken sein.
: Dialog: Entwicklungen eines Mädchens. Kleine Zeitung, , Kärnten, Kultur
Sie haben erst kürzlich für eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung plädiert. Warum? Kerschbaumer: Weil es zum Beispiel meine Ästhetik beleidigt, wenn ich mir vorstelle, dass man das "ph" an den ererbten Wörtern weglässt.

22. 1. 2001

: Glimpfliches Urteil für die Kultusministerin. Annette Schavan wehrt sich tapfer gegen die schwer wiegenden Vorwürfe, die Kanzler Karl-Anton Hanagarth vor dem Breisacher Narrengericht gegen sie vorbringt. Badische Zeitung, , Breisach
So wurde der Ministerin vorgeworfen, sie […] fordere ein Turbo-Abitur, unterstütze die Rechtschreib­reform, obwohl die Schüler noch nicht die alte und die Lehrkräfte noch nicht die neue beherrschten […].
: Von unsichtbaren Mächten. Christian Meier hält "Krupp-Vorlesungen" in Essen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 50, Feuilleton
Den meisten Zuspruch aber erfährt Meier für seine Kritik an der Rechtschreib­reform: "In Deutschland sind Schriftsteller nicht einmal für Schrift zuständig."
: Soviel Wortmüll war nie — Unwörter von 1991 bis 1999. , , Uptoday, Kultur
Ein Rückblick auf bisherige „Unwörter“ erhellt schlaglichtartig die gesellschaftliche Diskussion des letzten Jahrzehnts. […] Wohlstandsmüll (1997) […] Häufigste Nennungen: Rechtschreib­reform (132), Elchtest (80), Steuerschlupfloch (62).
: Welch eine Sprache! Schwäbische Zeitung Online, , Lokales, Bad Waldsee
Die über 40-Jährigen werden mit unschönen, ja barbarischen Untertiteln beschrieben, wobei "Grufti" noch zu den harmlosesten gezählt werden darf. Wir, also die oben Genannten, haben auch mit der zwangszudiktierten Rechtschreibung nichts mehr am Hut, das stimmt, aber das Schreiben und das Lesen der deutschen Sprache ist schwierig geworden, denn es drängeln, zwängeln sich Wörter in den Gebrauch, die uns geradezu ängstigen, dass sich der Unterkiefer verspannt, wenn nicht Schlimmeres, dass man ausgelacht wird, wenn die Betonung falsch ist.

20. 1. 2001

: Lob des Skandals. die tageszeitung, , nr. 6351, s. 14
Der Skandal, ausgerechnet der Skandal, wird zum wichtigsten Portal, durch das heute Themen und Stimmungen hindurch müssen, um in die Arena zu gelangen, in der die großen Debatten geführt werden. Ob Kampfhunde oder Spendenbetrug, ob Rechtschreibung oder Rechtsradikale, jedes Mal gibt es ein schlummerndes Thema hinter dem Thema, das nach Artikulation drängt, ja oftmals zum Himmel schreit und sich häufig der martialischen Skandalmaske nur bedient, um für sich Aufmerksamkeit zu erringen.
: In „San Trupé“ snacken sogar die Enten platt. Heinz Lemmermann trug in Adolphsdorf einen ganzen Hümpel Döntjes von Menschen und Tieren vor. Weser-Kurier, , Wümme-Zeitung
Aber mit Grammatik und Orthographie haben Niederdeutsche bekanntlich manchmal ihre Schwierigkeiten, davon wusste auch Heinz Lemmermann zu berichten, dessen Großvater 1882 in Adolphsdorf seine erste Stelle als Lehrer angetreten hat. Die Groß- und Kleinschreibung wollte den Kindern nicht so recht in den Kopf, und da es damals noch keine Rechtschreib­reform-Kommissionen gab, musste man ihnen wohl oder übel die Regeln erklären: Alles, was man anfassen kann, schreibt man groß, außerdem das erste Wort in jedem Satz. Aber bei dem Satz "Die Katze sitzt hinterm Ofen" kann Trina diese Regel nun gar nicht glauben – die Katze lässt sich nicht anfassen, den Hintern kann man anfassen, und den Ofen kann man im Winter nicht anfassen. Einfach allgemeine Kleinschreibung einzuführen, davon riet Lemmermann allerdings ab. Es sei schließlich ein Unterschied, ob man in Hamburg liebe Genossen oder Liebe genossen habe.

18. 1. 2001

: Im Kabarett ist Wahnsinn System. Frankfurter Neue Presse, , Kultur
[…] so leicht und schnell gleitet Matthias Brodowy mit seinem Kabarett durch die verschiedensten Sujets: Big Brother, Handymanie, Spendenaffäre, Rechtschreib­reform, Leitkultur. . .
: Die alte Tante wird modern. die tageszeitung, , nr. 6349, s. 17
[…] schweigt die FAZ-Redaktion beharrlich über das neumodische Kind von nebenan, das denn auch gleich ein bisschen aufmüpfig daherkommt: Während sich die FAZ eisern der neuen Rechtschreibung verweigert, texten die Onlineredakteure munter reformiert.

16. 1. 2001

: Der Verleger hat die Hauptrolle. Berner Zeitung, , nr. 12, s. 31, Region Bern
Der Leiter des Belper ELGG-Verlags, Hans-Peter Burla, hat die Haupt­rolle in «Isidor Wanner» übernommen. «D Wahrheit über e Isidor Wanner» liegt, zusammen mit 6500 Titeln, im ersten Stock des Belper Bahnhof­gebäudes. Hier, in den schlichten, hellen Räumen, ist der «teater­verlag ELGG» zu Hause. Das «h» fehlt, weil die Verlags­leitung die deutsche Rechtschreibe­reform allzu radikal vorweg­nahm und dann trotzdem dabei blieb.
: Unverkrampfte Elitebildung. Neue KMK-Präsidentin: Annette Schavan löst Willi Lemke ab. Berliner Zeitung, , s. 12, Feuilleton
In letzter Zeit ist das Interesse an der Kultus­minister­konferenz allerdings gestiegen. Seit den Präsidentschaf­ten der nord­rhein-west­fälischen Bildungs­ministerin Gabriele Behler (SPD) und ihres sächsi­schen Kollegen Hans Joachim Meyer (CDU) 1998 und 1999 hat die älteste Minister­runde Deutschlands zahlreiche ihrer lähmenden Gremien abgeschafft. Stärker als früher konzentriert sie sich nun auf die Kern­probleme der Bildungs­politik […]. All das hat der schon 1949 gegründeten Einrichtung neues Ansehen gegeben, auch wenn der bizarre Streit um die Rechtschreib­reform oder das Hickhack um die Studien­gebühren immer wieder für Rückschläge sorgen.
: Eine Verschwörung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 10, Briefe an die Herausgeber
Ich stelle bei der Korrektur von Aufsichts­arbeiten von Studenten und Referendaren fest, daß die Regeln der deutschen Rechtschreibung weitgehend unbekannt sind, wissend, daß dies von Leuten, die sich für fort­schrittlich hielten, so gewollt war. Von der Rechtschreib­reform soll hier gar nicht die Rede sein.

13. 1. 2001

: Polit-Show bei der CDU. Kieler Nachrichten, , Plön/Ostholstein
Mit humorig-spöttelnden Worten begrüßte der Plöner CDU-Kreis­vorsitzende Werner Kalinka die rund 170 Gäste aus allen gesellschaft­lichen Bereichen, die seiner Einladung zum Neujahrs­empfang nach Töken­dorf gefolgt waren. […] Es folgte die versprochene Polit-Show mit Verbal-Konstruktio­nen wie "BSE - Beinahe Schröders Ende", mit dem Hinweis, dass die "Rechtschreib­reform abgeschafft gehört" […].
: Das heitere Spiel mit den Normen. Ausnahmen sind ohne Regeln nicht zu haben: Rechtschreibverstöße — das Salz in der poetischen Suppe. Süddeutsche Zeitung, , SZ am Wochenende, s. III
Das Thema Rechtschreibung hat uns in den letzten Jahren so ausgiebig beschäftigt, dass die Stille nach dem Sturm im sommerlichen FAZ-Glas zu Entzugs­erscheinungen bei manchem geführt haben mag. Ein kleines PS zur Debatte darf daher vielleicht sein. […] „Er klagt / daß der Frühling so kortz blüht“ steht über dem Gedicht von Arno Holz (1863—1929).

12. 1. 2001

: Ein bisschen zu alt für «FAZ» Online. Ein prominenter Nachzügler nun auch mit Gratis-Informationen. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 9, s. 69, Medien und Informatik
«Die Inhalte der Redaktion wenden sich an die Zielgruppe der 19- bis 39-jährigen, gut ausgebildeten Nutzer […]». Der Grund für die Altersbeschränkung von «faz.net» liegt vielleicht darin, dass die Meinung vorherrscht, im hohen Alter — also ab 40 — nehme die intellektuelle Flexibilität rapide ab. Eine solche verlangt die Website der «FAZ» tatsächlich. Denn der Leser muss fähig sein, gleichzeitig Artikel in alter und neuer Rechtschreibung zu lesen. […] Da sieht man, wie das Internet zur friedlichen Koexistenz animiert und die Heroen […] kläglich scheitern lässt.
: Endlich - der Ärger mit dem Neuschrieb hört auf! Erste Testreihen für eine „Aktion Bumerang“. ,
JEDER, der mir in Zukunft „Neuschrieb“ ins Haus schickt, bekommt von mir jetzt etwas Aufklärungs­material geschickt - solange, bis er das sein läßt. […] Das ist erst die erste Stufe. Wenn mir die Sache zu bunt wird, gehen in der zweiten Stufe an die Absender von „Neuschrieb“ Einschreiben mit Formularen für die Abgabe strafbewehrter Unterlassungs­erklärungen mit der Aufforderung, in Zukunft keine Post mehr an mich zu senden.
: Justiz im Scheinwerferlicht. Thüringer Allgemeine,
Es geht darum, ob Kameras in den Gerichtssaal gehören. […] Der Sender n-tv versteht sich jedoch nicht als Vorkämpfer generell für Kameras im Gerichts­saal. "Wir wollen, dass aus dem grund­sätzlichen Nein ein Ja, aber wird," sagt Sprecherin Catrin Glücks­mann. "Wir erwarten keinen Freifahrts­schein, wir wollen einen Zugang der Öffentlich­keit, wenn ein Verfahren von öffentlichem Interesse ist. Das betrifft zum Beispiel Castor-Transporte oder betraf auch die Rechtschreib­reform.

11. 1. 2001

: Meine Gelassenheit ist nicht rauszukriegen. Kulturstaatsminister Nida-Rümelin äber die Kultur aus dem Blickwinkel praktischer Vernunft. Berliner Zeitung, , nr. 9, 57. jg., s. 13, Feuilleton
Mich hat verblüfft, wie wichtig dieses Thema genommen wurde. Ich glaube nicht, dass diese Rechtschreib­reform zwingend notwendig war, man hätte es auch lassen können. Ich glaube auch, dass manche Regelungen überflüssig waren, insbesondere das Stammprinzip, was ja sowieso nicht durch­gehalten wird, sonst müsste man Eltern mit "Ä" schreiben. Bei der Groß- und Kleinschreibung ist mir in der Tendenz das Ergebnis der Rechtschreib­reform sympathisch, aber mitunter gehen da Differenzierungen verloren. Dass "dass" mit Doppel-S geschrieben wird, finde ich ganz vernünftig, und dass "Schifffahrt" mit drei F geschrieben wird, ist jedenfalls für Kinder plausibler, weil die gerade gelernt haben, dass zwei plus eins drei ergibt.
: Vorwärts Kameraden! Wir müssen zurück! , , Forum, Telepolis
Seit Jahrzehnten haben sich »Experten« damit befaßt, wie man im Deutschen recht schreiben soll. Mit dem »Duden« um die Jahrhundert­wende schien eine Praxis gefunden worden zu sein, bei der zwar auch einige schöne Eigenthümlich­keiten verloren gegangen sind, die aber ansonsten sich bewährt hat. Dennoch gab es immer Leute, die meinten, das sei nichts Rechtes mit unserer Ortho­graphie, von den extremen »der keiser im bot...« bis zu Gefummel harmloserer Art. Diese Leute haben das nicht umsonst gemacht und nicht aus Idealismus oder aus Liebe zur deutschen Sprache oder um es Schul­anfängern und Ausländern leichter zu machen. Sondern weil ihnen das ein Amt, eine bezahlte Aufgabe war, und weil sie sich damit glaubten als »Wissen­schaftler« einen »Namen« machen zu können.

10. 1. 2001

: Der Kulturstaat — nur eine Ländersache? Heute wird Julian Nida-Rümelin Staatsminister; Plädoyer für eine behutsame Bundeskulturpolitik. Berliner Zeitung, , nr. 8, 57. jg., s. 13, Feuilleton
Die KMK trifft, wenn auch weit gehend im Wege der Abstimmung zwischen den Bürokratien, notwendige — zum Teil auch überflüssige — Regelungen für das Schulwesen in Deutschland. […] Das hat Kopfschütteln hervorgerufen, und dieses Kopf­schütteln würde sich noch erheblich vermehren, wenn man erführe, um welche Details sich die KMK kümmert und wo sie wie etwa bei der so genannten Rechtschreib­reform auf Artikulation notwendiger Vorgaben für die Kommission der Fachleute verzichtete.
: FAZ jetzt auch im Internet: FAZ.NET gestartet. Server am Anfang überlastet. Mannheimer Morgen, , Aus aller Welt
Anders als die Print-Zeitung, die im August als erste wieder zur alten Rechtschreibung zurück­gekehrt war, wenden die Online-Redakteure die neuen Regeln an. Grund dafür sei, dass man eine einheitliche Schreibweise mit den Kooperations­partnern erreichen wolle.
: Spätzünder. Als letzte große überregionale Tageszeitung geht die FAZ online – mit neuer Rechtschreibung. Süddeutsche Zeitung, , Medien
Auch wenn seine Zeitung Anfang August vorigen Jahres zur alten Rechtschreibung zurückkehrte, wird die FAZ-Online-Redaktion mit den neuen Regeln arbeiten. Nonnenmacher ist „darüber nicht glücklich“. Die Gründe lägen vor allem in den Partnerschaften: „Einheitlichkeit“ habe gewahrt bleiben müssen.
: "aufwändig"... , , Forum, Telepolis
Nun muß man genau wissen, bei welchen Wörtern die Reformer zufälliger­weise auf die Idee gekommen sind, das doch angeblich so klare Stamm­prinzip als Grundlage einer Schreibweisen­änderung zu nehmen - oder nähmen (wg. "Über­nahme" z.B.)...?
: Reform ist Pfusch. , , Forum, Telepolis
Profitgelüste, Eitel­keiten und ins absurde ge­steigerte Ideologien, die wurden durch die Reform befriedigt. Sonst nichts.
: FAZ führt die neue Rechtschreibung ein - online. , , Telepolis
FAZ.net hat klamm­heimlich die gar nicht mehr so neue Rechtschreibung eingeführt, während die Druck­ausgabe im ver­gangenen Jahr unter großem PR-Getöse zur alten Schreib­weise zurückgekehrt ist. Ein Skandal ohne gleichen, der uns mal wieder lehrt, dass auf nichts mehr Verlass ist, noch nicht einmal auf die Sprach­rebellen der FAZ.

8. 1. 2001

: FAZ online in neuer Rechtschreibung. Handelsblatt, , Technologie + Medien, Medien
Die aktuellen Artikel der Online-Ausgabe sind im Unterschied zur Druckausgabe in neuer Rechtschreibung gehalten. Chefredakteur Gaube begründet dies mit der Zusammen­arbeit mit anderen Online-Partnern — bei einem hochintegrierten Produkt wie der Online-Ausgabe müssten die allgemein verwendeten Standards eingesetzt werden. Die online veröffentlichten Artikel der Druckausgabe aber folgen weiterhin der alten Rechtschreibung. Die FAZ war Anfang August vergangenen Jahres zur traditionellen Schreibweise zurückgekehrt und hatte damit die Diskussion über Sinn oder Unsinn der Rechtschreib­reform neu ausgelöst.
: Zwischenruf: Schwere Geburt. Handelsblatt, , Technologie + Medien, Medien
Es ist noch nicht so lange her, da tönte es apodiktisch aus Frankfurt, die Zeitung könne auf das Internet gut und gerne verzichten. […] Den FAZ-Lesern wird sich der Stimmungs­umschwung wahr­scheinlich ähnlich gut vermitteln lassen wie die plötzliche Kehrtwende bei der Rechtschreib­reform.

7. 1. 2001

FAZ.NET in alter und neuer Rechtschreibung. (Frankfurter Allgemeine Zeitung), , Intern
Beiträge der gedruckten Frank­furter Allgemeine lesen Sie im Netz selbstverständlich nach den Schreibregeln, wie sie bis zum 1. August 1999 in Deutschland gültig waren. […] In der komplexen, vernetzten und sekunden­schnellen Welt des Internets lässt sich diese Haltung nicht durchsetzen, hat das FAZ.NET-Team festgestellt. Die FAZ.NET-Redaktion stützt sich in ihren Angeboten z.B. auf eine Vielzahl von umfassenden externen Daten­banken, in denen die neue Rechtschreibung an­gewendet wird. Texte im schnellen Nachrichten­bereich Uptoday sowie in den Service­kanälen Investor, Book, Travel, Active und My FAZ.NET sind deshalb nach der neuen Recht­schreibung ge­schrieben, wie die Nachrichten­agenturen sie definiert haben.

6. 1. 2001

: Wie die Lemminge . . . Neue Kronen-Zeitung, , Leserbrief
Ich hatte einen Traum — ich schlug am 1.1.2001 die „Krontschi“ auf und las wieder die gute alte Rechtschreibung, ohne „dass“, ohne „Tipp“, ohne blödsinnige Abteilungen; ich träumte, dass Geistesgrößen wie R. Nimmerrichter […] usw. sich den selbst ernannten Sprachregeln verweigerten […].

«Selbst ernannten Sprachregeln» würde ich mich auch verweigern.

4. 1. 2001

: Der alphabetische Mensch. Noch einmal ATCG und das Genom: Eine sprachwissenschaftliche Betrachtung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 43, Feuilleton (1157 wörter)
Das große Ereignis ist gerade, daß das Genom­projekt die menschliche Erb­information ent­schlüsselt hat, ohne Rest. Wenn im Erbtext auch nur ein Wort falsch buch­stabiert wird – so wissen wir jetzt –, kann nicht das korrekte Protein produziert werden, was zu Erb­krankheiten führt. […] Ist nicht die Rede vom falsch buch­stabierten genetischen Wort der beste Beweis dafür, daß es wirklich im tiefsten Urgrund unserer Existenz eine richtige Schreib­weise gibt und Ortho­graphien keineswegs mehr oder weniger will­kürliche und am Ende recht unwichtige Konventionen sind? Nur Häretiker können so etwas be­haupten.
: Die Mama ist so gut wie der Duden. Leverkusenerin hilft im Dschungel der Rechtschreibung. Kölner Stadt-Anzeiger, , Leverkusen
Ein Seminar bei ihr, und der Kunde muss sie dann eigentlich gefressen haben — die neue Rechtschreib­reform mit ihren Klippen, mit ihren sinnvollen und manchmal auch zweifelhaften Änderungen in der Schreibweise. Die Neu-Leverkusenerin Ania Dornheim, 33 Jahre alt, gehört mit ihrem "Büro für schriftliche Kommunikation" mit Sitz in der Waldsiedlung an der Richard-Wagner-Straße eigentlich zu den klassischen Existenzgründerinnen […]. Sie hat sich der Vermittlung der neuen Rechtschreibung angenommen und hat bei hiesigen Firmen gute Adressaten gefunden.
: Yoram und die Königin. Israel-Tagebuch von Henryk M. Broder. Spiegel Online, , nr. 1
Deutsche und israelische Intellektuelle haben einiges gemeinsam. Sie werden nicht gehört, versuchen trotzdem immer wieder, sich Gehör zu verschaffen. Dabei sind die Israelis besser dran: Ihnen geht es um Krieg und Frieden, Leben und Überleben, den deutschen Kollegen nur um die Rechtschreib­reform und die Kultursubventionen.

Abgesehen davon, dass krieg nicht unbedingt erfreulicher ist als rechtschreibreform, hier unser buchtipp: Landmann, Michael: Neugestaltung der hebräischen Schrift. 1977. Bonn.

3. 1. 2001

: Die Hochzeit von Begeisterung und Tobsucht im Barock. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 46, Feuilleton
Während dem im Dezember ver­storbenen H. C. Artmann das Verdienst zukommt, für die öster­reichische Nachkriegs­literatur auf das Barock hingewiesen zu haben, ist es für die bundesrepublikanische Literatur der Adenauer­zeit Arno Schmidt mit seiner dem Mündlichen abgelauschten wie dem Barock abgesehenen, als pri­vatistisch-chaotisch rezipierten Ortho­graphie, die tat­sächlich erst ab den frühen sechziger Jahren ins Spleenige abrauscht und für die Prosa folgenlos bleiben mußte.
: Schlema: Heißes Wiener Blut. Neujahrskonzert im Kurbad Schlema auf hohem Niveau. Freie Presse Online, , Schlagzeilen Erzgebirge
Dass auch ältere Herren auf dem Arbeitsmarkt Vorzügliches leisten, bewies Moderator und Bariton Götz Schneegaß. Er wartete mit lockeren Plaudereien auf, sang bemerkenswert gut. Zu Beginn kam er auf die umstrittene Rechtschreib­reform zu sprechen. Als Lösung bot er das Couplet des Schweinefürsten Zsupan aus der Operette "Der Zigeunerbaron" an: "Ja, das Schreiben und das Lesen ist noch nie mein Fach gewesen ... Mein idealer Lebenszweck sind Borstenvieh und Schweinespeck."

2001

: „Die Aura der Wörter.“ Der Dichter Reiner Kunze legt eine Denkschrift zur Rechtschreibreform vor. , , Berichte
Kunze räumt des weiteren mit der Propaganda der Kultus­minister auf, die Rechtschreib­reform diene dem Schreib­wohl der Schul­kinder. Er weist nach, daß es den Urhebern der Reform nicht darum ging, die Recht­schreibung zum Zwecke der besseren Ver­ständigung zu ändern, sondern darum, die „Ge­sellschaft“ um­zukrempeln; „die Ortho­graphie war ihnen nur Mittel zum Zweck“.